Online-Nachricht - Montag, 23.09.2013

Berufsrecht | Zur Haftung des Abschlussprüfers bei fehlendem Qualifikationsnachweis (BGH)

Ein Wirtschaftsprüfer verletzt seine ihm gegenüber einer prüfungspflichtigen GmbH obliegenden Pflichten aus dem Vertrag über die Prüfung des Jahresabschlusses, wenn er diese Prüfung ohne Teilnahmebescheinigung an der Qualitätskontrolle nach § 57a WPO durchführt und der GmbH diesen Umstand nicht mitteilt. Zu den ersatzpflichtigen Kosten zählen auch die Kosten einer erneuten Prüfung des Jahresabschlusses (durch einen anderen WP) und zwar auch dann, wenn die Nichtigkeit durch Fristablauf bereits geheilt ist bzw. nicht mehr geltend gemacht werden kann ().

Hintergrund: Die Abschlussprüfer nach § 319 HGB müssen grds. über eine wirksame Bescheinigung über die Teilnahme an der Qualitätskontrolle nach § 57a der Wirtschaftsprüferordnung (WPO) verfügen. Ein festgestellter Jahresabschluss ist u.a. nichtig, wenn er im Falle einer gesetzlichen Prüfungspflicht von Personen geprüft worden ist, die nach § 319 Abs. 1 des HGB nicht Abschlussprüfer sind. Die Nichtigkeit kann allerdings nicht mehr geltend gemacht werden, wenn seit der Bekanntmachung sechs Monate verstrichen sind (§ 256 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 6 Satz 1 AktG).
Hierzu führte der BGH weiter aus:

  • Auf den Jahresabschluss einer prüfungspflichtigen mittelgroßen GmbH sind die Vorschriften des § 256 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 6 Satz 1 AktG entsprechend anwendbar.

  • Ein Wirtschaftsprüfer verletzt seine ihm gegenüber der zu prüfenden mittelgroßen GmbH obliegenden Pflichten aus dem Vertrag über die Prüfung des Jahresabschlusses, wenn er die Prüfung durchführt, obwohl er nicht über den nach § 319 Abs. 1 Satz 3 HGB erforderlichen Qualitätsnachweis (Bescheinigung nach § 57a WPO) verfügt und dies der Auftraggeberin nicht mitteilt.

  • Er haftet gegenüber der GmbH auf Ersatz der durch die Pflichtverletzung entstandenen Kosten, wozu auch diejenigen gehören, die dadurch entstehen, dass die GmbH die Bilanzwerte des trotz Ablaufs der Fristen des § 256 Abs. 6 Satz 1 AktG geheilten Jahresabschlusses erneut prüfen lässt (sog. Herausforderungsfall).

  • Zwar trifft es zu, dass die mangelnde Berechtigung zur Prüfung des Jahresabschlusses im Streitfall lediglich ein formeller Prüfungsmangel war, der zudem innerhalb der kurzen Frist von sechs Monaten nach Veröffentlichung des Jahresabschlusses geheilt worden war. Das bedeutet aber nicht, dass das geprüfte Unternehmen sich mit der Heilung des nichtigen Jahresabschlusses begnügen muss und nicht dazu berechtigt ist, das aus seiner Sicht Erforderliche zu veranlassen, um sicher zu gehen, dass der Jahresabschluss für das nachfolgende Geschäftsjahr nicht nur auf einem geheilten, sondern auf einem in jeder Hinsicht ordnungsgemäßen Jahresabschluss aufbaut.

Anmerkung: Umstritten und bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist die Frage, ob die Heilung des Jahresabschlusses mit Ablauf der Fristen des § 256 Abs. 6 Satz 1 AktG zur Wirksamkeit des Jahresabschlusses führt oder lediglich bewirkt, dass sich niemand mehr auf die Nichtigkeit des Jahresabschlusses berufen kann (zum Meinungsstand vgl. u.a. Schwab in K. Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl., § 256 Rn. 37). Im vorliegenden Fall konnte die Frage der Rechtsfolge des Ablaufs der Heilungsfristen des § 256 Abs. 6 Satz 1 AktG jedoch offen bleiben. Der beklagte Wirtschaftsprüfer haftet für auf Seiten des Auftraggebers entstandene Prüfungskosten unabhängig von den Folgen, die nach Ablauf der Heilungsfristen des § 256 Abs. 6 Satz 1 AktG eintreten.

Quelle: NWB Datenbank
 

Fundstelle(n):
NWB MAAAF-10317