Online-Nachricht - Freitag, 13.09.2013

Bilanzierung | Zur Nichtanwendung mehrerer BFH-Urteile (BMF)

Die Finanzverwaltung hat zur Anwendung mehrere BFH-Urteile im Zusammenhang mit der Übertragung von Mitunternehmeranteilen und von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens nach § 6 Abs. 3 und 5 EStG Stellung genommen. In sämtlichen Fällen möchte die Finanzverwaltung die entsprechenden Urteile des IV. Senats des BFH zumindest vorerst nicht anwenden ().

Hintergrund: Betroffen sind die NWB KAAAE-13306 und v. - NWB TAAAE-19330 zur teilentgeltlichen Übertragungen und Übernahme von Verbindlichkeiten und das NWB TAAAE-19933 zur unentgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteils bei gleichzeitiger Ausgliederung von Wirtschaftsgütern des Sonderbetriebsvermögens.
Hierzu führte das BMF u.a. aus:

NWB TAAAE-19330:

  • Der IV. Senat des BFH hat entschieden, dass die teilentgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen derselben Personengesellschaft nicht zur Realisierung eines Gewinns führe, wenn das Entgelt den Buchwert des übertragenen Wirtschaftsguts nicht übersteige. Er ist der Auffassung, dass bei Annahme einer teilentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsguts der entstandene Veräußerungsgewinn in der Weise zu ermitteln sei, dass dem erbrachten Teilentgelt der gesamte Buchwert des Wirtschaftsguts gegenübergestellt werden müsse. Erreiche das Teilentgelt den Buchwert des Wirtschaftsguts nicht, so sei von einem insgesamt unentgeltlichen Vorgang auszugehen.

  • Zur Frage der Gewinnrealisation bei teilentgeltlichen und mischentgeltlichen (d.h. gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten und sonstiges Entgelt) Übertragungen von Einzelwirtschaftsgütern ist noch ein Revisionsverfahren beim X. Senat des BFH anhängig - X R 28/12. Die noch ausstehende Entscheidung des X. Senats des BFH bleibt abzuwarten. Daher wird die Entscheidung über die Veröffentlichung im Bundessteuerblatt zunächst zurückgestellt. In einschlägigen Fällen ist vorerst weiterhin uneingeschränkt die in Tz. 15 des BMF-Schreibens zu § 6 Abs. 5 EStG v. (NWB DokID: NWB SAAAD-88773) vertretene Rechtsauffassung anzuwenden. Einsprüche von Steuerpflichtigen ruhen insoweit kraft Gesetzes bis zur endgültigen Klärung der Problematik.

NWB KAAAE-13306 :

  • In dem zu § 6 Abs. 5 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 ergangenen Urteil hat der IV. Senat zur teilentgeltlichen Übertragung eines Grundstücks aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen einer Schwesterpersonengesellschaft im Streitjahr 1999 Stellung genommen. Er ist dabei der Auffassung des Finanzamts gefolgt, dass diese Übertragung nach der damaligen Gesetzeslage zur Aufdeckung der gesamten stillen Reserven des Grundstücks geführt habe. In der Urteilsbegründung führt der IV. Senat des BFH aus, dass es hinsichtlich des entgeltlich übertragenen Teils zu keinem Gewinn komme, weil ein Entgelt (eine Forderung) genau in Höhe des Buchwerts des Grundstücks eingeräumt worden sei (Rdnr. 22). Soweit die Übertragung unentgeltlich durchgeführt worden sei, habe sie zu einem Entnahmegewinn geführt (Rdnr. 23).

  • Mit den Aussagen des IV. Senats des BFH in seinen Entscheidungsgründen zeichnete sich bereits in diesem Urteil ab, dass er bei einer teilentgeltlichen Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern nicht dem Verständnis der Finanzverwaltung zur Behandlung von teilentgeltlichen Übertragungsvorgängen gemäß Tz. 15 des (NWB DokID: NWB SAAAD-88773) folgen will. Deshalb wird die Entscheidung über die Veröffentlichung im Bundessteuerblatt gleichfalls vorerst zurückgestellt.

NWB TAAAE-19933:

  • Ferner hat der IV. Senat entschieden, dass ein Gesellschafter seinen Gesellschaftsanteil steuerneutral auf ein Kind übertragen kann, obwohl er ein ihm allein gehörendes und von der Gesellschaft genutztes Grundstück zeitgleich und ebenfalls steuerneutral auf eine zweite Personengesellschaft überträgt. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 EStG scheide die Aufdeckung der stillen Reserven (entgegen Tz. 7 des NWB DokID: NWB HAAAD-99794) auch dann aus, wenn ein funktional wesentliches Betriebsgrundstück des Sonderbetriebsvermögens vorher bzw. zeitgleich zum Buchwert nach § 6 Abs. 5 EStG übertragen worden sei.

  • Mit diesem Urteil widerspricht der BFH der Zielsetzung des Gesetzgebers und eröffnet unter Außerachtlassung der „Gesamtplanrechtsprechung“ in bestimmten Fallkonstellationen die Möglichkeit einer schrittweisen steuerneutralen Übertragung wesentlicher Betriebsgrundlagen auf mehrere verschiedene Rechtsträger.

  • Zur Frage der Anwendung der „Gesamtplanrechtsprechung“ ist ein Revisionsverfahren beim BFH anhängig - I R 80/12. In diesem Verfahren geht es zwar im Schwerpunkt um eine Einbringung zum Buchwert nach § 20 UmwStG. Allerdings besteht insofern eine gewisse Ähnlichkeit mit dem vom IV. Senat entschiedenen Fall, als hier kurz vor der Einbringung die beiden Grundstücke als funktional wesentliche Betriebsgrundlagen in ein anderes Betriebsvermögen ausgegliedert wurden.

  • Die noch ausstehende Entscheidung des I. Senats des BFH ist deshalb abzuwarten. Daher wird die Entscheidung über die Veröffentlichung des BFH-Urteils vom IV. Senat gleichfalls vorerst zurückgestellt. In einschlägigen Fällen ist weiterhin uneingeschränkt die Tz. 7 des (NWB DokID: NWB HAAAD-99794) anzuwenden. Eine gleichzeitige Inanspruchnahme der Steuervergünstigungen nach § 6 Abs. 3 EStG einerseits und nach § 6 Abs. 5 EStG andererseits ist danach nicht möglich. Einsprüche unter Berufung auf das BFH-Urteil des IV. Senats ruhen kraft Gesetzes bis zur endgültigen Klärung der Problematik.

Quelle: BMF online
Hinweis: Den vollständigen Text des o.g. Schreibens finden Sie auf den Internetseiten des BMF. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.
 

Fundstelle(n):
NWB YAAAF-10271