Online-Nachricht - Mittwoch, 04.09.2013

Einkommensteuer | Regelmäßige Arbeitsstätte eines Leiharbeitnehmers (BFH)

Die regelmäßige Arbeitsstätte ist insbesondere durch den örtlichen Bezug zum Arbeitgeber gekennzeichnet. Ein Arbeitnehmer ist deshalb grundsätzlich dann auswärts tätig, wenn er außerhalb einer dem Arbeitgeber zuzuordnenden Tätigkeitsstätte (Betriebsstätte) tätig wird, wie dies insbesondere bei Leiharbeitnehmern der Fall ist (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten darüber ob Fahrtkosten eines Leiharbeitnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit den tatsächlichen Aufwendungen oder nur nach Maßgabe der Entfernungspauschale als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.
Hierzu führen die Richter des BFH weiter aus:

  • Der Kläger kann seine Fahrtkosten in tatsächlicher Höhe geltend machen – er hatte keine regelmäßige Arbeitsstätte.

  • Die regelmäßige Arbeitsstätte ist nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats dadurch gekennzeichnet, dass sich der Arbeitnehmer in unterschiedlicher Weise auf die immer gleichen Wege einstellen und so auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken kann. Für diesen Fall erweist sich die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG als sachgerechte und folgerichtige Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip.

  • Gemessen daran lag entgegen der Auffassung des Finanzgerichts der ersten Instanz beim Kläger eine Auswärtstätigkeit vor.

  • Das FG hat zwar zutreffend aus der ex ante Betrachtung geprüft, ob der Arbeitnehmer sich auf die Tätigkeitsstätte hätte einrichten können.

  • Ebenso zutreffend hat das FG auch entschieden, dass angesichts des Grundsatzes der Abschnittsbesteuerung jeweils für das betreffende Streitjahr zu prüfen ist, ob angesichts möglicher neuer Tatumstände die Tätigkeit im Vergleich zum vorangegangenen Veranlagungszeitraum neu und gegebenenfalls auch davon abweichend zu beurteilen ist.

  • Solche neuen Tatumstände liegen allerdings dann nicht vor, wenn die vertraglichen Grundlagen für die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers unverändert fortbestehen und es lediglich nach den tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Streitjahrs im Nachhinein den Anschein hat, als ob der als Leiharbeitnehmer tätige Steuerpflichtige an seinem jeweiligen Einsatzort fortdauernd und nachhaltig tätig werde.

  • Die Würdigung, dass der Kläger als Leiharbeitnehmer sich auch künftig auf die Arbeitsstelle am Flughafen werde einrichten können, ist eine Prognose, die sich auf eine ex post Betrachtung stützt, indem sie das in vorangegangenen Veranlagungszeiträumen Praktizierte auf zukünftige Veranlagungszeiträume projiziert.

  • Dies widerspricht dem Grundsatz, dass sich die Beurteilung einer regelmäßigen Arbeitsstätte unter Berücksichtigung des vorgefundenen Rechtsrahmens aus einer typisierenden ex ante Betrachtung ergibt.

  • Bei einem unveränderten Rechtsrahmen wird ein Leiharbeitnehmer, der eben typischerweise nicht in einer betrieblichen Einrichtung seines Arbeitgebers tätig wird, sich auf den Ort, die Dauer und die weitere konkrete Ausgestaltung der dort von ihm zu verrichtenden Tätigkeit auch dann nicht für die Zukunft einstellen können, wenn er nach der bisher praktizierten betrieblichen Übung nahezu ausschließlich an einem bestimmten Ort tätig gewesen war.

Quelle: NWB Datenbank
Hinweis: Ab VZ 2014 wird der Begriff der "regelmäßigen Arbeitsstätte" durch den Begriff der „ersten Tätigkeitsstätte“ ersetzt. Letztere liegt vor, wenn der Arbeitnehmer einer Tätigkeitsstätte dauerhaft zugeordnet ist, wobei sich die dauerhafte Zuordnung durch dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegungen bestimmt. Soll z.B. ein Leiharbeitnehmer ausnahmsweise für die gesamte Dauer des Leiharbeitsverhältnisses oder länger als 48 Monate in der Einrichtung des Entleihers tätig werden, wäre dies nach neuem Recht seine erste Tätigkeitsstätte.
 

Fundstelle(n):
NWB QAAAF-10213