Online-Nachricht - Donnerstag, 01.08.2013

Einkommensteuer | Voller Fahrtkostenabzug für Flugbegleiter (FG)

Bei einer Flugbegleiterin ist der Werbungskostenabzug für Fahrten zwischen Wohnung und Einsatzflughafen nicht auf die sog. Entfernungspauschale von 0,30 EUR pro Entfernungskilometer begrenzt. Zu berücksichtigen sind Werbungskosten in Höhe der tatsächlichen Fahrtkosten (; Revision zugelassen).

Hintergrund: Nach geltendem Recht sind die Aufwendungen eines Arbeitnehmers für Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte mit der Entfernungspauschale i.H.v. 0,30 € anzusetzen. Hat der Arbeitnehmer keine "regelmäßige Arbeitsstätte", ist der Abzug der Fahrtkosten in tatsächlicher Höhe nach Dienstreisegrundsätzen möglich.
Sachverhalt: Die Klägerin arbeitete als Kabinenchefin für eine Fluggesellschaft. Ihr Einsatzflughafen war der Flughafen Frankfurt am Main. Für 2010 machte sie Fahrtkosten nach Reisekostengrundsätzen sowie die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer geltend. Sie vertrat die Ansicht, dass ihr - folge man der neuesten, geänderten Rechtsprechung des BFH - der volle Fahrtkostenabzug zustehe, weil sie keine regelmäßige Arbeitsstätte habe.
Dem folgten die Richter des FG Münster:

  • Die gesetzlich vorgesehene Beschränkung des Werbungskostenabzuges auf die Entfernungspauschale (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG) erfasst lediglich Fahrten zwischen Wohnort und "regelmäßiger Arbeitsstätte".

  • "Regelmäßige Arbeitsstätte" ist nach der aktuellen Rechtsprechung des BFH jedoch nur noch der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers.

  • Es genügt nicht, dass der Arbeitnehmer den Betrieb seines Arbeitgebers mit einer gewissen Nachhaltigkeit aufsucht. Erforderlich ist auch, dass der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers dort liegt. Die Klägerin sei jedoch schwerpunktmäßig nicht im Flughafen in Frankfurt, sondern im Flugzeug tätig.

  • Sie übt somit eine sog. Auswärtstätigkeit aus und kann daher Fahrtkosten in Höhe von 0,30 EUR pro tatsächlich gefahrenem Kilometer in Abzug bringen.

Hinweise: Erfolgreich war die Klägerin auch in Bezug auf die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer in Höhe von 1.250 EUR. Diese hatte das Finanzamt nicht anerkannt, weil die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass ihr kein "anderer Arbeitsplatz" im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG zur Verfügung stehe. Auch dies sah der 11. Senat des Finanzgerichts Münster anders. Er war davon überzeugt, dass der Klägerin kein "anderer Arbeitsplatz" für die von ihr zu erledigenden Arbeiten zur Verfügung gestanden habe. Insbesondere der im Rahmen der Flugvorbereitung genutzte, lediglich mit allgemeinen Sitzgelegenheiten und einem kleinen fahrbaren Tisch ausgestattete sog. Briefing-Raum sei kein "anderer Arbeitsplatz".
Das Gericht hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und im Hinblick auf das bereits anhängige Revisionsverfahren des NWB UAAAE-23280, Az. des BFH: NWB GAAAE-36071) sowie der abweichenden Entscheidung des NWB QAAAE-34815) die Revision zugelassen. Hier ist das Verfahren unter dem Az. VI R 54/13 anhängig. 
Quelle: FG Münster online
Anmerkung: Ab 2014 wird aus der "regelmäßigen Arbeitsstätte" die "erste Tätigkeitsstätte". Diese ist definiert als "ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers" ….. "der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist." Künftig wird also ein Flugzeug keine erste Tätigkeitsstätte mehr sein, weil das Merkmal der „Ortsfestigkeit“ nicht erfüllt ist. Nichtsdestotrotz dürfte die Entscheidung für eine Vielzahl von Steuerpflichtigen relevant sein. Das Urteil ist auf der Homepage des FG Münster veröffentlicht. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

 

Fundstelle(n):
NWB AAAAF-10078