Online-Nachricht - Dienstag, 02.07.2013

Umsatzsteuer | Zum Leistungsort im Bereich der Lagerung von Waren (EuGH)

Eine komplexe Dienstleistung im Bereich der Lagerung, die in der Annahme von Waren, ihrer Unterbringung auf geeigneten Lagerregalen, ihrer Aufbewahrung, ihrer Verpackung, ihrer Ausgabe sowie ihrem Ent- und Verladen besteht, ist nur dann eine Dienstleistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück, wenn die Lagerung die Hauptleistung darstellt und den Empfängern ein Recht auf Nutzung eines ausdrücklich bestimmten Grundstücks gewährt wird (, RR Donnelley Global Turnkey Solutions Poland).

Hintergrund: Bei dem polnischen Verfahren geht es um die Auslegung des Art. 47 der MwStSystRL. Hiernach gilt „als Ort einer Dienstleistung im Zusammenhang mit einem Grundstück (…) der Ort, an dem das Grundstück gelegen ist.“ 
Sachverhalt: Die Klägerin erbringt Lagerungsdienstleistungen. Diese Dienstleistungen umfassen u.a. die Annahme der Waren in einem Lager, ihre Unterbringung auf geeigneten Lagerregalen, ihre Aufbewahrung, ihr Verpacken für die Kunden, ihre Ausgabe sowie ihr Ent- und Verladen. Bei einigen Vertragspartnern gehört zu der fraglichen Dienstleistung außerdem auch das Umpacken von Materialien, die in Sammelpackungen geliefert werden, in individuelle Zusammenstellungen. Die Bereitstellung von Lagerraum ist dabei nur einer der vielen Bestandteile des logistischen Prozesses. Die Klägerin setzt eigene Arbeitnehmer ein sowie Verpackungen, deren Kosten ein Bestandteil des Entgelts für die Dienstleistung sind.
Hierzu führte der EuGH weiter aus:

  • Unter Art. 47 der MwStSystRL fallen nur Dienstleistungen, die einen ausreichend direkten Zusammenhang mit einem bestimmten Grundstück aufweisen.

  • Da jedoch eine Vielzahl von Dienstleistungen auf die eine oder andere Weise mit einem Grundstück im Zusammenhang stehen, ist außerdem erforderlich, dass Gegenstand der Dienstleistung das Grundstück selbst ist.

  • Dies ist u.a. dann der Fall, wenn ein ausdrücklich bestimmtes Grundstück insoweit als wesentlicher Bestandteil einer Dienstleistung anzusehen ist, als es einen zentralen und unverzichtbaren Bestandteil dieser Dienstleistung darstellt.

  • Eine Lagerung von Waren kann folglich nur dann in den Anwendungsbereich des Art. 47 fallen, wenn dem Empfänger dieser Dienstleistung ein Recht auf Nutzung eines ausdrücklich bestimmten Grundstücks oder eines Teils desselben gewährt wird.

  • Wenn sich im Streitfall herausstellen sollte, dass die Empfänger z.B. kein Recht auf Zugang zu dem Teil des Grundstücks haben, in dem ihre Waren gelagert sind, oder wenn das Grundstück bzw. das Gebäude, auf dem oder in dem die Waren gelagert werden sollen, keinen zentralen und unverzichtbaren Bestandteil der Dienstleistung darstellt, kann eine Dienstleistung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nicht unter Art. 47 der MwStSystRL fallen.

Anmerkung: Im Ausgangsverfahren ging der EuGH davon aus, dass die Lagerung der Waren grds. als die Hauptleistung anzusehen ist. Bei der Annahme, der Unterbringung, der Ausgabe, dem Ent- und dem Verladen der Waren handele es sich um Nebenleistungen, die steuerlich wie die Hauptleistung behandelt werden. Die letztgenannten Leistungen hätten für die Kunden grds. keinen eigenen Zweck, sondern würden Vorgänge darstellen, die es ihnen (nur) ermöglichten, die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Was das Umpacken von Waren in individuelle Zusammenstellungen betreffe, könnten diese Leistung demgegenüber immer dann als eigenständige Hauptleistung anzusehen sein, wenn dieses Umpacken nicht unerlässlich ist, um eine bessere Lagerung der fraglichen Waren zu gewährleisten.
Quelle: EuGH online
Hinweis: Den Text der o.g. Entscheidung finden Sie auf den Internetseiten des EuGH. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze. 
 

Fundstelle(n):
NWB QAAAF-09929