Online-Nachricht - Montag, 01.07.2013

Grunderwerbsteuer | Kirchlicher Kindergarten kann Betrieb gewerblicher Art sein (FG)

Es handelt sich, soweit ersichtlich, um die erste gerichtliche Entscheidung zu der Frage, ob ein kirchlicher Kindergarten ein Betrieb gewerblicher Art sein kann. In Anlehnung an die Rechtsprechung des BFH zu kommunalen Kindergärten bejaht das Gericht diese Frage für kirchliche Kindergärten in Hamburg (; Revision anhängig).

Hintergrund: Nach § 4 Nr. 1 GrEStG ist der Erwerb eines Grundstücks durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts von der Grunderwerbsteuer ausgenommen, wenn das Grundstück aus Anlass des Übergangs von öffentlich-rechtlichen Aufgaben oder aus Anlass von Grenzänderungen von der einen auf die andere juristische Person übergeht und nicht übe-wiegend einem Betrieb gewerblicher Art dient.
Sachverhalt: Der Kläger, ein evangelisch-lutherischer Kirchenkreis, erwarb von einer in seinem Bezirk liegenden Kirchengemeinde ein mit Kapelle, Gemeindehaus, Pastorat und Kindergarten bebautes Grundstück. Die Verwaltung des Kindergartens hatte der Kläger bereits zuvor übernommen, wobei die Trägerschaft einschließlich der religionspädagogischen Betreuung der Kinder zunächst bei der Gemeinde verblieben war. Nach Veräußerung des Grundstücks ließ der Kläger die vorhandenen Gebäude mit Ausnahme des Pastorats abreißen und einen neuen und größeren Kindergartenbau errichten. Im Kaufvertrag wurde die Unterhaltung des christlich geprägten Kindergartens auf den Kläger übertragen.
Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:

  • Der Erwerbsvorgang ist nicht gemäß § 4 Nr. 1 GrEStG steuerfrei. Der Steuerbefreiung steht entgegen, dass das übertragene Grundstück überwiegend zum Betrieb gewerblicher Art (BgA) genutzt wird.

  • Für die Bestimmung des Begriffs ist auf die Definition in § 4 Abs. 1 KStG zurückzugreifen, nach der alle Einrichtungen BgA sind, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben, ohne dass die Absicht, Gewinn zu erzielen und eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erforderlich sind.

  • Die Grenze zum BgA und damit zur Steuerpflicht wird von kirchlichen Einrichtungen dort überschritten, wo sie mit ihren Angeboten und Leistungen in einen Wettbewerb mit privatwirtschaftlichen Anbietern treten und der Bezug zum kirchlichen Verkündigungsauftrag demgegenüber zurücktritt.

  • Bei der im Steuerrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung nimmt die religiöse Betreuung der Kinder beispielsweise durch wöchentliche Andachten keinen derart großen Raum ein und verursacht keinen derartigen Mehraufwand, dass die Kinderbetreuung selbst nur eine Art Nebentätigkeit wäre.

  • Aus Sicht der Eltern als Kunden des Kindergartens ist die Tagesbetreuung ihrer Kinder vielmehr die Hauptleistung und -tätigkeit des Kindergartenträgers.

Hinweis: Das Finanzgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (Az. des BFH II R 11/13).
Quellen: NWB Datenbank und Newsletter des FG Hamburg 2/2013
 

Fundstelle(n):
NWB OAAAF-09921