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Online-Nachricht - Mittwoch, 26.06.2013

Einkommensteuer | Gewinnermittlungswahlrecht und Rücklagenbildung (BFH)

Hat ein Steuerpflichtige sein Gewinnermittlungswahlrecht zugunsten der Einnahmenüberschussrechnung ausgeübt, so ist sein (Hilfs-) Antrag auf eine "Rücklage nach § 6b EStG in Höhe des Veräußerungsgewinns" dahin auszulegen, dass er eine Neutralisierung des Gewinns durch einen Abzug nach § 6c Abs. 1 EStG begehrt (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Der Kläger war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. Mehrere in seinem Alleineigentum stehende Grundstücke verpachtete er an die GmbH. Im Herbst 1994 übertrug er einen GmbH-Geschäftsanteil von 25% auf seine Mutter. Der Gesellschaftsvertrag wurde dahin ergänzt, dass alle über den gewöhnlichen Betrieb hinausgehenden Geschäfte sowie Vereinbarungen mit nahen Angehörigen der Einwilligung von mindestens 76% der abgegebenen Stimmen der Gesellschafterversammlung bedürften und eine Änderung des Gesellschaftsvertrages die Zustimmung aller Gesellschafter erfordere. 1997 veräußerte der Kläger einen Teil der Geschäftsgrundstücke. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Betriebsaufspaltung durch die Beteiligung der Mutter und die Ergänzung des Gesellschaftsvertrages nicht beendet worden sei. Die Erlöse aus der Veräußerung der Grundstücke erfasste es als Betriebseinnahmen.
Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • Die Grundstücke des Klägers gehörten auch nach der Änderung des Gesellschaftsvertrages weiterhin zum Betriebsvermögen.

  • Der personellen Verflechtung durch Beherrschungsidentität steht insbesondere nicht entgegen, dass der Kläger die Pachtverträge nur mit Zustimmung seiner Mutter, der Minderheitsgesellschafterin, ändern konnte und diese als sog. Nur-Betriebsgesellschafterin am Besitzunternehmen (den Grundstücken) nicht beteiligt war. Für die Beherrschung einer GmbH genügt die Stimmrechtsmehrheit, die das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag für übliche Gesellschafterbeschlüsse vorschreibt.

  • Der Senat kann im Streitfall aber nicht beurteilen, ob eine Neutralisierung des aus der Veräußerung der Grundstücke entstandenen Gewinns durch Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG in Betracht kommt, weil eine Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nicht vorliegt (sog. Buchnachweis, § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 EStG).

  • Die Ermittlung des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten ist grds. keine Einnahmenüberschussrechnung i.S. von § 4 Abs. 3 EStG.

  • Die für die § 6c-EStG- oder § 6b-EStG-Rücklage erforderliche Dokumentation kann auch noch im zweiten Rechtsgang geschaffen oder dargelegt werden.

Quelle: NWB Datenbank
Anmerkung: Die Frage nach der Übertragbarkeit der stillen Reserven nach §§ 6b, 6c EStG stellte sich erst im Revisionsverfahren, nachdem der BFH die Beurteilung der Vorinstanz bestätigte, dass – entgegen der Meinung des Klägers – eine Betriebsaufspaltung fortbestand und die Veräußerung von Grundstücken des Besitzunternehmens deshalb zu betrieblichen Einkünften führte. Im Revisionsverfahren beantragte der Kläger (nur) hilfsweise die Reinvestitionsvergünstigung. Deshalb hat der BFH die Sache zurückverwiesen und klargestellt, dass der Kläger im zweiten Rechtsgang u.U. noch vom Gewinnermittlungswahlrecht (§ 4 Abs. 1 oder Abs. 3 EStG) Gebrauch machen und ggf. die Übertragung der stillen Reserven nach § 6c EStG beanspruchen kann, obwohl er im Revisionsverfahren § 6b EStG geltend gemacht hat.
 

Fundstelle(n):
HAAAF-09890