Online-Nachricht - Dienstag, 14.05.2013

Buchführung | Zugriff des Finanzamtes auf Daten einer Apotheke (FG)

Führt ein Apotheker über die nach der Rechtsprechung zulässige Ermittlung der Tageseinnahmen durch Tagesendsummenbons hinaus freiwillig eine von seiner PC-Kasse erstellte Datei mit Einzelaufzeichnungen der Barverkäufe, ist er in der Regel nicht verpflichtet, diese Datei dem Finanzamt bei einer Betriebsprüfung vorzulegen. Das hat das Hessische Finanzgericht entschieden (; vorläufig nicht rechtskräftig).

Hintergrund: Sind Unterlagen nach § 147 Abs. 1 AO mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden, so hat die Finanzbehörde im Rahmen einer Außenprüfung das Recht, Einsicht in die gespeicherten Daten zu nehmen und das Datenverarbeitungssystem zur Prüfung dieser Unterlagen zu nutzen (§ 147 Abs. 6 Satz 1 AO). Sie kann im Rahmen einer Außenprüfung auch verlangen, dass Daten nach ihren Vorgaben maschinell ausgewertet oder ihr die gespeicherten Unterlagen und Aufzeichnungen auf einem maschinell verwertbaren Datenträger zur Verfügung gestellt werden (§ 147 Abs. 6 Satz 2). Diese Befugnisse stehen der Finanzbehörde nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nur in Bezug auf Daten zu, die der Steuerpflichtige nach § 147 Abs. 1 AO aufzubewahren hat (s. NWB LAAAD-28986, unter II. 1. a. b. aa.).
Sachverhalt: Geklagt hatte eine Apothekerin, die die Bareinnahmen ihrer Apotheke mit einer sog. PC-Kasse erfasste. Die baren Tageseinnahmen stellte sie durch fortlaufende Tagesendsummenbons (Z-Bons) mit anschließender Nullstellung des Kassenspeichers fest. Die Summe der täglichen Bareinnahmen wurde manuell in das Kassenbuch übertragen, das Grundlage der Buchführung war. Der Aufforderung des Betriebsprüfers, auch die elektronische Datei mit den Einzelaufzeichnungen der Barverkäufe vorzulegen, kam sie nicht nach. Zwar legte sie dem Betriebsprüfer eine CD mit Daten aus ihrem Kassensystem vor; die Datei mit der Einzeldokumentation der Verkäufe hatte sie dabei jedoch entfernt.
Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:

  • Für die Aufforderung des Finanzamtes, auch die Datei mit den Einzelaufzeichnungen der Barverkäufe vorzulegen, besteht keine Rechtsgrundlage.

  • Die Klägerin kann sich dabei auch auf die Rechtsprechung stützen, wonach es aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität für eine ordnungsgemäße Buchführung auch im Computerzeitalter nicht erforderlich ist, Einzelaufzeichnungen zu führen, wenn der Unternehmer - wie die klagende Apothekerin - gegen Barzahlung Waren von geringem Wert an eine unbestimmte Vielzahl von Kunden im offenen Ladengeschäft verkauft (s. z.B. NWB VAAAE-19915, unter II. 1 a.).

  • Ausreichend ist in solchen Fällen, auf Einzelaufzeichnungen zu verzichten und die festgestellten Tagesendsummen täglich-fortlaufend in ein Kassenbuch zu übertragen. Die Führung des Kassenbuchs soll die streitigen Einzelaufzeichnungen gerade ersetzen.

  • Dass die Klägerin gleichwohl zusätzlich die einzelnen Barverkäufe freiwillig und programmgesteuert in einer gesonderten Datei mitgeschrieben und gespeichert hat, ändert hieran nichts und führt nicht zu einer Vorlagepflicht bei der Betriebsprüfung.

  • Denn die Datei ist grds. nicht Bestandteil der nach § 147 AO aufzubewahrenden Grundaufzeichnungen.

  • Dass die Datei für das Finanzamt bei einer Verprobung der Pflichtaufzeichnungen hilfreich und interessant sein könne, sei unerheblich.

  • Für den Betrieb der Apothekerin ist die gesonderte Aufzeichnung des Warenausgangs und der Einnahmen gerade nicht  erforderlich. Dem Gesetzgeber steht es allerdings frei, nach österreichischem Vorbild ein gesetzliches Zugriffsrecht auch für die außerhalb einer gesetzlichen Aufzeichnungspflicht vom Steuerpflichtigen geschaffenen Daten zu schaffen.

Anmerkung: Das Hessische Finanzgericht hat abschließend und durchaus praxisrelevant aber auch klargestellt, dass die hier streitige Frage des Bestehens einer Vorlagepflicht nach § 147 AO von der Frage einer im Übrigen erkennbaren Nichtordnungsmäßigkeit der Buchführung und der dadurch eröffneten Schätzungsbefugnis des Finanzamtes nach § 162 AO strikt zu trennen sei. So ließen nicht ordnungsgemäße Kassenaufzeichnungen (z.B. Differenzen zwischen den Tagessummen laut Z-Bons und den Eintragungen im Kassenbuch oder die nicht zeitgerechte Führung des Kassenbuchs) den Schluss zu, dass nicht alle Bareinnahmen verbucht worden sind und berechtigten das Finanzamt zu Zuschätzungen.
Quelle: FG Hessen, Pressemitteilung v.
Hinweis: Den Text der o.g. Entscheidung finden Sie auf den Internetseiten des Hessischen Finanzgerichts. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze. 
 

Fundstelle(n):
NWB PAAAF-09656