DBAI St. Kitts und Nevis Denkschrift
Denkschrift

I. Allgemeines

1. Ziele und Bedeutung des Abkommens

Gegenstand des am unterzeichneten Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Föderation St. Kitts und Nevis ist die gegenseitige behördliche Unterstützung in Steuersachen und Steuerstrafsachen durch Informationsaustausch auf Ersuchen im Einzelfall.

Die Finanzbehörden haben steuerlich relevante Sachverhalte aufzuklären. Ihre Befugnisse sind jedoch auf das Inland beschränkt. Sind grenzüberschreitende Sachverhalte aufzuklären, können Beteiligte oder auskunftspflichtige Dritte, die im Ausland ansässig sind, von den Finanzbehörden nicht wie im Inland ansässige Beteiligte oder auskunftspflichtige Dritte zur Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung herangezogen werden. Die Finanzbehörden sind dann auf die Unterstützung ausländischer Behörden angewiesen. Fehlt die Bereitschaft anderer Staaten oder Gebiete, Unterstützung für Besteuerungszwecke zu gewähren, wird dadurch Steuerhinterziehung begünstigt oder gefördert. Die gegenseitige Unterstützung bei der Sachverhaltsaufklärung für Besteuerungszwecke ist umso bedeutender, als grenzüberschreitende Sachverhalte alltäglich geworden sind.

St. Kitts und Nevis hat sich am gegenüber der OECD zur Akzeptanz der Grundsätze zu Transparenz und effektivem Informationsaustausch verpflichtet. Mit der Unterzeichnung des Abkommens vom ist St. Kitts und Nevis dieser Verpflichtung auch im Verhältnis zu Deutschland nachgekommen.

2. Die Gliederung des Abkommens

Inhalt, Aufbau und textliche Ausgestaltung des Abkommens entsprechen weitgehend dem OECD-Musterabkommen für Auskunftsaustausch aus dem Jahr 2002. Das Abkommen berechtigt jede Vertragspartei, die andere Vertragspartei um Auskunft oder Informationen in einer konkreten Steuersache zu ersuchen, die Gegenstand einer Ermittlung oder Untersuchung ist. Auskünfte werden in jedem Verfahrensstadium erteilt, d. h. sowohl im Steuerfestsetzungsverfahren als auch im Steuerstrafverfahren.

II. Zu den einzelnen Artikeln des Abkommens

Zu Artikel 1

Dieser Artikel umschreibt in allgemeiner Form das Ziel des Abkommens, gegenseitige Amts- und Rechtshilfe durch Informationsaustausch zu leisten. Der Informationsaustausch ist nicht auf Personen beschränkt, die im Gebiet einer Vertragspartei ansässig sind.

Zu Artikel 2

Dieser Artikel bestimmt, dass eine Vertragspartei nicht verpflichtet ist, Auskünfte zu erteilen, über die ihre Behörden nicht verfügen und die sich auch nicht im Besitz oder der Verfügungsmacht einer Person im Hoheitsbereich dieser Vertragspartei befinden.

Zu Artikel 3

Absatz 1 bezeichnet die Steuern, für die das Abkommen gilt. Auf deutscher Seite sind dies die Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Vermögensteuer, Erbschaftsteuer, Umsatzsteuer sowie alle sonstigen Steuern einschließlich der auf diese Steuern erhobenen Zuschläge. Zu den Steuern im Sinne des Abkommens gehören nicht Zölle und Verbrauchsteuern.

Absatz 2 bestimmt, dass das Abkommen nach gesonderter Vereinbarung der Vertragsparteien auch für Steuern gleicher oder ähnlicher Art gilt, die nach der Unterzeichnung des Abkommens erhoben werden. Die Vertragsparteien informieren sich über bedeutende Steuerrechtsänderungen.

Zu Artikel 4

Absatz 1 definiert verschiedene, für die Anwendung des Abkommens grundlegende Begriffe.

Absatz 2 enthält die aus den Doppelbesteuerungsabkommen bekannte Auslegungsregel, die auf das innerstaatliche Recht als subsidiäre Auslegungsquelle verweist.

Zu Artikel 5

Dieser Artikel enthält die Bedingungen, unter denen Auskünfte und Informationen auf Ersuchen erteilt werden.

Absatz 1 bestimmt, dass sich die Vertragsparteien auf Ersuchen Auskünfte für die in Artikel 1 genannten Zwecke erteilen. Ein automatischer oder ein spontaner Auskunftsaustausch ist nicht Gegenstand des Abkommens. Um Auskünfte kann sowohl für Zwecke des Besteuerungsverfahrens als auch für Zwecke eines Steuerstrafverfahrens ersucht werden. Die Auskünfte sind unabhängig davon zu erteilen, ob im Falle eines Steuerstrafverfahrens das zugrunde liegende Verhalten des Steuerpflichtigen auch im ersuchten Staat eine Straftat darstellen würde, oder ob die ersuchte Vertragspartei die ersuchten Informationen für eigene steuerliche Zwecke benötigt.

Nach Absatz 2 hat die zuständige Behörde der ersuchten Vertragspartei, wenn sie nicht im Besitz der erbetenen Informationen ist, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die Informationen zu beschaffen, auch wenn die ersuchte Vertragspartei die ersuchten Informationen für eigene steuerliche Zwecke nicht benötigt.

Nach Absatz 3 kann eine Vertragspartei auch darum ersuchen, die Auskünfte in Form von Zeugenaussagen oder beglaubigten Kopien zu erhalten.

Absatz 4 verpflichtet die Vertragsparteien sicherzustellen, dass Bankinformationen und Informationen über die Eigentumsverhältnisse an Gesellschaften und anderen Rechtsträgern stets zugänglich sind und damit auf Ersuchen zur Verfügung gestellt werden können. Ausgenommen hiervon sind Auskünfte über die Eigentumsverhältnisse in Bezug auf börsennotierte Gesellschaften oder öffentliche Investmentfonds oder -systeme, es sei denn, diese Informationen können ohne unverhältnismäßigen Aufwand eingeholt werden. Die Aufzählung der Banken und anderen Institute und Personen gemäß Buchstabe a stellt keine abschließende Aufzählung dar. Sie ist insbesondere nicht als eine Beschränkung der Befugnisse aus Absatz 1 zu verstehen.

Absatz 5 nennt die für ein Auskunftsersuchen notwendigen Angaben und Erklärungen. Hierdurch soll die ersuchte Vertragspartei nicht nur in die Lage versetzt werden, die ersuchten Informationen einzuholen, sondern auch überprüfen zu können, dass die erbetenen Informationen für die Besteuerung voraussichtlich erheblich sind. Nummer 1 des Protokolls zum Abkommen stellt klar, dass die Identität der Person, der die Ermittlung oder Untersuchung gilt, üblicherweise durch den Namen, aber auch durch andere hinreichend bestimmende Merkmale nachgewiesen werden kann.

Nach Absatz 6 übermittelt die ersuchte Behörde die gewünschten Informationen so schnell wie möglich. Des Weiteren bestätigt die ersuchte Behörde den Eingang des Ersuchens schriftlich und unterrichtet die ersuchende Vertragspartei innerhalb von 60 Tagen nach Eingang des Ersuchens über etwaige Mängel. Die ersuchte Behörde unterrichtet die ersuchende Vertragspartei umgehend, wenn sie das Ersuchen nicht innerhalb von 90 Tagen beantworten kann oder die Auskunftserteilung verweigert.

Zu Artikel 6

Absatz 1 eröffnet die Möglichkeit, Vertreter einer Vertragspartei in den Hoheitsbereich der anderen Vertragspartei zum Zwecke der Befragung von Personen und der Prüfung von Unterlagen zu entsenden. Voraussetzung hierfür ist, dass dies nach dem Recht der ersuchten Vertragspartei zulässig ist und die betroffenen Personen dem im Voraus schriftlich zugestimmt haben. Die Entscheidung über das Ersuchen und darüber, welche Bedingungen und Voraussetzungen gegebenenfalls einzuhalten sind, obliegt ausschließlich der ersuchten Vertragspartei.

Darüber hinaus kann eine Vertragspartei entsprechend Absatz 2 darum ersuchen, dass Vertreter ihrer zuständigen Behörde bei einer Steuerprüfung in der ersuchten Vertragspartei anwesend sind. Über dieses Ersuchen entscheidet ebenfalls ausschließlich die ersuchte Vertragspartei.

Absatz 3 beschreibt das Verfahren für den Fall, dass einem Ersuchen nach Absatz 2 stattgegeben wird.

Zu Artikel 7

Dieser Artikel bestimmt die Grenzen der Verpflichtung zur Auskunftserteilung.

Nach Absatz 1 ist die ersuchte Vertragspartei nicht verpflichtet, einem Ersuchen nachzukommen, das nicht in Übereinstimmung mit den Vorschriften des Abkommens gestellt wurde, bei dem die ersuchende Vertragspartei nicht alle eigenen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, die Informationen zu beschaffen, oder die Erteilung der Auskünfte der öffentlichen Ordnung der ersuchten Vertragspartei entgegenstehen würde.

Nach Absatz 2 besteht für eine Vertragspartei keine Verpflichtung zur Auskunftserteilung, wenn die Informationen einem Aussageverweigerungsrecht unterliegen oder die Preisgabe eines Handels-, Industrie-, Gewerbeoder Berufsgeheimnisses oder eines Geschäftsverfahrens darstellen würden. Allerdings erlauben Ersuchen um Bankauskünfte und um Auskünfte über die Eigentumsverhältnisse an Gesellschaften und anderen Rechtsträgern nicht schon als solche eine Auskunftsverweigerung unter Berufung auf ein Berufs- oder Geschäftsgeheimnis.

Absatz 3 regelt, dass ein Auskunftsersuchen nicht mit der Begründung abgelehnt werden kann, dass die zugrunde liegende Steuerforderung streitig ist.

Absatz 4 legt fest, dass die Auskunftserteilung abgelehnt werden kann, wenn die ersuchende Vertragspartei im umgekehrten Fall die Auskünfte nach ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften nicht erteilen könnte.

Die ersuchte Vertragspartei kann nach Absatz 5 ein Auskunftsersuchen ablehnen, wenn die Auskünfte der Anwendung von Vorschriften des Steuerrechts der ersuchenden Vertragspartei dienen, die Bürger der ersuchten Vertragspartei diskriminieren.

Zu Artikel 8

Absatz 1 verpflichtet zur vertraulichen Behandlung empfangener und erteilter Auskünfte.

Nach Absatz 2 dürfen die übermittelten Informationen nur den Personen oder Behörden zugänglich gemacht werden, die mit den jeweiligen Maßnahmen nach Artikel 1 befasst sind. Die Auskünfte können jedoch in einem verwaltungs- oder strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, einem öffentlichen Gerichtsverfahren oder in einer Gerichtsentscheidung offengelegt werden.

Nach Absatz 3 dürfen die erlangten Informationen für andere als in Artikel 1 genannte Zwecke nur nach ausdrücklicher schriftlicher Zustimmung der ersuchten Behörde verwendet werden.

Nach Absatz 4 dürfen die erteilten Auskünfte keinem anderen Hoheitsbereich bekannt gegeben werden.

Nach Absatz 5 dürfen personenbezogene Daten nur übermittelt werden, soweit dies für die Durchführung des Abkommens erforderlich und nach dem Recht der übermittelnden Vertragspartei möglich ist. Ergänzende Bestimmungen zu der Übermittlung von personenbezogenen Daten enthält Nummer 2 des Protokolls zum Abkommen.

Zu Artikel 9

Dieser Artikel regelt die Frage der Kosten, die einer Vertragspartei im Zusammenhang mit der Beschaffung von Informationen und der Erteilung von Auskünften entstehen. Näheres bestimmt Nummer 3 des Protokolls zum Abkommen. Danach trägt die ersuchte Vertragspartei die regulären Kosten der Erledigung des Auskunftsersuchens, außergewöhnliche Kosten die ersuchende Vertragspartei.

Zu Artikel 10

Dieser Artikel gibt den zuständigen Behörden die Möglichkeit, Schwierigkeiten oder Zweifel, die sich bei der Durchführung oder Auslegung des Abkommens ergeben, einvernehmlich zu regeln. Darüber hinaus können sich die zuständigen Behörden auf Verfahren zur Durchführung der Artikel 5, 6 und 9 verständigen.

Zu Artikel 11

Das Protokoll ist Bestandteil des Abkommens.

Zu Artikel 12

Dieser Artikel enthält die Bestimmungen über das Inkrafttreten und die erstmalige Anwendung des Abkommens.

Nach Absatz 2 tritt das Abkommen am Tag des Austauschs der Ratifikationsurkunden in Kraft. Eine Auskunftserteilung in Bezug auf das Besteuerungsverfahren ist für Veranlagungszeiträume möglich, die am oder ab dem Tag des Inkrafttretens beginnen. Soweit kein Veranlagungszeitraum besteht, erfolgt eine Auskunftserteilung nur für ab dem Inkrafttreten des Abkommens entstehende Steueransprüche.

Für Steuerstrafsachen werden Auskünfte ab dem Tag des Inkrafttretens des Abkommens erteilt.

Zu Artikel 13

Nach Absatz 1 kann jeder Vertragsstaat das Abkommen kündigen.

Absatz 2 bestimmt den Zeitpunkt des Außerkrafttretens des Abkommens nach erfolgter Kündigung. Dieser ist der erste Tag des Monats, der nach Ablauf von drei Monaten nach Zugang der Kündigung bei der anderen Vertragspartei folgt.

Absatz 3 bestimmt, dass die Vertragsparteien auch im Falle einer Kündigung des Abkommens an die Geheimhaltungspflichten des Artikels 8 im Hinblick auf die ausgetauschten Informationen gebunden bleiben.

Fundstelle(n):
zur Änderungsdokumentation
MAAAF-07823