Vorsteuerabzug aus einer Anzahlungsrechnung für ein bezahltes, aber tatsächlich wegen Betrugsabsicht des Rechnungsausstellers
nicht geliefertes Blockheizkraftwerk bei Gutgläubigkeit des Bestellers
Leitsatz
1. Bei richtlinienkonformer Auslegung gilt als Unternehmer bereits, wer die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht
hat, eine unternehmerische Tätigkeit auszuüben, und erste Investitionsausgaben für diesen Zweck tätigt (im Streitfall: Anzahlung
auf den Kaufpreis für ein Blockheizkraftwerk – BHKW –, das auf die nachhaltige Erzielung von Einnahmen durch regelmäßige Einspeisung
von Strom in das allgemeine Stromnetz abzielt).
2. Wurde eine in Rechnung gestellte Anzahlung für die Lieferung eines BHKW bezahlt, so steht dem in unternehmerischer Absicht
handelnden Besteller der Vorsteuerabzug aus dieser Anzahlungsrechnung auch dann zu, wenn der Rechnungsaussteller zwar von
Anfang an die Absicht hatte, das BHKW nicht zu liefern, die Vorausrechnung nur gestellt hat, um zum Betrieb eines Schneeballsystems
an weitere finanzielle Mittel zu gelangen, und tatsächlich das BHKW nie ausgeliefert hat, wenn jedoch der gutgläubige Besteller
ersichtlich vom leistenden Unternehmer getäuscht worden ist und darauf vertraut hat, dass die vereinbarte Leistung tatsächlich
erbracht wird (Anschluss an EUGH, Urteil v. , C-107/13, FIRIN; ; entgegen FG Münster,
Urteil v., 5 K 383/12 U).
3. Der Vorsteuerabzug ist auch nicht deswegen zu versagen, weil der Kläger bereits im Jahr der Anzahlung noch erfahren hat,
dass ihm kein BHKW geliefert werden wird, so dass nach der Rechtsprechung des ) eigentlich
eine Vorsteuerberichtigung nach Art. 185 Abs. 1 MwStSystRL vorzunehmen wäre, und zwar unabhängig davon, ob der Leistende die
Umsatzsteuer weiter schuldet oder die Anzahlung zurückerstattet hat. Denn die hier maßgebenden nationalen Vorschriften (§
17 Abs. 2 Nr. 2 und § 17 Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStG) sind auch nach ihrem Wortsinn einer richtlinienkonformen Auslegung nicht
zugänglich. Eine Rechtsfortbildung zu Lasten des Steuerpflichtigen kommt nicht in Betracht, es fehlt zudem an einer planwidrigen
Regelungslücke.
4. Eine rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare, nach der EuGH-Rechtsprechung zur Nichtanerkennung der Unternehmereigenschaft
führende Gestaltung liegt nicht schon dann vor, wenn zwar ein Steuerpflichtiger ein BHKW nicht persönlich betreibt und die
aus seiner Person als Eigentümer des BHKW resultierenden Risiken durch den Abschluss eines Verwaltungs- und Servicevertrags
vertraglich weitgehend auf andere abwälzt, wenn ihm jedoch noch das Insolvenzrisiko bezüglich der anderen Vertragsparteien
und das sich im Streitfall tatsächlich verwirklichte Risiko, nach einer geleisteten Anzahlung kein BHKW zu erhalten, verbleibt.
Tatbestand
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): EFG 2015 S. 1992 Nr. 22 KÖSDI 2016 S. 19643 Nr. 1 UStB 2016 S. 41 Nr. 2 TAAAF-04883
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