BAG Urteil v. - 3 AZR 517/13

Ablösung von Versorgungsregelungen - Vertrauensschutz und Verhältnismäßigkeit - dreistufiges Prüfungsschema

Gesetze: § 1 BetrAVG, § 2 Abs 1 BetrAVG, § 1 Abs 5 S 1 BetrAVG, § 286 Abs 1 BGB, § 288 BGB, § 305 Abs 1 BGB, § 308 Nr 4 BGB, Art 4 GG, Art 140 GG, Art 137 Abs 3 S 1 WRV, Anlage I Kap VIII A Abschn III Nr 16 Buchst a EinigVtr, Anlage I Kap VIII A Abschn III Nr 16 Buchst b EinigVtr, § 18 Abs 3 Nr 1 EvKiVerf SN, § 39 Nr 4 EvKiVerf SN, § 42 EvKiVerf SN, § 5 EvKiMAG SN, § 6 S 1 EvKiMAG SN, § 7 Abs 1 EvKiMAG SN, § 18 Abs 3 EvKiMAG SN

Instanzenzug: ArbG Dresden Az: 6 Ca 4917/09 Urteilvorgehend Sächsisches Landesarbeitsgericht Az: 5 Sa 220/11 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin über die von einer Zusatzversorgungskasse gezahlte Rente hinaus weitere Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gewähren muss.

2Die im September 1941 geborene Klägerin war seit dem bei der Beklagten in Dresden beschäftigt. Die wesentlichen Arbeitsbedingungen richteten sich zunächst nach dem Arbeitsvertrag vom . Danach war die Klägerin als Teilzeitbeschäftigte mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 22 Stunden für die Beklagte tätig. Sie erhielt hierfür ein Gehalt iHv. 50 % einer Vollzeitbeschäftigten.

3Die Beklagte ist eine evangelische Landeskirche. Nach § 18 Abs. 3 Nr. 1 der Verfassung der Beklagten (im Folgenden Kirchenverfassung) obliegt die landeskirchliche Gesetzgebung der Landessynode. Nach § 39 Nr. 4 Kirchenverfassung bedarf es zur Regelung der dienstrechtlichen Verhältnisse der kirchlichen Mitarbeiter einschließlich ihrer wirtschaftlichen Versorgung eines Kirchengesetzes. Unter bestimmten Voraussetzungen kann zudem die Kirchenleitung Verordnungen mit Gesetzeskraft erlassen (§ 42 Kirchenverfassung). Daneben hat die Landessynode der Beklagten mit dem Kirchengesetz über die Regelung der privatrechtlichen Dienstverhältnisse der Mitarbeiter der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens (Landeskirchliches Mitarbeitergesetz - LMG) vom ein Verfahren des „Dritten Wegs“ geschaffen. § 5 Abs. 1 LMG iVm. § 7 Abs. 1 LMG sieht für die Ordnung und Fortentwicklung der Arbeitsbedingungen ua. der Angestellten und Arbeiter die Bildung einer paritätisch besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission vor. Nach § 5 Abs. 2 LMG hat die Kommission die Aufgabe, Regelungen zu erarbeiten, die den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Dienstverhältnissen sowie die Vergütung und Entlohnung betreffen. Kommt eine Regelung nicht zustande, kann ein paritätisch besetzter Schlichtungsausschuss angerufen werden. Der Schlichtungsausschuss kann, wenn keine Einigung zustande kommt, nach § 18 Abs. 3 LMG eine endgültige Entscheidung treffen. Die Landessynode hat die Möglichkeit, sowohl Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission als auch des Schlichtungsausschusses aus Haushaltsgründen mit verfassungsändernder Mehrheit aufzuheben und ggf. durch eigene Regelungen zu ersetzen. Nach § 6 Satz 1 LMG sind sowohl die Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission nach § 5 Abs. 2 LMG als auch die Entscheidungen des Schlichtungsausschusses verbindlich und wirken normativ. Gemäß § 5 Abs. 3 LMG wirkt die Arbeitsrechtliche Kommission zudem bei „sonstigen Regelungen“ mit, wenn sie von dienstrechtlicher Bedeutung sind und die Dienstverhältnisse ua. der Angestellten und Arbeiter unmittelbar berühren.

4Mit Wirkung zum trat die „Verordnung über die Gewährung eines kirchlichen Treuegeldes an kirchliche Angestellte und Arbeiter im Ruhestand und ihrer Witwen/Witwer (Treuegeld-Verordnung)“ vom (ABl. S. A 58) in Kraft. Diese bestimmte in der zum in Kraft getreten Fassung der „Zweiten Verordnung zur Änderung der Treuegeld-Verordnung vom “ vom (ABl. S. A 86) ua.:

5Am vereinbarten die Parteien auf einem Formular einen neuen „Dienstvertrag“, der nach einem auf das Schriftstück gesetzten Stempel in „Fortsetzung des bisherigen Arbeitsverhältnisses“ und „im Sinne eines Nachtrages“ zum bisherigen Arbeitsvertrag gelten soll. Nach § 1 des Dienstvertrags war die Klägerin seit dem bei der Beklagten im Landeskirchenamt mit „50 vom Hundert der regelmäßigen Arbeitszeit eines vollbeschäftigten Mitarbeiters eingestellt“. Im Übrigen enthielt der Dienstvertrag ua. folgende Regelungen:

6Mit Wirkung vom trat die „Verordnung über die Treuegeldgewährung an kirchliche Mitarbeiter als Kirchliche Altersversorgung (VKAV)“ vom (ABl. S. A 159) in Kraft (im Folgenden VKAV 1994). Die VKAV 1994 bestimmt auszugweise:

7Die betriebliche Altersversorgung bei der Beklagten wurde durch die „Ordnung über die Kirchliche Altersversorgung (KAV)“ vom (ABl. S. A 270) mit Wirkung zum geändert (im Folgenden KAV 1997). Die KAV 1997 sah für die in ihrem § 1 Abs. 2 aufgeführten Arbeitnehmer - zu denen die Klägerin nicht gehörte - weiterhin die Gewährung einer Gesamtversorgung durch die Beklagte vor. § 24 KAV 1997 lautet:

8Ebenfalls Ende des Jahres 1996 beschloss die Landessynode der Beklagten das „Kirchengesetz über die Zusatzversorgung der kirchlichen Mitarbeiter im Bereich der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens (Zusatzversorgungsgesetz - ZVG)“ vom (ABl. S. A 244) (im Folgenden ZVG 1997). Das zum in Kraft getretene ZVG 1997 bestimmt ua.:

9Arbeitnehmer, für die die KAV 1997 keine Übergangsregelung enthält und die folglich keine Leistungen nach der KAV 1997 erhalten sollten, wurden entsprechend der Vorgaben des ZVG 1997 zum bei der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse Darmstadt - Anstalt des öffentlichen Rechts - (im Folgenden Zusatzversorgungskasse) angemeldet; deren Leistungen bestimmen sich nach der jeweils gültigen Satzung. Diese sah entsprechend der Regelung, die die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes für die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) für die neuen Bundesländer und den östlichen Teil Berlins mit Wirkung zum gefunden hatten, ab diesem Zeitpunkt die Gewährung einer Gesamtversorgung vor. Dieses Gesamtversorgungssystem wurde zum durch ein Punktemodell abgelöst. Auch diese Neuregelungen folgten der von den Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes für die VBL gefundenen Lösung. Zudem sah § 62 Abs. 2 der Satzung der Zusatzversorgungskasse für die Jahre 2002 bis 2005 die Möglichkeit der Zahlung verminderter Beiträge vor, denen verminderte Anwartschaften gegenüberstehen. Davon hat die Beklagte aufgrund eines Beschlusses ihrer Arbeitsrechtlichen Kommission vom (ABl. S. A 132) Gebrauch gemacht.

10Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete nach Erreichen der Regelaltersgrenze am . Seit dem bezieht die Klägerin eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie eine Versorgungsrente iHv. 46,76 Euro monatlich von der Zusatzversorgungskasse. Wäre in der Satzung der Zusatzversorgungskasse die zunächst vorgesehene Gesamtversorgung nicht zum durch das Punktemodell ersetzt worden, hätte die Versorgungsrente der Klägerin monatlich 49,17 Euro betragen.

11Die Klägerin hat mit ihrer Klage eine monatlich um 46,08 Euro höhere Mindestversorgung geltend gemacht. Sie habe Anspruch auf die Mindestversorgung nach der VKAV 1994. Bereits im Arbeitsvertrag vom sei ihr eine Altersversorgung zugesagt worden. Diese Zusage sei schließlich in die VKAV 1994 eingemündet. Ihre Versorgungszusage sei nach dem Inkrafttreten des Betriebsrentengesetzes im Gebiet nach Art. 3 des Einigungsvertrags gemäß § 5 des Dienstvertrags vom schriftlich bestätigt worden. Zum Zeitpunkt der Ablösung der VKAV 1994 durch die KAV 1997 am sei ihre Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung bereits unverfallbar gewesen. Die Verschlechterung der Versorgungszusage durch die KAV 1997 sei anhand des vom Bundesarbeitsgericht entwickelten dreistufigen Prüfungsschemas zu überprüfen. Die KAV 1997 habe zum ersatzlosen Wegfall der ihr zugesagten betrieblichen Altersversorgung geführt. Dies sei unzulässig.

12Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

13Die Beklagte hat Klageweisung beantragt. Sie hat im Wesentlichen geltend gemacht, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung der Mindestversorgung nach der VKAV 1994. Die VKAV 1994 sei am gemäß § 24 Satz 2 KAV 1997 aufgehoben worden. Stattdessen sei die Klägerin zum bei der Zusatzversorgungskasse zur Pflichtversicherung angemeldet worden, die der Klägerin für die gesamte versorgungsfähige Dienstzeit eine Rente gewährt. Die Ablösung der VKAV 1994 zum durch die KAV 1997 sei - auch soweit es die Klägerin betreffe - wirksam. Da die Klägerin zum Ablösungszeitpunkt noch keine unverfallbare Anwartschaft auf Leistungen nach der VKAV 1994 erworben hatte, richte sich die Wirksamkeit der Ablösung nicht nach dem Drei-Stufen-Modell des Bundesarbeitsgerichts. Jedenfalls lägen hinreichende Gründe für die Ablösung vor. Die Beklagte habe ein Interesse an einer einheitlichen Regelung der Zusatzversorgungsrente.

14Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr iHv. 1.751,04 Euro zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 46,08 Euro monatlich beginnend mit dem und endend mit dem entsprochen und die Beklagte weiter verurteilt, an die Klägerin ab dem monatlich 46,08 Euro am 1. des jeweiligen Folgemonats nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. des Folgemonats zu zahlen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter. Die Klägerin begehrt die Zurückweisung der Revision.

Gründe

15Die Revision ist im Wesentlichen unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Beklagte rechtsfehlerfrei zur Zahlung einer Mindestversorgung iHv. 46,08 Euro monatlich für die Zeit vom bis zum und zur künftigen Zahlung eines monatlichen Betrags in dieser Höhe ab dem verurteilt. Lediglich der Zinsausspruch bezüglich der künftigen Leistungen war insoweit zu korrigieren, als Zinsen nur auf die bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits durch den Senat fälligen Beträge zugesprochen werden konnten.

16I. Die Klage ist zulässig. Dies gilt auch für den Klageantrag zu 2. Er ist auf Zahlung wiederkehrender Leistungen iSd. § 258 ZPO gerichtet. Bei wiederkehrenden Leistungen, die - wie Betriebsrentenansprüche - von keiner Gegenleistung abhängen, können gemäß § 258 ZPO grundsätzlich auch künftig fällig werdende Teilbeträge eingeklagt werden. Im Gegensatz zu § 259 ZPO muss nicht die Besorgnis bestehen, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen wird (vgl. etwa  - Rn. 21 mwN).

17II. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass der Klägerin nach § 10 Satz 1 VKAV 1994 eine Mindestversorgung jedenfalls iHv. weiteren 46,08 Euro monatlich zusteht. Die zum in Kraft getretene KAV 1997 und das ZVG 1997 iVm. der Satzung der Zusatzversorgungskasse stehen dem nicht entgegen.

181. Zwischen den Parteien gilt das kirchliche Recht der betrieblichen Altersversorgung in seiner für die Beklagte jeweils geltenden Fassung.

19a) Dies folgt nicht aus den kirchlichen Rechtssetzungsakten für sich genommen. Die Kirchen haben nicht die Rechtsmacht, eine normative Wirkung ihrer Regelungen im privaten Arbeitsverhältnis anzuordnen. Wählen die Kirchen die privatrechtliche Ausgestaltung ihrer Arbeitsverhältnisse, so haben sie auch nur die privatrechtlichen Gestaltungsmittel (st. Rspr. des BAG: grundlegend - 4 AZR 412/04 - zu II 2 a bb der Gründe; vgl. auch - 6 AZR 217/11 - Rn. 34 mwN, BAGE 142, 247; - 2 AZR 523/10 - Rn. 20).

20b) Die Geltung der jeweiligen kirchenrechtlichen Regelungen folgt jedoch aus § 5 des „Dienstvertrags“ der Parteien vom , der als Jeweiligkeitsklausel zu verstehen ist.

21aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind Verweisungen auf die für die betriebliche Altersversorgung beim Arbeitgeber geltenden Bestimmungen im Regelfall dynamisch. Sie verweisen, soweit keine gegenteiligen Anhaltspunkte bestehen, auf die jeweils beim Arbeitgeber geltenden Regelungen. Das Verständnis einer solchen Bezugnahme als dynamische Verweisung auf die jeweils geltenden Versorgungsregelungen ist sachgerecht und wird in der Regel den Interessen der Parteien eher gerecht als eine statische Verweisung auf einen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden Rechtszustand. Nur so wird eine einheitliche Anwendung der Versorgungsordnung auf alle von ihr erfassten Arbeitnehmer und Versorgungsempfänger des Arbeitgebers sichergestellt. Der Arbeitgeber will im Zweifel die betriebliche Altersversorgung nach einheitlichen Regeln, dh. als System, erbringen. Ein solches System darf nicht erstarren. Dies ist bei der Auslegung dahin gehender Vereinbarungen zu berücksichtigen. Deshalb ist für den Regelfall eine dynamische Verweisung anzunehmen ( - Rn. 24; - 3 AZR 255/05 - Rn. 18 mwN, BAGE 118, 326; - 3 AZR 529/96 - zu I 2 der Gründe). Will der Arbeitgeber eine Versorgung unabhängig von der jeweils geltenden allgemeinen Versorgungsordnung zusagen, muss er dies deutlich zum Ausdruck bringen ( - Rn. 22; - 3 AZR 415/10 - Rn. 25, BAGE 143, 90).

22bb) Danach ist die Klausel in § 5 des Dienstvertrags vom als dynamische Bezugnahme auf die jeweils bei der Beklagten geltenden Regelungen der betrieblichen Altersversorgung zu verstehen. Entgegen der Auffassung der Revision bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeitsvertragsparteien lediglich die am Tag des Vertragsschlusses geltende Versorgungsregelung, also die Treuegeld-Verordnung idF der Zweiten Verordnung zur Änderung der Treuegeld-Verordnung vom , in Bezug nehmen wollten. Dafür fehlt es - unabhängig davon, ob dies für sich genommen ausreichend wäre - schon an einer konkreten Bezeichnung der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bei der Beklagten geltenden Versorgungsregelungen.

232. Dementsprechend richtete sich die zusätzliche Altersversorgung der Klägerin gemäß § 5 des Dienstvertrags vom seit dem nach der VKAV 1994. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin zu diesem Zeitpunkt aufgrund der dynamischen Bezugnahme in ihrem Dienstvertrag bereits eine Anwartschaft auf ein Treuegeld nach der Treuegeld-Verordnung vom idF der Zweiten Verordnung zur Änderung der Treuegeld-Verordnung vom erworben hatte. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, wäre die Treuegeld-Verordnung vom idF der Zweiten Verordnung zur Änderung der Treuegeld-Verordnung vom zum für die Klägerin wirksam durch die VKAV 1994 abgelöst worden. Die Klägerin macht ausschließlich eine Mindestversorgung nach § 10 VKAV 1994 gegen die Beklagte geltend und lässt die vorherige Ablösung der Treuegeld-Verordnung durch die VKAV 1994 gegen sich gelten.

243. Die Regelungen der VKAV 1994 galten kraft vertraglicher Bezugnahme auch nach dem für die zusätzliche Altersversorgung der Klägerin weiter. Zwar trat nach § 24 Satz 2 KAV 1997 die VKAV 1994 zum außer Kraft. Die von § 1 Abs. 2 KAV 1997 erfassten Mitarbeiter erhielten stattdessen eine zusätzliche Altersversorgung nach den §§ 4 ff. KAV 1997. Die nicht unter § 1 Abs. 2 KAV 1997 fallenden Mitarbeiter - wie die Klägerin - wurden entsprechend den Vorgaben des ZVG 1997 ab dem bei der Zusatzversorgungskasse versichert. Ihre Ansprüche auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sollten sich demnach ausschließlich nach den jeweils geltenden Satzungsbestimmungen der Zusatzversorgungskasse richten. § 5 des Dienstvertrags der Klägerin erfasst diese Änderungen jedoch nicht.

25a) Die Auslegung von § 5 des Dienstvertrags ergibt, dass von der Bezugnahme nur Regelungen erfasst werden sollen, die den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit und damit - soweit keine Rechtsgründe entgegenstehen - dem diese Grundsätze konkretisierenden dreistufigen Prüfungsschema des Senats für Eingriffe in bestehende Versorgungsrechte entsprechen.

26aa) § 5 des Dienstvertrags ist Bestandteil eines Formulararbeitsvertrags. Bereits das äußere Erscheinungsbild des Dienstvertrags der Parteien vom begründet damit eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Allgemeinen Geschäftsbedingung iSd. § 305 Abs. 1 BGB (vgl.  - Rn. 17). Nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB unterliegt die Verweisungsklausel daher der Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 4 BGB. Denn mit der Verweisung auf das jeweils geltende Recht in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens hat die Beklagte sich auch die Möglichkeit vorbehalten, die Arbeitsbedingungen einseitig zu ändern. Die Verweisung erfasst dabei nicht nur auf dem sog. „Dritten Weg“, dh. durch Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission zustande gekommene Regelungen, sondern auch Bestimmungen, die durch einseitige kirchliche Rechtssetzungsakte erlassen wurden.

27bb) Eine Verweisung auf die jeweils geltenden Regelungen für die betriebliche Altersversorgung des Arbeitgebers hält nur dann einer Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 4 BGB stand, wenn die in Bezug genommenen Änderungen den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Nur in diesem Fall ist der in der Jeweiligkeitsklausel liegende Änderungsvorbehalt für den Arbeitnehmer als Vertragspartner des Verwenders zumutbar. Dies beruht darauf, dass der Arbeitnehmer erwarten kann, für die durch seine Betriebszugehörigkeit bereits erbrachten Vorleistungen auch die ihm versprochene Gegenleistung zu erhalten, soweit dem nicht Gründe auf Seiten des Arbeitgebers entgegenstehen, die seine schützenswerten Interessen überwiegen ( - Rn. 30 ff., BAGE 143, 90).

28cc) Es ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber als Verwender der Jeweiligkeitsklausel nur eine rechtlich zulässige Regelung vereinbaren will. Daher ist - soweit keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen - eine dynamische Verweisung auf die geltenden Versorgungsregelungen so auszulegen, dass davon nur Regelungen erfasst sein sollen, die den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Aus diesen Grundsätzen folgt, dass die Gründe, die den Eingriff rechtfertigen sollen, um so gewichtiger sein müssen, je stärker der Besitzstand ist, in den eingegriffen wird (vgl.  - Rn. 34, BAGE 143, 90). Die bei Einschnitten in Versorgungsrechte zu beachtenden Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit hat das Bundesarbeitsgericht für Versorgungsanwartschaften durch ein dreistufiges Prüfungsschema konkretisiert (st. Rspr. seit  - zu B II 3 c der Gründe, BAGE 49, 57), das in derartigen Fällen grundsätzlich anzuwenden ist. Den abgestuften Besitzständen der Arbeitnehmer sind danach entsprechend abgestufte unterschiedlich gewichtete Eingriffsgründe des Arbeitgebers gegenüberzustellen (vgl. etwa  - Rn. 35 mwN).

29b) Danach erfasst § 5 des Dienstvertrags nur solche abändernden Versorgungsregelungen, die einer Prüfung anhand des vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Drei-Stufen-Modells standhalten. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte sich weiter gehende Änderungen vorbehalten wollte, liegen nicht vor.

30c) Das der Beklagten nach Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV zustehende Recht, ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes zu ordnen und zu verwalten, steht dieser Auslegung nicht entgegen.

31aa) Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV konkretisiert und ergänzt institutionell die durch Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG garantierte Religionsfreiheit ( - Rn. 84). Diese Verfassungsnormen verpflichten den Staat, das Gebot religiös-weltanschaulicher Neutralität zu wahren und legen ihm auf, die Eigenständigkeit der Rechtsordnung von Religionsgesellschaften zu respektieren (vgl.  - Rn. 89). Das Selbstbestimmungsrecht erfasst alle Maßnahmen, die der Sicherstellung der religiösen Dimension des Wirkens im Sinne des Selbstverständnisses der Religionsgesellschaft und der Wahrung der unmittelbaren Beziehung der Tätigkeit zu deren Grundauftrag dienen; das schließt die rechtliche Vorsorge für die Wahrnehmung solcher Dienste durch den Abschluss entsprechender Arbeitsverträge ein. Denn die Religionsgesellschaften können sich auch der jedermann offen stehenden privatautonomen Gestaltungsformen bedienen. Auch dann sind sie berechtigt, diese nach ihrem Selbstverständnis auszugestalten und ihnen steht die aus dem Selbstbestimmungsrecht folgende Ordnungsbefugnis zu (vgl.  - Rn. 95 ff.).

32bb) Dieses Recht steht unter dem Vorbehalt des für alle geltenden Gesetzes. Das ist nicht im Sinne eines allgemeinen Gesetzesvorbehalts zu verstehen. Vielmehr ist der Wechselwirkung von Freiheit der Religionsgesellschaft und Schrankenzweck bei der Schrankenbestimmung Rechnung zu tragen. Nicht jede Regelung, die aus weltlicher Sicht als vernünftig und verhältnismäßig erscheint, darf in den Autonomiebereich der Religionsgesellschaft eingreifen. Dieser ist den Religionsgesellschaften von der Verfassung garantiert, um ihnen die Möglichkeit zu geben, ihrer religiösen Aufgabe, ihren Grundsätzen und Leitbildern auch im Bereich von Organisation, Normsetzung und Verwaltung nachkommen zu können (vgl.  - Rn. 106 f.).

33cc) Die Einbeziehung der religionsgesellschaftlichen Arbeitsverhältnisse in das staatliche Arbeitsrecht hebt deren Zugehörigkeit zu den eigenen Angelegenheiten der Religionsgesellschaft nicht auf. Arbeitsgesetze sind daher im Lichte der verfassungsrechtlichen Wertentscheidung zugunsten der Selbstbestimmung der Religionsgesellschaft auszulegen. Die Religionsgesellschaft darf daher nicht nur Gestaltungsspielräume, die das dispositive Recht eröffnet, voll ausschöpfen. Auch bei der Handhabung zwingender Rechtsgrundsätze sind Auslegungsspielräume zugunsten der Religionsgesellschaft zu nutzen, wobei deren Selbstverständnis besonderes Gewicht beizumessen ist. Das darf aber nicht dazu führen, dass Schutzpflichten des Staates gegenüber den Arbeitnehmern und die Sicherheit des Rechtsverkehrs vernachlässigt werden. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV sichert mit Rücksicht auf das friedliche Zusammenleben von Staat und Religionsgesellschaften sowohl das selbständige Ordnen und Verwalten der eigenen Angelegenheiten durch die Religionsgesellschaften als auch den staatlichen Schutz der Rechte anderer und für das Gemeinwesen bedeutsamer Rechtsgüter. Der sich daraus ergebenden Wechselwirkung ist durch eine entsprechende Güterabwägung Rechnung zu tragen (vgl.  - Rn. 110 f.).

34dd) § 308 Nr. 4 BGB ist ein für alle geltendes Gesetz, dessen Maßstäbe auch auf Religionsgesellschaften anzuwenden sind. Die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit dienen dem Schutz des Vertrauens der Arbeitnehmer in die zu ihren Gunsten bestehenden Regelungen sowie der aufgrund ihrer Betriebszugehörigkeit erworbenen Anwartschaften und Erwartungen. Allerdings ist bei der Anwendung des dreistufigen Prüfungsschemas das Selbstverständnis der Religionsgesellschaften zu berücksichtigen und damit der Wechselwirkung mit ihrem Selbstbestimmungsrecht Rechnung zu tragen.

35d) Demgemäß ist die Wirksamkeit der Ablösung der VKAV 1994 anhand des Drei-Stufen-Modells des Senats zu überprüfen. Rechtsgründe dieses Prüfungsschema auf die streitbefangene Ablösung nicht anzuwenden, bestehen nicht.

36aa) Die Beklagte kann nicht mit Erfolg geltend machen, auf die der Klägerin erteilte Versorgungszusage finde das Betriebsrentengesetz keine Anwendung. Das Betriebsrentengesetz ist anwendbar. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob seine Anwendbarkeit Voraussetzung für die Heranziehung des dreistufigen Prüfungsschemas ist.

37(1) Das Arbeitsverhältnis der Klägerin wurde im Mai 1987 in Dresden begründet und dort auch durchgeführt. Das Betriebsrentengesetz ist deshalb nur insoweit anwendbar, als dies im Einigungsvertrag bestimmt ist. Nach Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 16 Buchst. a und b des Einigungsvertrags trat das Betriebsrentengesetz am im Gebiet nach Art. 3 des Einigungsvertrags in Kraft. §§ 1 bis 18 des Gesetzes finden danach „auf Zusagen über Leistungen der betrieblichen Altersversorgung Anwendung, die nach dem erteilt“ wurden.

38(2) Die Beklagte hat der Klägerin eine Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach dem iSd. Einigungsvertrags „erteilt“.

39(a) Eine Zusage wird in diesem Sinne erteilt, wenn Ansprüche auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung einzelvertraglich begründet werden oder kollektiv-vertraglich entstehen. Dies setzt eine neue Verpflichtung voraus. Die bloße Erfüllung einer bestehenden Rechtspflicht reicht ebenso wenig aus, wie die Beschreibung der Folgen einer Rechtslage ( - Rn. 22; - 3 AZR 788/96 - zu II der Gründe, BAGE 88, 205).

40(b) Ausgehend hiervon hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, dass § 5 des Dienstvertrags vom dahin auszulegen ist, dass der Klägerin damit eine Versorgungszusage erteilt werden sollte. Gegen diese Auslegung hat die Beklagte keine durchgreifenden Revisionsrügen erhoben. Revisionsrechtliche Bedenken gegen die Auslegung des Landesarbeitsgerichts sind auch nicht ersichtlich.

41bb) Der Anwendbarkeit des dreistufigen Prüfungsschemas steht - entgegen der Auffassung der Beklagten und des Sächsischen Landesarbeitsgerichts ( - 9 Sa 569/11 -) - auch nicht entgegen, dass die Anwartschaft der Klägerin auf Versorgungsleistungen nach der VKAV 1994 im Zeitpunkt der Ablösung durch die KAV 1997 am nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG in der bis zum geltenden Fassung noch nicht unverfallbar war. Zwar lagen die nach der gesetzlichen Regelung alternativ zu erfüllenden Voraussetzungen einer mindestens zehnjährigen Betriebszugehörigkeit oder einer dreijährigen Zusagedauer und einer zwölfjährigen Betriebszugehörigkeit zum Ablösezeitpunkt noch nicht vor. Denn das Arbeitsverhältnis der Klägerin bestand zu diesem Zeitpunkt erst neuneinhalb Jahre. Gleichwohl ist das dreistufige Prüfungsschema maßgeblich, denn es findet unabhängig davon Anwendung, ob die erworbenen Anwartschaften bereits unverfallbar oder noch verfallbar sind. Das Vertrauen des Arbeitnehmers auf den Bestand der Zusage und damit auf die zugesagten Leistungen ist nicht erst dann geschützt, wenn die Anwartschaft unverfallbar geworden ist. Auf die Unverfallbarkeit der Anwartschaft kommt es nur bei einem vorzeitigen Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis an. Sie hat keine Bedeutung für die Zulässigkeit der Ablösung von Versorgungsregelungen im fortbestehenden Arbeitsverhältnis ( - Rn. 39; - 3 AZR 169/10 - Rn. 52, BAGE 144, 160).

42cc) Der Prüfung der die VKAV 1994 ablösenden Regelungen anhand des dreistufigen Prüfungsschemas steht schließlich nicht entgegen, dass es sich bei diesen um kirchenarbeitsrechtliche Bestimmungen handelt.

43(1) In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird angenommen, dass bei im „Dritten Weg“ erlassenen Regelungen der Kirchen die Kontrolldichte gegenüber allgemeinen Grundsätzen zurückgenommen ist (vgl. etwa  - Rn. 17 mwN; - 4 AZR 880/07 - Rn. 39 mwN). Die nur eingeschränkte Überprüfung von im „Dritten Weg“ zustande gekommen Regelungen, rechtfertigt sich allein aus der gleichgewichtigen Beteiligung der Arbeitnehmerseite beim Erlass der kirchlichen Regelungen. Diese Voraussetzung liegt nicht vor, wenn die kirchlichen Gesetzgebungsorgane einseitig Regelungen erlassen.

44(2) Das ist vorliegend der Fall. Bei der VKAV 1994, der KAV 1997 und dem ZVG 1997 handelt es sich weder um Regelungen der Arbeitsrechtlichen Kommission nach § 5 Abs. 2 LMG noch beruhen diese auf einem Beschluss des Schlichtungsausschusses gemäß § 18 LMG. Vielmehr sind die VKAV 1994 und die KAV 1997 als Verordnungen ergangen; bei dem ZVG 1997 handelt es sich um ein Kirchengesetz. Zwar mögen diese Regelungen unter einer Mitwirkung im Sinne einer Beteiligung bei der Beratung der Vorschriften nach § 5 Abs. 3 LMG erlassen worden sein. Dies führt indes nicht dazu, dass von einer Rechtssetzung im „Dritten Weg“ auszugehen wäre. § 5 Abs. 3 LMG statuiert kein Mitentscheidungsrecht. Vielmehr liegt eine einseitige Rechtssetzung durch Organe des - kirchlichen - Arbeitgebers vor. Eine grundsätzliche Erleichterung gegenüber dem allgemein geltenden Prüfungsschema für Eingriffe in Versorgungsregelungen ist deshalb nicht angebracht.

45dd) Soweit die Beklagte mit der Einführung ihres kirchlichen Zusatzversorgungssystems ab dem die Regelungen nachvollzogen hat, die die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes ab diesem Tag für den öffentlichen Dienst der neuen Bundesländer und des östlichen Teils Berlins geschaffen haben, rechtfertigt dies ebenfalls keine Abweichung vom dreistufigen Prüfungsschema.

46(1) Das Drei-Stufen-Modell findet nach der Rechtsprechung des Senats keine Anwendung auf Ablösungen durch Tarifvertrag, sondern es ist unmittelbar auf die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit zurückzugreifen ( - Rn. 42 ff.). Dies gilt auch soweit kirchliche Arbeitgeber betriebliche Altersversorgung nach den Regelungen durchführen, wie sie die Tarifvertragsparteien im öffentlichen Dienst treffen. Die kirchlichen Arbeitnehmer können grundsätzlich nicht darauf vertrauen, besser behandelt zu werden als die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes nach den für diese abgeschlossenen Tarifverträgen. Es besteht insoweit eine vergleichbare Interessenlage. Durch die Beteiligung von Gewerkschaften als Interessenvertretung der Arbeitnehmer ist ein angemessener Interessenausgleich grundsätzlich gewährleistet (im Ergebnis ebenso:  - Rn. 25; - 3 AZR 383/06 - Rn. 40 f.).

47(2) Mit der Ablösung der für die Klägerin geltenden Regelungen zum hat die Beklagte indes nicht lediglich die Entscheidungen der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes für ihren Bereich umgesetzt. Durch die Versorgungstarifverträge des öffentlichen Dienstes wurde zu diesem Zeitpunkt in den neuen Bundesländern und im Osten Berlins erstmals für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes eine betriebliche Altersversorgung über die VBL eingeführt, nicht jedoch in bereits bestehende Versorgungsrechte eingegriffen. Die tariflichen Regelungen erfassten deshalb nicht die Situation der Klägerin, der bereits eine Versorgungszusage erteilt worden war.

48e) Die Ablösung der VKAV 1994 durch § 24 Satz 2 KAV 1997 und das ZVG 1997 iVm. den am geltenden Satzungsbestimmungen der Zusatzversorgungskasse verstößt gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit wie sie durch das dreistufige Prüfungsschema des Bundesarbeitsgerichts konkretisiert sind.

49aa) Nach dem dreistufigen Prüfungsschema sind den abgestuften Besitzständen der Arbeitnehmer entsprechend abgestufte, unterschiedlich gewichtete Eingriffsgründe des Arbeitgebers gegenüberzustellen (vgl. etwa  - Rn. 35 mwN). Der unter der Geltung der bisherigen Ordnung und in dem Vertrauen auf deren Inhalt bereits erdiente und entsprechend § 2 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 BetrAVG ermittelte Teilbetrag kann hiernach nur in seltenen Ausnahmefällen entzogen werden. Das setzt zwingende Gründe voraus. Zuwächse, die sich - wie etwa bei endgehaltsbezogenen Zusagen - dienstzeitunabhängig aus variablen Berechnungsfaktoren ergeben (erdiente Dynamik), können nur aus triftigen Gründen geschmälert werden. Für Eingriffe in dienstzeitabhängige, noch nicht erdiente Zuwachsraten genügen sachlich-proportionale Gründe (vgl. etwa  - Rn. 24 mwN).

50bb) Die KAV 1997 sowie das ZVG 1997 iVm. den ab dem geltenden Satzungsbestimmungen der Zusatzversorgungskasse greifen zwar weder in den bis zum Ablösungszeitpunkt von der Klägerin erdienten Teilbetrag noch in eine bis dahin erdiente Dynamik ein. Sie führen aber zu einem Eingriff in die künftigen dienstzeitabhängigen Zuwächse.

51(1) Es liegt kein Eingriff in den erdienten Teilbetrag vor.

52(a) Der von der Klägerin nach § 10 Satz 1 VKAV 1994 am bereits erdiente Teilbetrag der Mindestversorgung beläuft sich auf 48,57 Euro.

53(aa) Nach § 10 Satz 1 VKAV 1994 setzt sich die Mindestversorgung aus einem Grundbetrag iHv. 100,00 DM monatlich für die ersten zehn anspruchsbegründenden Dienstjahre und jeweils weiteren 10,00 DM monatlich für jedes weitere anspruchsbegründende Dienstjahr zusammen. Vom Beginn der Betriebszugehörigkeit der Klägerin am bis zum Erreichen der festen Altersgrenze am ergeben sich insgesamt 19 anrechnungsfähige Dienstjahre. Daraus folgt eine erreichbare Mindestversorgung iHv. 190,00 DM. Die mögliche Betriebszugehörigkeit iSv. § 2 Abs. 1 BetrAVG umfasst 230 volle Monate. Ihre tatsächliche Betriebszugehörigkeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zum Zeitpunkt der Ablösung am umfasst 115 Monate. Dies ergibt einen Quotienten von 0,5 (115 Monate : 230 Monate) und damit einen zeitanteilig erdienten Anspruch iHv. 95,00 DM (190,00 DM x 0,5); dies entspricht 48,57 Euro.

54(bb) Die Mindestversorgung nach § 10 Satz 1 VKAV 1994 ist für Teilzeitbeschäftigte nicht um einen Teilzeitfaktor zu kürzen. Dies hat das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt. § 10 Satz 1 VKAV 1994 bestimmt die Höhe der Mindestversorgung ausschließlich in Abhängigkeit von den anspruchsbegründenden Dienstjahren. Eine Berücksichtigung des individuellen Beschäftigungsumfangs des Versorgungsberechtigten ist nicht vorgesehen. Daran ändert auch § 8 Abs. 2 VKAV 1994 nichts. Danach erhalten bei der Gesamtversorgung nach § 8 VKAV 1994 nicht vollbeschäftigte Mitarbeiter eine Gesamtversorgung in der Höhe, die dem Anteil ihrer vertraglich vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit an der eines vollbeschäftigten Mitarbeiters entspricht. § 8 Abs. 2 VKAV 1994 wird von § 10 VKAV 1994 nicht in Bezug genommen. Auch verweist § 8 VKAV 1994 seinerseits nicht auf § 10 VKAV 1994. Der Umstand, dass mit der VKAV 1994 eine Gesamtversorgung zugesagt wurde, rechtfertigt keine andere Beurteilung.

55Zwar orientiert sich eine Gesamtversorgung typischerweise auch am Beschäftigungsumfang des Leistungsberechtigten. Die Regelung zur Mindestversorgung in § 10 VKAV 1994 ist entgegen der Auffassung der Revision jedoch keine „Mindestgesamtversorgung“, sondern eine Mindestversorgung. Diese soll jedem Versorgungsberechtigten unabhängig von seinem Beschäftigungsumfang und seiner Vergütungshöhe zustehen. Damit gewährt § 10 VKAV 1994 jedem Arbeitnehmer den sich nach dieser Regelung ergebenden Mindestbetrag.

56Unerheblich ist, dass § 2 Abs. 2 Treuegeld-Verordnung eine ausdrückliche Bestimmung zur Berücksichtigung des Beschäftigungsumfangs enthielt. Hieraus folgt weder, dass Entsprechendes auch für die Mindestversorgung nach § 10 VKAV 1994 gelten muss, noch, dass die VKAV 1994 insoweit eine unbewusste Regelungslücke enthält. Die Versorgungssysteme nach der Treuegeld-Verordnung und nach der VKAV 1994 sind unterschiedlich ausgestaltet. Die Treuegeld-Verordnung sah lediglich ein Treuegeld in Abhängigkeit von Beschäftigungsumfang und anrechenbarer Dienstzeit vor. Demgegenüber wurde durch die VKAV 1994 eine Gesamtversorgung eingeführt. Die Mindestversorgung nach § 10 VKAV 1994 bestimmte dabei lediglich den Mindestbetrag, der jedem Versorgungsberechtigten gewährt werden sollte. Gegen eine unbewusste Regelungslücke spricht zudem, dass die Urheber der Treuegeld-Verordnung noch im Juni 1993 gesehen hatten, dass der Beschäftigungsumfang für die Höhe der zu gewährenden Leistungen eine Rolle spielen kann. Das macht es unwahrscheinlich, dass diese Fragestellung ein Jahr später bei Schaffung der VKAV 1994 übersehen worden sein soll, obschon eine ausdrückliche Regelung zur Teilzeitbeschäftigung bei der Gesamtversorgung getroffen wurde.

57(b) Nach dem am geltenden Satzungsrecht der Zusatzversorgungskasse hätte die Klägerin eine monatliche Versorgungsrente iHv. 49,17 Euro erreicht. Da dieser Betrag höher ist als der zum erdiente Teilbetrag nach § 10 Satz 1 VKAV 1994 iHv. 48,57 Euro, führen die neuen Versorgungsregelungen nicht zu einem Eingriff in den bereits erdienten Teilbetrag.

58(2) Ein Eingriff in die erdiente Dynamik liegt ebenfalls nicht vor. Denn die Mindestversorgung nach § 10 VKAV 1994 hängt nicht von dienstzeitunabhängigen variablen Faktoren, wie etwa dem Endgehalt ab. § 10 VKAV 1994 sieht vielmehr eine Festbetragsregelung für jedes anrechnungsfähige Dienstjahr vor.

59(3) Die Neuregelung greift jedoch in die künftigen dienstzeitabhängigen Zuwächse ein. Bei unveränderter Weitergeltung der VKAV 1994 hätte die Klägerin nach § 10 VKAV 1994 eine Mindestversorgung iHv. 190,00 DM (entspricht 97,15 Euro) erreichen können. Demgegenüber hätte sich ihre, nach den am geltenden Satzungsbestimmungen der Zusatzversorgungskasse errechnete Versorgungsrente lediglich auf 49,17 Euro belaufen.

60cc) Der Beklagten stehen sachlich-proportionale Gründe für den Eingriff in die künftigen dienstzeitabhängigen Zuwächse nicht zur Seite.

61(1) Sachlich-proportionale Gründe sind nachvollziehbare, anerkennenswerte und damit willkürfreie Gründe ( - Rn. 29).

62(2) Die Beklagte hat sich darauf berufen, durch die Ablösung der VKAV 1994 und die gleichzeitige Einführung der Zusatzversorgung über die Zusatzversorgungskasse den kirchlichen Mitarbeitern eine einheitliche und umfassende Versorgung gewähren zu wollen. In der Rechtsprechung des Senats (vgl. etwa  - zu B III 3 a der Gründe, BAGE 36, 327) ist zwar anerkannt, dass das Interesse des Arbeitgebers unterschiedliche, sich im Unternehmen herausgebildete Versorgungssysteme zu harmonisieren und damit zu vereinheitlichen, einen sachlichen Grund für Eingriffe auf der dritten Besitzstandsstufe darstellen kann. Allerdings hat die Beklagte ihre betriebliche Altersversorgung gerade nicht vereinheitlicht. Vielmehr führt sie die bisherigen Regelungen für die Arbeitnehmer, die unter § 1 Abs. 2 KAV 1997 fallen, fort. Im Übrigen fehlt es an einem Vereinheitlichungsinteresse, wenn - wie vorliegend - lediglich eine Versorgungsregelung durch eine andere ersetzt werden soll. Dies ist bei jeder Ablösung einer älteren durch eine neue Versorgungsordnung der Fall.

63(3) Sonstige Gründe, insbesondere solche die mit besonderen kirchlichen Belangen zusammenhängen, hat die Beklagte nicht vorgetragen.

64f) Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf eine Störung der Geschäftsgrundlage der VKAV 1994 durch die Einführung der Zusatzversorgung für die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst der neuen Bundesländer und des östlichen Teils Berlins zum berufen.

65aa) Die Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage - nunmehr § 313 BGB - finden neben den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit und damit neben dem dreistufigen Prüfungsschema Anwendung. Während die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit die Wirksamkeit dessen betreffen, was als Änderungsmöglichkeit im Vertrag angelegt ist, betreffen die Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage die Anpassung der vertraglichen Grundlagen selbst.

66bb) Geschäftsgrundlage sind nur die nicht zum Vertragsinhalt gewordenen, bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung beruht (vgl.  - Rn. 40; - 2 AZR 42/11 - Rn. 32;  - Rn. 18).

67cc) Es ist zwar nachvollziehbar, dass die kirchlichen Arbeitgeber in den neuen Bundesländern mit der Einführung der betrieblichen Altersversorgung für die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst der neuen Bundesländer und des östlichen Teils Berlins zum ein System herstellen wollten, das möglichst parallel läuft. Die Beklagte hat aber keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass diese Umstände der gemeinsamen Vorstellung der Parteien entsprachen oder für die Klägerin jedenfalls erkennbar waren. Das gilt vor allem deshalb, weil der Klägerin eine betriebliche Altersversorgung nach einem von der Beklagten selbst geschaffenen System zugesagt worden war, obwohl es seinerzeit für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes keine tariflichen Versorgungsregelungen gab.

68g) Die Umstellung vom Gesamtversorgungs- auf ein Punktesystem in den Satzungsbestimmungen der Zusatzversorgungskasse zum und die Herabsetzung der Beiträge im Rahmen des Punktesystems durch den Beschluss der Arbeitsrechtlichen Kommission vom haben für die Entscheidung des Rechtsstreits keine Bedeutung. Diese bezogen sich lediglich auf Regelungen innerhalb des Systems der Satzung der Zusatzversorgungskasse; jedenfalls daran scheitert eine für die Klägerin wirkende Ablösung. Die Ansprüche der Klägerin auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gegen die Beklagte beruhen auf § 10 VKAV 1994 und nicht auf der Satzung der Zusatzversorgungskasse.

694. Da die Eingriffe in die Versorgungsrechte nicht gerechtfertigt sind, steht der Klägerin eine monatliche Mindestversorgung iHv. 190,00 DM zu. Dies entspricht 97,15 Euro. Auf diesen Wert lässt sie sich die Versorgungsrente, die sie von der Zusatzversorgungskasse iHv. 46,76 Euro erhält, anrechnen. Dies ergibt eine Differenz iHv. 50,39 Euro. Das Landesarbeitsgericht hat der Klägerin zwar lediglich einen Betrag iHv. 46,08 Euro zugesprochen. Da die Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts aber kein Rechtsmittel eingelegt hat, ist die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts insoweit rechtskräftig.

705. Der Zinsanspruch folgt hinsichtlich der mit dem Antrag zu 1. geltend gemachten Rückstände aus § 286 Abs. 1, § 288 BGB. Hinsichtlich der mit dem Antrag zu 2. geltend gemachten Forderung stehen der Klägerin Zinsen gemäß § 286 Abs. 1, § 288 BGB jedoch nur auf die bis zum Urteilserlass bereits fällig gewordenen monatlichen Leistungen zu. Hinsichtlich der künftig fällig werdenden Leistungen kann die Klägerin hingegen keine Verzugszinsen beanspruchen. Verzugszinsen sind keine Leistungen iSv. § 258 ZPO, sondern Sekundäransprüche, deren Entstehung ungewiss ist. Insoweit könnte allenfalls Klage gemäß § 259 ZPO erhoben werden, wenn den Umständen nach die Besorgnis begründet ist, der Schuldner werde sich der rechtzeitigen Leistung entziehen ( - Rn. 60). Für eine solche Besorgnis hat die Klägerin weder etwas vorgetragen noch sind derartige Umstände sonst ersichtlich. Deshalb war der Zinsausspruch im Antrag zu 2. auf die bis zur Entscheidung des Senats bereits fällig gewordenen Beträge zu begrenzen.

71III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2015:140715.U.3AZR517.13.0

Fundstelle(n):
BB 2015 S. 2419 Nr. 40
BB 2015 S. 2490 Nr. 41
DB 2015 S. 2823 Nr. 48
NAAAF-02487