BGH Beschluss v. - 3 StR 202/15

Strafverfahren: Fortsetzung unterbrochener Hauptverhandlung durch Verhandlung über die Erforderlichkeit weiterer Verhandlungsunterbrechungen

Gesetze: § 229 Abs 1 StPO

Instanzenzug: Az: 2070 Js 12755/14 - 1 KLs

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in zwei Fällen und wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten rügt die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet das Verfahren. Mit der Rüge, die Hauptverhandlung sei entgegen § 229 Abs. 1 StPO für die Dauer von mehr als drei Wochen unterbrochen gewesen, hat das Rechtsmittel Erfolg.

21. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:

3Am wurde die Hauptverhandlung unterbrochen. Zum Fortsetzungstermin am wurde eine Zeugin geladen. Diese ließ am unter Vorlage eines ärztlichen Attests mitteilen, sie könne der Ladung wegen einer akuten, voraussichtlich bis bestehenden Erkrankung keine Folge leisten. Dies gab der Vorsitzende in der Hauptverhandlung am bekannt; das Attest und die Mitteilung wurden laut Protokoll "zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht". Anschließend wurde die Hauptverhandlung erneut unterbrochen; gemäß Absprache mit den Verfahrensbeteiligten wurde Fortsetzungstermin auf den bestimmt.

42. Die Rüge, die Hauptverhandlung sei zwischen 5. November und - mithin länger als drei Wochen - unterbrochen gewesen, hat Erfolg. Am wurde die Hauptverhandlung nicht im Sinne von § 229 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 StPO fortgesetzt.

5a) Nach ständiger Rechtsprechung gilt eine Hauptverhandlung dann als fortgesetzt, wenn zur Sache verhandelt und das Verfahren gefördert wird (vgl. , NStZ 2014, 220). Zwar kann auch in der Befassung lediglich mit Verfahrensfragen eine Förderung des Verfahrens in der Sache liegen, wenn deren Ziel die Klärung ist, durch welche Untersuchungshandlungen der Aufklärung des Sachverhalts Fortgang gegeben werden kann (BGH aaO). Nicht ausreichend hierfür ist jedoch allein die in der Sache selbst nicht weiterführende Prüfung und Erörterung, ob eine - weitere -Unterbrechung der Hauptverhandlung notwendig ist und wann diese gegebenenfalls fortgesetzt werden kann (vgl. LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 229 Rn. 12; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 229 Rn. 11; jeweils mwN). So liegt der Fall indes hier.

6b) Allerdings hat der Bundesgerichtshof die Auffassung vertreten, dass die Unterbrechungsfrist des § 229 Abs. 1 StPO auch dann gewahrt ist, wenn die für den Fortsetzungstermin in Aussicht genommene weitere Förderung des Verfahrens in der Sache infolge unvorhersehbarer Ereignisse nicht stattfinden kann (, NJW 2009, 384). Der Senat kann offen lassen, ob er dieser Ansicht beitreten könnte, insbesondere, ob sie mit dem wesentlichen Zweck des § 229 StPO, der Wahrung der Konzentrationsmaxime (LR/Becker aaO, Rn. 1 mwN), noch zu vereinbaren ist; denn auf die vorliegende Sachverhaltsgestaltung ist diese Entscheidung jedenfalls nicht übertragbar. Ihr lag zu Grunde, dass das Gericht im Fortsetzungstermin zunächst einem mit veränderter Sachlage begründeten Unterbrechungsantrag des Verteidigers entsprechen musste. Demgegenüber war das Landgericht hier ausschließlich infolge der Erkrankung der geladenen Zeugin daran gehindert, die Beweisaufnahme wie vorgesehen fortzusetzen. Welche Auswirkungen es auf den Lauf der höchstzulässigen Unterbrechungsfrist hat, wenn ein Verfahrensbeteiligter wegen Krankheit nicht zur Hauptverhandlung erscheinen kann, ist indes Gegenstand der besonderen und abschließenden Regelung in § 229 Abs. 3 StPO. Eine Hemmung der Unterbrechungsfrist wegen Erkrankung eines Zeugen ist dort nicht vorgesehen. Dies kann nicht dadurch umgangen werden, dass die Bekanntgabe einer Erkrankung als Sachverhandlung im Sinne einer Fortsetzung der Hauptverhandlung nach § 229 Abs. 4 Satz 1 StPO gewertet wird, durch die die Unterbrechungsfrist gewahrt wird.

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Fundstelle(n):
NAAAE-98405