BGH Beschluss v. - 4 StR 267/11

Pflichtverteidigervergütung: Voraussetzungen für die Bewilligung einer Pauschgebühr

Gesetze: § 51 Abs 1 RVG

Instanzenzug: Az: 4 StR 267/11 Urteilvorgehend Az: 35 KLs 62/10

Gründe

11. Der Antragsteller wurde dem Angeklagten durch Verfügung des Vorsitzenden des 4. Strafsenats des als Verteidiger für die Hauptverhandlung vor dem Bundesgerichtshof bestellt. Gegenstand des Verfahrens war eine Revision der Staatsanwaltschaft.

2Rechtsanwalt L.      hat an der Revisionshauptverhandlung vom teilgenommen. Diese dauerte von 9.15 Uhr bis 10.10 Uhr. In der Zeit von 9.40 Uhr bis 10.00 Uhr war die Sitzung unterbrochen.

3Mit Schreiben vom hat Rechtsanwalt L.      beantragt, ihm für die Wahrnehmung des Hauptverhandlungstermins gemäß § 51 RVG eine Pauschgebühr zu bewilligen, weil für ihn ein zweitägiger Aufwand erforderlich gewesen sei, um den Termin wahrnehmen zu können. Das gesetzliche Abwesenheitsgeld reiche für eine Abgeltung nicht aus.

42. Die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Pauschgebühr nach § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG für die Vorbereitung und Wahrnehmung der Revisionshauptverhandlung vor dem Bundesgerichtshof - nur insoweit ist der Bundesgerichtshof nach § 51 Abs. 2 Satz 2 RVG zuständig (, BGHSt 23, 324) - liegen nicht vor.

5a) Gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 und 3 RVG ist Voraussetzung der Bewilligung einer Pauschgebühr, die über die gesetzlichen Gebühren hinausgeht, dass diese wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit der Sache bzw. des betroffenen Verfahrensabschnitts nicht zumutbar ist. Die Bewilligung einer Pauschgebühr stellt dabei die Ausnahme dar; die anwaltliche Mühewaltung muss sich von sonstigen - auch überdurchschnittlichen Sachen - in exorbitanter Weise abheben (, Rn. 5; Beschluss vom - 3 StR 117/12, Rn. 5). Bei der Beurteilung ist ein objektiver Maßstab zu Grunde zu legen (vgl. BVerfG, NJW 2005, 1264, 1265 mwN). Entscheidend ist, ob die konkrete Strafsache selbst umfangreich war und infolge dieses Umfangs eine zeitaufwändigere, gegenüber anderen Verfahren erhöhte Tätigkeit des Verteidigers erforderlich geworden ist. Dabei ist nur der Zeitaufwand berücksichtigungsfähig, der allein aus verfahrensbezogenen Tätigkeiten des Pflichtverteidigers herrührt, nicht hingegen solcher, der seinen Grund in nur verteidigerbezogenen/persönlichen Umständen hat (, Rn. 18 zitiert nach juris; OLG Hamm, NStZ 2007, 343).

6b) Gemessen daran erscheinen dem Senat die gesetzlichen Gebühren als angemessen und ausreichend. Die rechtlich nicht schwierige Strafsache hatte keinen besonderen Umfang. Dass die Wahrnehmung des Hauptverhandlungstermins für den Verteidiger mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden war, ändert daran nichts. Sie beruht auf in seiner Person liegenden Umständen und wird durch den Anspruch auf Erstattung der entstandenen Fahrt- und Übernachtungskosten sowie auf Zahlung eines Tages- und Abwesenheitsgeldes ausgeglichen (Nr. 7003 ff. VV zu § 2 Abs. 2 RVG), der von dem Verteidiger offensichtlich auch geltend gemacht worden ist (vgl. zu § 99 BRAGO; , Rn. 42 zitiert nach juris; , Rn. 18 zitiert nach juris; OLG Hamm, NStZ 2007, 343; Kroiß in: Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl., § 51 Rn. 23 Stichwort Reisekosten; Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 3. Aufl., § 51 Rn. 99). Dass die Nichtberücksichtigung des erforderlichen Zeitaufwands für die Anreise zum Gerichtsort bei der Bemessung des Umfangs der Sache nach § 51 RVG zu einer Überschreitung der von Verfassungs wegen zu beachtenden Zumutbarkeitsgrenze führt, ist weder dargetan noch ersichtlich (vgl. BVerfG, NJW 2005, 1264, 1265).

Sost-Scheible                                   Roggenbuck                                   Franke

                       Mutzbauer                                       Quentin

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
NJW 2015 S. 2437 Nr. 33
NJW 2015 S. 8 Nr. 31
XAAAE-94466