BAG Beschluss v. - 5 AZR 795/14

Annahmeverzug - Mehrfachbegründung des Berufungsurteils

Gesetze: § 72 Abs 5 ArbGG, § 551 Abs 3 S 1 Nr 2 ZPO, § 552 Abs 1 S 2 ZPO

Instanzenzug: ArbG Würzburg Az: 10 Ca 1194/12 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Nürnberg Az: 2 Sa 407/14 Urteil

Gründe

1I. Die Parteien streiten über Vergütung wegen Annahmeverzugs für den Zeitraum Juli bis Oktober 2013.

2Der 1953 geborene Kläger ist seit 1979 bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in den bayerischen Betrieben des Groß- und Außenhandels vom , gültig ab , Anwendung (im Folgenden MTV). In § 18 MTV ist das Erlöschen von Ansprüchen geregelt, wenn diese nicht innerhalb bestimmter Fristen geltend gemacht werden.

3Während eines - mittlerweile rechtskräftig beendeten - Rechtsstreits über die Vergütungshöhe kündigte die Beklagte mit Schreiben vom das Arbeitsverhältnis außerordentlich sowie hilfsweise ordentlich. Auf die vom Kläger erhobene Kündigungsschutzklage hat das die Kündigung sowohl als außerordentliche als auch als ordentliche Kündigung für unwirksam erklärt. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten mit Urteil vom zurückgewiesen. Die gegen das Berufungsurteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat die Beklagte mit Schriftsatz vom zurückgenommen.

4Mit der am beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger Vergütung wegen Annahmeverzugs für den Zeitraum Februar bis Juni 2012 sowie für künftige Monate gefordert. Mit Schriftsatz vom hat der Kläger die Klage um den Zeitraum Juli 2012 bis Dezember 2013 und mit Schriftsatz vom um den Zeitraum bis einschließlich Januar 2014 erweitert.

5Der Kläger hat - soweit für die Revision von Belang - beantragt,

6Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die in der Revision noch streitigen Ansprüche seien gemäß § 18 MTV verfallen. Nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils im Kündigungsrechtsstreit hätte der Kläger nachfolgend entstehende und fällig werdende Vergütungsansprüche gesondert geltend machen müssen.

7Das Arbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich des noch streitigen Teils stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

8II. Die Revision der Beklagten ist mangels hinreichender Begründung unzulässig. Sie ist nach § 72 Abs. 5, § 74 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 ArbGG iVm. § 552 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu verwerfen.

91. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Bei einer Sachrüge muss die Revisionsbegründung den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts in einer Weise verdeutlichen, die Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennen lässt. Die Revisionsbegründung muss sich deshalb mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils gezielt auseinandersetzen. Hat das Berufungsgericht seine Entscheidung auf zwei voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Revisionsbegründung beide Erwägungen angreifen. Andernfalls ist das Rechtsmittel insgesamt unzulässig ( - Rn. 10). Die Rechtsmittelbegründung ist dann selbst im Falle ihrer Berechtigung nicht geeignet, die angefochtene Entscheidung in Frage zu stellen ( - Rn. 39).

102. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung der Beklagten nicht gerecht.

11a) Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung auf zwei voneinander unabhängige rechtliche Erwägungen gestützt.

12aa) Zum einen geht das Landesarbeitsgericht davon aus, der Kläger habe mit der Erhebung der Kündigungsschutzklage sowohl die erste Stufe als auch - vor dem Hintergrund einer verfassungskonformen Auslegung - die zweite Stufe der Ausschlussfrist gewahrt. Die Kündigungsschutzklage betreffe auch Ansprüche, die erst nach Rechtskraft des Urteils in der Bestandsstreitigkeit entstanden seien. Darin liegt die Erstbegründung des Landesarbeitsgerichts.

13bb) Zum anderen stützt das Landesarbeitsgericht sein Urteil darauf, dass die am beim Arbeitsgericht eingereichte Klage auf künftige Leistung die Ausschlussfrist gewahrt habe. Dieser Antrag sei nicht auf die Dauer der Bestandsstreitigkeit begrenzt gewesen. Darin liegt die Zweitbegründung des Landesarbeitsgerichts.

14b) Die Revisionsbegründung der Beklagten setzt sich ausschließlich mit der ersten Begründung des Landesarbeitsgerichts auseinander. Die zweite, selbständig tragende Begründung des Landesarbeitsgerichts zur Wahrung der Ausschlussfrist durch Erhebung der Klage auf künftige Leistung wird in der Revisionsbegründung nicht einmal erwähnt. Infolgedessen fehlt hinsichtlich dieser Begründung jeder Revisionsangriff.

15III. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2015:100615.B.5AZR795.14.0

Fundstelle(n):
LAAAE-94003