BAG Urteil v. - 7 AZR 2/14

Befristung eines Arbeitsverhältnisses aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs

Gesetze: § 14 Abs 1 S 1 TzBfG, § 14 Abs 1 S 2 Nr 8 TzBfG, § 278 Abs 6 S 1 Alt 1 ZPO, § 278 Abs 6 S 1 Alt 2 ZPO, § 150 Abs 2 BGB

Instanzenzug: Az: 8 Ca 20/13 Ö Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Niedersachsen Az: 1 Sa 489/13 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund einer Befristung am geendet hat.

2Die Klägerin war bei der beklagten Bundesagentur für Arbeit aufgrund von insgesamt 16 befristeten Arbeitsverträgen mit zum Teil längeren Unterbrechungen in der Zeit vom bis zum in der Agentur für Arbeit H und im Jobcenter der Region H beschäftigt. Sie war zunächst vom bis zum , vom bis zum und vom bis zum als Aktenverwalterin in der Agentur für Arbeit H tätig. Anschließend wurde sie bis zum als Bearbeiterin in der Anmelde- und Bearbeitungsstelle in der Agentur für Arbeit H beschäftigt. Vom bis zum sowie vom bis zum war die Klägerin als Bearbeiterin für AlG/Alhi/FuU in der Agentur für Arbeit H eingesetzt. Danach war sie erneut aufgrund von drei befristeten Verträgen als Aktenverwalterin in der Agentur für Arbeit H tätig, und zwar vom bis zum , vom bis zum sowie vom bis zum . Nach einer Unterbrechung von zwei Jahren und elf Monaten war die Klägerin im Zeitraum vom bis zum als Aktenverwalterin beschäftigt. Vom bis zum und vom bis zum wurde sie als Teamassistentin im Bearbeitungsservice im Jobcenter der Region H eingesetzt. Vom bis zum wurde sie als Teamassistentin in der Agentur für Arbeit H beschäftigt. Dieses Arbeitsverhältnis wurde einvernehmlich bis zum verlängert. Am vereinbarten die Parteien, dass die Klägerin vom bis zum als Teamassistentin in der Agentur für Arbeit H eingesetzt wird.

3Gegen die mit Vertrag vom vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses erhob die Klägerin Befristungskontrollklage. Mit Schriftsatz vom teilte der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin dem Arbeitsgericht Folgendes mit:

4Daraufhin fasste der Vorsitzende am folgenden Beschluss:

5Dieser Beschluss wurde beiden Parteien übersandt. Die Beklagte nahm mit Schriftsatz vom wie folgt Stellung:

6Mit Schreiben vom übermittelte das Gericht den Schriftsatz der Beklagten vom an den damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit der Bitte um Stellungnahme, ob Einverständnis mit den Änderungen bestehe. Nachdem dieser sein Einverständnis erklärt hatte, fasste das Arbeitsgericht am folgenden Beschluss:

7Am unterzeichneten die Parteien einen zum befristeten Arbeitsvertrag. Nach § 2 Abs. 1 des Arbeitsvertrags bestimmte sich das Arbeitsverhältnis - wie auch schon zuvor - nach dem Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung.

8Mit ihrer am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage, die der Beklagten am zugestellt worden ist, hat die Klägerin die Auffassung vertreten, die Befristung sei nicht sachlich gerechtfertigt. Sie beruhe nicht auf einem gerichtlichen Vergleich iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG, da der Vergleich nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO zustande gekommen sei.

9Die Klägerin hat zuletzt beantragt

10Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

11Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Vergleich sei nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2 ZPO zustande gekommen und rechtfertige daher die Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG.

12Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Gründe

13Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.

14I. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten ist die Revision zulässig. Die Revisionsbegründung genügt den gesetzlichen Anforderungen (§ 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 ZPO).

151. Nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO muss die Revisionsbegründung diejenigen Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll. Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts dabei in einer Weise aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Die Revisionsbegründung hat sich deshalb mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils auseinanderzusetzen. Dies erfordert die konkrete Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Revisionsführer das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage durchdenkt. Außerdem soll die Revisionsbegründung durch die Kritik des angefochtenen Urteils zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen. Die bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne erkennbare Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung (st. Rspr., vgl. etwa  - Rn. 13).

162. Ausgehend davon wird die Revisionsbegründung den gesetzlichen Anforderungen gerecht. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass ein nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO zustande gekommener Vergleich ein gerichtlicher Vergleich iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG sei. Dagegen richtet sich die Revision. Die Klägerin macht geltend, dass ein Vergleich iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG eine Mitwirkung des Gerichts am Vergleich voraussetze. Das sei bei einem Vergleich nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 TzBfG nicht der Fall. Diese Ausführungen lassen sowohl die Richtung des Revisionsangriffs als auch den von der Revision geltend gemachten Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts hinreichend deutlich erkennen. Dieser Revisionsangriff ist im Fall seiner Berechtigung geeignet, eine abweichende Entscheidung möglich erscheinen zu lassen.

17II. Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die zulässige Befristungskontrollklage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der vereinbarten Befristung am geendet.

181. Mit dem Befristungskontrollantrag greift die Klägerin die Befristung zum an, die im Vergleich vom vereinbart und im Arbeitsvertrag vom nochmals festgehalten wurde. Hierbei handelt es sich um einen einheitlichen Streitgegenstand. Das Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO für den Befristungskontrollantrag ergibt sich schon aus der Regelung in § 17 Satz 1 TzBfG ( - Rn. 10).

192. Die Befristungskontrollklage ist unbegründet. Die streitbefangene Befristung, deren Unwirksamkeit die Klägerin rechtzeitig geltend gemacht hat, ist nach § 14 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 8 TzBfG gerechtfertigt, da sie auf einem gerichtlichen Vergleich beruht. Sie erweist sich nicht als rechtsmissbräuchlich.

20a) Die Befristung zum gilt nicht bereits nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam, denn die Klägerin hat deren Unwirksamkeit rechtzeitig innerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 17 Satz 1 TzBfG geltend gemacht. Die Klageschrift vom ist beim Arbeitsgericht am selben Tag eingegangen und der Beklagten am und damit demnächst iSv. § 167 ZPO zugestellt worden.

21b) Die Befristung des letzten Arbeitsvertrags zum , die aufgrund der vorherigen Beschäftigung der Klägerin bei der Beklagten eines sachlichen Grundes bedurfte, ist nach § 14 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 8 TzBfG sachlich gerechtfertigt.

22aa) Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags vor, wenn sie auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

23(1) Voraussetzung für den Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG ist die Vereinbarung einer Befristung des Arbeitsverhältnisses in einem gerichtlichen Vergleich, soweit die Parteien darin zur Beendigung eines Kündigungsschutzverfahrens oder eines sonstigen Feststellungsrechtsstreits über den Fortbestand oder die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses eine Einigung erzielen (vgl.  - Rn.13, BAGE 140, 368; - 7 AZR 891/12 - Rn. 13).

24(a) Der gerichtliche Vergleich, mit dem die Parteien zur Beilegung einer Rechtsstreitigkeit ein befristetes oder auflösend bedingtes Arbeitsverhältnis vereinbaren, unterliegt keiner weiteren Befristungskontrolle. Deren Funktion erfüllt das Arbeitsgericht durch seine ordnungsgemäße Mitwirkung beim Zustandekommen des Vergleichs. Dem Gericht als Grundrechtsverpflichteten iSd. Art. 1 Abs. 3 GG obliegt im Rahmen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle die Aufgabe, den Arbeitnehmer vor einem grundlosen Verlust seines Arbeitsplatzes zu bewahren und damit einen angemessenen Ausgleich der wechselseitigen, grundrechtsgeschützten Interessen der Arbeitsvertragsparteien zu finden. Diese aus Art. 12 Abs. 1 GG abgeleitete Schutzpflicht erfüllt das Gericht nicht nur durch ein Urteil, sondern auch im Rahmen der gütlichen Beilegung eines Rechtsstreits. Schlägt das Arbeitsgericht zur Beendigung des Verfahrens über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses einen Vergleich vor, der eine weitere, allerdings zeitlich begrenzte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses vorsieht, ist das im Regelfall eine hinreichende Gewähr dafür, dass diese Befristung nicht deswegen gewählt worden ist, um dem Arbeitnehmer grundlos den gesetzlichen Bestandsschutz zu nehmen (vgl.  - Rn. 13, BAGE 140, 368; - 6 AZR 394/06 - Rn. 55, BAGE 120, 251).

25(b) Der Sachgrund des gerichtlichen Vergleichs setzt neben der Mitwirkung des Gerichts am Zustandekommen des Vergleichs das Bestehen eines offenen Streits der Parteien über den Fortbestand des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses voraus (vgl.  - Rn. 13). Dafür ist erforderlich, dass die Parteien gegensätzliche Rechtsstandpunkte darüber eingenommen haben, ob bzw. wie lange zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht. Insbesondere muss der Arbeitnehmer nachdrücklich seine Rechtsposition vertreten und gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht haben. Der Arbeitgeber muss es daraufhin abgelehnt haben, den Arbeitnehmer entsprechend seiner Forderung zu beschäftigen ( - Rn. 13, BAGE 140, 368).

26(2) Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass ein Vergleich nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG erfüllt. Dies ist - anders als bei einem nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2 ZPO zustande gekommenen gerichtlichen Vergleich - nicht der Fall, da es an der erforderlichen verantwortlichen Mitwirkung des Gerichts fehlt (vgl.  - Rn. 25, BAGE 140, 368).

27(a) Der Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG unterscheidet zwar nicht zwischen den beiden Alternativen des § 278 Abs. 6 Satz 1 ZPO. Der Wortlaut der Vorschrift erweist sich jedoch insoweit unter Berücksichtigung ihrer Entstehungsgeschichte als unergiebig, da es die in § 278 Abs. 6 ZPO getroffene Regelung im Zeitpunkt der Verkündung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes am noch nicht gab. Bis Ende 2001 musste ein den Prozess beendender Vergleich vor Gericht abgeschlossen und nach § 160 Abs. 3 Nr. 1, § 162 ZPO protokolliert werden. Aus der Gesetzesbegründung zu § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG (BT-Drs. 14/4374 S. 19) ergibt sich allerdings, dass der Gesetzgeber den gerichtlichen Vergleich deshalb als Sachgrund für eine Befristung anerkannt hat, weil das Gericht die Möglichkeit und die Obliegenheit hat, beim Abschluss des Vergleichs darauf hinzuwirken, dass bei dessen Inhalt - auch unter Berücksichtigung der Prozessaussichten in dem beigelegten Rechtsstreit - die Schutzinteressen des Arbeitnehmers berücksichtigt werden ( - Rn. 24, BAGE 140, 368). Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber zwischenzeitlich von dem Erfordernis der gerichtlichen Mitwirkung an dem Vergleich Abstand genommen hat. Aus dem Zweck der zum in Kraft getretenen und zum erweiterten Regelung in § 278 Abs. 6 ZPO, den Abschluss eines Prozessvergleichs zu vereinfachen, folgt nicht der Wille des Gesetzgebers, die Befristung eines Arbeitsverhältnisses zu erleichtern.

28(b) Die erforderliche Mitwirkung des Gerichts ist bei einem nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2 ZPO zustande gekommenen gerichtlichen Vergleich gewährleistet. Durch einen Vergleichsvorschlag nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2 ZPO wirkt das Gericht am Inhalt des Vergleichs verantwortlich mit. Das gilt auch, wenn das Gericht sich einen von den Parteien vorgelegten Einigungsentwurf als seinen Vorschlag zu eigen macht und diesen den Parteien unterbreitet (vgl.  - Rn. 17, BAGE 140, 368; - 6 AZR 394/06 - Rn. 55 f., BAGE 120, 251). Demgegenüber fehlt es bei einem Vergleich nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO an der verantwortlichen Mitwirkung des Gerichts an dem Vergleich. Bei einem solchen Vergleich ist der gerichtliche Beitrag - abgesehen von der Prüfung von Verstößen gegen Strafgesetze oder gegen §§ 134, 138 BGB - von vornherein auf eine Feststellungsfunktion beschränkt (vgl.  - Rn. 25, aaO).

29(c) Die Differenzierung ist auch unionsrechtlich geboten (vgl.  - Rn. 17, BAGE 140, 368). Nach § 5 der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom ergreifen die Mitgliedstaaten, um Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zu vermeiden, eine oder mehrere der in § 5 Nr. 1 Buchst. a bis c der Rahmenvereinbarung genannten Maßnahmen. Entschließt sich ein Mitgliedstaat zu einer oder mehreren dieser Maßnahmen, hat er das unionsrechtlich vorgegebene Ziel der Verhinderung des Missbrauchs durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge zu gewährleisten (vgl. ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 94, 95 mwN, Slg. 2009, I-3071). Es ist Aufgabe der nationalen Gerichte, im Rahmen ihrer Zuständigkeit diesem Ziel bei der Auslegung der nationalen Vorschriften Rechnung zu tragen (vgl. ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 106, aaO; - C-53/04 - [Marrosu und Sardino] Rn. 56, Slg. 2006, I-7213; - C-180/04 - [Vassallo] Rn. 41, Slg. 2006, I-7251). Dies geschieht bei dem in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG geregelten Sachgrund durch das Erfordernis der verantwortlichen Mitwirkung des Gerichts an dem Vergleichsschluss (vgl.  - Rn. 17, aaO).

30bb) Der Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts wirkt sich im Ergebnis nicht aus, da die an einen gerichtlichen Vergleich iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG zu stellenden Anforderungen vorliegend erfüllt sind. Die Parteien haben die Befristung zum zur Beilegung der zwischen ihnen anhängigen Befristungskontrollklage über die Wirksamkeit der (vorletzten) Befristung des Arbeitsverhältnisses zum in dem Vergleich vom vereinbart. Das Landesarbeitsgericht hat zwar nicht geprüft, nach welcher der beiden Alternativen des § 278 Abs. 6 Satz 1 ZPO der Vergleich zustande gekommen ist. Eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht ist jedoch nicht erforderlich, da der Senat aufgrund der festgestellten Tatsachen diese Beurteilung selbst vornehmen kann. Danach ist der Vergleich nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2 ZPO zustande gekommen.

31(1) Das Arbeitsgericht hat den Parteien am einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreitet und nicht nur einen Vergleichsvorschlag der Klägerin der Beklagten zur Stellungnahme weitergeleitet. Das ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut des Beschlusses vom , in dem es heißt: „…schlägt das Gericht den Parteien folgenden Vergleich vor…“. Damit hat das Gericht sich den Einigungsentwurf der Parteien ausdrücklich zu eigen gemacht und diesen den Parteien als gerichtlichen Vorschlag unterbreitet. Dem steht nicht entgegen, dass das Gericht nur die Beklagte um Stellungnahme gebeten hat, nicht jedoch die Klägerin. Eine Aufforderung zur Stellungnahme zu einem gerichtlichen Vergleichsvorschlag mag zweckmäßig sein, erforderlich ist sie nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2 ZPO jedoch nicht. Es genügt, dass das Arbeitsgericht den Vergleichsvorschlag beiden Parteien zugesandt hat. Hätte es keinen eigenen Vergleichsvorschlag unterbreiten, sondern nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO vorgehen wollen, so wäre es ausreichend gewesen, der Beklagten den Vorschlag der Klägerin zu übersenden.

32(2) Die Beklagte hat diesen Vergleichsvorschlag mit Schriftsatz vom angenommen. Dem steht nicht entgegen, dass sie um eine „redaktionelle Änderung“ gebeten hat.

33(a) Ein Vergleichsvorschlag kann - wie ein Vertragsangebot - nur unverändert angenommen werden. Eine Annahme unter Änderungen stellt eine Ablehnung dar (GMP/Germelmann 8. Aufl. § 46 Rn. 17). Das gilt unabhängig davon, ob es sich um wesentliche oder unwesentliche Änderungen handelt ( -). Die Beseitigung offenbarer Unrichtigkeiten wie Rechtschreib- oder Grammatikfehler, die nicht zu einer inhaltlichen Änderung führt, stellt dagegen keine Änderung iSv. § 150 Abs. 2 BGB dar.

34(b) Danach hat die Beklagte den Vergleichsvorschlag angenommen. Sie hat mitgeteilt, dass der Vergleichsvorschlag des Gerichts inhaltlich angenommen werde. In der Bitte um eine „redaktionelle Änderung“ ist keine Annahme unter Änderungen iSv. § 150 Abs. 2 BGB zu sehen. Die erbetene Einfügung des Wortes „und“ in Ziffer 3 des Vergleichs stellt keine Änderung iSv. § 150 Abs. 2 BGB dar. Es handelt sich vielmehr um die Berichtigung einer offensichtlichen Unrichtigkeit, die nicht zu einer inhaltlichen Änderung führt. Es ist aus der Regelung in Ziffer 3 des vorgeschlagenen Vergleichs eindeutig erkennbar, dass das Wort „und“ fehlte. Das ergibt sich auch aus der Parallelregelung in Ziffer 4 und wird durch einen Vergleich mit der Vorschrift des § 33 Abs. 2 Satz 2 TV-BA bestätigt. Diese Regelung, die schon aufgrund individualvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung fand, sollte durch Ziffer 3 lediglich wiedergegeben werden.

35(3) Die Klägerin hat dem Vergleichsvorschlag mit Schriftsatz vom zugestimmt.

36(4) Daraufhin hat das Gericht den Vergleich mit Beschluss vom gemäß § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2, Satz 2 ZPO festgestellt.

37c) Das angefochtene Urteil stellt sich nicht deshalb im Ergebnis als unzutreffend dar, weil das Landesarbeitsgericht nicht geprüft hat, ob die Beklagte unter Berücksichtigung aller im vorliegenden Fall maßgeblichen Umstände einschließlich der Zahl und Gesamtdauer der in der Vergangenheit mit der Klägerin geschlossenen befristeten Arbeitsverträge in rechtsmissbräuchlicher Weise (§ 242 BGB) von der Möglichkeit der Sachgrundbefristung Gebrauch gemacht hat. Im vorliegenden Fall bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die Möglichkeit zur wiederholten Befristung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin rechtsmissbräuchlich ausgenutzt hat. Dies kann der Senat aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts selbst abschließend entscheiden.

38aa) Die Gerichte dürfen sich auch bei der Befristungskontrolle nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG nicht auf die Prüfung des geltend gemachten Sachgrundes beschränken ( - Rn. 27). Sie sind vielmehr aus unionsrechtlichen Gründen verpflichtet, durch Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgreifen ( - [Kücük] Rn. 40). Diese zusätzliche Prüfung ist im deutschen Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) vorzunehmen (grundlegend  - Rn. 40, BAGE 142, 308 und - 7 AZR 783/10 - Rn. 33).

39(1) Eine unionsrechtlich gebotene Prüfung nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) ist nicht dann von vornherein ausgeschlossen, wenn die zuletzt vereinbarte Befristung als Element einer Kette aus befristeten Arbeitsverträgen nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG sachlich gerechtfertigt ist ( - Rn. 30).

40(a) Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Prüfung des institutionellen Rechtmissbrauchs nicht nur erforderlich, wenn die streitgegenständliche Befristung auf den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG gestützt wird, sondern auch dann, wenn diese aus anderen Sachgründen gerechtfertigt ist. Eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung hängt nicht ausschließlich davon ab, welcher Sachgrund für die zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Befristungsabrede vorliegt ( - Rn. 36). Zwar dürfte eine auf dem Wunsch des Arbeitnehmers beruhende Befristungsabrede nicht rechtsmissbräuchlich sein. Der Vergleich über die befristete Fortführung des Arbeitsverhältnisses nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG beruht jedoch nicht allein - und in der Regel nicht in erster Linie - auf dem Wunsch des Arbeitnehmers. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer regelmäßig an einer Dauerbeschäftigung interessiert ist, sich aber im Hinblick auf sein Prozessrisiko durch Vergleich auf eine befristete Beschäftigung einlässt ( - Rn. 31).

41(b) Die Mitwirkung des Gerichts am Zustandekommen des Vergleichs ist keine abschließende Sicherheit dafür, dass sich die für sich betrachtet nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG sachlich gerechtfertigte Vergleichsbefristung bei einer umfassenden Gesamtabwägung nicht (doch) als rechtsmissbräuchlich erweist. Liegen nach der Einschätzung des Gerichts die Voraussetzungen einer missbräuchlichen Befristungskette vor, wird es von sich aus den Parteien keine Vergleichsbefristung vorschlagen. Geht in einem solchen Fall der Vergleich über die zeitlich beschränkte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf eine Anregung der Parteien zurück, kann ein gerichtlicher Hinweis erfolgen, dass sich die Befristung trotz des Sachgrundes nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG möglicherweise als rechtsmissbräuchlich darstellen könnte. Letztlich liegt es allerdings auch bei einem gerichtlichen Vergleich in der Verantwortung der Parteien, ob und in welcher Weise sie sich verständigen und damit ggf. das Folgerisiko einer unzulässigen Befristungskette in Kauf nehmen. Eine rechtsmissbräuchliche Aneinanderreihung von befristeten Arbeitsverträgen wird nicht ohne weiteres dadurch legitimiert, dass die letzte Befristung in einem gerichtlichen Vergleich vereinbart wird ( - Rn. 32 ff.).

42(2) Die Prüfung, ob der Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgegriffen hat, verlangt eine Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls.

43(a) Von besonderer Bedeutung sind die Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie die Anzahl der Vertragsverlängerungen. Ferner ist der Umstand zu berücksichtigen, ob der Arbeitnehmer stets auf demselben Arbeitsplatz mit denselben Aufgaben beschäftigt wird oder ob es sich um wechselnde, ganz unterschiedliche Aufgaben handelt. Bei zunehmender Anzahl und Dauer der jeweils befristeten Beschäftigung eines Arbeitnehmers kann es eine missbräuchliche Ausnutzung der dem Arbeitgeber an sich rechtlich eröffneten Befristungsmöglichkeit darstellen, wenn er gegenüber einem bereits langjährig beschäftigten Arbeitnehmer trotz der tatsächlich vorhandenen Möglichkeit einer dauerhaften Einstellung immer wieder auf befristete Verträge zurückgreift ( - Rn. 36 mwN). Zu berücksichtigen ist außerdem die Laufzeit der Verträge. Bei der Gesamtwürdigung können daneben weitere Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Das gilt insbesondere für die Zahl und die Dauer der Unterbrechungen zwischen den befristeten Verträgen ( - Rn. 27).

44(b) Der Senat hat sich aufgrund der stets gebotenen Gesamtabwägung quantitativer Angaben dazu enthalten, wo die zeitlichen und/oder zahlenmäßigen Grenzen für einen Missbrauch genau liegen. Er hat bisher nur grobe Orientierungshilfen gegeben. Zur Bestimmung der Schwelle einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung von Sachgrundbefristungen kann an die gesetzlichen Wertungen in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG angeknüpft werden. Die Vorschrift macht eine Ausnahme von dem Erfordernis der Sachgrundbefristung und erleichtert damit den Abschluss von befristeten Verträgen bis zu der festgelegten Höchstdauer von zwei Jahren bei maximal dreimaliger Verlängerungsmöglichkeit. Sie kennzeichnet den nach Auffassung des Gesetzgebers unter allen Umständen unproblematischen Bereich. Ist ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG gegeben, lässt erst das erhebliche Überschreiten dieser Grenzwerte den Schluss auf eine missbräuchliche Gestaltung zu. Zumindest regelmäßig besteht hiernach bei Vorliegen eines die Befristung an sich rechtfertigenden Sachgrundes kein gesteigerter Anlass zur Missbrauchskontrolle, wenn die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für die sachgrundlose Befristung bezeichneten Grenzen nicht um ein Mehrfaches überschritten sind. Werden diese Grenzen jedoch alternativ oder insbesondere kumulativ mehrfach überschritten, ist eine umfassende Missbrauchskontrolle geboten, in deren Rahmen es Sache des Arbeitnehmers ist, noch weitere für einen Missbrauch sprechende Umstände vorzutragen. Werden die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzen alternativ oder insbesondere kumulativ in gravierendem Ausmaß überschritten, kann eine missbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit zur Sachgrundbefristung indiziert sein. In einem solchen Fall hat allerdings der Arbeitgeber regelmäßig die Möglichkeit, die Annahme des indizierten Gestaltungsmissbrauchs durch den Vortrag besonderer Umstände zu entkräften. Der Senat hat bei einer Dauer von insgesamt sieben Jahren und neun Monaten bei vier befristeten Arbeitsverträgen sowie keinen weiteren - vom Arbeitnehmer vorzutragenden - Umständen keine Anhaltspunkte für einen Missbrauch gesehen ( -), während er bei einer Gesamtdauer von mehr als elf Jahren und einer Anzahl von 13 Befristungen sowie einer gleichbleibenden Beschäftigung zur Deckung eines ständigen Vertretungsbedarfs davon ausgegangen ist, die rechtsmissbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit der Befristung sei indiziert, könne aber vom Arbeitgeber noch widerlegt werden ( - BAGE 142, 308).

45bb) Im vorliegenden Fall bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die Möglichkeit zur wiederholten Befristung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin rechtsmissbräuchlich ausgenutzt hat.

46Die Klägerin war zuletzt durchgehend in der Zeit vom bis zum aufgrund von vier befristeten Verträgen bei der Beklagten beschäftigt. Damit sind die Grenzen des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG nicht mehrfach überschritten.

47Eine rechtsmissbräuchliche Ausnutzung der Möglichkeit zur Befristung des Arbeitsverhältnisses ergibt sich auch nicht bei einer Berücksichtigung der vorangegangenen Beschäftigungszeiten. Die Klägerin war zwar in der Zeit vom bis zum insgesamt ca. 13,5 Jahre aufgrund von 16 befristeten Verträgen bei der Beklagten beschäftigt. Es ist aber zu berücksichtigen, dass zwischen den befristeten Arbeitsverhältnissen mehrfach nicht unerhebliche Unterbrechungen lagen. Das gilt insbesondere für die Unterbrechung vom bis zum . Eine Unterbrechung von zwei Jahren und elf Monaten verbunden mit einem Aufgabenwechsel schließt die Annahme von „aufeinanderfolgenden Arbeitsverhältnissen“ bzw. „Befristungsketten“ aus. Die Beschäftigungszeiten vor dem sind daher nicht zu berücksichtigen. Seit dem war die Klägerin insgesamt sieben Jahre und drei Monate aufgrund von sieben befristeten Arbeitsverträgen beschäftigt. Damit sind die Grenzen des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG noch nicht in einem gravierenden Ausmaß überschritten. Es ist weiter zu berücksichtigen, dass die Klägerin mit unterschiedlichen Aufgaben beschäftigt war und in unterschiedlichen Einheiten eingesetzt wurde und dass zwischen den befristeten Arbeitsverhältnissen auch nach dem zum Teil längere Unterbrechungen lagen. Das spricht gegen die Annahme der rechtmissbräuchlichen Ausnutzung der Möglichkeit zur Befristung von Arbeitsverhältnissen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2015:140115.U.7AZR2.14.0

Fundstelle(n):
BB 2015 S. 1524 Nr. 25
DB 2015 S. 1295 Nr. 22
MAAAE-88613