BGH Beschluss v. - III ZR 53/14

Verjährungshemmung durch gerichtliche Geltendmachung: Erforderliche Individualisierung des Mahnbescheidsantrags wegen Schadensersatzforderungen aus Kapitalanlagegeschäft; entgangener Gewinn als selbständiger Streitgegenstand

Gesetze: § 690 Abs 1 Nr 3 ZPO, § 252 BGB, § 280 BGB

Instanzenzug: OLG Celle Az: 11 U 167/13vorgehend Az: 4 O 230/12

Gründe

1Die mit der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob entsprechend der Auffassung der Instanzgerichte die Zustellung eines Mahnbescheids die Verjährung eines Schadensersatzanspruchs wegen fehlerhafter Anlageberatung nur hemmt, wenn die geltend gemachten Pflichtverletzungen im Einzelnen im Antrag beziehungsweise Mahnbescheid angegeben sind, hat keine grundsätzliche Bedeutung mehr. Der XI. Zivilsenat des , WM 2015, 22 Rn. 141 ff, 146) in einem Fall, der die Haftung wegen Prospektfehlern betraf, entschieden, dass es im Mahnverfahren zur erforderlichen Individualisierung des geltend gemachten prozessualen Anspruchs nicht der Benennung der einzelnen Prospektfehler bedarf. Nichts anderes kann für Pflichtverletzungen durch fehlerhafte Angaben beziehungsweise eine unzureichende Aufklärung im Rahmen eines Beratungsgesprächs gelten (siehe auch bereits BGH aaO Rn. 145 f unter Hinweis auf Grüneberg, WM 2014, 1109, 1110 f).

2Allerdings ist die Revision zuzulassen, auch wenn sich die aufgeworfene Grundsatzfrage während des Beschwerdeverfahrens klärt, soweit das Rechtsmittel in der Sache nach Maßgabe der Klärung Erfolg haben würde (vgl. BGH, Beschlüsse vom - I ZR 197/03, NJW 2004, 3188 f und vom - X ZR 51/09, NJW 2010, 2812 Rn. 11 f; siehe auch Beschluss vom - V ZR 260/03, NJW 2005, 154, 155; BVerfG, NJW 2008, 2493, 2494). Diese Voraussetzung liegt hier aber nicht vor. Denn es fehlt, worauf die Beklagte in ihrer Beschwerdeerwiderung zutreffend hingewiesen hat, aus anderen Gründen an der nach § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO notwendigen Individualisierung. In einem solchen Fall tritt keine Hemmung der Verjährung ein und kann die Individualisierung auch nicht mit Rückwirkung nachgeholt werden (vgl. nur , WM 2000, 2375, 2377; vom - IX ZR 160/07, NJW 2008, 3498 Rn. 7, 16 und vom - XI ZR 466/07, NJW 2009, 56 Rn. 19 ff; Senat, Beschluss vom - III ZR 84/13, juris Rn. 17).

3Zur notwendigen Individualisierung zählt auch, dass dem Mahnbescheid zu entnehmen sein muss, ob Rechte aus eigenem oder abgetretenem Recht geltend gemacht werden. Denn bei Ansprüchen aus eigenem und solchen aus abgetretenem Recht handelt es sich um unterschiedliche Streitgegenstände (vgl. nur , NJW 1991, 1683, 1684; vom - VIII ZR 93/04, NJW 2005, 2004, 2005; vom - IX ZR 8/04, WM 2006, 592, 594 und vom aaO Rn. 15; Senat, Beschluss vom - III ZR 371/12, juris Rn. 2). Wird zum Beispiel eine Klage zunächst (unzutreffend) auf einen Anspruch aus eigenem Recht und später dann (zutreffend) auf einen Anspruch aus abgetretenem Recht gestützt, hat die Klageerhebung keine verjährungsrechtliche Bedeutung für den abgetretenen Anspruch (vgl. aaO). Entsprechend muss auch die Abtretung im Mahnbescheid angegeben werden (vgl. auch BGH, Versäumnisurteil vom - VII ZR 92/03, NJW-RR 2005, 504, wonach im Mahnbescheid angegeben werden muss, dass der Gläubiger aus abgeleitetem Recht vorgeht, wobei es allerdings unschädlich ist, wenn die Berechtigung des Antragstellers nicht auf einer Abtretung, sondern tatsächlich nur auf einer Einziehungsermächtigung beruht). Gleiches gilt, wenn Ansprüche aus eigenem und abgetretenem Recht geltend gemacht werden (vgl. aaO). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall.

4Zur notwendigen Individualisierung gehört ferner, wenn mehrere Einzelforderungen und nicht nur unselbständige Rechnungsposten eines einheitlichen Schadens geltend gemacht werden, dass die Zusammensetzung der Forderung bereits aus dem Mahnbescheid erkennbar ist (vgl. , NJW 2008, 1220 f; vom - VIII ZR 211/09, NJW 2011, 613 Rn. 14 und vom - VII ZR 155/11, NJW 2013, 3509 Rn. 16 f; Senat, Beschluss vom aaO Rn. 14 f). Ob im vorliegenden Fall der Eigenkapitalanteil und die Kosten für das Fremdkapital, bei denen es sich um den Aufwand für den Erwerb der Beteiligung handelt, als unselbständige Rechnungsposten anzusehen sind, kann dahinstehen. Jedenfalls ist entgangener Gewinn - hier Teil der klägerischen Schadensberechnung - kein unselbständiger Rechnungsposten, sondern ein selbständiger Streitgegenstand (vgl. , NJW 2000, 3718, 3719; Senat aaO). Zudem handelt es sich im vorliegenden Fall der Sache nach um eine Teilklage über 60.000 €, da die im Klageverfahren geltend gemachten Schadenspositionen zusammen einen höheren Betrag ausmachen. Bei einer Teilklage muss aber bereits dem Mahnbescheid zu entnehmen sein, dass es sich um eine Teilforderung handelt und welche Teile Gegenstand der Forderung sein sollen (vgl. aaO Rn. 18; Senat aaO Rn. 16; jedenfalls wenn nicht nur unselbständige Rechnungsposten betroffen sind , juris 13 mwN).

5Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

Schlick                        Herrmann                        Wöstmann

                 Seiters                             Reiter

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Fundstelle(n):
GAAAE-87066