BAG Urteil v. - 5 AZR 121/13

Annahmeverzug - Ausschlussfrist - Beschäftigungsklage

Leitsatz

Eine Auslegung von § 15 Ziff. 2 Satz 1 BRTV-Bau, Zahlungsansprüche wegen Annahmeverzugs seien mit einer Beschäftigungsklage "gerichtlich geltend gemacht", ist weder möglich noch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten.

Gesetze: § 15 Ziff 1 BauRTV, § 15 Ziff 2 S 1 BauRTV, § 15 Ziff 2 S 2 BauRTV, § 611 Abs 1 BGB, § 615 S 1 BGB, § 293 BGB, § 294 BGB, § 297 BGB, § 187 Abs 1 BGB, § 188 Abs 2 BGB, § 193 BGB, § 242 BGB, § 5 Ziff 7 BauRTV, § 5 Abs 4 TVG, Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG

Instanzenzug: ArbG Osnabrück Az: 6 Ca 303/11 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Niedersachsen Az: 6 Sa 513/12 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über Vergütung wegen Annahmeverzugs.

2Der 1964 geborene Kläger ist bei der Beklagten, einem Bauunternehmen, seit Februar 2001 als Bauwerker angestellt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft Allgemeinverbindlichkeit der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe Anwendung (im Folgenden: BRTV-Bau). Dieser regelt in der Fassung vom ua.:

3Der Kläger war seit Januar 2008 durchgehend arbeitsunfähig. Mit Schreiben vom fragte die AOK bei der Beklagten nach, ob der Arbeitsplatz des Klägers seiner krankheitsbedingt eingeschränkten Belastbarkeit entspreche. Am teilte der Kläger der Beklagten mit, seine Arbeitsunfähigkeit ende zum . Er bot schriftlich an, die Arbeitsleistung ab zu erbringen. Die Beklagte lehnte ab, solange der Kläger nicht durch Bestätigung des arbeitsmedizinischen Dienstes oder amtsärztliches Gutachten nachweise, alle im Straßenbau anfallenden Arbeiten ausführen zu können. Sie nahm die Arbeitsleistung des Klägers auch nicht entgegen, als er am persönlich im Betrieb erschien.

4Mit einer am beim Arbeitsgericht Osnabrück eingereichten Klage (Az. - 6 Ca 264/09 -) beantragte der Kläger, die Beklagte zu verurteilen, an ihn wegen Annahmeverzugs Vergütung für den Monat Mai 2009 zu zahlen und ihn zu unveränderten vertraglichen Bedingungen als Bauwerker zu beschäftigen. Das Arbeitsgericht Osnabrück wies die Klage ab. Im Berufungsverfahren schlossen die Parteien am einen Vergleich, in dem sich die Beklagte verpflichtete, den Kläger als Bauwerker im Straßenbau zu beschäftigen und an ihn als Vergütung für Mai 2009 1.500,00 Euro brutto zu zahlen.

5Mit der am beim Arbeitsgericht eingereichten Klage begehrt der Kläger Vergütung für die Monate Juni 2009 bis Mai 2011 und mit am eingereichtem Schriftsatz klageerweiternd für den Zeitraum 1. Juni bis . Er hat geltend gemacht, die Beklagte sei wegen Annahmeverzugs zur Zahlung verpflichtet. Die tarifliche Ausschlussfrist habe er mit Erhebung der Beschäftigungs- und Zahlungsklage gewahrt. Es widerspreche dem Gebot effektiven Rechtsschutzes sowie Sinn und Zweck der Ausschlussfrist, fortlaufende Klageerweiterungen zu fordern, die monatlich gleich hohe Vergütungsansprüche und stets die Frage einer Beschäftigungspflicht zum Gegenstand hätten. Zudem sei die Berufung auf die Ausschlussfrist treuwidrig. Diese habe im Übrigen nicht zu laufen begonnen, weil er keine Lohnabrechnungen erhalten habe.

6Der Kläger hat - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - zuletzt sinngemäß beantragt,

7Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, etwaige Ansprüche des Klägers seien nach § 15 BRTV-Bau verfallen.

8Vor dem Arbeitsgericht hat die Beklagte erklärt, sie gestehe zu, dass der Kläger seit arbeitsfähig sei. Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte (rechtskräftig) zur Zahlung für Mai und September bis November 2011 verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht die Beklagte zu weiteren Zahlungen für die Monate Juni 2009 bis April 2011 und Juni bis August 2011 verurteilt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Sie hat die Leistungsfähigkeit des Klägers im Streitzeitraum erneut in Abrede gestellt.

Gründe

9Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Klage ist - soweit im Revisionsverfahren zu entscheiden - unbegründet. Der Kläger kann von der Beklagten für den noch streitbefangenen Zeitraum keine Vergütung wegen Annahmeverzugs verlangen. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit das Landesarbeitsgericht der Berufung des Klägers teilweise stattgegeben und die Beklagte zu weiteren Zahlungen nebst Zinsen verurteilt hat. Insoweit verbleibt es bei der klageabweisenden Entscheidung des Arbeitsgerichts.

10I. Die vom Kläger erhobenen Ansprüche auf Vergütung wegen Annahmeverzugs sind gemäß § 611 iVm. § 615 Satz 1 BGB entstanden.

11Die Beklagte ist, indem sie die vom Kläger angebotene Arbeitsleistung ablehnte, in Annahmeverzug geraten, §§ 293, 294 BGB. Die Ansprüche sind nicht wegen fehlender Leistungsfähigkeit des Klägers nach § 297 BGB ausgeschlossen. Der Kläger war nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts im Streitzeitraum leistungsfähig. Soweit die Beklagte die Leistungsfähigkeit des Klägers in der Revision - erneut - in Frage stellt, ist dies unbeachtlich.

121. Nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO unterliegt der Beurteilung des Revisionsgerichts nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Die in den Entscheidungsgründen wiedergegebenen tatsächlichen Feststellungen werden dem Tatbestand zugerechnet. Eine Unrichtigkeit dieser Feststellungen kann grundsätzlich nur im Berichtigungsverfahren nach § 320 ZPO geltend gemacht und behoben werden ( - Rn. 12).

132. Die Beklagte hat vor dem Arbeitsgericht erklärt, sie gestehe zu, dass der Kläger seit arbeitsfähig sei. Das Arbeitsgericht hat dem entsprechend in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils, auf die das Berufungsurteil Bezug nimmt, ausgeführt, es sei unstreitig, dass der Kläger seit objektiv als Bauwerker im Straßenbau arbeitsfähig sei. Diese Feststellung hat die Beklagte weder mit einem gegen das Urteil des Arbeitsgerichts noch mit einem gegen das Berufungsurteil gerichteten Tatbestandsberichtigungsantrag angegriffen. Im Übrigen brauchte das Berufungsgericht die pauschale Bezugnahme der Beklagten in der Berufungserwiderung auf ihre erstinstanzlichen Schriftsätze nicht als Bestreiten der von ihr zugestandenen Leistungsfähigkeit des Klägers zu werten.

14II. Die noch anhängigen Forderungen für die Monate Juni 2009 bis April 2011 und Juni 2011 bis August 2011 sind gemäß § 15 BRTV-Bau verfallen.

151. Die streitgegenständlichen Forderungen werden als Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis von der tariflichen Ausschlussfristenregelung erfasst. Zur Vermeidung ihres Erlöschens musste der Kläger diese nach § 15 Ziff. 1 BRTV-Bau innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit zunächst schriftlich und sodann nach Maßgabe von § 15 Ziff. 2 Satz 1 BRTV-Bau innerhalb einer Frist von weiteren zwei Monaten gerichtlich geltend machen.

162. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger die erste Stufe der von ihm nach § 5 Abs. 4 TVG zu beachtenden tariflichen Ausschlussfrist eingehalten hat. Auch wenn man dies zu seinen Gunsten unterstellt, hat er jedenfalls die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung nach § 15 Ziff. 2 Satz 1 BRTV-Bau nicht gewahrt.

17a) Der Kläger kann sich nicht auf den in § 15 Ziff. 2 Satz 2 BRTV-Bau geregelten Ausnahmetatbestand berufen. Danach gilt § 15 Ziff. 2 Satz 1 BRTV-Bau nicht für Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers, die während eines Kündigungsschutzprozesses fällig werden und von seinem Ausgang abhängen.

18aa) Bedienen sich die Tarifvertragsparteien eines Rechtsbegriffs, der im juristischen Sprachgebrauch eine bestimmte Bedeutung hat, ist der Begriff in seiner allgemeinen juristischen Bedeutung auszulegen, sofern sich nicht aus dem Tarifvertrag etwas anderes ergibt ( - Rn. 13, BAGE 133, 337; - 6 AZR 78/09 - Rn. 20, BAGE 135, 179; - 4 AZR 802/11 - Rn. 24).

19bb) Einen Kündigungsschutzprozess haben die Parteien nicht geführt. Gegenstand eines Kündigungsschutzprozesses ist die Wirksamkeit einer Kündigung ( - Rn. 16, BAGE 118, 60; vgl. einschränkend - zur wortgleichen Fassung von § 16 BRTV-Bau vom  - hierunter nur eine nach § 4 KSchG anzugreifende arbeitgeberseitige Kündigung verstehend  - zu I 2 b aa der Gründe). Die Wirksamkeit einer Kündigung war nicht Gegenstand des beim Arbeitsgericht Osnabrück unter dem Az. - 6 Ca 264/09 - geführten Verfahrens.

20b) Eine Auslegung, die streitgegenständlichen Ansprüche seien bereits mit der Beschäftigungs- und Zahlungsklage nach § 15 Ziff. 2 Satz 1 BRTV-Bau gerichtlich geltend gemacht, ist weder möglich noch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten.

21aa) Einer Auslegung in diesem Sinne steht die Systematik des Tarifvertrags entgegen.

22(1) Ob die Obliegenheit der gerichtlichen Geltendmachung in einer tariflichen Ausschlussfrist eine Klage verlangt, die den Anspruch selbst zum Streitgegenstand hat, ist durch Auslegung des Tarifvertrags zu ermitteln. Die Tarifvertragsparteien haben in § 15 Ziff. 2 Satz 1 BRTV-Bau den Begriff „gerichtlich geltend machen“ nicht näher bestimmt. Nach dem Wortlaut ist darunter eine vor einem Gericht erhobene Klage zu verstehen. Wie der Zusammenhang der Tarifklausel deutlich macht, betrifft diese Klage den Anspruch, den der Anspruchsteller nach Maßgabe von § 15 Ziff. 1 BRTV-Bau zuvor schriftlich erhoben haben muss (vgl. zur wortgleichen Regelung in § 16 BRTV-Bau in der Fassung vom  - zu I 2 a der Gründe).

23(2) Dass § 15 Ziff. 2 Satz 1 BRTV-Bau zur Wahrung von Annahmeverzugsansprüchen die Erhebung einer Klage fordert, deren Streitgegenstand das Bestehen des Zahlungsanspruchs ist, ergibt sich im Umkehrschluss aus der - ausdrücklich auf einen Kündigungsschutzprozess beschränkten - Ausnahmeregelung in § 15 Ziff. 2 Satz 2 BRTV-Bau. Indem der Tarifvertrag nur für den besonderen Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses eine Ausnahme zulässt, wird deutlich, dass im Übrigen an der Obliegenheit einer gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs selbst nach Maßgabe von § 15 Ziff. 2 Satz 1 BRTV-Bau festgehalten wird (vgl.  - Rn. 15).

24bb) Dem Arbeitnehmer wird mit dieser Auslegung des § 15 Ziff. 2 Satz 1 BRTV-Bau keine im Widerspruch zu Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 GG stehende übersteigerte Obliegenheit auferlegt.

25(1) Bei der Auslegung und Anwendung tariflicher Ausschlussfristen ist das in zivilrechtlichen Streitigkeiten durch Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgte Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz zu beachten. Danach darf den Prozessparteien der Zugang zu den Gerichten nicht in unzumutbarer, durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden. Dem Arbeitnehmer dürfen keine übersteigerten Obliegenheiten zur gerichtlichen Geltendmachung seiner Ansprüche auferlegt werden. Die Beschreitung des Rechtswegs und die Ausschöpfung prozessualer Möglichkeiten kann vereitelt werden, wenn das Kostenrisiko zu dem mit dem Verfahren angestrebten Erfolg außer Verhältnis steht ( - Rn. 21 f.).

26(2) Für den Kläger werden, indem von ihm nach § 15 BRTV-Bau verlangt wird, Ansprüche wegen Annahmeverzugs in der zweiten Stufe nach Maßgabe von § 15 Ziff. 2 BRTV-Bau gerichtlich geltend zu machen, keine zusätzlichen, den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen erschwerenden Kostenbarrieren aufgestellt. Vielmehr war die vom Kläger gewählte Verfahrensweise nicht geeignet, seine Kostenrisiken zu begrenzen. Die Beschäftigungsklage dient ausschließlich der Verfolgung des Anspruchs auf tatsächliche Beschäftigung. Zur Durchsetzung von Vergütungsansprüchen wegen Annahmeverzugs im bestehenden Arbeitsverhältnis ist sie weder geeignet noch erforderlich. Sie wahrt keine gesetzliche Frist wie die in §§ 4, 7 KSchG oder § 17 TzBfG geregelten. Es war seine freie Entscheidung, anstelle - bzw. hinsichtlich des Monats Mai 2009 neben - der sachlich angezeigten Klage auf Vergütung wegen Annahmeverzugs eine Klage auf tatsächliche Beschäftigung zu erheben. Insbesondere war der Erfolg einer späteren Zahlungsklage nicht vom Ausgang des Rechtsstreits - 6 Ca 264/09 - abhängig. Der Beschäftigungsantrag war auf die tatsächliche Beschäftigung des Klägers in der Zukunft gerichtet. Damit bot der Rechtsstreit keine Grundlage für eine fortlaufende Klärung der Leistungsfähigkeit des Klägers. Diese für § 297 BGB wesentliche Frage konnte und kann ausschließlich in dem auf Leistung von Vergütung wegen Annahmeverzugs geführten Rechtsstreit entschieden werden.

27Selbst wenn im Vorprozess über den Streitgegenstand hinaus Feststellungen zur Leistungsfähigkeit des Klägers in anderen als den dort entscheidungserheblichen Zeiträumen getroffen worden wären, hätte dies keine Bindungswirkung für den nachfolgenden Zahlungsprozess gehabt. Präjudizielle Rechtsverhältnisse und Vorfragen werden nur dann iSv. § 322 ZPO rechtskräftig festgestellt, wenn sie selbst Streitgegenstand waren. Es genügt nicht, dass über sie als bloße Vorfragen zu entscheiden war (vgl.  - Rn. 9; - VIII ZR 103/92 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 123, 137; Zöller/Vollkommer ZPO 30. Aufl. vor § 322 Rn. 34; Musielak/Musielak ZPO 11. Aufl. § 322 Rn. 17). Einzelne Begründungselemente nehmen grundsätzlich nicht an der materiellen Rechtskraft teil (vgl.  - Rn. 16, BAGE 135, 239; - 2 AZR 867/11 - Rn. 23;  - zu II 1 a der Gründe). Dies gilt auch für den Zahlungsanspruch betreffend Mai 2009. Der Erfolg des Antrags war - unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen des Annahmeverzugs - von der Leistungsfähigkeit des Klägers allein in diesem Zeitraum abhängig. Diese war für die vorliegend streitgegenständlichen Zahlungsansprüche ohne Bedeutung.

28c) Der Kläger hat die zweite Stufe der tariflichen Ausschlussfrist nicht durch die vorliegende Klage gewahrt.

29aa) Wird zugunsten des Klägers unterstellt, er habe mit der Beschäftigungs- und Zahlungsklage weitere Zahlungsansprüche im Sinne der ersten Stufe der tariflichen Ausschlussfrist geltend gemacht, bedeutete der mit Schriftsatz vom ankündigte Klageabweisungsantrag die Ablehnung der Erfüllung der mit der Klage geltend gemachten Ansprüche (vgl.  - Rn. 18, BAGE 118, 60). Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, wann dem Prozessbevollmächtigten des Klägers der vom Arbeitsgericht formlos übermittelte Schriftsatz zugegangen ist. Dies kann jedoch dahingestellt bleiben, denn die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung hätte nach § 15 Ziff. 2 Satz 1 Alt. 2 BRTV-Bau ohne Ablehnungserklärung der Beklagten spätestens zwei Wochen nach Zustellung der Klage am für zu diesem Zeitpunkt bereits fällige Ansprüche zu laufen begonnen, für die übrigen Ansprüche mit deren Fälligkeit (vgl.  - Rn. 27, BAGE 145, 8).

30bb) Diese Fristen hat der Kläger nicht eingehalten. Die erhobenen Ansprüche wegen Annahmeverzugs sind deshalb verfallen (§ 15 Ziff. 2 Satz 1 BRTV-Bau).

31(1) Der Kläger hat mit der am bei Gericht eingereichten Klage erstmals Ansprüche für die Monate Juni 2009 bis April 2011 gerichtlich geltend gemacht.

32(a) Nach § 5 Ziff. 7.2 BRTV-Bau wird der Anspruch auf den Lohn spätestens am 15. des Monats fällig, der auf den Monat folgt, für den er zu zahlen ist. Fällt der in § 5 Ziff. 7.2 BRTV-Bau geregelte Fälligkeitstag auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, verschiebt sich der Zeitpunkt der Fälligkeit nach § 193 BGB auf den nächsten Werktag (vgl.  - Rn. 37, 38, BAGE 98, 1).

33(b) Die jüngsten mit Klageeinreichung am gerichtlich geltend gemachten - in der Revision noch anhängigen - Ansprüche für den Monat April 2011 sind danach nicht am Sonntag, dem , sondern am Montag, dem , fällig geworden. Die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung nach § 15 Ziff. 2 BRTV-Bau lief am Montag, dem , (der war ein Samstag) ab (§ 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2, § 193 BGB). Die Ansprüche für April 2011 und für die davor liegenden Zeiträume waren somit bei Einreichung der Klage bereits verfallen.

34(2) Die (soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung) jüngsten mit am eingereichter Klageerweiterung gerichtlich geltend gemachten Ansprüche für den Monat August 2011 wurden nach § 5 Ziff. 7.2 BRTV-Bau am Donnerstag, dem , fällig. Die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung nach § 15 Ziff. 2 BRTV-Bau lief am Dienstag, dem , ab. Die Ansprüche für den Monat August 2011 und die davorliegenden Monate Juni und Juli 2011 waren somit bei Einreichung der Klageerweiterung am bereits verfallen.

35cc) Der Beginn der Ausschlussfrist wurde nicht verschoben, weil die Beklagte dem Kläger für die streitgegenständlichen Monate keine Abrechnungen erteilte. Die Erteilung einer Lohnabrechnung hat nur dann Einfluss auf den Beginn einer Ausschlussfrist, wenn der Anspruchsberechtigte die Höhe seiner Ansprüche nicht ohne die Abrechnung der Gegenseite erkennen kann (vgl.  - Rn. 34, BAGE 116, 307). Dies kann vorliegend auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Berechnung der Vergütungsansprüche bei witterungsbedingtem Arbeitsausfall nicht angenommen werden.

363. Die Berufung der Beklagten auf den Verfall der Ansprüche ist nicht rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB). Ein missbilligtes Verhalten, das mit der Rechtsposition in sachlichem Zusammenhang steht, kann nach § 242 BGB zum Verlust eines Rechts führen ( - Rn. 19, BAGE 136, 54).Eine unzulässige Rechtsausübung liegt etwa vor, wenn die zum Verfall des Anspruchs führende Untätigkeit durch ein Verhalten der Gegenpartei veranlasst worden ist (vgl.  - Rn. 32 mwN, BAGE 125, 216) oder wenn der Schuldner es pflichtwidrig unterlassen hat, dem Gläubiger die Umstände mitzuteilen, die diesen zur Einhaltung der Ausschlussfrist veranlasst hätten ( - aaO). Die Beklagte hat den Kläger weder von der Geltendmachung seiner Ansprüche abgehalten noch objektiv den Eindruck erweckt, der Kläger könne angesichts der erhobenen Beschäftigungs- und Zahlungsklage darauf vertrauen, die Ansprüche würden auch ohne Wahrung der tariflichen Ausschlussfrist erfüllt werden.

37III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Fundstelle(n):
DB 2015 S. 6 Nr. 14
CAAAE-87024