Umsatzsteuer auf eine vom Insolvenzschuldner ausgeübte selbstständige Tätigkeit bei vom Insolvenzverwalter nicht abgegebener
Erklärung nach § 35 Abs. 2 InsO nur unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO eine Masseverbindlichkeit
Leitsatz
1. Bei einer unternehmerischen selbstständigen Tätigkeit des Schuldners nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist die Umsatzsteuer
auf die erbrachten Leistungen nicht etwa schon deshalb eine Masseverbindlichkeit, weil die Entgelte aus dieser Tätigkeit in
die Insolvenzmasse fallen. Die im Zusammenhang mit zur Insolvenzmasse gehörenden Einnahmen aus einer selbstständigen Tätigkeit
des Schuldners nach der Insolvenzeröffnung entstehenden Ausgaben und Verbindlichkeiten sind vielmehr nur dann Masseverbindlichkeiten,
wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO gegeben sind; das gilt auch dann, wenn der Insolvenzverwalter zwar Kenntnis
von einer fortgeführten oder neu aufgenommenen selbstständigen Tätigkeit des Insolvenzschuldners hat, diese aber weder genehmigt
noch eine Erklärung nach § 35 Abs. 2 und 3 InsO abgegeben hat.
2. Selbst im Falle einer pflichtwidrigen Nichtabgabe der Erklärung i. S. v. § 35 Abs. 2 S. 1 InsO durch den Insolvenzverwalter
ist es nicht Sache der Prozessgerichte, die Tatbestände der Masseverbindlichkeiten über § 55 InsO hinaus auszudehnen; vielmehr
ist es Aufgabe der Insolvenzgerichte, die Tätigkeit des Insolvenzverwalters zu beaufsichtigen und ihn ggf. zur Abgabe dieser
Erklärung anzuhalten.
3. Die Duldung einer selbstständigen Tätigkeit des Insolvenzschuldners oder die bloße Kenntnis des Insolvenzverwalters von
dieser Tätigkeit steht einer „Handlung des Insolvenzverwalters” i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO grundsätzlich nicht gleich.
Allenfalls ein pflichtwidriges Unterlassen des Insolvenzverwalters mit Hinblick auf die Erklärungspflicht nach § 35 Abs. 2
S. 1 InsO käme als eine Masseverbindlichkeiten begründende Verwaltungsmaßnahme i. S. v. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 InsO in Betracht.
4. Jedenfalls dann, wenn die vom Insolvenzschuldner im Rahmen einer unternehmerischen Tätigkeit erbrachten Leistungen nicht
im Wesentlichen auf der Nutzung von Massegegenständen beruhen, ist keine „Verwertung” von Massegegenständen i. S. d. § 55
Abs. 1 Nr. 1 Fall 2 InsO gegeben.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): RAAAE-85396
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Online-Dokument
Sächsisches FG, Urteil v. 14.01.2015 - 8 K 1573/14
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