BVerwG Beschluss v. - 6 AV 3/14

Negativer Kompetenzkonflikt; gesetzliche Bindungswirkung

Gesetze: § 17a Abs 2 S 3 GVG, § 17a Abs 4 S 2 GVG, § 53 Abs 1 Nr 5 VwGO

Gründe

11. Das Bundesverwaltungsgericht ist für die Entscheidung des negativen Kompetenzkonflikts zwischen dem Verwaltungsgericht Stuttgart und dem Amtsgericht Stuttgart zuständig. Dies folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 53 Abs. 1 Nr. 5 VwGO. Danach wird ein negativer Kompetenzkonflikt zwischen Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit von dem Gericht entschieden, das den beteiligten Gerichten übergeordnet ist. Auf den hier vorliegenden Kompetenzkonflikt zwischen einem Amtsgericht und einem Verwaltungsgericht lässt sich diese Vorschrift zwar weder unmittelbar anwenden noch gibt es dafür eine sonstige gesetzliche Regelung. Die somit gegebene Regelungslücke ist - im Einklang mit der Rechtsprechung anderer oberster Bundesgerichte - in der Weise zu schließen, dass dasjenige oberste Bundesgericht den negativen Kompetenzkonflikt zwischen Gerichten verschiedener Gerichtszweige entscheidet, das einem der beteiligten Gerichte übergeordnet ist und zuerst angegangen wird (Beschlüsse vom - BVerwG 6 AV 2.11 - Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 93 Rn. 3, vom – BVerwG 7 AV 1.10 - Buchholz 300 § 17a GVG Nr. 29 Rn. 5, vom - BVerwG 2 AV 1.09 - juris Rn. 6 und vom - BVerwG 11 ER 400.93 - Buchholz 310 § 53 VwGO Nr. 21 S. 17; - NJW 2001, 3631 <3632>; - juris Rn. 3).

22. Für die Klage ist das Verwaltungsgericht Stuttgart zuständig. Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist durch den von den Beteiligten nicht mit der Beschwerde angefochtenen und inzwischen unanfechtbaren Verweisungsbeschluss des gemäß § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG bindend festgestellt. Die Bindungswirkung nach § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG tritt selbst bei einem fehlerhaften Verweisungsbeschluss ein, etwa bei gesetzwidriger Verweisung oder entgegen § 17a Abs. 4 Satz 2 GVG fehlender Begründung. Eine Durchbrechung der gesetzlichen Bindungswirkung trotz des in § 17a Abs. 4 Satz 3 ff. GVG vorgesehenen Instanzenzuges ist in Anbetracht der von § 17a GVG selbst eröffneten Überprüfungsmöglichkeit allenfalls bei extremen Rechtsverstößen möglich, etwa wenn sich die Verweisungsentscheidung bei der Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsnormen so weit von dem diese beherrschenden verfassungsrechtlichen Grundsatz des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) entfernt hat, dass sie schlechthin nicht mehr zu rechtfertigen ist. Hiervon kann jedoch allenfalls dann ausgegangen werden, wenn die Entscheidung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (Beschlüsse vom - BVerwG 6 AV 1.12 - juris Rn. 4 und vom a.a.O. Rn. 6; BGH, Beschlüsse vom - Xa ARZ 283/10 - juris Rn. 16 und vom - X ARZ 138/03 - NJW 2003, 2990 <2991> m.w.N.)

3Ein dermaßen extremer Rechtsverstoß liegt in dem nicht. Ob dieser Beschluss gesetzmäßig ergangen ist, steht nicht zur Entscheidung. Entscheidet sich wie hier die Rechtswegzuständigkeit in erster Linie nach der konkreten Zweckrichtung des angegriffenen polizeilichen Handelns, würde eine diesbezügliche gerichtliche Fehlbeurteilung zwar zur Rechtswidrigkeit der hierauf gestützten Verweisungsentscheidung führen können, diese aber noch nicht in einem Ausmaß als unverständlich und offensichtlich unhaltbar erscheinen lassen, welches es rechtfertigen würde, von der Gesetzesregelung des § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG abzuweichen.

Fundstelle(n):
DAAAE-82842