Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - umfangreiche und unübersichtliche Begründung
Gesetze: § 160a Abs 2 S 3 SGG
Instanzenzug: SG Magdeburg Az: S 2 SB 40/07 Urteilvorgehend Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Az: L 7 SB 31/10 Urteil
Gründe
1I. Der Kläger begehrt in der Hauptsache die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) sowie der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen G. Bei dem Kläger war nach einer Prostatakrebserkrankung ein GdB von 80 festgestellt (Bescheid vom ). Der begehrte Einzel-GdB von 60 und Merkzeichen G wegen einer seit 1996 bestehenden interstitiellen Zystitis blieb dem Kläger versagt. Stattdessen stellt der Beklagte nach Ablauf der Heilungsbewährung einen GdB von 60 fest (Bescheid vom ). Die Überprüfung blieb erfolglos (Bescheid vom ; Widerspruchsbescheid vom ). Das SG hat den Beklagten nach urologischer Begutachtung durch Prof. Dr. R verurteilt, über den hinaus einen GdB von 80 festzustellen. Das LSG hat den Beklagten nach weiterer internistischer Begutachtung des Klägers durch Dr. M verurteilt, ab November 1998 wechselnd unter Berücksichtigung der Heilungsbewährung für die Zeit von November 2000 bis November 2005 einen GdB von 80, 100 und 80 festzustellen und im Übrigen die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom ).
2Mit der Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG.
3II. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der geltend gemachten Revisionszulassungsgründe nach § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG.
4Der Kläger bezeichnet in der Beschwerdebegründung vom sinngemäß mehrere Verfahrensfehler (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde auf den Zulassungsgrund des Verfahrensfehlers stützt (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), muss zu seiner Bezeichnung (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dartun, also die Umstände schlüssig darlegen, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (stRspr, vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 36; BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 13 RdNr 4 mwN). Geltend gemacht werden kann nur ein Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der § 109 und § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
5Der Kläger führt zwar im Schriftsatz vom an, das vorinstanzliche Urteil habe naturwissenschaftliche Gesetze falsch gewertet und sei in sich widersprüchlich. Denn es sei nicht erkennbar, wieso das Gericht vom eingeholten Sachverständigengutachten abgewichen und für unterschiedliche Zeiträume von unterschiedlichen hohen GdB ausgegangen sei. Potenziell sei ihm auch nicht volles rechtliches Gehör gewährt worden, weil es scheine, dass das beklagte Land seine Akten nicht ordnungsgemäß geführt habe. Diese Ausführungen lassen indessen bereits eine geordnete Wiedergabe des Sachverhalts und Verfahrensgangs vermissen, so dass weder Mängel als solche noch ihre Entscheidungsrelevanz nachvollziehbar dargelegt sind.
6Dies gilt erst recht für den noch innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist nachgereichten Schriftsatz vom , mit dem der Kläger auf weiteren 246 Seiten ohne eine erkennbar an den Bedürfnissen einer Nichtzulassungsbeschwerdebegründung ausgerichtete Gliederung nach Zulassungsgründen zu Fehlorientierungen und zur falschen Auslegung und Anwendung von "Rechtsnormativen" (Teil I) als auch zur geänderten Rechtslage nach Zugang des Urteils (Teil II) vortragen lässt, dass er mit der getroffenen Entscheidung des LSG nicht einverstanden sei. Eine umfangreiche Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde - wie im Falle des Klägers - entspricht nicht den formellen Erfordernissen des § 160a Abs 2 S 3 SGG, wenn die Ausführungen zu den Zulassungsgründen unübersichtlich, ungegliedert oder sonst unklar und mit für das Beschwerdegericht unerheblichen Fragen vermengt sind. Es ist nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts aus einem derartigen Gemenge das herauszusuchen, was möglicherweise - bei wohlwollender Auslegung - zur Begründung der Beschwerde geeignet sein könnte (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 26; nachfolgend: BVerfG Nichtannahmebeschluss vom - 1 BvR 1120/99). Der Senat lässt deshalb dahingestellt, ob insoweit überhaupt eine anwaltlich vollumfänglich verantwortete Beschwerdebegründung vorliegt (vgl hierzu ; ).
7Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
8Die Verwerfung der nicht formgerecht begründeten Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter.
9Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2014:241014BB9SB3814B0
Fundstelle(n):
CAAAE-82355