OFD Frankfurt/M. - S 7100 A - 287 - St 110

Umsatzsteuerliche Behandlung von Aufsichtsratsvergütungen

1. Allgemeines

Vergütungen, die eine Körperschaft an die mit der Überwachung ihrer Geschäftsführung beauftragten Personen zahlt (Aufsichtsratsvergütungen), unterliegen auf der Ebene der Körperschaft einem hälftigen Abzugsverbot (vgl. § 10 Nr. 4 KStG). Die Körperschaft muss in der Anlage WA zur Körperschaftsteuererklärung den Empfänger der Aufsichtsratsvergütung, die Höhe der geleisteten Vergütung, die darin enthaltene Umsatzsteuer und den Tag der Zahlung angeben. Im Rahmen der Veranlagungstätigkeiten fertigen die Veranlagungsbezirke der Körperschaften eventuell Kontrollmitteilungen für die Wohnsitzfinanzämter der Aufsichtsräte .

Bei Auswertung der Kontrollmitteilungen sind insbesondere die folgenden Punkte zu beachten.

2. Unternehmereigenschaft

Einnahmen, die Steuerpflichtige aus der Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied beziehen, unterliegen als sonstige Leistung der Umsatzsteuer. Unerheblich ist, ob das Aufsichtsratsmitglied nach erfolgter Wahl, auf Grund eines Entsendungsrechts oder in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer dem Aufsichtsrat angehört.

Dies gilt jedoch nicht für Beamte und andere Bedienstete einer Gebietskörperschaft, die diese Tätigkeit auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung ihres Dienstherrn übernommen haben und nach beamtenrechtlichen oder anderen dienstrechtlichen Vorschriften verpflichtet sind, die Vergütung ganz oder teilweise an den Dienstherrn abzuführen. In diesen Fällen steht die Aufsichtsratstätigkeit in so engem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis, dass sie als Teil der unselbständigen Tätigkeit angesehen werden muss.

Auch Teile der Vergütungen, die den Beamten und anderen Bediensteten nach bundes- oder landesrechtlichen Bestimmungen vom Dienstherrn belassen werden, sind ertragsteuerlich als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit zu behandeln Für die Umsatzsteuer folgt hieraus, dass die in Betracht kommenden Beamten und anderen Bediensteten im Rahmen ihrer Aufsichtsratstätigkeit nicht selbständig tätig werden und somit nicht als Unternehmer i. S. d. § 2 Abs. 1 UStG beurteilt werden können.

Für Minister und Staatssekretäre gilt die vorstehende Regelung entsprechend, soweit sie im Zusammenhang mit ihrer Zugehörigkeit zur Bundes- oder einer Landesregierung einem Aufsichtsrat angehören und einer öffentlichrechtlichen (Teil-)Abführungspflicht unterliegen.

Wird der o. g. Personenkreis auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung einer Gebietskörperschaft in einem Verwaltungsrat oder einem anderen Organ einer Gesellschaft, Genossenschaft oder eines Unternehmens eines anderen Rechtsträgers tätig, sind die vorstehenden Grundsätze entsprechend anzuwenden.

Beamte und andere Bedienstete, die ihre Aufsichtsratstätigkeit nicht auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung des Dienstherrn, sondern in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmervertreter ausüben, sind dagegen selbständig tätig (vgl. Abschn. 2.2. Abs. 4 Satz 4 UStAE).

3. Steuerbefreiung für ehrenamtliche Tätigkeiten (§ 4 Nr. 26 UStG)

Zur Steuerbefreiung für ehrenamtliche Tätigkeiten wird auf ofix: UStG/4/11 verwiesen.

4. Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG)

Falls Aufsichtsräte die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen, ist die Einhaltung der Grenzen des § 19 Abs. 1 UStG zu überwachen. Dabei sind neben einem reinen Umsatzanstieg auch andere Rechtsfolgen zu berücksichtigen, die Auswirkungen auf die Ermittlung des Gesamtumsatzes haben.

Beispiel:

U ist seit Jahren Aufsichtsratsmitglied einer AG. Seine jährliche Aufsichtsratsvergütung beträgt 10.000 €. Zusätzlich erzielt U nach § 4 Nr. 12 Buchstabe a UStG steuerfreie Mieteinnahmen von jährlich 12.000 €. Da sein Gesamtumsatz 10.000 € beträgt, nimmt U die Kleinunternehmerregelung in Anspruch und stellt der AG für die Aufsichtsratstätigkeit keine USt in Rechnung. Nach einem Mieterwechsel vermietet U ab dem Jahr 05 umsatzsteuerpflichtig. Gegenüber der AG weist U weiterhin keine USt aus.

Durch die Option in 05 ist der Gesamtumsatz des vorangegangenen Kalenderjahres – der für die Beurteilung herangezogen wird, ob die Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung zulässig ist – bereits nach den Vorschriften des laufenden Kalenderjahres 05 zu beurteilen. Wegen der Option sind die steuerfreien Mietumsätze des Jahres 04 in die Ermittlung des Gesamtumsatzes einzubeziehen (vgl. Abschn. 19.3. Abs. 2 UStAE). Der Gesamtumsatz des Jahres 04 hat damit 22.000 € betragen, was zur Folge hat, dass der U im Jahr 05 mit seinen gesamten Umsätzen der Regelbesteuerung unterliegt.

5. Unberechtigt ausgewiesene Steuer (§ 14c Abs. 2 UStG)

Aufsichtsräte, die trotz Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung Umsatzsteuer gesondert ausweisen, schulden diese unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 2 UStG. Dies gilt auch, wenn die Körperschaft die Umsatzsteuer in Gutschriften gesondert ausweist und das Aufsichtsratsmitglied den Gutschriften nicht widerspricht.

Wenn nach den Kontrollmitteilungen in den Aufsichtsratsvergütungen Umsatzsteuer enthalten ist, ist sicher zu stellen, dass diese nach § 14c Abs. 2 UStG geschuldete Umsatzsteuer erhoben wird. Auf Grund des Ausschlusses des Vorsteuerabzugs für unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer muss zusätzlich der Veranlagungsbezirk der Körperschaft über den unberechtigten Steuerausweis informiert werden.

6. Ausschluss des Vorsteuerabzugs bei Ausführung steuerfreier und steuerpflichtiger Umsätze

Umfasst das Unternehmen neben der Aufsichtsratstätigkeit weitere Tätigkeiten und fällt die Aufsichtsratstätigkeit unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 26 Buchstabe a oder b UStG, ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer (anteiligen) Kürzung des Vorsteuerabzugs (z. B. für PKW-Kosten, Kosten des Arbeitszimmers usw.) vorliegen.

7. Verzicht auf die Auszahlung der Aufsichtsratsvergütung

Zum Teil haben Körperschaften ihre Aufsichtsratsmitglieder, die auch als Arbeitnehmer für sie tätig sind (Vorstandsmitglieder, Führungskräfte), arbeitsvertraglich verpflichtet, ihre erhaltenen Aufsichtsratsvergütungen zu melden, damit eine Anrechnung dieser Vergütung bei der Auszahlung der Tantiemen vorgenommen werden kann.

Wird auf die Aufsichtsratsvergütung mit der Folge verzichtet, dass eine Kürzung der Tantiemen nicht mehr vorzunehmen ist, stellt sich die Frage, ob dies zu einer unentgeltlichen Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen (§ 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG), führt.

Hierzu ist folgende Auffassung zu vertreten:

Eine unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG liegt nicht vor. Den Aufsichtsratsmitgliedern steht weiterhin eine Vergütung zu. Die Aufsichtsratstätigkeit ist somit grundsätzlich auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet, ein Leistungsaustausch ist damit gegeben. Dieser Leistungsaustausch erfolgt im Rahmen des Unternehmens.

Es fehlt auch nicht an der Entgeltlichkeit. Als Entgelt ist die Gegenleistung, die der Empfänger einer sonstigen Leistung an den Unternehmer erbringt, anzusehen. Eine Vereinbarung, auf die Vergütung zu verzichten, hat gleichzeitig zur Folge, dass eine Kürzung der Tantiemen nicht mehr vorzunehmen ist. Diese unterlassene Kürzung der Tantiemen ist daher als Gegenleistung zu betrachten. Die Bemessungsgrundlage richtet sich somit nach der satzungsmäßigen Aufsichtsratsvergütung

OFD Frankfurt/M. v. - S 7100 A - 287 - St 110

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:


Fundstelle(n):
QAAAE-78935