Instanzenzug:
Tatbestand
1Die Klägerin beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom als atypisch stille Gesellschafterin an der Beklagten im Rahmen der Beteiligungsprogramme "Classic" und "Plus" mit Beteiligungssummen von je 15.000 DM zuzüglich Agio sowie an dem Beteiligungsprogramm "Sprint" mit einer Beteiligungssumme in Höhe von 36.000 DM nebst Agio bei einer monatlichen Ratenzahlung in Höhe von 200 DM.
2Mit der Behauptung, der Vermittler, dessen Verhalten sich die Beklagte zurechnen lassen müsse, habe sie nicht über die Risiken der Beteiligung aufgeklärt, ferner weise der für ihre Anlageentscheidung maßgebliche Emissionsprospekt Stand November 2000 zahlreiche, von der Klägerin im Einzelnen dargelegte irreführende und fehlerhafte Angaben auf und die Beklagte sei ihr daher zum Schadensersatz verpflichtet, hat die Klägerin von der Beklagten Rückzahlung ihrer geleisteten Einlagen nebst Agio in Höhe von 11.227,99 € und Ersatz entgangenen Gewinns in Höhe von 4.759,49 € verlangt. Ferner hat sie die Feststellung begehrt, dass der Beklagten ihr gegenüber aus der Beteiligung keine Ansprüche mehr zustehen.
3Das Landgericht hat die Klage hinsichtlich des Anspruchs auf Ersatz entgangenen Gewinns abgewiesen und ihr im Übrigen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten insgesamt abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
4Die Revision hat Erfolg und führt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
5I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
6Die Klägerin könne gegen die Beklagte keine Schadensersatzansprüche auf Rückabwicklung ihrer atypisch stillen Gesellschaftsbeteiligung geltend machen, weil es sich bei der Beteiligung um eine mehrgliedrige stille Gesellschaft handele, für die wie bei einer Publikumsgesellschaft in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft die Grundsätze der fehlerhaften, in Vollzug gesetzten Gesellschaft anzuwenden seien. Nach diesen Grundsätzen sei eine Inanspruchnahme der Anlagegesellschaft selbst ausgeschlossen. Derjenige, der einer Publikumsgesellschaft beitrete, um sein Vermögen anzulegen, könne bei einer mangelhaften Aufklärung über die Risiken und Chancen des Anlageprojektes von der Gesellschaft weder Schadensersatz noch sonst Rückabwicklung seiner Gesellschaftsbeteiligung verlangen, weil die fehlerhafte Aufklärung der Gesellschaft nicht zugerechnet werden könne. Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft seien, anders als bei einer zweigliedrigen stillen Gesellschaft, für die der Bundesgerichtshof gegensätzlich entschieden habe, auf den Fall einer hier vorliegenden mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft anwendbar. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob die von der Klägerin behaupteten Aufklärungspflichtverletzungen begangen worden und der Beklagten zuzurechnen seien.
7II.
Die Revision der Klägerin ist begründet.
81. Die Annahme des Berufungsgerichts, dass zwischen den Parteien kein bloß zweigliedriges Gesellschaftsverhältnis zustande gekommen ist, sondern die Klägerin einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft in Form einer Publikumsgesellschaft beigetreten ist, bei der nach Invollzugsetzung für den Fall etwaiger anfänglicher Mängel die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft Anwendung finden, ist zwar aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wie der Senat in den am verkündeten Urteilen in entsprechende Beteiligungen an der Beklagten betreffenden Parallelverfahren im Einzelnen begründet hat (, BGHZ 199, 104 Rn. 17 ff.; Urteil vom - II ZR 320/12, juris, Rn. 14 ff.). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts schließt die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft aber einen Anspruch der Klägerin auf Ersatz von Vermögensschäden, die ihr - nach ihrem Vorbringen - im Zusammenhang mit ihrem Beitritt zur Gesellschaft entstanden sind, nicht von vornherein aus. Auch bei Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft kann, wie der Senat weiter entschieden hat, der Anleger, der sich an einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft beteiligt hat, das stille Gesellschaftsverhältnis unter Berufung auf den (behaupteten) Vertragsmangel durch sofort wirksame Kündigung beenden und unter Anrechnung des ihm bei Beendigung seines (fehlerhaften) Gesellschaftsverhältnisses gegebenenfalls zustehenden Abfindungsanspruchs von dem Geschäftsinhaber Ersatz eines darüber hinausgehenden Schadens verlangen, wenn dadurch die gleichmäßige Befriedigung etwaiger Abfindungs- oder Auseinandersetzungsansprüche der übrigen stillen Gesellschafter nicht gefährdet ist (, BGHZ 199, 104 Rn. 28 ff.).
92. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Klägerin nach diesen Grundsätzen ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zusteht, hat das Berufungsgericht von seinem abweichenden Rechtsstandpunkt aus nicht geprüft. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann die Abweisung der Klage daher keinen Bestand haben. Sie stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
10Da in der Erklärung eines Gesellschafters, seinen Beitritt mit rückwirkender Kraft beseitigen zu wollen, in der Regel sein Wille zum Ausdruck kommt, die Bindung an die Gesellschaft und die Mitgesellschafter jedenfalls mit sofortiger Wirkung zu beenden (vgl. , BGHZ 63, 338, 344 f.; Urteil vom - II ZR 109/01, BGHZ 153, 214, 223), kann auch im vorliegenden Fall von einer Kündigung des (stillen) Gesellschaftsverhältnisses durch die Klägerin ausgegangen werden. Dass die Klägerin ihren Schadensersatzanspruch nicht unter Anrechnung eines etwaigen Abfindungsguthabens berechnet hat, rechtfertigt eine (vollständige) Abweisung der Klage nicht, weil der Geschädigte nicht ohne weiteres an eine von ihm ursprünglich gewählte Art der Schadensberechnung gebunden ist (vgl. , NJW 2012, 50 Rn. 4 mwN) und der Klägerin daher Gelegenheit gegeben werden muss, ihr Klagevorbringen an die in den Vorinstanzen nicht erörterten, oben angesprochenen rechtlichen Vorgaben der Senatsentscheidungen vom anzupassen. Für die Berechnung ihres etwaigen Abfindungsanspruchs, dem die nur den weitergehenden Schadensersatzanspruch betreffende, auf die Sicherung ungeschmälerter eventueller Abfindungs- oder Auseinandersetzungsansprüche der anderen stillen Gesellschafter gerichtete Sperre nicht entgegenstünde, ist die Klägerin zudem auf die Mitwirkung der Beklagten angewiesen, die gemäß § 16 Nr. 1 Buchst. g des stillen Gesellschaftsvertrags mit der Ermittlung des Abfindungsguthabens einen Wirtschaftsprüfer zu beauftragen hat.
11Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts und des Vorbringens der Parteien kann auch nicht angenommen werden, dass einem über einen Abfindungsanspruch hinausgehenden Schadensersatzbegehren der Klägerin zur Sicherung etwaiger Abfindungs- oder Auseinandersetzungsansprüche der Mitgesellschafter der Erfolg zu versagen wäre. Ob und in welcher Höhe solche (hypothetischen) Ansprüche der anderen stillen Gesellschafter bestehen und aus dem Vermögen der Beklagten befriedigt werden können, steht nicht fest und müsste gegebenenfalls die Beklagte darlegen und beweisen, wenn sie sich einem Schadensersatzanspruch der Klägerin gegenüber darauf berufen wollte, dieser sei wegen einer Gefährdung der Abfindungsund Auseinandersetzungsansprüche der übrigen stillen Gesellschafter zumindest gegenwärtig nicht oder nicht in voller Höhe durchsetzbar. Im Übrigen wäre selbst für den Fall des Bestehens eines solchen Hindernisses das auf Zahlung eines bestimmten Schadensersatzbetrages gerichtete Leistungsbegehren der Klägerin dahin auszulegen, dass jedenfalls die Feststellung des Bestehens eines Schadensersatzanspruchs in dieser Höhe begehrt wird. Sofern die sonstigen Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs gegeben sind, stünde der Umstand, dass das Vermögen der Beklagten im Zeitpunkt der Entscheidung zur Befriedigung etwaiger (hypothetischer) Abfindungsoder Auseinandersetzungsansprüche und des Schadensersatzanspruchs nicht ausreichte, einer Feststellung seines Bestehens nicht entgegen.
12III.
Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es die bislang offen gebliebenen Feststellungen zu den tatsächlichen Voraussetzungen des von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruchs treffen kann.
Fundstelle(n):
WAAAE-75109