Instanzenzug:
Gründe
1Die Beschwerde des Klägers hat mit der Maßgabe Erfolg, dass der Rechtsstreit gemäß § 133 Abs. 6 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist.
21. Der 1954 geborene Kläger steht als Amtsrat (Besoldungsgruppe A 12) im gehobenen eichtechnischen Dienst der Beklagten. Seinen Antrag, ihm Altersteilzeit gemäß § 63 LBG n.F. zu gewähren, lehnte die Beklagte ab. Der Verwaltungsrat habe beschlossen, von einer Anwendung der Altersteilzeit - außer im Falle von Schwerbehinderten - abzusehen, da bei der Beklagten kein Personalüberhang bestehe. Würden alle potenziell antragsberechtigten Beamten von der Möglichkeit einer Altersteilzeit Gebrauch machen, sei dies für die verbleibenden Mitarbeiter nicht verkraftbar.
3Widerspruch und Klageverfahren sind erfolglos geblieben. Im Berufungsurteil ist zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe ihren Beschluss zur Einschränkung der Altersteilzeit unabhängig vom Vorliegen "zwingender dienstlicher Belange" treffen dürfen. Ob es sich beim Antrag des Klägers um eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme gehandelt habe, könne offenbleiben, weil auch bei einer Beteiligung des Personalrats keine andere Entscheidung hätte getroffen werden können.
42. Die mit der Beschwerde geltend gemachte Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zum - BVerwG 2 C 22.03 - ZBR 2005, 88) liegt nicht vor, weil die Entscheidungen nicht zu derselben Rechtsvorschrift ergangen sind (vgl. zu diesem Erfordernis etwa Beschlüsse vom - BVerwG 6 B 131.98 - Buchholz 251.8 § 94 RhPPersVG Nr. 1 = NVwZ-RR 1999, 374 und vom - BVerwG 2 B 109.11 - [...] Rn. 3). Überdies ist § 88a des Landesbeamtengesetzes Schleswig-Holstein in der dem benannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde liegenden Fassung vom (GVOBl SH S. 184) zwischenzeitlich außer Kraft getreten (vgl. zum Erfordernis einer noch gültigen Rechtsnorm etwa BVerwG 7 B 22.81 - Buchholz 451.171 AtG Nr. 10 = NVwZ 1982, 433).
5Mit der Beschwerde ist auch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Bundesverwaltungsgericht hat zur Vorgängervorschrift des § 88a Abs. 3 LBG a.F. bereits entschieden, dass auch die oberste Dienstbehörde bei ihrer Entscheidung, Verwaltungsbereiche von der Altersteilzeit auszunehmen, an die tatbestandlichen Anforderungen der gesetzlich vorgesehenen Ausnahmemöglichkeiten gebunden ist ( BVerwG 2 C 21.03 - BVerwGE 120, 382 sowie - BVerwG 2 C 22.03 - ZBR 2005, 88). Die der obersten Dienstbehörde zugesprochene Entscheidungsbefugnis stellt danach nur deklaratorisch klar, dass sich das Ermessen auch auf einzelne Verwaltungsbereiche oder Beamtengruppen erstreckt (vgl. zum Gesetzesvorbehalt der Altersteilzeitregelungen auch BVerwG 2 C 16.06 - Buchholz 237.3 § 71b BrLBG Nr. 1 = NVwZ-RR 2008, 177 Rn. 21 sowie zum Bedeutungsgehalt des unbestimmten Rechtsbegriffs zwingender dienstlicher Belange BVerwG 2 C 23.05 - Buchholz 236.2 § 76c DRiG Nr. 1 = NVwZ-RR 2008, 45 Rn. 17).
6Für die Feststellung, dass diese Rechtslage auch unter Geltung des § 63 des Landesbeamtengesetzes vom (GVOBl SH S. 93) gilt, bedarf es nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens. Die Vorschrift ist weitgehend inhaltsgleich aus § 88a Abs. 3 LBG a.F. übernommen und regelt dieselbe Fragestellung. Auch das Oberverwaltungsgericht selbst ist von einer Parallelität der Alt- und Neufassung ausgegangen und hat zur Auslegung des § 63 LBG maßgeblich auf die Entstehungsgeschichte der Vorgängervorschrift aus § 88a Abs. 3 LBG a.F. verwiesen.
73. Die Beschwerde hat allerdings unter dem Gesichtspunkt eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) Erfolg, soweit sie rügt, der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts könne nicht nachvollziehbar entnommen werden, warum es trotz der angenommenen Kontinuität von § 88a Abs. 3 LBG a.F. und § 63 LBG n.F. von einem freien Ermessen der obersten Dienstbehörde bei ihrer Entscheidung über die Einschränkung des Anwendungsbereichs der Altersteilzeit ausgegangen ist. Damit macht sie der Sache nach einen Verstoß gegen die aus § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO folgende Begründungspflicht geltend.
8Dabei ist unerheblich, dass in der Beschwerde der Zulassungsgrund des Verfahrensmangels nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht ausdrücklich benannt worden ist. Da der Kläger den Verfahrensmangel der Sache nach hinreichend substantiiert dargelegt hat, ist dessen fehlende Einordnung unter den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO unschädlich (Beschlüsse vom - BVerwG 2 B 61.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 4 Rn. 4, vom - BVerwG 2 B 86.11 - [...] Rn. 1 und vom - BVerwG 2 B 137.11 - [...] Rn. 8; vgl. zur Berücksichtigung der Vorgaben aus Art. 19 Abs. 4 GG im Zulassungsrecht auch - BVerfGK 5, 369).
9Nach § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO, der gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO auch für das Berufungsgericht gilt, sind in dem Urteil die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Das Gericht muss sich daher nicht mit jedem Vorbringen der Beteiligten ausdrücklich befassen. Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt aber grundsätzlich die Verpflichtung, auf den wesentlichen Kern des Vorgebrachten einzugehen (stRspr; vgl. zuletzt etwa - FamRZ 2013, 1953 Rn. 14 m.w.N.). Die Entscheidungsgründe müssen daher zu den für das Verfahren wesentlichen Fragen - unter Berücksichtigung des darauf bezogenen Vortrags der Beteiligten - nachvollziehbare Erwägungen zur tatsächlichen und rechtlichen Würdigung enthalten (Beschlüsse vom - BVerwG 9 B 6.06 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 66 Rn. 24 und vom - BVerwG 2 B 86.11 - [...] Rn. 3 m.w.N.).
10Diesen Anforderungen entspricht das Berufungsurteil bereits deshalb nicht, weil es den gesamten Vortrag des Klägers zu den verfassungsrechtlichen Bedenken einer voraussetzungslosen Ermächtigung der Exekutive und dem hieraus folgenden Erfordernis einer verfassungskonformen Auslegung übergangen hat. Auf dieses Vorbringen, das für den Kläger offenkundig von zentraler Bedeutung war, gehen die Entscheidungsgründe mit keinem Wort ein. Anlass hierzu hätte überdies deshalb bestanden, weil das Oberverwaltungsgericht selbst hinsichtlich der weitgehend identisch abgefassten Vorgängervorschrift des § 88a Abs. 3 LBG a.F. erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken ausgesprochen hatte (Urteil vom - 3 LB 107/02 - NordÖR 2003, 316). Weder dieses Urteil selbst noch die darin angestellten rechtlichen Erwägungen werden in den Gründen der angegriffenen Entscheidung erwähnt. Es ist daher von einer Nichtberücksichtigung dieser Gesichtspunkte auszugehen ( - BVerfGE 86, 133 <146>).
11Auf diesem Verstoß gegen die Begründungspflicht aus § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann die angegriffene Entscheidung auch beruhen, weil zwingende dienstliche Belange, die der Gewährung der beantragten Altersteilzeit entgegenstehen könnten, nicht festgestellt worden sind.
12Dies führt zur Zurückverweisung der Sache gemäß § 133 Abs. 6 VwGO.
Fundstelle(n):
JAAAE-65937