Aufhebung einer geänderten Festsetzung eines Verzögerungsgelds wegen Nichtberücksichtigung der teilweisen Einreichung angeforderter
Unterlagen
für die gerichtliche Überprüfung der Ermessensausübung maßgeblicher Sachverhalt bei geänderter Festsetzung eines Verzögerungsgelds
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unter Berücksichtigung eines Mindestsanktionsbetrags von 2.500 Euro
Leitsatz
1. Die Finanzbehörde hat bei der Festsetzung eines Verzögerungsgelds sowohl ihr Entschließungs- als auch ihr Auswahlermessen
zu betätigen und dabei insbesondere den maßgeblichen Sachverhalt vollständig zu ermitteln und zu berücksichtigen.
2. Hat das FA den Bescheid über die Festsetzung eines Verzögerungsgelds wegen Nichtvorlage von Unterlagen nach Klageerhebung
geändert und dabei nicht berücksichtigt, dass die angeforderten Unterlagen zwischenzeitlich dem Betriebsprüfer teilweise übergeben
worden sind, so ist der geänderte Bescheid wegen fehlender Berücksichtigung des vollständigen Sachverhalts aufzuheben und
das FG hat über die Rechtmäßigkeit des ursprünglichen Bescheids zu entscheiden. Das gilt auch dann, wenn der Rechtsbehelfsstelle
der (zumindest teilweise) Eingang der angeforderten Unterlagen beim Erlass des geänderten Bescheids infolge einer fehlenden
Benachrichtigung durch den Betriebsprüfer (möglicherweise) nicht bekannt war.
3. Im Falle einer Änderung einer Festsetzung eines Verzögerungsgelds ist nicht nur lediglich der bei dessen erstmaligen Festsetzung
verwirklichte, sondern vielmehr der im Zeitpunkt der jüngsten Verwaltungsentscheidung verwirklichte Sachverhalt für die gerichtliche
Beurteilung der Ausübung des behördlichen Ermessens maßgeblich (Abgrenzung zu ).
4. Mit Ausnahme einer Spannbreite des Verzögerungsgeldes zwischen 2.500 Euro und 250.000 Euro sieht § 146 Abs. 2b AO keine
ausdrücklichen Ermessensleitlinien oder -grenzen vor, so dass sich die behördliche Ermessensentscheidung nach den allgemeinen
Grundsätzen (§ 5 AO) richten muss. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist angesichts des Mindestbetrags von 2.500 Euro dabei
bereits im Rahmen der Betätigung des Entschließungsermessens zu berücksichtigen. Demnach ist es ausgeschlossen, im Rahmen
des Entschließungsermessens von einer Vorprägung auszugehen, wonach jede Verletzung der Mitwirkungspflichten (§ 200 Abs.1
AO) – unabhängig davon, ob den Steuerpflichtigen ein Schuldvorwurf trifft – grundsätzlich zur Festsetzung eines Verzögerungsgelds
führt; erforderlich ist vielmehr eine an der Sanktionsuntergrenze auszurichtende Würdigung des Einzelfalls.
5. Für die Gewichtung des Verschuldens ist u. a. die Dauer der durch die Nichtvorlage der Buchführungsunterlagen eingetretenen
Verzögerung der Außenprüfung mitentscheidend.
Fundstelle(n): BBK-Kurznachricht Nr. 13/2014 S. 603 IAAAE-63668
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Online-Dokument
FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil v. 11.09.2013 - 3 K 1235/10
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