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Ermäßigter Steuersatz bei Theater, Konzerten, Museen und vergleichbaren Veranstaltungen

Musikkapellen, Solokünstler, Intendanten, Regisseure, Bühnenbildner, Zauberer sowie Veranstaltung von Konzerten durch andere Unternehmer

1. Allgemeines

Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe a UStG unterliegen die Leistungen der Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre und Museen dem ermäßigten Steuersatz, sofern sie nicht nach § 4 Nr. 20 Buchstabe a UStG steuerbefreit sind.

Schwierigkeiten ergaben sich in der Vergangenheit bei der Abgrenzung der Merkmale, an die das Gesetz die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes knüpft, da im künstlerischen Bereich vielschichtige Leistungen angeboten werden. Nachfolgend wird daher auf einige Einzelfälle eingegangen.

2. Einzelfälle

2.1 Dirigenten

Die Leistungen der Dirigenten unterliegen dem ermäßigten Steuersatz, sofern sie nicht nach § 4 Nr. 20 Buchstabe a UStG steuerbefreit sind.

2.2 Intendanten

Intendanten leiten Theaterbetriebe, Musik- oder Theaterfestivals in organisatorischer, finanzieller oder personeller Hinsicht. Sie führen in dieser Eigenschaft keine künstlerische Tätigkeit aus. Diese Leistungen unterliegen dem allgemeinen Steuersatz.

2.3 Regisseure, Bühnenbildner usw.

Nach Abschn. 12.5. Abs. 1 Satz 4 UStAE unterliegen die Leistungen der Regisseure, Bühnenbildner, Tontechniker, Beleuchter, Maskenbildner, Souffleusen, Cutter oder Kameraleute dem allgemeinen Steuersatz.

Diese restriktive Verwaltungsauffassung hat das BMF in seinem Schreiben vom hinsichtlich der Bühnen- und Kostümbildner wie folgt modifiziert:

Die Leistungen der Bühnen- und Kostümbildner sind nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern, wenn der wesentliche Inhalt ihrer Leistung in der Übertragung eines Urheberrechtes besteht. Hierbei kommt es entscheidend auf die vertraglichen Regelungen zwischen Leistungsempfänger und leistenden Unternehmer an.

Der ermäßigte Steuersatz ist dann anzuwenden, wenn für die Aufführung eines bestimmten Bühnenwerkes eigens ein Bühnen- oder Kostümbildner mit dem Entwurf des Bühnenbildes oder der Kostüme beauftragt wird. In diesem Fall wird es der Auftrag gebenden Bühne regelmäßig gerade auf die schöpferische Leistung der beauftragten Bühnen- oder Kostümbildner ankommen.

Erschöpft sich dagegen die Tätigkeit des Bühnen- oder Kostümbildners in der handwerklichen Umsetzung vorgegebener Gestaltungsformen, ist der wesentliche Vertragsinhalt die Herstellung und Lieferung des Bühnenbildes oder der Kostüme, so dass die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe c UStG nicht im Betracht kommt.

2.4 Zauberer, Artisten usw.

§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe a UStG ermäßigt die Eintrittsberechtigung für mit Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler. Die Begriffe Theater und Konzert sind nach den Merkmalen abzugrenzen, die für die Steuerbefreiung maßgebend sind (Abschn. 12.5 Abs. 1 Satz 2 UStAE i. V. m. Abschn. 4.20.1. UStAE und Abschn. 4.20.2 Absatz 1 UStAE). Die Leistungen von Zauberkünstlern, Artisten usw. sind nicht mit den Leistungen von Orchestern, Chören oder Theatern vergleichbar. Die Leistungen der Zauberkünstler, Artisten, Bauchredner und Diskjockeys fallen deshalb nicht unter § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe a UStG.

Dies schließt jedoch nicht aus, dass die Leistungen solcher Künstler im Einzelfall die o. g. Voraussetzungen erfüllen können.

3. Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten

Hiervon zu unterscheiden ist die Steuerermäßigung der Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe a 2. Halbsatz UStG. Unter dem Begriff „Konzert” sind alle musikalischen und gesanglichen Aufführungen zu verstehen. Die Mitwirkung eines Orchesters ist dabei nicht erforderlich.

Derartige Veranstaltungen sind nur dann begünstigt, wenn Leistungen anderer Art, die in Verbindung mit diesen Veranstaltungen erbracht werden, von so untergeordneter Bedeutung sind, dass dadurch der Charakter der Veranstaltung als Konzert nicht beeinträchtigt wird.

In diesen Fällen ist auch der Weiterverkauf von Eintrittskarten durch Ticketeigenhändler nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe a UStG begünstigt.

Nicht begünstigt sind z. B. gesangliche oder musikalische Darbietungen im Rahmen einer Tanzbelustigung, einer sportlichen Veranstaltung oder zur Unterhaltung der Besucher in Gaststätten (Abschn. 12.5. Abs. 2 Satz 12 UStAE).

Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Darbietung als begünstigte Konzertveranstaltung oder als nicht begünstigte Veranstaltung anderer Art anzusehen ist (der die musikalische und/oder gesangliche Darbietung nur den Rahmen gibt), ist nur auf die Leistung des jeweiligen Unternehmens, nicht auf die seines Auftraggebers abzustellen.

4. Beispiele

4.1 Leistungen einer Musikkapelle

Eine Kapelle mit zwei Mitwirkenden tritt bei verschiedenen sportlichen Veranstaltungen auf, um Unterhaltungs- und Tanzmusik vorzutragen. Eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 20a UStG liegt nicht vor.

Die Leistung der Kapelle an den Veranstalter unterliegt als Orchesterleistung dem ermäßigten Steuersatz. Die Leistung des Veranstalters – sofern steuerbar und steuerpflichtig – an die Besucher stellt eine nicht begünstigte Leistung anderer Art dar, die nicht mehr den Charakter eines Konzerts hat. § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe a 2. Halbsatz UStG kommt hier nicht zur Anwendung.

Zur Frage der Unternehmereigenschaft von Musikkapellen verweise ich auf ofix: UStG/2/41.

4.2 Veranstaltungen

Ein Industrieunternehmen veranstaltet einen Liederabend, bei dem verschiedene Solisten auftreten.

Die Leistungen der Solisten an das Industrieunternehmen unterliegen dem ermäßigten Steuersatz gem. § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe a 1. Halbsatz UStG, weil sie Leistungen erbringen, die mit denen der Theater, Orchester, Kammermusikensembles oder Chören vergleichbar sind. Die Leistung des Industrieunternehmens an die Gäste stellt eine begünstigte Konzertveranstaltung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe a 2. Halbsatz UStG dar.

4.3 Konzert- und Gastspieldirektion

Eine Konzert- und Gastspieldirektion stellt für einen Auftraggeber ein Programm für ein Konzert zusammen. Sie übernimmt gegenüber diesem Auftraggeber außerdem die Durchführung des Konzerts und verpflichtet die mitwirkenden Künstler im eigenen Namen. Der Auftraggeber tritt den Besuchern gegenüber als Veranstalter auf. Die Veranstaltung wird im Rahmen eines „Bunten Abends” erbracht.

Die Musiker erbringen, sofern nicht nach § 4 Nr. 20 Buchstabe a UStG befreit, eine steuerermäßigte Leistung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst a 1. Halbsatz UStG an die Konzert- und Gastspieldirektion.

Für die Leistung der Konzert- und Gastspieldirektion findet § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG keine Anwendung. Bei Gastspieldirektionen handelt es sich um Unternehmen, bei denen der Unternehmer nicht vermittelnd als Makler zwischen Künstler und Veranstalter auftritt, sondern im eigenen Namen Künstler „einkauft” und dann das eingekaufte Programm an einen Veranstalter mit einem gesonderten Vertrag „verkauft”.

Für vor dem ausgeführte Leistungen der Gastspieldirektionen wird es nicht beanstandet, wenn die Gastspieldirektionen den ermäßigten Umsatzsteuersatz anwenden bzw. angewendet haben.

Die Leistung des Auftraggebers an die Besucher unterliegt in diesem Fall dem Regelsteuersatz, da ein „Bunter Abend”, bei dem das gesprochene Wort (Anekdoten, Plaudereien, Witze) im Mittelpunkt steht, welches von musikalischen Darbietungen nur umrahmt wird, keine Konzertveranstaltung darstellt.

4.4 Solokünstler

Ein als Solist auftretender Unterhaltungskünstler erbringt im Rahmen von Konzerten Gesangs- und Instrumentaldarbietungen. Mit der Saalanmietung, Organisation, Werbung, Plakatierung, dem Kartenverkauf und ähnlichen Leistungen im Zusammenhang mit diesen Konzertveranstaltungen beauftragt er andere Unternehmer (z. B. eine Konzertagentur), die eindeutig nach außen hin in seinem Namen und für seine Rechnung auftreten. Die Einnahmen werden von diesen Unternehmern nach den Veranstaltungen mit dem Solisten abgerechnet. Als Veranstalter tritt nur der Solokünstler in Erscheinung.

Die Leistungen des Solokünstlers unterliegen dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe a 2. Halbsatz UStG.

Dieser hat die Konzerte selbst veranstaltet, da er gegenüber den Konzertbesuchern als Veranstalter aufgetreten ist und Ort und Zeit seiner Darbietungen selbst bestimmt hat. Die mit der Organisation beauftragten anderen Unternehmer werden lediglich als selbstständige Vertreter oder Subunternehmer tätig. Der Solokünstler hat die organisatorischen Maßnahmen im eigenen Namen und für eigene Rechnung getroffen. Er wurde nicht von den Konzertagenturen verpflichtet, sondern hat diese vielmehr selbst mit der Organisation beauftragt (vgl. BStBl 1995 II S.  348).

Auf die Leistungen dieses Solokünstlers sind die Vorschriften über die Veranstaltung von Konzerten anzuwenden. Sind die Voraussetzungen nicht erfüllt (vgl. Tz. 3.), unterliegen die gesamten Leistungen des Solokünstlers dem Regelsteuersatz. Die Steuerermäßigungsvorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe. a 1. Halbsatz ist in diesem Fall nicht auf die musikalischen Leistungen des Solokünstlers anzuwenden. Eine Aufteilung der Leistungen des Künstlers kommt nicht in Betracht.

Die bisherige Rundvfg. vom wird aufgehoben.

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Fundstelle(n):
FAAAE-57231