BGH Beschluss v. - IX ZB 161/11

Treuhändervergütung im vereinfachten Insolvenzverfahren: Zuschlag für die Erstellung von Steuererklärungen

Leitsatz

Im Verhältnis zur Größe des Verfahrens wenige, einfach zu erstellende Steuererklärungen sind mit der Regelvergütung abgegolten.

Gesetze: § 4 Abs 1 S 3 InsVV, § 13 InsVV, § 2 Abs 1 InsO, § 313 Abs 2 InsO

Instanzenzug: LG Bochum Az: I-7 T 16/11vorgehend AG Bochum Az: 88 IK 470/08

Gründe

1Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 313 Abs. 1 Satz 3, § 64 Abs. 3, § 7 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, Art. 103f EGInsO), aber unzulässig, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

21. Die Frage, ob die Abgabe von Einkommenssteuererklärungen des Schuldners für den Treuhänder im vereinfachten Insolvenzverfahren zu seinen Regelaufgaben gehört, oder ob es sich um besondere Aufgaben im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 3 InsVV handelt und zu Lasten der Masse auf einen Steuerberater übertragen werden kann, ist nicht klärungsbedürftig. Es gelten dieselben Abgrenzungskriterien wie für den Insolvenzverwalter. Die von der Rechtsbeschwerde zitierten, vermeintlich abweichenden Stimmen verweisen auf die Rechtsprechung des Senats oder erörtern die Frage nicht näher.

3a) Nach der Rechtsprechung des Senats hat der Insolvenzverwalter im Rahmen seines Vergütungsfestsetzungsantrags aufzuführen, für welche von ihm beauftragten Fachleute er das an diese entrichtete Entgelt aus der Masse entnommen hat. Das Insolvenzgericht ist berechtigt und verpflichtet zu prüfen, ob die Beauftragung Externer gerechtfertigt war. Kommt es zu dem Ergebnis, dass die Beauftragung nicht gerechtfertigt war, kann es die festgesetzte Vergütung um den zu Unrecht aus der Masse entnommenen Betrag kürzen (, ZIP 2005, 36 f; vom - IX ZB 38/11, zVb Umdruck S. 11).

4b) Die Vergütung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren beträgt gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 InsO 15 v.H. der Insolvenzmasse und damit weniger als die Regelvergütung des Verwalters nach § 2 Abs. 1 InsVV. Grund hierfür ist, dass der Aufgabenkreis des anstelle des Insolvenzverwalters im vereinfachten Insolvenzverfahren tätigen Treuhänders erheblich reduziert ist und deshalb regelmäßig eine auf 15 v.H. des Wertes der Insolvenzmasse geminderte Vergütung gerechtfertigt ist (vgl. Amtliche Begründung zu § 13 InsVV, abgedruckt z.B. bei Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV, 4. Aufl., S. 42 ff, S. 63; , ZIP 2011, 2158 Rn. 9; vom - IX ZB 176/11, ZInsO 2012, 1138 Rn. 11).

5Die Aufgabenreduzierung ergibt sich daraus, dass dem vereinfachten Insolvenzverfahren der Versuch einer außergerichtlichen Schuldenbereinigung und das Verfahren über den Schuldenbereinigungsplan vorausgeht. Dementsprechend ist das Insolvenzverfahren zum Zeitpunkt der Eröffnung bereits weitgehend aufbereitet. Anstelle eines Berichtstermins wird nur der Prüfungstermin durchgeführt (vgl. Amtliche Begründung, aaO). Zudem ist der Treuhänder gemäß § 313 Abs. 2 Satz 1 InsO nicht zur Anfechtung berechtigt, weshalb ihm im Falle eines entsprechenden Auftrags der Gläubigerversammlung nach § 313 Abs. 2 Satz 3, 4 InsO ein Zuschlag zustehen kann ( aaO). Zudem ist er gemäß § 313 Abs. 3 InsO nicht zur Verwertung von Gegenständen berechtigt, an denen Absonderungsrechte bestehen.

6Hinsichtlich der Abgabe der Steuererklärungen ist ein wesentlicher Unterschied dagegen im Verhältnis zum Insolvenzverwalter nicht gegeben. Zwar kann bei einem Schuldner, der Arbeitnehmer ist, auf die Abgabe einer Steuererklärung verzichtet werden, wenn hierfür steuerrechtlich keine Verpflichtung besteht. Bestehen aber Steuererstattungsansprüche, hat diese der Treuhänder zugunsten der Masse zu realisieren, nicht anders als der Insolvenzverwalter.

7Es entspricht sachgerechter Amtsführung, für steuerrechtliche Tätigkeiten, die besondere Kenntnisse erfordern oder über den allgemeinen mit jeder Steuererklärung verbundenen Arbeitsaufwand hinausgehen, einen Steuerberater einzusetzen. Wie bei der Einschaltung eines Rechtsanwalts ist dafür der Maßstab, ob ein Verwalter oder Treuhänder, der nicht als Rechtsanwalt oder Steuerberater zugelassen ist, für diese Tätigkeit angemessener- und vernünftigerweise einen Rechtsanwalt oder Steuerberater eingeschaltet hätte. Es muss sich um eine besondere Aufgabe, nicht um ein allgemeines Geschäft des Treuhänders oder Verwalters handeln (, BGHZ 160, 176, 183; vom - IX ZB 48/04, ZIP 2005, 36, 37; vom - IX ZB 261/03, ZVI 2005, 143).

8Im Verhältnis zur Größe des Verfahrens wenige, einfach zu erstellende Steuererklärungen sind, sofern keine Rechtsmittel eingelegt werden müssen, mit der Regelvergütung abgegolten (vgl. , ZInsO 2013, 152 Rn. 4, 7 mwN). Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts waren die Steuererklärungen einfach. Aufwand in gewissem Umfang bereitete lediglich die Ermittlung des Sachverhalts. Es ist aber nichts dafür ersichtlich, dass dieser von einem Steuerberater einfacher ermittelt werden konnte. Der Treuhänder hatte ohnehin Kontakt zum Schuldner. Es gehörte zu seinen Aufgaben, die für die Durchsetzung von Ansprüchen der Masse erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

9Dass der Schuldner geheiratet und ein Kind adoptiert hatte, verursacht für die Steuererklärungen keine wesentlichen Erschwerungen.

102. Ein Obersatz, dass die Zulässigkeit der Delegation von Aufgaben strengeren Anforderungen unterliege, wenn der Treuhänder über eigene Fachkenntnisse verfüge, ist der Beschwerdeentscheidung nicht zu entnehmen. Das Landgericht stellt vielmehr zum Vergleich darauf ab, dass Millionen Arbeitnehmer jährlich selbst zahlreiche solcher einfachen Steuererklärungen selbst abgeben. Lediglich ergänzt wird, dass dies dann für den Treuhänder eine Tätigkeit einfachster Art sei.

113. Das Beschwerdegericht hat auch nicht den Obersatz aufgestellt, dass die Zulässigkeit der Heranziehung eines Steuerberaters auf Kosten der Masse davon abhänge, dass durch die Aufgabenerfüllung eine relevante vergütungserhöhende Massemehrung eintrete. Es hat lediglich eine ergänzende Kontrollüberlegung zur Angemessenheit der Vergütung des Treuhänders angestellt. Der Treuhänder hätte die Tätigkeit auch dann nicht delegieren dürfen, wenn keine Steuererstattung zu erwarten gewesen wäre.

124. Der Umstand, dass der Treuhänder dem Steuerberater für die Erstellung der drei Einkommenssteuererklärungen 3.120,93 € bezahlt hat, zeigt nicht auf, dass eine Gesamtvergütung des Treuhänders von ca. 2.500 € einschließlich der Erstellung von Steuererklärungen mit Art. 12 GG unvereinbar wäre. Die Berechtigung des dem Steuerberater gezahlten Entgelts ist schon nicht dargelegt. Jedenfalls folgt die insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung einem anderen Regelungssystem. Die Vergütung des Treuhänders oder Insolvenzverwalters im Insolvenzverfahren muss nicht mindestens so hoch sein wie die Summe der Vergütungen, die an Spezialisten zu zahlen wären, wenn die Tätigkeit des Treuhänders oder Verwalters einzeln an diese vergeben würde.

135. Die Rüge der Verletzung von Verfahrensgrundrechten hat der Senat geprüft aber nicht für durchgreifend erachtet.

146. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.

Kayser                      Vill                         Lohmann

               Pape                     Möhring

Fundstelle(n):
BFH/NV 2014 S. 479 Nr. 3
DStR 2014 S. 157 Nr. 4
HFR 2014 S. 377 Nr. 4
NWB-Eilnachricht Nr. 50/2013 S. 3928
StuB-Bilanzreport Nr. 3/2014 S. 119
WM 2013 S. 2373 Nr. 50
ZIP 2013 S. 2413 Nr. 50
BAAAE-50268