BAG Urteil v. - 2 AZR 396/12

Änderungskündigung - Änderung des regulären Gehalts

Gesetze: § 2 S 1 KSchG, § 1 Abs 2 S 1 KSchG, § 313 BGB

Instanzenzug: ArbG Eberswalde Az: 1 Ca 467/11 Urteilvorgehend LArbG Berlin-Brandenburg Az: 13 Sa 2089/11 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung.

2Die Beklagte führt bundesweit in mehreren Niederlassungen „Transportdienstleistungen“ durch. Sie beschäftigt weitaus mehr als zehn Arbeitnehmer. Der Kläger ist bei ihr am Standort Schwedt/Oder als Kraftfahrer für Gefahrgut tätig. Dem Arbeitsverhältnis liegt ein Formulararbeitsvertrag vom zugrunde, in dem es ua. heißt:

„…

sind die jeweils zwischen den Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Organisationen gültigen Lohn- und Manteltarifverträge. …

[Der Kläger] wird als Kraftfahrer für alle Verkehre [der Beklagten] eingestellt, das schließt auch eine flexible Arbeitszeit ein. …

a) für eine monatliche Arbeitszeit bis zu 260 Stunden, exklusive gesetzlicher Pause

b) der monatliche Brutto-Lohn beträgt DM 3.600,00

c) Einsatzstunden (ab 261) werden mit gesetzlichen und/oder tariflichen Zuschlägen vergütet

d) Sonderzeiten (z. B. Sonn- oder Feiertage von 0 bis 22 Uhr) werden gesondert bezahlt mit den gesetzlichen und/oder tariflichen Aufschlägen.

…“

3Im April 2001 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie habe dessen Bruttomonatslohn rückwirkend zum 1. April auf „DM 4.000,00 = 2.045,17 Euro“ „festgesetzt“.

4Im Jahr 2009 wechselte die Geschäftsführung der Beklagten. Die neue Geschäftsleitung gelangte nach Überprüfung der Arbeitsverträge zu dem Ergebnis, die bestehenden Regelungen verstießen gegen Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes. Sie beschloss, das bestehende „Arbeitsvertragssystem“ zu ändern. Dazu bot sie dem Kläger zunächst einen neuen Arbeitsvertrag an, der ein geringeres Festentgelt vorsah. Der Kläger nahm das Angebot nicht an. Ab August 2010 leistete die Beklagte gleichwohl nur noch das verminderte Entgelt. Der Kläger erhob - erfolgreich - Klage auf Zahlung der Differenzvergütung.

5Mit Schreiben vom unterrichtete die Beklagte den zuständigen Betriebsrat über ihre Absicht, gegenüber dem Kläger eine Änderungskündigung zu erklären. Mit Schreiben vom kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Parteien zum verbunden mit dem Angebot, es bei Vereinbarung eines Bruttostundenentgelts von 7,87 Euro und einer wöchentlichen Regelarbeitszeit von 40 Stunden (173 Stunden im Monat) fortzusetzen. Darüber hinausgehende „Arbeits- und Bereitschaftszeitstunden“ sollten mit „dem tariflich bestimmten“ Zuschlag von 25 vH vergütet werden. Für den Fall, dass sich das Angebot mit Blick auf den Umfang der regelmäßigen Arbeitszeit als sozial ungerechtfertigt erweisen sollte, bot sie dem Kläger - sofern er dies wünsche - die Fortführung des Arbeitsverhältnisses mit monatlich 208 „garantierten Einsatzstunden“ an; darüber hinaus geleistete „Bereitschaftsstunden“ sollten zuschlagspflichtig sein.

6Der Kläger nahm „das Angebot“ unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG an und hat - fristgerecht - die vorliegende Änderungsschutzklage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, für das Bestreben der Beklagten, sich von ihrer Pflicht zur Leistung von 2.045,17 Euro für monatlich „bis zu 260 Stunden“ zu lösen, gebe es kein dringendes betriebliches Erfordernis. Auch habe die Beklagte keine ordnungsgemäße soziale Auswahl getroffen. Sie habe nicht gegenüber allen Arbeitnehmern, die mit der Änderung ihrer Arbeitsbedingungen nicht einverstanden gewesen seien, eine Änderungskündigung ausgesprochen. Das Änderungsangebot sei überdies zu unbestimmt. Zudem sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden. Ihm sei das konkrete Änderungsangebot nicht mitgeteilt worden.

7Der Kläger hat beantragt

festzustellen, dass die Änderung seiner Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

8Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, es sei ihr wirtschaftlich nicht möglich, die mit dem Kläger vereinbarte Vergütung unabhängig davon zu zahlen, ob die Überstunden, die mit diesem Betrag abgegolten würden, anfielen oder nicht. Sie wolle deshalb von der vereinbarten Pauschalabgeltung auf eine genaue Abrechnung der Überstunden „umstellen“. Monatlich 173 Stunden seien die höchste Arbeitszeit, die sie einseitig festlegen könne. Hilfsweise habe sie dem Kläger das rechtlich höchstzulässige Arbeitszeitvolumen angeboten. Der vorgesehene Stundenlohn ergebe sich aus der bisherigen monatlichen Höchstarbeitszeit und dem für sie gezahlten Monatslohn. Mit der beabsichtigten Änderung sei deshalb nicht eine Entgeltabsenkung, sondern lediglich die Anpassung der Arbeitszeit an die rechtlichen Vorgaben verbunden.

9Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag weiter, die Klage abzuweisen.

Gründe

10Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Änderungsschutzklage zu Recht stattgegeben. Die dem Kläger mit der Kündigung vom angetragene Änderung der Arbeitsbedingungen ist sozial ungerechtfertigt iSd. § 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG. Darauf, ob die angestrebte Änderung auch aus anderen Gründen unwirksam ist, kommt es nicht an.

11I. Die Voraussetzungen für eine Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes nach § 1 Abs. 1, § 23 Abs. 1 KSchG liegen vor. Das Landesarbeitsgericht geht davon aus, dass in dem Betrieb, dem der Kläger im Kündigungszeitpunkt angehörte, regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer iSd. § 23 Abs. 1 KSchG beschäftigt waren. Die Beklagte stellt dies nicht in Abrede.

12II. Das mit der Kündigung unterbreitete Änderungsangebot ist nicht „überflüssig“ (vgl. dazu  - Rn. 18 ff.; - 2 AZR 102/11 - Rn. 12, BAGE 140, 328). Nach den Vereinbarungen im Arbeitsvertrag war die Beklagte verpflichtet, dem Kläger das vereinbarte monatliche Bruttogehalt auch dann zu zahlen, wenn sie ihn weniger als 260 Stunden im Monat beschäftigt hatte. Hiervon konnte sie nicht einseitig abweichen.

131. Der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in dem zwischen den Parteien geführten Vorprozess darauf erkannt, dass die Beklagte nicht berechtigt gewesen sei, einseitig in die vereinbarte Entgeltstruktur einzugreifen. Auch eine ergänzende Vertragsauslegung scheide aus. Der Arbeitsvertrag enthalte keine unvorhergesehene Regelungslücke. Die Regelungen unter Ziff. 7 seien nicht gemäß § 134 BGB nichtig. Diese Vereinbarungen, bei denen es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB) handele, seien weder intransparent noch aus anderen Gründen rechtswidrig. Sie könnten nicht dahin verstanden werden, dass dem Kläger das monatliche Bruttoentgelt nur zustehe, wenn er tatsächlich eine Arbeitsleistung von 260 Stunden im Monat erbringe ( - Rn. 9 ff.).

142. Diesen Wertungen schließt sich der Senat an. Besonderheiten, die sich daraus ergeben könnten, dass sich die Entscheidung des Fünften Senats auf den Zeitraum von August 2010 bis November 2010 bezieht, während die Beklagte im Streitfall Änderungen für die Zeit nach dem anstrebt, sind nicht ersichtlich. Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil die Beklagte die Änderungen nunmehr mit dem Wegfall der Geschäftsgrundlage für eine Abrede zur Pauschalvergütung von Überstunden begründet. Das Kündigungsrecht ist gegenüber § 313 BGB lex specialis ( - Rn. 26; - 2 AZR 235/08 - Rn. 32).

15III. Die Voraussetzungen für eine Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß §§ 2, 1 KSchG liegen nicht vor.

161. Eine betriebsbedingte Änderungskündigung iSv. § 2 KSchG ist sozial nur gerechtfertigt, wenn die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 KSchG vorliegen. Dabei ist die soziale Rechtfertigung einer Änderung der bestehenden Vertragsbedingungen zu überprüfen. Das Änderungsangebot des Arbeitgebers ist daran zu messen, ob es durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist und sich darauf beschränkt, solche Änderungen vorzusehen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss ( - Rn. 34; - 2 AZR 451/10 - Rn. 17). Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt oder - wie im Streitfall - unter Vorbehalt angenommen hat ( - aaO; - 2 AZR 658/08 - Rn. 16).

172. Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise akzeptieren muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu prüfen. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Diese Voraussetzungen müssen für alle vorgesehenen Änderungen vorliegen. Ausgangspunkt ist die bisherige vertragliche Regelung. Die angebotenen Änderungen dürfen sich von deren Inhalt nicht weiter entfernen, als zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist ( - Rn. 15; - 2 AZR 246/00 - zu I 2 b der Gründe).

183. Das mit der Kündigung unterbreitete Änderungsangebot muss konkret gefasst, dh. eindeutig bestimmt, zumindest bestimmbar sein ( - Rn. 29; - 2 AZR 822/07 - Rn. 15, BAGE 132, 78). Für den Arbeitnehmer muss ohne Weiteres klar sein, welche Vertragsbedingungen zukünftig gelten sollen. Nur so kann er eine abgewogene Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Angebots treffen. Der Arbeitnehmer muss von Gesetzes wegen innerhalb einer recht kurzen Frist auf das Vertragsangebot des Arbeitgebers reagieren und sich entscheiden, ob er es ablehnt, ob er es mit oder ob er es ohne Vorbehalt annimmt. Schon im Interesse der Rechtssicherheit muss deshalb das Änderungsangebot zweifelsfrei klarstellen, zu welchen Vertragsbedingungen das Arbeitsverhältnis künftig fortbestehen soll. Unklarheiten gehen zu Lasten des Arbeitgebers. Sie führen zur Unwirksamkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen ( - aaO; - 2 AZR 822/07 - aaO, mwN).

194. Es ist zumindest fraglich, ob die Beklagte ein in diesem Sinne bestimmtes und damit annahmefähiges Änderungsangebot unterbreitet hat.

20a) Das dem Kläger mit der Kündigung angetragene Änderungsangebot enthält zwei Alternativen, die erkennbar in einem Haupt- und Hilfsverhältnis zueinander stehen. Die Beklagte will das Arbeitsverhältnis primär auf der Basis einer „garantierten“ Regelarbeitszeit von 40 Wochenstunden/173 Monatsstunden bei einem Bruttostundenlohn von 7,87 Euro fortsetzen. „Vorsorglich“ für den Fall, dass sich die Änderung des Umfangs der Arbeitszeit als sozial ungerechtfertigt erweist, und falls der Kläger „dies wünscht“, will sie ihn regelmäßig 208 Stunden monatlich einsetzen. In beiden Varianten sollen für zusätzliche Arbeits-/Bereitschaftsstunden Zuschläge gezahlt werden.

21b) Der Inhalt der beiden Alternativen ist - je für sich betrachtet - hinreichend klar. Der Kläger konnte das Angebot nur so verstehen, dass die angestrebten Änderungen nicht vor dem wirksam werden sollten und dass die Beklagte ihm auch bei einem Einsatz im Umfang von 208 Stunden die im ersten Angebotsteil ausgewiesene Stundenvergütung zahlen wollte - zzgl. etwaiger Vergütung für tatsächlich geleistete Mehrarbeit. Problematisch erscheint dagegen die Bedingtheit des Alternativangebots. Dies vorrangig deshalb, weil unklar bleibt, ob ein möglicher Vorbehalt auch dieses sollte erfassen können oder ob - weil das Angebot an einen entsprechenden „Wunsch“ des Klägers gebunden war - insoweit nur eine vorbehaltslose Annahme möglich sein sollte. Ebenso wenig ist klar, ob der Kläger auf die gestaffelten Alternativen differenziert hätte reagieren können - etwa mit einer vorbehaltslosen Ablehnung des „Hauptangebots“ und einer Annahme des nachrangigen Angebots unter einem Vorbehalt des § 2 KSchG. Diese Unklarheiten zu vermeiden ist grundsätzlich Sache des Arbeitgebers.

225. Wenn zugunsten der Beklagten unterstellt wird, dass ein annahmefähiges Änderungsangebot vorliegt, so sind die Änderungen der Vertragsbedingungen doch nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt. Sie sind aus diesem Grund unwirksam. Das gilt für beide angebotenen Alternativen.

23a) Die Änderung der Vertragsbedingungen war nicht deshalb geboten, weil der Kläger aufgrund der Vereinbarungen in Ziff. 7 des Arbeitsvertrags verpflichtet gewesen wäre, regelmäßig eine Arbeitszeit von 260 Stunden monatlich zu leisten und diese Abrede wegen Verstoßes gegen § 3 ArbZG nichtig wäre. Ziff. 7 des Arbeitsvertrags betrifft allein die Vergütung, ohne zugleich mehr als den Höchstumfang der dafür geschuldeten Arbeitszeit zu regeln. Die Beklagte schuldet das monatliche Bruttoentgelt in Höhe von zuletzt 2.045,17 Euro bis zur Grenze von 260 Stunden gerade unabhängig von der abgerufenen und tatsächlich geleisteten Arbeitszeit (so auch  - Rn. 15 ff.).

24b) Es kann dahinstehen, welche regelmäßige Arbeitszeit des Klägers die Parteien vereinbart haben. Die Beklagte hat weder dargetan noch ist sonst ersichtlich, dass sie Abreden getroffen haben, die den Kläger zu Arbeitsleistungen über das gesetzlich zulässige Maß hinaus verpflichtet oder die in Widerspruch zu Regelungen eines auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrags gestanden hätten.

25c) Die Beklagte kann sich für die angestrebten Änderungen der Vertragsbedingungen nicht auf die Rechtsprechung des Senats zu Änderungskündigungen mit dem Ziel der Anpassung vertraglicher Nebenabreden an veränderte Umstände berufen. Die dafür notwendigen Voraussetzungen liegen nicht vor.

26aa) Ein dringendes betriebliches Änderungserfordernis iSd. § 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG kommt in Betracht, wenn die Parteien Nebenleistungen vereinbart haben, deren Gewährung an Umstände anknüpft, die nicht notwendig während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses vorliegen. So kann ein Mietzuschuss, der ursprünglich die Preisdifferenz zwischen einer billigen Werkwohnung und einer Wohnung auf dem freien Markt ausgleichen sollte, wegen veränderter Umstände sachlich ungerechtfertigt werden (vgl.  - BAGE 38, 348). Das gleiche kann für die Zusage einer kostenlosen Beförderung zum Betriebshof gelten (vgl.  - BAGE 105, 371). Ein Arbeitgeber, der sich in solchen Fällen auf eine wesentliche Änderung der maßgebenden äußeren Verhältnisse beruft, stützt sich auf Umstände, die außerhalb von §§ 1, 2 KSchG als möglicher Wegfall oder als mögliche Störung der Geschäftsgrundlage geprüft werden. Derartige Umstände können das Beharren auf der vereinbarten Leistung als unbillig und unberechtigt erscheinen lassen und geeignet sein, eine Änderung sozial zu rechtfertigen ( - Rn. 31 ff.; - 2 AZR 74/02 - zu II 2 c der Gründe, aaO).

27bb) Ob und unter welchen Voraussetzungen eine Änderungskündigung gerechtfertigt sein kann, wenn sich der Arbeitgeber von einer Abrede über die pauschalierte Abgeltung von Überstunden lösen will (vgl. dazu  - zu II 1 a der Gründe), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.

28(1) Die Änderungskündigung vom zielt nicht auf die Änderung einer vertraglichen Nebenabrede zur pauschalen Abgeltung von Überstunden. Die Regelung in Ziff. 7 c) des Arbeitsvertrags unterscheidet nicht zwischen einem Grundgehalt und einer Pauschale für etwa zusätzlich anfallende „Überstunden“. Die Beklagte strebt vielmehr eine Änderung des regulären Gehalts des Klägers an, das sie unabhängig von der Erbringung einer (Mindest-)Arbeitszeit vertraglich schuldet. Sie will die getroffenen Vereinbarungen zugunsten einer von der tatsächlich erbrachten Arbeitszeit abhängigen Vergütung umgestalten. Bei einer derartigen Sachlage kann keine Rede davon sein, dass die angestrebten Änderungen nur einen Randbereich der vertraglichen Vereinbarungen beträfen.

29(2) Abgesehen davon hat die Beklagte nicht dargelegt, inwiefern sich Umstände, die für den Abschluss der Vergütungsabrede bestimmend gewesen sein mögen, im Nachhinein wesentlich geändert hätten. Ihr Vorbringen, „Überstunden“ fielen in dem bei Begründung des Arbeitsverhältnisses beiderseits vorausgesetzten Umfang nicht (mehr) an, ist unsubstantiiert. Es lässt nicht erkennen, bei welcher Gelegenheit die Parteien auf der Grundlage welcher regelmäßigen Arbeitszeit welche Anzahl durchschnittlich anfallender Überstunden ins Auge gefasst hätten. Die Regelung in Ziff. 7 a) des Arbeitsvertrags gibt dafür nichts her. Ihr kann lediglich entnommen werden, dass das dem Kläger zugesagte monatliche Bruttogehalt einen Einsatz von „bis zu 260“ Stunden abdecken sollte, nicht aber, von welchen regelmäßig zu erwartenden Einsatzzeiten die Parteien ausgegangen sind.

30d) Ein dringendes betriebliches Änderungserfordernis iSd. § 1 Abs. 2 KSchG liegt auch nicht mit Blick auf die wirtschaftliche Lage der Beklagten vor.

31aa) Der Eingriff in das arbeitsvertraglich vereinbarte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ist allenfalls gerechtfertigt, wenn bei dessen Beibehaltung betrieblich nicht mehr auffangbare Verluste entstünden, die absehbar zu einer Reduzierung der Belegschaft oder sogar zu einer Schließung des Betriebs führen müssten. Regelmäßig bedarf es zur Rechtfertigung eines solchen Eingriffs eines umfassenden Sanierungsplans, der alle im Vergleich mit der beabsichtigten Änderungskündigung milderen Mittel ebenfalls ausschöpft ( - Rn. 25, BAGE 132, 78; - 2 AZR 826/98 - zu II 1 c der Gründe). Vom Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang zu verlangen, dass er die Finanzlage des Betriebs, den Anteil der Personalkosten und die Auswirkung der erstrebten Kostensenkungen für den Betrieb und für die Arbeitnehmer darstellt und darlegt, warum andere Maßnahmen nicht ausreichen oder nicht in Betracht kommen ( - Rn. 20).

32bb) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe die in diesem Zusammenhang relevanten Tatsachen nicht vorgetragen. Dagegen wendet sich die Revision nicht. Ein Rechtsfehler ist insoweit auch objektiv nicht erkennbar. Die Rüge der Beklagten, das Gericht habe es versäumt, Beweis darüber zu erheben, ob dem Betriebsrat ihre wirtschaftliche Lage bekannt war, ist - ihre Zulässigkeit unterstellt - unbegründet. Sie ist nicht entscheidungserheblich. Sie richtet sich gegen die Ansicht des Landesarbeitsgerichts, ihr - der Beklagten - sei es mangels ausreichender Unterrichtung des Betriebsrats verwehrt, sich auf wirtschaftliche Gründe zur Rechtfertigung der Kündigung zu berufen. Dies ist nur eine von zwei die Entscheidung selbstständig tragenden Begründungen des Landesarbeitsgerichts. Außer auf sie und zuvörderst hat das Landesarbeitsgericht darauf abgestellt, dass das Vorbringen der Beklagten zum Vorliegen dringender betrieblicher Änderungsbedürfnisse unsubstantiiert sei. Da schon die Erstbegründung des Landesarbeitsgerichts seine Entscheidung trägt, ist der mit Blick auf die Zweitbegründung behauptete Verfahrensmangel nicht entscheidungserheblich.

33IV. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

Fundstelle(n):
NJW 2013 S. 3808 Nr. 52
RAAAE-50186