NWB Nr. 49 vom Seite 3801

„Gut Ding will Weile haben”

Professor Dr. Hans-Joachim Kanzler | Rechtsanwalt und Steuerberater | Mitherausgeber der NWB

Die Große Koalition und die Zukunft des Steuerrechts

Dieses Editorial sollte die steuerrechtlichen Pläne der künftigen Bundesregierung zum Gegenstand haben. Bei Abfassung stand der Koalitionsvertrag aber noch nicht und was bisher zum Steuerrecht verlautbart wurde, war mehr als dürftig.

„Aller guten Dinge sind drei”! Es ist die dritte Große Koalition nach denen von 1966 und 2005 und man sollte glauben, dass die Koalitionsverhandlungen in gewohnten Bahnen ablaufen. Aber nichts ist so wie früher. Noch nie hat sich eine Regierungsbildung so lange hingezogen wie dieses Mal. Eine Zeit des Stillstands, die die verfassungsgemäß vorgesehene geschäftsführende Bundesregierung (mit abgewählten FDP-Ministern) nur notdürftig überbrücken kann, die auch den Bundestag lähmt und die verfassungsrechtliche Fragen aufwerfen mag, wenn der geplante Hauptausschuss seine Arbeit aufnimmt. Eines kann man jedoch schon jetzt mit Sicherheit feststellen: Das Steuerrecht ist jedenfalls nicht der Grund für diese Verzögerung.

Es fehlt die bei anderen Koalitionsverhandlungen gezeigte lebhafte Aufbruchstimmung und man kann nur hoffen, dass dieser Trott nicht auch die Regierungsarbeit bestimmt. Dabei soll hier nicht bestritten werden, dass die bisher an die Öffentlichkeit gelangten sozialrechtlichen und verkehrspolitischen Streit- und Einigungspunkte von Bedeutung sind. Maut hin oder her; es mutet schon sehr befremdlich an, welchen Stellenwert man dem Steuerrecht zuzumessen scheint.

Das Steuerrecht ist aber vor allem für die Unternehmen von entscheidender Bedeutung, weil sie auf Planungssicherheit für einen längeren Zeitraum als die nun doch empfindlich verkürzte Legislaturperiode angewiesen sind. Dabei steht das Unternehmensteuerrecht vor Herausforderungen, die – wenn man nicht selbst zur Entwicklung von Konzepten bereit ist – von außen an einen herangetragen werden. So haben einige Bundesländer über den Bundesrat den Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Investmentsteuergesetzes und anderer Gesetze an das AIFM-Umsetzungsgesetz vorgelegt (BR-Drucks. 740/13). Dieser Entwurf eines AIFM-StAnpG enthält auch nicht mit den Regelungen zum Investmentsteuerrecht zusammenhängende Vorschriften zum EStG, KStG und zur AO. Auch der von einigen Bundesländern vor gut einem Jahr vorgelegte Entwurf eines StVereinfG 2013 (BR-Drucks. 684/12) liegt noch auf Eis und schließlich hat der künftige Koalitionspartner „SPD” Vorschläge zur „Steuervereinfachung und Steuergerechtigkeit” in die Koalitionsverhandlungen eingebracht (DB 47/2013 S. M 15), denen bei einer Vielzahl von Einzelregelungen kein erkennbares Gesamtkonzept zugrunde liegt.

Zum Schluss noch ein anderes deutsches Sprichwort, dessen tröstlicher Sinn sich in der vor uns liegenden Legislaturperiode auch für das Steuerrecht erfüllen möge:

„Gut Ding will Weile haben.”

Hans-Joachim Kanzler

Fundstelle(n):
NWB 2013 Seite 3801
NWB KAAAE-50077