Hinzurechnung von Hotelleistungen bei Reiseveranstaltern nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG
Bietet ein Unternehmen dem Kunden Reisen als Gesamtpaket, d. h. unter Verbindung mehrerer Komponenten (Beförderung, Unterbringung, Verpflegung, Ausflüge) an, stellt sich die Frage, ob die Hotelkosten der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchstabe e GewStG unterliegen. In diesen Fällen erbringt der Gewerbetreibende die Einzelleistungen (Beförderung, Unterbringung, Verpflegung, Ausflüge, Wellness) typischerweise nicht vollständig selbst, sondern – zumindest teilweise – durch Subunternehmer. Für Unterbringung und Verpflegung werden dabei typischerweise Hotelkontingente im Voraus erworben und vom Reiseveranstalter im Laufe des Jahres abgerufen.
Nach Erörterung auf Bund-/Länderebene bitte ich dazu folgende Rechtsauffassung zu vertreten:
Aufwendungen eines Reiseveranstalters im Zusammenhang mit der bloßen Reservierung eines Zimmerkontingents (Reservierungsvertrag) unterliegen nicht der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung.
Bei der Buchung von Hotelunterkünften durch den Reiseveranstalter liegt zwischen diesem und dem jeweiligen Hotelbetreiber ein gemischter Vertrag vor, dessen gewerbesteuerliche Behandlung sich nach den Grundsätzen der Rz. 6 und 7 der gleich lautenden Ländererlasse vom richtet. Die zwischen Reiseveranstalter und Hotelbetreiber geschlossenen Verträge stellen – ungeachtet des Umfangs des Leistungspakets – keine Verträge besonderer Art dar, weil ihnen weder die Raumüberlassung noch eine sonstige Leistung das Gepräge gibt. Vielmehr sind die einzelnen Leistungskomponenten dieser Verträge getrennt zu betrachten. Es handelt sich demnach nicht um ein „einheitliches und unteilbares Ganzes”. Im Ergebnis unterliegen somit sämtliche der Hotelunterkunft zuzurechnenden Entgelte der Hinzurechnung.
Hinsichtlich der in der Hotelbranche üblicherweise vorkommenden Paketvereinbarungen werden folgende Leistungen von der Hinzurechnung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe e GewStG mit umfasst:
Die üblicherweise unmittelbar mit der Überlassung der Unterkunft einhergehenden Nebenleistungen wie z. B. Zimmerreinigung und Rezeption.
Die als Nebenleistung mit der Hotelunterkunft verbundene Nutzungsberechtigung hoteleigener Anlagen wie z. B. Schwimmbad, Sauna, Sportstätten, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, denen ein eigener wirtschaftlicher Gehalt immanent ist.
Nicht hinzuzurechnen sind Entgelte für Leistungen, denen ein eigener wirtschaftlicher Gehalt beizumessen ist. Unabhängig davon, ob für deren Inanspruchnahme für gewöhnlich eine gesonderte Vereinbarung zugrunde liegt oder nicht, stehen diese Leistungen üblicherweise nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Hotelunterkunft.
Nach weiteren Erörterungen auf Bund-Länder-Ebene können demnach auch ohne Bestehen einer besonderen Aufpreispflicht folgende Leistungen als gesonderte Leistungen und somit nicht als hinzurechnungspflichtige Leistungen angesehen werden, sofern nicht besondere Umstände des Einzelfalles zu einer anderen Beurteilung führen:
Verpflegungsleistungen,
Beförderungsleistungen (Shuttleservice),
Spezielle Wellness- und Sportleistungen, nicht die Nutzung der/des hauseigenen Sauna, Schwimmbads,
Concierge-Dienste, nicht übliche Rezeption,
Willkommens- und Unterhaltungsveranstaltungen,
Ausflüge usw.
Sofern die Aufwendungen hierfür nicht gesondert im Vertragspaket ausgewiesen werden, ist der hierauf entfallende Anteil durch Schätzung zu ermitteln (vgl. auch und über die Aussetzung des Revisionsverfahrens).
Zu beachten ist hierbei, dass im Zusammenhang mit den zuvor genannten Leistungen zu prüfen ist, ob ggf. andere Hinzurechnungstatbestände erfüllt sind (z. B. bei bareboat-Charter).
Beim FG Münster ist nunmehr unter den Az. 9 K 1472/12 G ein Klageverfahren zu der Frage anhängig, ob der Hoteleinkauf eines Reiseveranstalters der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG unterliegt. Unstreitig ist hierbei die Aufteilung der Entgelte, vielmehr wird geltend gemacht, dass es sich bei den Hotelleistungen dem Grunde nach nicht um hinzurechnungspflichtige Entgelte handele, da die Anpachtung von Hotelkontingenten lediglich kurzfristig erfolge (nicht länger als ein halbes Jahr). Zudem könnten die angepachteten Hotelkontingente nicht zum (fiktiven) Anlagevermögen der Klägerin gehören, da sich die Nutzungsmöglichkeit an dem jeweiligen Hotelzimmer in der Zeit der Nutzung durch den Endkunden verbrauche.
Das Verfahren wird als Musterverfahren geführt. Einsprüche von Reiseveranstaltern können unter Bezugnahme auf dieses Urteil mit Zustimmung des Einspruchsführers nach § 363 Abs. 2 Satz 1 AO ruhen.
Eine Aussetzung der Vollziehung ist auf Antrag zu gewähren.
OFD Nordrhein-Westfalen v. - G
1422 - 2013/0023 - St
161
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BB 2014 S. 424 Nr. 8
DB 2013 S. 10 Nr. 49
DB 2013 S. 2711 Nr. 48
DStR 2014 S. 373 Nr. 8
EStB 2013 S. 463 Nr. 12
Ubg 2014 S. 194 Nr. 3
QAAAE-48994