BAG Urteil v. - 7 AZR 843/11

Angestellte Hochschulprofessoren - Befristung durch Landesgesetzgeber - Gesetzgebungskompetenz

Leitsatz

Der Landesgesetzgeber ist berechtigt, Voraussetzungen der Wirksamkeit der Befristung von Arbeitsverhältnissen angestellter Hochschulprofessoren zu regeln.

Gesetze: § 50 Abs 1 S 1 HSchulG TH vom , § 50 Abs 1 S 2 HSchulG TH vom , § 50 Abs 2 HSchulG TH vom , Art 5 Abs 3 GG, Art 12 GG, Art 31 GG, Art 72 Abs 1 GG, Art 74 Abs 1 Nr 12 GG, Art 30 EUGrdRCh, Art 51 Abs 1 S 1 EUGrdRCh, § 5 Abs 1 EGRL 70/99, § 46 HRG, § 50 Abs 4 HRG, § 57a HRG, § 1 Abs 1 S 1 WissZeitVG, § 14 Abs 1 TzBfG, § 22 Abs 1 TzBfG, § 23 TzBfG, Art 27 Verf TH, Art 28 Abs 1 Verf TH, Art 35 Verf TH, Art 36 Verf TH, Art 43 Verf TH

Instanzenzug: ArbG Erfurt Az: 1 Ca 1790/09 Urteilvorgehend Thüringer Landesarbeitsgericht Az: 7 Sa 300/10 Urteil

Tatbestand

1Der Kläger und das beklagte Land streiten über die Wirksamkeit einer in ihrem Arbeitsvertrag enthaltenen Befristungsabrede und daran anknüpfend über einen Weiterbeschäftigungsantrag.

2Zwischen den Parteien wurde am 17. September/ ein „Dienstvertrag“ geschlossen, der auszugsweise wie folgt lautet:

3Nachdem das beklagte Land eine Entfristung des Arbeitsverhältnisses abgelehnt hatte, hat der Kläger mit seiner am beim Arbeitsgericht eingegangenen und dem Beklagten am zugestellten Befristungskontrollklage geltend gemacht, die Befristung seines Arbeitsverhältnisses sei unwirksam. Die Befristung könne insbesondere nicht auf § 50 Thüringer Hochschulgesetz gestützt werden. Diese landesrechtliche Bestimmung sei wegen abschließender Regelungen im Bundesrecht unwirksam. Außerdem hat der Kläger für den Fall des Obsiegens mit der Befristungskontrollklage seine Weiterbeschäftigung begehrt.

4Der Kläger hat zuletzt beantragt

5Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

6Er hat die Ansicht vertreten, die Befristung sei nach § 50 Thüringer Hochschulgesetz zulässig. Bundesrecht stehe nicht entgegen.

7Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat ihr das Landesarbeitsgericht stattgegeben. Mit seiner Revision begehrt das beklagte Land die Wiederherstellung des erstinstanzlichen, klageabweisenden Urteils. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

Gründe

8Die Revision hat Erfolg. Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht unter Abänderung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung der Klage stattgegeben. Die innerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 17 Satz 1 TzBfG erhobene Befristungskontrollklage ist unbegründet. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht zwar davon ausgegangen, dass die Befristung des Arbeitsverhältnisses des Klägers der Rechtfertigung bedurfte. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts folgt diese Rechfertigung aber aus § 50 des Thüringer Hochschulgesetzes in der bei Abschluss des Arbeitsvertrages der Parteien geltenden Fassung. Der Landesgesetzgeber war berechtigt, diese Bestimmung zu erlassen. Diese ist auch materiell mit höherrangigem Recht vereinbar.

9I. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass sich die erforderliche Rechtfertigung für die Befristung des Arbeitsvertrages der Parteien nicht aus § 6 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG iVm. §§ 57a und 57f des Hochschulrahmengesetzes in der ab geltenden Fassung ergibt. Zwar gelten nach § 6 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG für die in der Zeit vom bis zum - und damit auch für den Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages der Parteien - an staatlichen Hochschulen abgeschlossenen Arbeitsverträge die §§ 57a bis 57f des Hochschulrahmengesetzes in der ab geltenden Fassung fort. Hochschulprofessoren sind jedoch von den Regelungen in §§ 57a ff. HRG nicht erfasst.

10II. Zu Recht ist das Landearbeitsgericht ferner davon ausgegangen, dass die Befristung auch nicht nach § 14 Abs. 1 oder Abs. 2 TzBfG gerechtfertigt ist. Auch der Beklagte beruft sich hierauf nicht.

11III. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Befristung des Arbeitsverhältnisses der Parteien jedoch von § 50 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Thüringer Hochschulgesetzes in der bei Vertragsschluss geltenden und damit für die rechtliche Beurteilung maßgebenden Fassung gedeckt.

121. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages der Parteien am 17. September/ war auf die Befristung der Arbeitsverhältnisse von Professoren § 50 des Thüringer Hochschulgesetzes vom (GVBl. S. 315) in der Fassung, die er durch Art. 1 Nr. 17 des Gesetzes vom (GVBl. S. 213, verkündet am und nach seinem Art. 4 am folgenden Tag, mithin am in Kraft getreten) gefunden hat (künftig: ThürHG), anwendbar. Diese Fassung ist zeitlich maßgeblich für die Beurteilung der Rechtswirksamkeit der Befristung. Bei der Beurteilung der Rechtswirksamkeit einer Befristung ist grundsätzlich auf die bei Abschluss des Rechtsgeschäfts geltende Rechtslage abzustellen (vgl.  - zu I der Gründe mwN, BAGE 104, 244). Allerdings können etwaige spätere gesetzliche Regelungen, die sich in zulässiger Weise Rückwirkung beimessen, zu beachten sein. Der Neuerlass eines Thüringer Hochschulgesetzes unter Aufhebung des vorangegangenen Thüringer Hochschulgesetzes durch Gesetz vom (GVBl. S. 601), das nach seinem Art. 8 am in Kraft getreten ist und sich keine Rückwirkung beimisst, ist hiernach für den Rechtsstreit ohne Bedeutung.

132. § 50 ThürHG ist sachlich einschlägig. Nach § 1 Abs. 1 ThürHG gilt das Gesetz für die Hochschulen des Landes Thüringen und nach Maßgabe des Siebenten Teils des Gesetzes für die nichtstaatlichen Hochschulen. Die Hochschule für Musik Franz Liszt in Weimar ist nach § 1 Abs. 2 Nr. 5 ThürHG eine Hochschule des Landes.

143. Die streitgegenständliche Befristung entspricht den Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ThürHG.

15a) Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 ThürHG können Professoren „auch als Angestellte befristet oder unbefristet beschäftigt“ werden. Die Dauer des befristeten Angestelltenverhältnisses beträgt nach § 50 Abs. 1 Satz 2 ThürHG höchstens sechs Jahre. Bei der ersten Berufung in ein Professorenamt soll nach § 50 Abs. 2 Satz 1 ThürHG die Beschäftigung in einem Beamtenverhältnis auf Zeit oder einem befristeten Angestelltenverhältnis von mindestens drei Jahren Dauer erfolgen. Eine erstmalige Berufung rechtfertigt danach jedenfalls eine Befristung zwischen drei und sechs Jahren. Nach § 50 Abs. 3 Satz 4 iVm. Satz 1 ThürHG kann die Hochschule für angestellte Professoren beim Ministerium die Umwandlung eines befristeten Angestelltenverhältnisses in ein unbefristetes beantragen. Während nach der vorangegangenen Fassung von § 50 des Thüringer Hochschulgesetzes (Bekanntmachung vom , GVBl. S. 331) - auch - für angestellte Professoren eine zeitlich befristete Berufung nur zweimal zulässig war (§ 50 Abs. 2 und 3 in der danach maßgeblichen Fassung des Thüringer Hochschulgesetzes), hat der Landesgesetzgeber mit der Neuregelung auf diese Einschränkung bewusst verzichtet (LT-Drucks. 3/2847 S. 28). Er hat damit das Ziel verfolgt, den Hochschulen nicht nur bei Erstberufungen, sondern insgesamt eine höhere Flexibilität einzuräumen und damit entsprechend ihren Belangen aber auch Zwängen reagieren zu können (vgl. LT-Drucks. 3/2847 S. 2).

16b) Das Arbeitsverhältnis der Parteien entspricht diesen Vorgaben. Entsprechend der Sollregelung in § 50 Abs. 2 Satz 1 ThürHG hat der Beklagte mit dem Kläger bei seiner erstmaligen Berufung als Hochschulprofessor ein befristetes Arbeitsverhältnis abgeschlossen. Mit sechs Jahren ist die in § 50 Abs. 1 Satz 2 ThürHG vorgesehene Befristungsdauer eingehalten.

17IV. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts war der Thüringer Landesgesetzgeber berechtigt, mit § 50 ThürHG eine Regelung über die Befristung von Arbeitsverhältnissen der Professoren an staatlichen Hochschulen zu treffen. Er besaß die hierzu erforderliche Gesetzgebungskompetenz. Die Bestimmungen in § 50 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 2 Satz 1 ThürHG sind dementsprechend „besondere Regelungen … über die Befristung von Arbeitsverträgen“ iSv. § 23 TzBfG. Es gibt auch keine bundesgesetzlichen Vorgaben, die den landesgesetzlichen Regelungen entgegenstehen würden.

181. Der Bundesgesetzgeber hat von seiner konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit für das Arbeitsrecht nicht in der Weise abschließend Gebrauch gemacht, dass den Ländern keine Gesetzgebungskompetenz verbliebe, Regelungen über die Befristung von Arbeitsverhältnissen mit Professoren an Hochschulen zu treffen.

19a) Gemäß Art. 72 Abs. 1 GG dürfen die Länder im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung eigene Gesetze nur erlassen, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. Demnach sind landesrechtliche Regelungen grundsätzlich ausgeschlossen, wenn die bundesgesetzliche Regelung dieses Sachbereichs abschließenden Charakter hat ( ua. - zu B I 3 a der Gründe mwN, BVerfGE 109, 190). Aufgrund des grundgesetzlichen Kompetenzgefüges ist es erforderlich, dass der Bund seinerseits deutlich macht, eine abschließende Regelung getroffen zu haben. Dieser Wille muss erkennbar sein ( - Rn. 47). Der Erlass eines Bundesgesetzes über einen bestimmten Gegenstand rechtfertigt für sich allein noch nicht die Annahme, dass damit die Länder von einer Gesetzgebung ausgeschlossen sind. Maßgeblich ist, ob ein bestimmter Sachbereich umfassend und lückenlos geregelt ist oder jedenfalls nach dem aus Gesetzgebungsgeschichte und Materialien ablesbaren objektivierten Willen des Gesetzgebers abschließend geregelt werden sollte ( ua. - zu B I 3 a der Gründe, aaO). Inwieweit bundesgesetzliche Regelungen erschöpfend sind, kann deshalb nicht allgemein, sondern nur anhand der einschlägigen Bestimmungen und des jeweiligen Sachbereichs festgestellt werden. Es ist in erster Linie auf das Bundesgesetz selbst, sodann auf den hinter dem Gesetz stehenden Regelungszweck, ferner auf die Gesetzgebungsgeschichte und die Gesetzgebungsmaterialien abzustellen. Der Bund macht von seiner Kompetenz nicht nur dann Gebrauch, wenn er eine Regelung getroffen hat. Vielmehr kann auch das absichtsvolle Unterlassen eine Sperrwirkung für die Länder erzeugen. Zu einem erkennbar gewordenen Willen des Bundesgesetzgebers, eine zusätzliche Regelung auszuschließen, darf sich der Landesgesetzgeber nicht in Widerspruch setzen, selbst wenn er das Bundesgesetz für unzureichend hält. Der Eintritt einer Sperrwirkung zulasten der Länder setzt voraus, dass der Gebrauch der Kompetenz durch den Bund bei Gesamtwürdigung des Normenkomplexes hinreichend erkennbar ist. Konzeptionelle Entscheidungen des Bundesgesetzgebers dürfen durch die Landesgesetzgeber nicht verfälscht werden ( - zu C II 2 b cc (3) (a) der Gründe, BVerfGE 113, 348).

20b) Danach besaß der Thüringer Landesgesetzgeber gemäß Art. 72 Abs. 1 GG die Kompetenz, die Befristung von Arbeitsverhältnissen der Professoren an staatlichen Hochschulen des Landes gesetzlich zu regeln.

21aa) Regelungen über die Befristung von Arbeitsverhältnissen gehören zum „Arbeitsrecht“ iSv. Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG und unterfallen damit der konkurrierenden Gesetzgebung. Das gilt auch, soweit die bundesgesetzlichen Regelungen an die Besonderheiten im Hochschulbereich anknüpfen (vgl. ausführlich - noch zur Rechtslage vor Aufhebung des früheren Art. 75 GG -  - Rn. 17 ff., BAGE 118, 290 sowie bereits - 7 AZR 229/93 - zu III 1 der Gründe, BAGE 76, 204).

22bb) Der Bundesgesetzgeber hat keine Regelung getroffen, aus der sich unter Berücksichtigung des gesamten Normenkomplexes des Befristungsrechts ergeben würde, dass zum Zeitpunkt der Neufassung des § 50 ThürHG oder der Vereinbarung der streitbefangenen Befristung das Recht der Befristung der Arbeitsverhältnisse von Hochschulprofessoren abschließend geregelt sein sollte.

23(1) Die bei Neufassung des § 50 ThürHG im Jahr 2003 geltenden bundesgesetzlichen Bestimmungen über die Befristung von Arbeitsverträgen im Hochschulbereich stellten keine abschließenden Regelungen über die Befristung von Arbeitsverhältnissen der an staatlichen Hochschulen angestellten Professoren dar.

24(a) Zum Zeitpunkt der Neufassung des § 50 ThürHG im April 2003 sahen die §§ 57a ff. HRG idF des „Fünften Gesetzes zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes und anderer Vorschriften“ vom (BGBl. I S. 693, in Kraft getreten am , 5. HRGÄndG) Regelungen über die Befristung von Arbeitsverträgen mit wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeitern, Personal mit ärztlichen Aufgaben, Lehrkräften für besondere Aufgaben sowie mit wissenschaftlichen Hilfskräften vor. Dieses Gesetz wurde allerdings durch das Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt ( - BVerfGE 111, 226). Für die in der Zeit vom bis zum geschlossenen Arbeitsverträge sah dann jedoch § 57f Satz 1 HRG idF des „Gesetzes zur Änderung dienst- und arbeitsvertraglicher Vorschriften im Hochschulbereich (HdaVÄndG)“ vom (BGBl. I S. 3835, in Kraft getreten am ) - rückwirkend (vgl. dazu  - Rn. 37 ff., BAGE 118, 290) - Regelungen über die Befristung von Arbeitsverträgen insbesondere für wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiter sowie für wissenschaftliche und künstlerische Hilfskräfte vor. In § 6 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG 2007 (BGBl. I S. 506, in Kraft getreten am ) wurden diese beibehalten. In der Zeit zwischen dem und dem gab es zu keinem Zeitpunkt bundesgesetzliche Regelungen über die Befristung von Arbeitsverträgen mit Professoren. Vielmehr betrafen die Regelungen in §§ 57a ff. HRG stets nur das darin ausdrücklich genannte Personal.

25(b) Auch die vor dem 5. HRGÄndG geltenden Vorschriften in §§ 57a ff. HRG idF des „Gesetzes über befristete Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem Personal an Hochschulen und Forschungseinrichtungen“ (vom , BGBl. I S. 1065, in Kraft getreten am ) galten nach seinem § 57a nicht für Professoren, sondern nur für wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiter, Personal mit ärztlichen Aufgaben und Lehrkräfte für besondere Aufgaben sowie für wissenschaftliche Hilfskräfte. Im Gesetzgebungsverfahren hatte der Bundesrat versucht, durch eine ausdrückliche Regelung klarzustellen, dass die Zuständigkeit der Länder für gesetzliche Regelungen über befristete Arbeitsverträge „im Übrigen unberührt“ bleibt (BT-Drucks. 10/2283 S. 15). Dem stimmte die Bundesregierung nicht zu mit dem Bemerken, der Regierungsentwurf enthalte „für seinen Anwendungsbereich abschließende Regelungen“. Im Übrigen werde im weiteren Gesetzgebungsverfahren geprüft, wie ggf. dem Anliegen der Länder Rechnung getragen werden könne, Regelungen über befristete Arbeitsverträge für das vom Entwurf nicht erfasste wissenschaftliche Personal zu treffen (aaO S. 19). Eine Regelung erfolgte nicht. Trotzdem wird daraus deutlich, dass der Bundesgesetzgeber mit §§ 57a ff. HRG nur für den dort genannten Personenkreis eine abschließende Ausschöpfung der Gesetzgebungskompetenz beabsichtigte.

26(c) Schließlich findet sich auch im WissZeitVG keine abschließende Regelung des Befristungsrechts für Hochschullehrer. Vielmehr gelten dessen §§ 2 und 3 nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG ausdrücklich nicht für Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer jedenfalls staatlicher Hochschulen (vgl. zu staatlich lediglich anerkannten Hochschulen: APS/Schmidt 4. Aufl. § 1 WZVG Rn. 17; ErfK/Müller-Glöge 13. Aufl. § 1 WZVG Rn. 10). Diese Bestimmung beruht auf einer Einfügung im Gesetzgebungsverfahren. Damit sollte dieser Personenkreis aus dem Anwendungsbereich der Befristungsregelungen ausgenommen werden. Die Herausnahme betrifft Professorinnen und Professoren sowie Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren. Für Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren erwähnte der zuständige Bundestagsausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung ausdrücklich, dass den Ländern eine konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit verbleibe, solange der Bund keine neue Regelung schaffe (BT-Drucks. 16/4043 S. 9). Der Gesetzgeber des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes wollte deshalb die Gesetzgebungszuständigkeit für das Befristungsrecht aller Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer und damit auch der Professorinnen und Professoren nicht ausschöpfen, sondern vielmehr bei den Ländern belassen (im Ergebnis ebenso Lenk WissR 2009, 50, 57 f. und für Juniorprofessoren: Kittner/Däubler/Zwanziger/Däubler KSchR 8. Aufl. §§ 45 bis 50 HRG Rn. 6; DFL/Löwisch 5. Aufl. § 1 WissZeitVG Rn. 3; aA Preis Wissenschaftszeitvertragsgesetz § 1 Rn. 33).

27(d) Nach alledem wollte der Bundesgesetzgeber mit §§ 57a ff. HRG Regelungen über die Befristung von Arbeitsverträgen stets nur hinsichtlich der dort genannten Personen, nicht jedoch hinsichtlich der Professoren treffen. Ein weitergehender Wille ist jedenfalls nicht hinreichend erkennbar geworden.

28(2) Der Bundesgesetzgeber hat auch durch das am in Kraft getretene TzBfG nicht in hinreichender Weise zu erkennen gegeben, dass er das Befristungsrecht abschließend auch für angestellte Hochschulprofessoren regeln wollte.

29(a) Nach § 14 Abs. 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrages zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. In weiteren Absätzen regelt die Bestimmung, wann ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes die Befristung eines Arbeitsvertrages zulässig ist. Soweit die dort genannten Voraussetzungen nicht vorliegen, bedarf die Befristung des Arbeitsvertrages deshalb eines sachlichen Grundes. Nach § 22 Abs. 1 TzBfG darf von den Vorschriften des TzBfG - mit Ausnahme der ausdrücklich genannten Bestimmungen - nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden. Das TzBfG untersagt daher grundsätzlich die Befristung von Arbeitsverträgen, soweit die in ihm genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

30(b) Gleichwohl ergibt sich aus § 23 TzBfG, dass das TzBfG nicht beansprucht, das gesamte Befristungsrecht abschließend zu kodifizieren. Nach dieser Bestimmung bleiben besondere Regelungen über die Befristung von Arbeitsverträgen nach anderen gesetzlichen Vorschriften unberührt. Zwar betrifft dies in erster Linie andere bundesgesetzliche Regelungen (vgl. etwa Arnold/Gräfl/Imping TzBfG § 23 TzBfG Rn. 60 ff.). Landesgesetzliche Regelungen sind dadurch aber nicht vollständig ausgeschlossen. Freilich bedeutet dies nicht, dass die Landesgesetzgeber unbegrenzt befugt wären, Sonderregelungen über die Zulässigkeit des Abschlusses befristeter Arbeitsverträge zu schaffen. Aus § 23 TzBfG folgt vielmehr nur, dass der Bundesgesetzgeber durch das TzBfG dort hinsichtlich des Befristungsrechts keine abschließende Regelung treffen wollte, wo sich aus anderem Bundesrecht ergibt, dass er seine Gesetzgebungskompetenz im Bereich des Befristungsrechts nicht ausschöpfen will und dem Landesgesetzgeber die Möglichkeit einer gesetzlichen Regelung belassen werden soll. Soweit, aber auch nur soweit dies der Fall ist, bleibt eine vom TzBfG abweichende landesgesetzliche Regelung möglich.

31(c) Dass der Bundesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz für die Regelung des Befristungsrechts für angestellte Hochschulprofessoren nicht für sich in Anspruch nehmen wollte, ergibt sich aus dem HRG und dessen historischer Entwicklung.

32(aa) Bereits bei Erlass des HRG (Gesetz vom , BGBl. I S. 185) legte § 46 HRG hinsichtlich der dienstrechtlichen Stellung der Professoren fest, sie würden, „soweit“ sie in das Beamtenverhältnis berufen werden, zu Beamten auf Lebenszeit oder Zeit ernannt. Damit wurde der Regierungsentwurf zu diesem Gesetz (BT-Drucks. 7/1328 - dort noch § 49), der noch vorgesehen hatte, im Falle der Befristung der Tätigkeit solle ein Beamtenverhältnis auf Zeit oder ein privatrechtliches Dienstverhältnis möglich sein, nicht Gesetz. Der Gesetzentwurf ging dabei davon aus, dass mit der geplanten Regelung auch „die Rechtsverhältnisse der angestellten Hochschullehrer“ geregelt seien (aaO S. 69). Es sollte also eine bundesrechtliche Regelung dahingehend getroffen werden, dass befristete Arbeitsverhältnisse mit Hochschullehrern - unbegrenzt - zulässig sein sollten. Dadurch, dass diese Regelung nicht Gesetz wurde, wird deutlich, dass der Bundesgesetzgeber von seiner Regelungskompetenz insoweit nicht Gebrauch machen wollte, gleichzeitig aber auch der Abschluss von Arbeitsverträgen mit Hochschulprofessoren möglich sein sollte. Denn das HRG sollte eine Regelung nur treffen, „soweit“ Professoren in das Beamtenverhältnis berufen werden. § 46 gilt inhaltlich unverändert. Dadurch, dass der Bundesgesetzgeber durch Art. 1 Nr. 40 des Gesetzes vom (BGBl. I S. 2190, in Kraft getreten am ) die Wörter „auf Lebenszeit oder auf Zeit“ durch die Wörter „auf Zeit oder auf Lebenszeit“ ersetzte, wollte er ein politisches Signal setzen, rechtlich aber nichts ändern (vgl. BT-Drucks. 13/8796 S. 27).

33(bb) Dass der Bundesgesetzgeber von der Möglichkeit befristeter Arbeitsverhältnisse mit Professoren ausgeht, zeigt die durch Gesetz vom (BGBl. I S. 2090, in Kraft getreten am ) eingefügte Regelung des § 50 Abs. 4 HRG. Danach haben ua. auch Professoren in bestimmten Fällen einen Anspruch auf Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses. § 50 Abs. 4 HRG ist bis heute in seiner rechtlichen Struktur unverändert, auch wenn er vorübergehend zu Abs. 5 wurde (Änderung durch Gesetz vom , BGBl. I S. 2806, in Kraft getreten am , rückgängig gemacht durch Gesetz vom , BGBl. I S. 2190, in Kraft getreten am ).

34(cc) Indem der Bundesgesetzgeber im HRG die Möglichkeit befristeter Arbeitsverträge für angestellte Professoren voraussetzt, hat er nicht nur den Hochschulen die Möglichkeit geben wollen, solche Verträge im Rahmen der allgemeinen bundesrechtlichen Regelung über die Befristung von Arbeitsverträgen abzuschließen, sondern gleichzeitig zu erkennen gegeben, dass er die Gesetzgebungshoheit für sich nicht vollständig in Anspruch nimmt. Das ergibt sich aus dem Charakter des Hochschulrahmengesetzes als Rahmengesetz (ähnlich in anderem Zusammenhang Lenk WissR 2009, 50, 56 f., aA Kittner/Däubler/Zwanziger/Däubler KSchR 8. Aufl. §§ 45 bis 50 HRG Rn. 2). Auch wenn hinsichtlich der Regelung von Befristungen im Arbeitsverhältnis die Gesetzgebungskompetenz des Bundes auf der konkurrierenden Zuständigkeit für das Arbeitsrecht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG beruht, hat der Gesetzgeber diese Regelungen mit hochschulrechtlichen Regelungen im Hochschulrahmengesetz inhaltlich eng verbunden (vgl.  - zu B III 2 b der Gründe, BVerfGE 111, 226). Hinsichtlich des Kerns der gesetzgeberischen Regelungen beruhte die Kompetenz des Bundesgesetzgebers für das HRG aber auf der früher bestehenden Rahmenkompetenz für die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens nach Art. 75 Abs. 1 Nr. 1a GG (eingefügt durch Art. 1 Nr. 2 Buchst. b des Gesetzes vom , in Kraft getreten am , BGBl. I S. 363; aufgehoben durch Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes vom , BGBl. I S. 2034, in Kraft getreten mit Wirkung vom ). Mit dem HRG erfolgte damit auch eine Abgrenzung bundesgesetzlicher Regelungen zur Gesetzgebungskompetenz der Länder. Indem der Bundesgesetzgeber in diesem Gesetz selbst keine abschließende gesetzliche Regelung für die Befristung der Arbeitsverhältnisse von Hochschulprofessoren geschaffen und für diesen deutlich abgrenzbaren Personenkreis von einer eigenständigen Regelung abgesehen hat, hat er zu erkennen gegeben, dass er in diesem abgrenzbaren Bereich seine Gesetzgebungszuständigkeit nicht in Anspruch nimmt.

35(dd) Dass im Übrigen der Hochschulbereich ein gegenüber dem Anwendungsbereich des TzBfG abgrenzbarer eigenständiger Bereich ist, wird auch aus der Entstehungsgeschichte dieses Gesetzes deutlich. Der Gesetzgeber wollte in die „Gesamtregelung“ des TzBfG wegen ihrer bereichsspezifischen Ausgestaltung die besonderen gesetzlichen Bestimmungen über die Befristung von Arbeitsverträgen ua. im Hochschulrahmengesetz nicht einbeziehen (BT-Drucks. 14/4374 S. 14). Dass in der Einzelbegründung zu § 23 TzBfG lediglich die - hier nicht einschlägigen - §§ 57a ff. HRG erwähnt sind (aaO S. 22), ändert an dieser konzeptionellen Grundaussage in den Gesetzgebungsmaterialen nichts.

36(ee) Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung gebietet auch der Umstand, dass der Bundesgesetzgeber nach Art. 72 Abs. 2 GG in der vom bis zum geltenden Fassung vom (BGBl. I S. 3146) in allen Bereichen der konkurrierenden Gesetzgebung - und damit anders als nunmehr auch in den Fällen des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG - das Gesetzgebungsrecht nur besaß, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht, keine andere Beurteilung. Dass der Bundesgesetzgeber sowohl beim Erlass des TzBfG als auch des HRG in seiner jeweils geltenden Fassung entsprechende Prognosen anstellte (vgl. zum HRG  - Rn. 30 ff., BAGE 118, 290), rechtfertigt nicht den Schluss, er habe seine Kompetenz auch hinsichtlich der Befristung der Arbeitsverhältnisse von Professoren an staatlichen Hochschulen abschließend ausüben wollen. Die Prognose für die bundesgesetzlich geregelten Bereiche wird nicht dadurch entwertet, dass der Gesetzgeber in einem abgrenzbaren Bereich nicht tätig geworden ist. Dass er mit dem TzBfG Unionsrecht, nämlich die im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom (ABl. EG L 175 vom S. 43 mit späteren Änderungen) befindlichen EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (künftig: Rahmenvereinbarung) umgesetzt hat, ändert hieran nichts.

372. Der Landesgesetzgeber ist auch inhaltlich bei der Regelung der Befristung der Arbeitsverhältnisse von angestellten Hochschulprofessoren nicht durch einfaches Bundesrecht gebunden. Allerdings muss der Landesgesetzgeber auch dann, wenn Art. 72 Abs. 1 GG keine Sperrwirkung entfaltet, den Vorrang des Bundesrechts nach Art. 31 GG beachten, wenn Regelungen des Bundes- und des Landesrechts auf denselben Sachverhalt anwendbar sind und bei ihrer Anwendung zu verschiedenen Ergebnissen führen ( ua. - Rn. 99, BVerfGE 121, 317). Vorliegend gibt es aber keine bundesrechtliche Regelung, welche die Befristung der Arbeitsverhältnisse von Professoren an staatlichen Hochschulen abweichend von § 50 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 2 ThürHG regeln würde. Die erkennbar gewollte Nichtausschöpfung der Bundeskompetenz machte keinen Sinn, wenn die Länder für den betreffenden Bereich überhaupt keine vom TzBfG abweichende Regelung treffen könnten.

38V. Auch in materieller Hinsicht steht höherrangiges Recht der Wirksamkeit von § 50 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 2 ThürHG nicht entgegen. Das gilt sowohl für das Unions- als auch für Bundes- und Landesverfassungsrecht.

391. Unionsrechtlich bestehen gegen § 50 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ThürHG jedenfalls hinsichtlich der erstmaligen Befristung keine Bedenken.

40a) Nach § 5 Abs. 1 der Rahmenvereinbarung ist ein Missbrauch von aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen zu vermeiden, indem die Mitgliedstaaten entweder sachliche Gründe, die eine Verlängerung befristeter Arbeitsverträge oder Arbeitsverhältnisse rechtfertigen, die insgesamt maximal zulässige Dauer aufeinanderfolgender Arbeitsverträge oder Arbeitsverhältnisse oder die zulässige Zahl der Verlängerungen solcher Verträge oder Arbeitsverhältnisse festlegen. Die Rahmenvereinbarung erfasst deshalb nicht bereits die erstmalige Befristung eines Arbeitsverhältnisses, sondern nur den Missbrauch von aufeinanderfolgenden befristeten Verträgen (vgl.  - [Mangold] Rn. 41 f., Slg. 2005, I-9981; - C-212/04 - [Adeneler ua.] Rn. 101, Slg. 2006, I-6057; - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 90, Slg. 2009, I-3071;  - Rn. 24, BAGE 137, 275; - 7 AZR 443/09 - Rn. 44).

41b) Das in Art. 30 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) niederlegte Grundrecht auf Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung ist nicht einschlägig. Nach ihrem Art. 51 Abs. 1 Satz 1 gilt die GRC für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union. Der danach erforderliche unionsrechtliche Bezug wird nicht lediglich durch einen sachlichen Bezug einer Regelung zum bloß abstrakten Anwendungsbereich des Unionsrechts, durch rein tatsächliche Auswirkungen auf das Unionsrecht oder durch die mittelbare Beeinflussung unionsrechtlich geordneter Rechtsbeziehungen ausgelöst. Auch aus der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Gerichtshof) in der Rechtssache Åkerberg Fransson ( -) ergibt sich nichts anderes ( - Rn. 88 ff.). Vielmehr hat der Gerichtshof dort ausgeführt, „dass die in der Unionsrechtsordnung garantierten Grundrechte in allen unionsrechtlich geregelten Fallgestaltungen, aber nicht außerhalb derselben Anwendung finden“ ( - [Åkerberg Fransson] Rn. 19). Da die Rahmenvereinbarung die erstmalige Befristung eines Arbeitsverhältnisses nicht erfasst, besteht bei der erstmaligen Befristung kein hinreichender Bezug zum Unionsrecht.

42c) Unerheblich ist vorliegend, ob - wofür einiges spricht - § 50 Abs. 1 Satz 1 ThürHG unionsrechtswidrig ist, soweit er auch die wiederholte Befristung der Arbeitsverhältnisse angestellter Professoren zulässt. Da ein Verstoß gegen Unionsrecht lediglich zur Unanwendbarkeit einer nationalen Rechtsvorschrift, jedoch nicht zu deren Nichtigkeit führt (vgl. ErfK/Wißmann 13. Aufl. Vorbemerkung zum AEUV Rn. 42 mwN), hätte dies keinen Einfluss auf die rechtliche Zulässigkeit der hier streitbefangenen Befristung.

43d) Diese Ergebnisse sind aufgrund der zitierten Rechtsprechung des EuGH, anerkannter Grundsätze des Unionsrechts sowie des Textes der GRC so eindeutig, dass eine Pflicht zur Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV nicht besteht (vgl.  283/81 - [Srl C.I.L.F.I.T.] Slg. 1982, 3415).

442. Ebenso wenig stößt die in § 50 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 2 Satz 1 ThürHG getroffene Regelung insoweit auf sich aus dem Grundgesetz ergebende durchgreifende grundrechtliche Bedenken, als sie bei einer Erstberufung als Professor eine einmalige Befristung des Anstellungsverhältnisses von drei bis sechs Jahren gestattet.

45a) Nicht betroffen ist der Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheit iSv. Art. 5 Abs. 3 GG. Geht es um die Beendigung von Arbeitsverhältnissen wissenschaftlich tätiger Personen ist Art. 12 GG das sachnähere Grundrecht, bei dessen Anwendung auch Art. 5 Abs. 3 GG zu berücksichtigen ist ( ua. - zu C III 2 der Gründe, BVerfGE 85, 360).

46b) Durch die in § 50 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ThürHG eröffnete Möglichkeit, Arbeitsverträge mit angestellten Professoren zu befristen, ist allerdings der Schutzbereich der in Art. 12 Abs. 1 GG garantierten Berufsfreiheit betroffen.

47aa) Der Gesetzgeber ist aufgrund der sich aus Art. 12 Abs. 1 GG ergebenden Schutzpflicht gehalten, gegenüber dem Verlust des Arbeitsplatzes ein Mindestmaß an Bestandsschutz zu sichern; Prüfungsmaßstab ist das Untermaßverbot (vgl. nur APS/Schmidt 4. Aufl. § 1 WZVG Rn. 36 mwN). Dagegen kann weder eingewandt werden, dass befristete Verträge freiwillig eingegangen werden, noch dass die Schutzpflicht nur gegenüber Privaten, nicht jedoch gegenüber dem Land als Teil der Staatsgewalt greift (so aber Lenk WissR 2009, 50, 58 ff.). Wer nach Absolvierung einer langen Ausbildung eine Stelle als Professor sucht, ist von dem verfügbaren Angebot so abhängig, dass zum Ausgleich der daraus folgenden Verhandlungsunterlegenheit typischerweise ein Schutzbedarf entsteht, der die Schutzpflicht des Staates auslöst. Diese trifft ihn auch dann, wenn er im Grundrechtsbereich selbst als Arbeitgeber auftritt. Die an die Grundrechte gebundene Staatsgewalt (Art. 1 Abs. 3 GG) ist hier gegenüber Privaten grundsätzlich nicht privilegiert (vgl. auch  - Rn. 95, BVerfGE 128, 157). Bei der Ausgestaltung der Schutzpflicht und inhaltsgleicher Verhaltenspflichten der öffentlichen Gewalt kommt dem Gesetzgeber jedoch ein weiter sozialpolitischer Gestaltungsspielraum zu, den er zugunsten anderer grundrechtlich geschützter Interessen nutzen kann (vgl. APS/Schmidt 4. Aufl. § 1 WZVG Rn. 36 mwN).

48bb) Unter Berücksichtigung dieses weiten Gestaltungsspielraums ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber in § 50 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 2 Satz 1 ThürHG die Möglichkeit eröffnete, die Arbeitsverhältnisse von Professoren bei der Erstberufung einmalig auf drei bis sechs Jahre zu befristen. Dadurch werden die Hochschulen in die Lage versetzt, festzustellen, ob der Professor in der ihrer Funktion nach endgültigen Position die Entwicklungserwartungen in Forschung und Lehre erfüllt, die an ihn gestellt werden (wohl aA Kittner/Däubler/Zwanziger/Däubler KSchR 8. Aufl. §§ 45 bis 50 Rn. 2, der nur eine zweijährige Befristung für zulässig hält). Hinzu kommt, dass der Landesgesetzgeber in § 50 Abs. 3 ThürHG mit der Regelung über die Beantragung einer Entfristung von Arbeitsverhältnissen durch die Hochschule beim Ministerium einen Weg geschaffen hat, der dazu führen kann, dass befristete Arbeitsverhältnisse in unbefristete umgewandelt werden. Dadurch werden - unabhängig davon, ob und ggf. unter welchen Umständen danach ein Anspruch auf eine derartige Handhabung besteht - die Interessen des in einem befristeten Arbeitsverhältnis beschäftigten angestellten Professors zusätzlich geschützt.

49cc) Dahinstehen kann vorliegend, ob § 50 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ThürHG auch einer verfassungsrechtlichen Überprüfung anhand von Art. 12 GG standhielte, soweit er auch die mehrmalige Befristung der Arbeitsverhältnisse angestellter Professoren von jeweils bis zu sechs Jahren ermöglicht. Wäre die gesetzliche Bestimmung insoweit verfassungswidrig, beträfe dies nicht die Wirksamkeit der abgrenzbaren und für sich sinnvollen Regelung über die erst- und einmalige Befristung.

503. Auch die Thüringer Landesverfassung (künftig: ThürVerf) steht der Wirksamkeit von § 50 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 2 Satz 1 ThürHG, soweit er die erst- und einmalige Befristung des Arbeitsverhältnisses eines Professors für einen Zeitraum von drei bis sechs Jahren vorsieht, nicht entgegen.

51a) Für die in der Thüringer Verfassung gewährten Grundrechte der Wissenschaftsfreiheit (Art. 27 ThürVerf) und der Berufsfreiheit (Art. 35 ThürVerf) gilt dasselbe wie hinsichtlich der inhaltsgleichen Grundrechte des Grundgesetzes.

52b) Auch das in Art. 36 ThürVerf festgelegte „Staatsziel“ steht insofern der Verfassungsmäßigkeit von § 50 ThürHG nicht entgegen.

53aa) Nach Art. 36 Satz 1 ThürVerf ist es Aufgabe des Freistaates, jedem die Möglichkeit zu schaffen, seinen Lebensunterhalt durch frei gewählte und dauerhafte Arbeit zu verdienen. Zur Verwirklichung dieses Staatsziels sind „insbesondere“ in Satz 2 einzeln aufgeführte Arbeitsmarktmaßnahmen zu ergreifen. Nach Art. 43 ThürVerf hat der Freistaat die Pflicht, nach seinen Kräften und im Rahmen seiner Zuständigkeiten die Verwirklichung der in der Verfassung niedergelegten Staatsziele anzustreben und sein Handeln danach auszurichten.

54bb) Die in § 50 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 2 Satz 1 ThürHG vorgesehene Möglichkeit jedenfalls der erst- und einmaligen Befristung der Arbeitsverhältnisse von Professoren für drei bis sechs Jahre verstößt nicht gegen diese Schutzpflicht. Das folgt daraus, dass nach Art. 28 Abs. 1 ThürVerf die Hochschulen unter dem Schutz des Landes stehen. Der Landesgesetzgeber ist deshalb berechtigt, im Rahmen seines weiten Beurteilungsspielraums zur Förderung der Funktionsfähigkeit der Hochschulen die Möglichkeit befristeter Arbeitsverhältnisse vorzusehen. Im Hinblick darauf, dass die Befristung des Arbeitsverhältnisses eines erstmals berufenen Professors der Hochschule die Möglichkeit gibt, zu prüfen, ob er die Entwicklungserwartungen in Forschung und Lehre erfüllt, ist § 50 ThürHG insoweit verfassungsrechtlich zulässig.

55c) Es kann dahingestellt bleiben, ob der Landesgesetzgeber den landesverfassungsrechtlichen Vorgaben noch gerecht wird, sofern und soweit er durch § 50 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ThürHG ohne weitere Voraussetzungen mehrmalige Befristungen der Arbeitsverhältnisse angestellter Professoren von jeweils bis zu sechs Jahren vorsieht. Eine mögliche Verfassungswidrigkeit der Einräumung solcher weitergehenden Befristungsmöglichkeiten führte nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Norm, da es sich bei der Regelung über die einmalige Befristung auf drei bis sechs Jahre bei der Erstberufung um einen inhaltlich abgrenzbaren und für sich sinnvollen Teil von § 50 ThürHG handelt.

56VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BB 2013 S. 2868 Nr. 47
DB 2013 S. 16 Nr. 46
RAAAE-47799