BGH Beschluss v. - IX ZR 220/11

Zweckwidrige Verwendung von Baugeld: Wegfall eines ersatzfähigen Schadens bei Anfechtbarkeit der zu leistenden Zahlungen

Leitsatz

Wird Baugeld zweckwidrig verwendet, entfällt ein ersatzfähiger Schaden des Bauhandwerkers, sofern an ihn pflichtgemäß geleistete Zahlungen anfechtungsrechtlich keinen Bestand gehabt hätten.

Gesetze: § 823 Abs 2 BGB, § 1 Abs 1 BauFordSiG, § 129 Abs 1 InsO

Instanzenzug: Brandenburgisches Az: 4 U 202/10 Urteilvorgehend Az: 2 O 186/10

Gründe

1Die Beschwerde deckt keinen Zulassungsgrund auf.

21. Ein Zulassungsgrund greift nicht durch, soweit das Berufungsgericht den von dem Kläger aus § 823 Abs. 2 BGB, § 1 Abs. 1 BauFordSiG hergeleiteten Schadensersatzanspruch mangels Eintritt eines ersatzfähigen Schadens als unbegründet erachtet. Diese rechtliche Würdigung ist zutreffend.

3Werden Sozialversicherungsbeiträge vorenthalten, entfällt ein nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266a Abs. 1 StGB ersatzfähiger Schaden des Sozialversicherungsträgers, wenn pflichtgemäß geleistete Zahlungen anfechtungsrechtlich keinen Bestand gehabt hätten (, WM 2011, 88 Rn. 19 mwN, insoweit in BGHZ 187, 337 nicht abgedruckt). Diese schadensrechtlichen Erwägungen sind auf den vorliegenden Sachverhalt, in dem Baugelder nicht an die Bauhandwerker ausgekehrt wurden, ohne weiteres zu übertragen. Danach scheidet ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus, weil etwaige von der Schuldnerin an ihn zur Tilgung seiner Bauforderungen bewirkte Zahlungen nach Verfahrenseröffnung der Anfechtung unterlegen hätten.

4b) Die Anfechtung etwaiger an die Klägerin bewirkter Zahlungen wäre nicht - wie die Beschwerde meint - mit Rücksicht auf ein Vorrecht der Klägerin als Baugeldgläubigerin an einer fehlenden Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) gescheitert.

5Die von der Schuldnerin eingezogenen Baugelder sind mangels etwaiger fortbestehender Pfändungsbeschränkungen (§ 36 Abs. 1 InsO) Bestandteil der Insolvenzmasse (§ 35 Abs. 1 InsO) geworden. Die Baugeldforderungen, denen aufgrund ihrer Zweckbindung gemäß § 851 Abs. 2 ZPO Pfändungsschutz zukam (vgl. Jaeger/Henckel, InsO, § 36 Rn. 25), sind im Streitfall durch Zahlung an die spätere Masse erfüllt worden. In dieser Gestaltung sieht das Gesetz keinen weiteren Schutz vor (OLGR Hamm 2007, 159 f; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 129 Rn. 106; HmbKomm-InsO/Lüdtke, 4. Aufl., § 36 Rn. 17; Heidland, ZInsO 2010, 737, 743). Ist das Baugeld ausgezahlt und nicht auf einem besonderen Treuhandkonto verbucht, dann ist es der Pfändung durch andere Gläubiger ausgesetzt. Eine solche Pfändung durch Personen, die nicht Baugläubiger sind, ist zwar nicht im Sinne des Schutzanliegens des Gesetzes zur Sicherung der Bauforderungen. Der Gesetzgeber hat aber keine Sicherungsmöglichkeiten vorgesehen, die anderen Gläubigern des Baugeldempfängers einen Zugriff auf das Baugeld verwehren können. Es ist vielmehr nach dem Gesetz grundsätzlich allein Sache des Baugeldempfängers, dafür zu sorgen, dass das Baugeld seiner Zweckbestimmung zugeführt wird (, NJW 1988, 263, 265). Hat sich infolge der Zahlung die Zweckbindung des Anspruchs erledigt, stehen die Mittel als Bestandteil der Masse dem allgemeinen Gläubigerzugriff offen (, WM 2008, 87 Rn. 5).

62. Die Rügen, welche die Fälligkeit der Forderungen der Klägerin betreffen, sind nicht ordnungsgemäß ausgeführt. Sie setzen sich nicht mit der Würdigung des Berufungsgerichts auseinander, dass die Forderungen im Blick auf den Bautenstand und den Leistungsumfang nicht ausreichend und in schlüssiger Weise dargelegt worden sind und zudem nicht dem Ratenzahlungsplan des Vertrages entsprechen.

Kayser                         Gehrlein                        Vill

              Lohmann                         Fischer

Fundstelle(n):
NJW 2013 S. 2514 Nr. 34
NJW 2013 S. 6 Nr. 27
WM 2013 S. 1229 Nr. 26
ZIP 2013 S. 1288 Nr. 27
HAAAE-39095