Prospekthaftung im weiteren Sinne: Offenlegung eines Sicherungsgeschäfts zwischen der Fondsgesellschaft und einem Gründungsgesellschafter im Beteiligungsprospekt
Gesetze: § 280 Abs 1 BGB, § 311 Abs 2 Nr 1 BGB
Instanzenzug: OLG Oldenburg (Oldenburg) Az: 8 U 33/11 Urteilvorgehend LG Aurich Az: 6 O 339/10
Gründe
1Die Revision ist zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für ihre Zulassung nicht vorliegen und sie auch keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 552a ZPO).
21. Das Berufungsgericht hat die Zulassung nicht begründet. Es liegen auch keine Zulassungsgründe vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
3Die entscheidungserhebliche Frage, ob es sich bei der unterlassenen Offenlegung der Absicherung gegen eine Veränderung des Dollarkurses durch die Beklagte um einen Umstand handelt, über den ein potentieller Anleger aufgeklärt werden muss, ist nicht klärungsbedürftig. Sie kann auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beantwortet werden. Der Umstand, dass eine einheitliche Entscheidung des Revisionsgerichts in mehreren denselben Sachverhalt betreffenden Parallelprozessen angestrebt wird, gibt der Sache auch keine allgemeine, mithin grundsätzliche Bedeutung (vgl. , NJW 1970, 1549 f.; MünchKommZPO/Krüger, 4. Aufl., § 543 Rn. 8).
42. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Rückabwicklung seiner Kommanditbeteiligung und Freistellung von Ansprüchen der Gläubiger der Beteiligungsgesellschaft bejaht.
5a) Die Beklagte haftet als Gründungskommanditistin und danach als Vertragspartnerin der neu eintretenden Gesellschafter nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne für unvollständige Angaben im Fondsprospekt (, ZIP 2003, 996, 997; Urteil vom - II ZR 211/09, ZIP 2012, 1231 Rn. 10). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die Beklagte als Prospektherausgeberin für die Projektbeschreibung verantwortlich zeichnet.
6b) Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Recht einen Prospektfehler angenommen.
7aa) Einem Anleger muss für seine Beitrittsentscheidung ein richtiges Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt werden, das heißt er muss über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken zutreffend, verständlich und vollständig aufgeklärt werden (, ZIP 2012, 1231 Rn. 13 mwN). Erforderlich ist eine Darstellung der wesentlichen kapitalmäßigen und personellen Verflechtungen zwischen einerseits der Fondsgesellschaft, ihren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern und andererseits den Unternehmen sowie deren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern, in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft die nach dem Emissionsprospekt durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat, und der diesem Personenkreis gewährten Sonderzuwendungen oder Sondervorteile (, ZIP 2010, 2140 Rn. 29; Urteil vom - III ZR 321/08, ZIP 2010, 1801 Rn. 25; Urteil vom - III ZR 318/08, ZIP 2010, 1132 Rn. 24; Urteil vom - III ZR 59/07, ZIP 2008, 1481 Rn. 25). Dazu gehört auch eine umfassende Aufklärung über Sonderzuwendungen, die den Gründungsgesellschaftern einer Fondsgesellschaft außerhalb des Gesellschaftsvertrages eingeräumt werden (, ZIP 2007, 1255 Rn. 16; Urteil vom - II ZR 160/02, ZIP 2003, 996, 997; Urteil vom - II ZR 95/93, ZIP 1994, 1851, 1852).
8bb) Gemessen an diesen Grundsätzen waren die Angaben in dem Fondsprospekt unvollständig. Danach sollte entsprechend dem Gesellschaftszweck ein bestimmtes gebrauchtes Vollcontainerschiff am übernommen werden. Der tatsächlich in US-$ geschuldete Kaufpreis wurde im Prospekt mit 9.500.000 € angegeben. Auf Blatt 10 findet sich die Textpassage: „Wechselkurse. Die Zahlung des Kaufpreises erfolgt in US-$, der auf die Prospektherausgabe zum Kurs von €/US-$ 1,2632 gesichert wurde“. Ein Hinweis darauf, dass diese Sicherung mit Vereinbarung vom durch die Beklagte vorgenommen worden war, fehlt. Infolge eines fallenden Dollarkurses musste die Beklagte bei Kaufpreisfälligkeit von den aus dem Gesellschaftsvermögen erhaltenen 9.500.000 € nur einen Betrag von knapp 9.000.000 € aufbringen. Die Differenz von ca. 530.000 € hat sie nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts einbehalten.
9In diesem Vermögenszuwachs liegt ein erheblicher Sondervorteil für die Beklagte als Gründungskommanditistin. Auf die Vereinbarung vom hätte der Prospekt daher hinweisen müssen. Dies gilt unabhängig davon, dass der Sondervorteil nicht von vornherein betragsmäßig bestimmt war und mit der Vereinbarung nach dem für die Revisionsinstanz verbindlichen Sachverhalt auch das Risiko eines steigenden Dollarkurses verbunden war. Zu einem richtigen Bild über die Beteiligung gehört das Wissen darüber, dass dem Gründungsgesellschafter die konkrete Chance eröffnet wird, zu Lasten des Vermögens der Beteiligungsgesellschaft erhebliche finanzielle Sondervorteile zu erlangen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Konditionen des Geschäfts üblich waren und der Gesellschaft keine Nachteile oder sogar Vorteile gebracht haben (vgl. , ZIP 1994, 1851, 1852).
10Unabhängig davon musste die Vereinbarung vom bereits wegen der erheblichen Manipulationsgefahr zu Lasten des Fondsvermögens offengelegt werden. Weil ein Hinweis auf diese Vereinbarung fehlte, konnte ein Anleger davon ausgehen, dass sich die Beteiligungsgesellschaft - unter Umständen nach dem Einholen mehrerer Angebote - auf der Basis eines marktgerecht prognostizierten Dollarkurses und üblicher Konditionen gegen das Wechselkursrisiko abgesichert hat. Wird dieses Geschäft nicht mit einer Bank, sondern zwischen dem Gründungsgesellschafter und der Beteiligungsgesellschaft abgeschlossen, birgt dies die Gefahr, dass der garantierte Kaufpreis im Vergleich zu einer aufgrund finanzmathematisch fundierter Prognose zu erwartenden Dollarentwicklung für den Gründungsgesellschafter günstiger vereinbart wird. Über dieses Manipulationspotential ist der Anleger zu informieren, damit er die Gefahr erkennen und überprüfen kann, ob der festgesetzte Kaufpreis realistisch ist oder ob, orientiert am zu erwartenden Kursverlauf, von vornherein ein Kursgewinn für die Gründungskommanditistin berücksichtigt wurde.
11c) Das Berufungsgericht hat auch die Ursächlichkeit des Aufklärungsfehlers für die Anlageentscheidung ohne Rechtsfehler bejaht. Derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, ist beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Auf einen Entscheidungskonflikt kommt es nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats jedenfalls bei Fonds wie dem vorliegenden, von dem der durchschnittliche Anleger Werthaltigkeit erwartet, nicht an (, ZIP 2010, 1397 Rn. 18; Urteil vom - II ZR 66/08, ZIP 2010, 1030 Rn. 19; Urteil vom - II ZR 266/07, ZIP 2009, 764 Rn. 6). Die von der Revision zur Begründung ihrer abweichenden Auffassung herangezogene Rechtsprechung des XI. Zivilsenats ist überholt (vgl. , BGHZ 193, 159 Rn. 26 ff. unter ausdrücklicher Aufgabe von , BGHZ 124, 151, 161).
12d) Letztlich kann sich die Beklagte - entgegen der Auffassung der Revision - nicht auf einen Rechtsirrtum berufen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums strenge Maßstäbe anzulegen, wobei der Schuldner die Rechtslage sorgfältig prüfen, soweit erforderlich, Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche Rechtsprechung sorgfältig beachten muss. Grundsätzlich trifft den Schuldner das Risiko, die Rechtslage zu verkennen. Er handelt schuldhaft, wenn er mit der Möglichkeit rechnen musste, dass das zuständige Gericht einen anderen Rechtsstandpunkt einnimmt (statt anderer Nachweise , ZIP 2010, 1335). Von letzterem ist auszugehen, weil sich die Frage nach der Pflicht zur Aufklärung über die Vereinbarung vom auf dem Boden gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung bejahen lässt.
13e) Da der Kläger nicht die Möglichkeit genutzt hat, als Treuhandkommanditist beizutreten, sondern unmittelbarer Gesellschafter der Beteiligungsgesellschaft geworden ist, begegnet die Verpflichtung der Beklagten, ihn von Ansprüchen der Gläubiger der Beteiligungsgesellschaft freizustellen, unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt keinen Bedenken (vgl. , ZIP 2012, 1231 Rn. 20).
Bergmann Strohn Reichart
Drescher Born
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
DStR 2013 S. 13 Nr. 20
DAAAE-35570