Mietvertrag zwischen Eltern und Kind
Leitsatz
In einem Mietvertrag zwischen nahen Angehörigen müssen für die steuerrechtliche Anerkennung jedenfalls die Hauptpflichten des Mietvertrages wie die Überlassung der Mietsache zum Gebrauch sowie die Entrichtung der vereinbarten Miete klar und eindeutig vereinbart und entsprechend durchgeführt worden sein. Ist die im Vertrag angegebene Miethöhe mit dem handschriftlichen Zusatz "vorbehaltlich der Anerkennung durchs Finanzamt" versehen, hält der Mietvertrag dem sog. Fremdvergleich nicht stand.
Gesetze: EStG § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1, FGO § 139 Abs. 3 Satz 3
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
1 I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr (2006) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wur-den. Im Oktober 2000 hatten sie eine 1981 fertig gestellte, im Nachbargebäude ihres eigenen Wohnhauses belegene 51,23 qm große Eigentumswohnung erworben, die sie seit an ihren Sohn vermieteten. In § 3 Nr. 1 des handschriftlich ausgefüllten Formularmietvertrages vom wurde die monatliche (Kalt-)Miete auf 251,03 DM (128,34 €) beziffert und mit handschriftlichem Zusatz „(vorbehaltlich der Anerkennung durchs Finanzamt)” versehen.
Das Mietverhältnis endete mit dem 31. Oktober des Streitjahres. Nach anschließender umfassender Sanierung (mit Kosten in Höhe von 11.525 €) vermieteten die Kläger die Wohnung ab an ihre Tochter, unter Verwendung des gleichen Formularmietvertrages mit dem gleichen handschriftlichen Zusatz.
2 In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger für die vermietete Wohnung einen Verlust aus Ver-mietung und Verpachtung in Höhe von 16.768 € geltend, den der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) wegen fehlender Überschusserzielungsabsicht nicht berücksichtigte.
3 Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) schloss sich in seinem Urteil der Ansicht des FA an, wonach das Mietverhältnis mit dem Sohn einem Fremdvergleich nicht standhalte und daher steuerlich nicht anzuerkennen sei. Aufgrund des Klammerzusatzes sei die Miethöhe nicht klar und eindeutig bestimmt; der Mieter könnte jederzeit und betragsmäßig nicht vorher bezifferbar mit einem Mieterhöhungsverlangen konfrontiert werden. Auf eine derartige Regelung würde sich ein fremder Mieter nicht einlassen. Die Unabwägbarkeit hinsichtlich einer vertraglichen Hauptpflicht sei ein schwerwiegender Mangel, der auch im Hinblick darauf, dass sich der Mietvertrag im Übrigen als beanstandungsfrei erweise und unstreitig auch tatsächlich durchgeführt worden sei, nicht als nur geringfügige Abweichung vom Üblichen angesehen werden könne.
4 Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes). Der handschriftliche Zusatz im Mietvertrag stelle angesichts der (steuer)rechtlichen Unerfahrenheit der Kläger lediglich eine geringfügige Abweichung vom Üblichen dar. Aus der tatsächlichen Durchführung der zivilrechtlich wirksamen Verträge, bei der von der streitigen Klausel gar kein Gebrauch gemacht wurde, könne auf eine klare und eindeutige Regelung der Miethöhe geschlossen werden. Dies habe das FG bei der Gesamtwürdigung der Umstände nicht berücksichtigt.
5 Die Kläger beantragen sinngemäß,
das Urteil des FG aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (zusätzlich) ein Verlust in Höhe von 16.768 € berücksichtigt wird.
6 Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
7 II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
8 1. Mietverträge zwischen nahen Angehörigen können der Besteuerung nur zu Grunde gelegt werden, wenn sie steuerrechtlich anzuerkennen sind. Das ist der Fall, wenn die Vereinbarungen bürgerlich-rechtlich wirksam sind und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (sog. Fremdvergleich, vgl. , BFH/NV 2008, 350, unter II.1.; vom IV R 24/08, BFH/NV 2009, 1427, unter II.3.a). Dazu müssen jedenfalls die Hauptpflichten eines Mietvertrages wie die Überlassung der Mietsache zum Gebrauch sowie die Entrichtung der vereinbarten Miete (§ 535 des Bürgerlichen Gesetzbuchs —BGB—) klar und eindeutig vereinbart und entsprechend durchgeführt worden sein (vgl. , BFHE 184, 463, BStBl II 1998, 106, unter 2.; vom IX R 9/01, BFH/NV 2004, 1274, unter II.1.a bb, m.w.N.).
9 Maßgebend ist die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten, wobei nicht jede Abweichung vom Üblichen der Anerkennung eines Mietvertrages zwischen Angehörigen entgegensteht (vgl. BFH-Urteile in BFHE 184, 463, BStBl II 1998, 106, unter 2.; vom IX R 40/05, BFH/NV 2006, 2236, unter II.2.). Die Durchführung des Fremdvergleichs obliegt dem FG als Tatsacheninstanz. Die revisionsrechtliche Überprüfung durch den BFH beschränkt sich darauf, ob das FG bei seiner Gesamtwürdigung von zutreffenden Kriterien ausgegangen ist und alle maßgeblichen Beweisanzeichen in seine Würdigung einbezogen hat, diese Würdigung jedenfalls möglich ist und dabei nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt (vgl. , BFH/NV 2005, 192, zu II.4.; vom IX R 28/03, BFH/NV 2005, 50, unter II.3.b).
10 2. Danach hat das FG den Mietvertrag zwischen den Klägern und ihrem Sohn im Ergebnis zu Recht nicht der Besteuerung zu Grunde gelegt.
11 Auf eine solche „der Anerkennung durchs Finanzamt” vorbehalte-ne Festlegung der Miete als vertraglicher Hauptpflicht würde sich ein fremder Mieter nicht einlassen. Das FG hat diese Klausel als einen so „schwerwiegenden Mangel” beurteilt, der auch unter Berücksichtigung des ansonsten beanstandungsfreien Vertrages und dessen tatsächlicher Durchführung als erhebliche Abweichung vom Fremd-Üblichen angesehen werden könne. Eine solche die Mieterhöhung betreffende Vorbehaltsklausel kann —da zivilrechtlich zumindest zweifelhaft (zur Mieterhöhung vgl. § 10 Abs. 1, § 17 des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe bzw. § 557 Abs. 1 BGB: „während des Mietverhältnisses”)— allenfalls im Verhältnis zwischen Angehörigen Bedeutung erlangen und ggf. umgesetzt werden. Sie ist daher Ausdruck eines den Gleichklang wirtschaftlicher Interessen indizierenden Näheverhältnisses (vgl. , BFH/NV 2010, 887, unter 1.) und dokumentiert die private Veranlassung der gewählten Vertragsgestaltung. Daher ist die Würdigung des FG im Ergebnis möglich und revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
12 Die erst nach dem Streitjahr vorgenommene Änderung des Mietvertrages kann den bereits verwirklichten Sachverhalt nicht mit steuerrechtlicher (Rück-)Wirkung gestalten (vgl. § 38 der Abgabenordnung).
13 3. Der Antrag, die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vor-verfahren für notwendig zu erklären (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO), ist im Revisionsverfahren unzulässig. Die Entscheidung darüber gehört sachlich zum Kostenfestsetzungsverfahren; zuständig ist daher das Gericht des ersten Rechtszuges, im Streitfall das FG (vgl. , BFH/NV 2001, 14, unter II.4.; vom III R 47/09, BFHE 230, 563, BStBl II 2011, 589, unter II.5.).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
DStZ 2012 S. 749 Nr. 21
EStB 2013 S. 137 Nr. 4
NWB-Eilnachricht Nr. 12/2013 S. 819
StBW 2013 S. 246 Nr. 6
UAAAE-30638