Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Erforderlicher Inhalt des Wiedereinsetzungsantrags
Gesetze: § 85 Abs 2 ZPO, § 139 Abs 1 ZPO, § 233 ZPO, § 234 Abs 1 S 2 ZPO, § 520 ZPO
Instanzenzug: Az: 9 U 586/11vorgehend LG Mainz Az: 4 O 243/10
Gründe
1I. Das Landgericht hat die von den beiden klagenden Rechtsanwälten gegen das beklagte Hausverwaltungsunternehmen erhobene Klage auf Unterlassung (§§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 3 RDG) und Ersatz von Abmahnkosten (§ 12 Abs. 1 Satz 2 UWG) abgewiesen. Die Kläger haben gegen das ihnen am zugestellte Urteil fristgerecht Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom , der am selben Tag beim Berufungsgericht eingegangen ist, haben sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der am Montag, dem abgelaufenen Berufungsbegründungfrist beantragt. Die Berufung haben sie mit am beim Berufungsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet; dieser Schriftsatz enthält ergänzende Ausführungen zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags.
2Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Berufungsgericht die Berufung der Kläger als unzulässig verworfen und den Antrag der Kläger auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kläger hätten nicht glaubhaft gemacht, an der Einhaltung der Frist zur Begründung der Berufung ohne ihr Verschulden gehindert gewesen zu sein.
3Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Kläger, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt.
4II. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO in Verbindung mit § 238 Abs. 2 Satz 1, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft, aber unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen (vgl. , NJW-RR 2005, 865; Beschluss vom - I ZB 97/08, juris Rn. 5; Beschluss vom - VI ZB 74/11, NJW-RR 2012, 662 Rn. 5), sind nicht erfüllt. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist keine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Der angefochtene Beschluss stellt sich als richtig dar, weil dem Wiedereinsetzungsantrag und dem, was die Kläger zu seiner Begründung innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO vorgetragen haben, nicht entnommen werden kann, auf welchen Umständen die Fristversäumung beruht.
51. Die Rechtsbeschwerde geht zutreffend davon aus, dass dem Rechtsanwalt, dem die Akte zum Zeitpunkt der notierten Vorfrist vorgelegt wird, zwar eigenverantwortlich prüfen muss, ob das Ende der Berufungsbegründungsfrist richtig ermittelt und eingetragen worden ist (vgl. , NJW 2009, 3036 Rn. 13 mwN), dass er aber grundsätzlich darauf vertrauen kann, dass eine Frist, die im Stammdatenblatt richtig notiert ist, auch entsprechend in den Fristenkalender eingetragen worden ist (vgl. VII ZB 18 u. 19/10, NJW 2012, 614 Rn. 11 mwN). Da im Streitfall die (Haupt-)Frist im Stammdatenblatt richtig eingetragen war, kann dem Kläger zu 2 kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass er sich darauf verlassen hat, dass diese Frist auch in den Fristenkalender übernommen worden ist. Ein eigenes Verschulden kann auch nicht daraus abgeleitet werden, dass der Kläger zu 2 aufgrund des Umstands, dass die Vorfrist nur sechs Tage statt - wie in seiner Kanzlei üblich - eine Woche betrug, keinen Verdacht geschöpft hat. Denn letztlich war allein die - zutreffend in der Akte notierte - Hauptfrist maßgeblich.
62. Hiervon ist aber offenbar auch das Berufungsgericht ausgegangen. Denn es hat die Ablehnung des Wiedereinsetzungsantrags allein darauf gestützt, dass die Kläger die Umstände, die zur Fristversäumung geführt haben, nicht hinreichend vorgetragen haben. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg.
7Zutreffend weist die Rechtsbeschwerde allerdings darauf hin, dass sich entgegen der Annahme des Berufungsgerichts dem Vortrag der Kläger zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsantrags, namentlich den Ausführungen, die sie - etwas versteckt - im Schriftsatz vom im Anschluss an die Berufungsbegründung gemacht haben, entnehmen lässt, dass die Akte dem sachbearbeitenden Kläger zu 2 an dem Tag, der für die Vorfrist im Fristenkalender notiert war, also am , vorgelegt worden ist. Mit Recht hat aber das Berufungsgericht darauf abgestellt, dass der weitere Fortgang im Dunkeln bleibt. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Umstände, aus denen sich ergibt, auf welche Weise und durch wessen Verschulden es zur Fristversäumung gekommen ist, durch eine geschlossene, aus sich heraus verständliche Schilderung der tatsächlichen Abläufe dargelegt werden müssen (st. Rspr.; vgl. nur , NJW 2002, 2180, 2181; Beschluss vom - IX ZB 169/07, NJW 2008, 3501). Dem wird die Begründung der Kläger für ihren Wiedereinsetzungsantrag nicht gerecht. Ihr lässt sich insbesondere nicht entnehmen, ob der Kläger zu 2 die Akte - nachdem sie ihm zur Bearbeitung vorgelegt worden war - bei sich behalten hat, um sie alsbald zu bearbeiten, oder ob er sie wieder in den Geschäftsgang gegeben hat, möglicherweise mit dem beiläufigen Bemerken oder der ausdrücklichen Weisung, sie ihm rechtzeitig vor Ablauf der Hauptfrist erneut vorzulegen. Anders als die Rechtsbeschwerde meint, kann dem Umstand, dass dem Kläger zu 2 die Akte am , also an dem im Fristenkalender fälschlich eingetragenen Datum der Hauptfrist, erneut vorgelegt worden ist, nicht entnommen werden, dass er die Akte zuvor in den Geschäftsgang gegeben und die Weisung erteilt hat, sie ihm am Tag des Ablaufs der Hauptfrist erneut vorzulegen. Ebenso naheliegend ist es, dass der Kläger zu 2 die Akte bei sich behalten und eine Mitarbeiterin sie am 21. Juni, dem vermeintlichen Tag des Ablaufs der Hauptfrist, herausgesucht hat, um ihn auf den drohenden Fristablauf aufmerksam zu machen. Zumindest in der Fallvariante, in der der Kläger zu 2 die Akte in seinem Verantwortungsbereich behalten hat, nachdem sie ihm am 14. Juni vorgelegt worden war, träfe ihn für die Versäumung der Frist jedenfalls ein eigenes Mitverschulden, das sich auch der Kläger zu 1 zurechnen lassen müsste.
8Darauf, dass die Umstände, die zur Fristversäumung geführt haben, vollständig vorgetragen werden müssen, brauchten die Kläger nicht nach § 139 Abs. 1 ZPO hingewiesen zu werden (vgl. BGH NJW 2002, 2180, 2181). Im Übrigen hätte die Rechtsbeschwerde mit der Rüge der Verletzung des § 139 ZPO ausführen müssen, was die Kläger im Einzelnen vorgetragen hätten, wenn ihnen ein entsprechender Hinweis erteilt worden wäre. Denn nur anhand dieses Vortrags hätte der Senat beurteilen können, ob die Entscheidung auf dem - unterstellten - Verfahrensfehler beruht (vgl. , GRUR 2008, 1126 Rn. 12 = WRP 2008, 1550 - Weiße Flotte).
9III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm Büscher Schaffert
Koch Löffler
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
HFR 2013 S. 540 Nr. 6
DAAAE-27898