Gefährliche Körperverletzung: Industriemüll-Häcksler als gefährliches Werkzeug
Gesetze: § 224 Abs 1 Nr 2 StGB
Instanzenzug: Az: 23 KLs 2/12
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen räuberischer Erpressung in 22 Fällen, wegen (besonders) schwerer räuberischer Erpressung und wegen versuchter räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete und auf Verfahrensrügen sowie die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Nach den zu Fall 5 der Urteilsgründe getroffenen Feststellungen trafen der Angeklagte und ein Mittäter sowie der Geschädigte am auf dem Gelände eines Industrieunternehmens in Eisenhüttenstadt zusammen. Sie gingen zu einem „Industriemüll-Häcksler“ (UA S. 12); es handelte sich dabei um ein „größeres Gerät, zum Schreddern von Industriemüll“ (UA S. 25). Der Angeklagte forderte vom Geschädigten die Herausgabe von 400 €, andernfalls er „in dem Häcksler landen werde“. Das Tatopfer fürchtete um sein Leben und übergab dem Angeklagten das Geld.
32. Diese Feststellungen tragen nicht den Schuldspruch wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung nach §§ 255, 249, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB. Nach der insoweit auf § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB übertragbaren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Tatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB sind gefährliche Werkzeuge nur solche Gegenstände, die durch menschliche Einwirkung irgendwie gegen einen menschlichen Körper in Bewegung gesetzt werden können (vgl. , BGHSt 22, 235, 236, und vom - 1 StR 18/88, BGHR StGB § 223a Abs. 1 aF Werkzeug 2, Beschluss vom - 5 StR 644/93; Stree/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 224 Rn. 7 mwN). Hier wie dort sind demgemäß nur bewegliche Gegenstände erfasst. Für § 250 StGB wird dies zusätzlich daraus deutlich, dass gefährliche Werkzeuge im Sinne der Vorschrift „bei sich geführt“ werden können müssen (§ 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB; vgl. zu dem sinngleichen Merkmal in § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG auch , BGHSt 52, 89, 92 ff.). Daran fehlt es - trotz eher vager Beschreibung im angefochtenen Urteil - ersichtlich bei dem hier in Frage stehenden Gerät, das nach dem Zusammenhang der Urteilsgründe groß genug war, um einen Menschen aufnehmen zu können, und das seine Gefährlichkeit nicht aus einer Bewegung gegen den Menschen oder eines Menschen gegen das Gerät (vgl. hierzu RGSt 24, 372, 373), sondern aus einem Verarbeitungsvorgang gewinnt (vgl. auch RG aaO S. 375). Davon bleibt unberührt, dass die durch den Angeklagten ausgesprochene besonders markante Drohung im Rahmen der Strafzumessung Berücksichtigung finden kann.
4Der Angeklagte ist nach alledem auch bei Tat 5 lediglich der nicht weiter qualifizierten räuberischen Erpressung nach §§ 255, 249 StGB schuldig. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. Der Angeklagte hätte sich hiergegen nicht anders als geschehen verteidigen können.
53. Die Schuldspruchänderung entzieht der Einsatzstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe sowie dem Gesamtstrafenausspruch die Grundlage. Weil es sich nur um einen Wertungsfehler handelt, können die Feststellungen bestehen bleiben. Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, sofern sie den bisherigen nicht widersprechen.
Basdorf Schaal Dölp
König Bellay
Fundstelle(n):
PAAAE-27051