BFH Beschluss v. - IX B 104/12

Zustellung des Protokolls keine Voraussetzung für seine Wirksamkeit; vorläufige Aufzeichnung von Aussagen der Zeugen mit einem Tonaufnahmegerät

Gesetze: FGO § 76, FGO § 94, FGO § 105 Abs. 4. FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, FGO § 116 Abs. 3, ZPO § 160, ZPO § 160a

Instanzenzug:

Gründe

1 Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.

2 1. Die geltend gemachten Verfahrensfehler liegen nicht vor.

3 a) Das Finanzgericht (FG) hat nicht gegen § 105 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verstoßen. Es hat das Urteil verkündet und in dieser verkündeten Form, die den Anforderungen des § 105 Abs. 4 Satz 2 FGO entspricht, dem Protokoll angelegt. Das vollständig abgefasste Urteil ist binnen fünf Monaten nach Verkündung schriftlich niedergelegt, von den Richtern unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden (vgl. dazu den Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom GmS-OGB 1/92, BVerwGE 92, 367). Hinsichtlich des Protokolls kann sich der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) nicht auf § 105 Abs. 4 FGO berufen. Die Zustellung des Protokolls ist keine Voraussetzung für seine Wirksamkeit (, juris).

4 b) Das FG hat § 94 FGO i.V.m. § 160 Abs. 3 Nr. 4, § 161 Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) nicht verletzt. Entgegen der Auffassung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt —FA—) handelt es sich bei den Aussagen der Zeugen zwar nicht um entbehrliche Feststellungen i.S. des § 161 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, da das angefochtene Urteil der Nichtzulassungsbeschwerde unterliegt (vgl. dazu , Neue Juristische Wochenschrift 2003, 3057). Das FG ist aber nach § 160a Abs. 2 ZPO vorgegangen, hat die Feststellungen nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO mit einem Tonaufnahmegerät vorläufig aufgezeichnet und dies im Protokoll vermerkt (vgl. § 160a Abs. 2 Satz 2 ZPO, § 94 FGO). Das Protokoll muss unter anderem nur dann um die Feststellungen ergänzt werden, wenn einer der Beteiligten dies bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens beantragt (§ 94 FGO, § 160a Abs. 2 Satz 3 ZPO). Eine förmliche Ergänzung des Protokolls hat der Kläger aber nicht beantragt (zur Notwendigkeit eines Antrags vgl. auch , BFH/NV 2010, 1840).

5 c) Ohne Erfolg rügt der Kläger schließlich eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 FGO). Das FG hat den Sachverhalt hinreichend aufgeklärt; denn es hat die von der Steuerfahndungsstelle gemachten Beweisbilder herangezogen. Überdies ist es —worauf das FA zutreffend hinweist— für die Entscheidung ersichtlich unerheblich, wo der Kläger sein Handwerkszeug aufbewahrt. Die angefochtene Entscheidung kann auch nicht auf dem vom FG nicht nachgegangenen Beweisantrag beruhen; das FG hat nämlich als wahr unterstellt, dass der Kläger regelmäßig in seiner Wohnung übernachtet hat.

6 2. Der Kläger hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) nicht hinreichend gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt. Er hat keinen Rechtssatz von allgemeiner Bedeutung hervorgehoben, der im Streitfall klärbar und klärungsbedürftig wäre. Stattdessen wendet er ein, das FG habe den Einzelfall unrichtig entschieden. Er setzt dabei seine Würdigung des Sachverhalts an die Stelle derjenigen des FG.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2013 S. 75 Nr. 1
HAAAE-22188