BGH Beschluss v. - XII ZB 27/12

Vergütungsfestsetzung für den Berufsbetreuer: Bestimmung des Betreuungsbeginns mit Bekanntgabe des Bestellungsbeschlusses

Leitsatz

Eine Betreuerbestellung ist dem Betreuer bei Aufgabe des Beschlusses zur Post mit dessen Zugang bekannt gegeben. Die Vermutung der Bekanntgabe nach § 15 Abs. 2 Satz 2 FamFG schließt einen früheren Zugang nicht aus.

Gesetze: § 1836 BGB, § 1908i BGB, § 1 VBVG, § 4 VBVG, § 5 VBVG, § 15 Abs 2 S 2 FamFG, § 287 FamFG

Instanzenzug: Az: 3 T 444/11vorgehend AG Fritzlar Az: 10 XVII 402/10

Gründe

I.

1Die Beteiligten streiten über den für die Vergütung maßgeblichen Zeitraum der Betreuung.

2Die Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Betreuerin) ist durch Beschluss vom zur - berufsmäßigen - Betreuerin bestellt worden. Der Beschluss ist am ausgefertigt und am selben Tag zum Zwecke der Bekanntgabe an die Betreuerin durch Aufgabe zur Post beim örtlichen Postamt aufgegeben worden. Die Beteiligten streiten im Rahmen der erstmalig festzusetzenden Betreuervergütung darum, ob die Betreuung mit dem begonnen hat, nachdem der Beschluss bei der Betreuerin am eingegangen war, oder aufgrund der gesetzlichen Zustellungsvermutung gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 FamFG erst aufgrund der Bekanntgabe drei Tage nach Aufgabe zur Post (am ), wie die Beteiligte zu 2 (im Folgenden: Staatskasse) meint.

3Der Rechtspfleger des Amtsgerichts hat die Betreuervergütung beginnend mit dem festgesetzt und den weitergehenden Antrag zurückgewiesen. Das Landgericht hat die Vergütung auf die Beschwerde der Betreuerin bereits für die Zeit ab dem festgesetzt. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Staatskasse.

II.

4Die Rechtsbeschwerde ist aufgrund der Zulassung nach § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und konnte von der Staatskasse nach § 10 Abs. 4 Satz 2 FamFG ohne Vertretung durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden. In der Sache bleibt sie ohne Erfolg.

51. Nach Auffassung des Landgerichts kann auf die Regelung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 FamFG nur zurückgegriffen werden, wenn sich der Zeitpunkt der Bekanntgabe nicht feststellen lässt. Da die Betreuerin den Zugang am glaubhaft gemacht habe, sei dieser für den Beginn der Betreuung maßgeblich.

62. Die Auffassung des Landgerichts trifft zu.

7Der Berufsbetreuer hat einen Anspruch auf pauschale Vergütung nach §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB i.V.m. §§ 1, 4, 5 VBVG, der sich unter anderem nach der Dauer der Betreuung bestimmt. Die Betreuung wird mit der Bekanntgabe des Bestellungsbeschlusses an den Betreuer wirksam (§ 287 Abs. 1 FamFG). Aus der Regelung in § 15 Abs. 2 Satz 2 FamFG folgt nicht, dass die Bekanntgabe bei Aufgabe zur Post erst drei Tage nach der Aufgabe erfolgt. Durch die Regelung sollte nach der Begründung des Gesetzentwurfs zum FGG-Reformgesetz dem Bedürfnis nach einem möglichst zuverlässigen Weg der Übermittlung sowie einer möglichst effizienten und unbürokratischen Bekanntgabemöglichkeit Rechnung getragen werden (BT-Drucks. 16/6308 S.182). Die Regelung zielt darauf ab, die Bekanntgabe auch dann sicherzustellen, wenn der Zugang der Postsendung nicht nachweisbar ist. Für diesen Fall wird durch eine vom Gesetz unterstellte Postlaufzeit von drei Tagen sichergestellt, dass bei regelmäßigem Ablauf ein Zugang auch erfolgt ist. Die Regelung erreicht ihren Sinn und Zweck, indem sie dem Empfänger einer gerichtlichen Bekanntgabe nur dann ermöglicht, sich auf einen unterbliebenen oder späteren Zugang zu berufen, wenn er diesen nicht nur behauptet, sondern auch glaubhaft macht.

8Davon ist der vorliegende Fall, dass der Empfänger selbst einen früheren Zugang einräumt und glaubhaft macht, aber nicht erfasst. Geht der Beschluss über die Bestellung bereits früher zu, so wird die Betreuung damit wirksam und beginnen insbesondere die Pflichten des Betreuers bereits zum Zeitpunkt des Zugangs. Dementsprechend hat das Landgericht die Vergütung zutreffend berechnet.

Dose                               Klinkhammer                               Schilling

                 Günter                                       Botur

Fundstelle(n):
NJW 2012 S. 6 Nr. 45
NJW-RR 2012 S. 1475 Nr. 24
LAAAE-20263