Fehlen von Entscheidungsgründen i.S. des § 119 Nr. 6 FGO; Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO; Rechtsfortbildung und grundsätzliche Bedeutung bei ausgelaufenem Recht (hier: Eigenheimzulage)
Gesetze: FGO § 96 Abs. 1 Satz 1, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, FGO § 119 Nr. 6
Instanzenzug: (Ez)
Gründe
1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
2 1. Ein Verfahrensmangel, der zur Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) führen könnte, liegt nicht vor.
3 a) Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) rügt zu Unrecht, die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) sei i.S. von § 119 Nr. 6 FGO nicht mit Gründen versehen. Ein solcher Verfahrensmangel liegt nur dann vor, wenn die Urteilsgründe ganz oder z.T. fehlen und sie den Prozessbeteiligten keine Kenntnis darüber vermitteln, auf welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Überlegungen das Urteil beruht. Dies erfordert nicht, dass jedes Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen erörtert werden müsste; vielmehr liegt ein Verfahrensmangel i.S. von § 119 Nr. 6 FGO erst dann vor, wenn den Beteiligten die Möglichkeit entzogen ist, die getroffene Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Dagegen ist ein dahin gehender Verfahrensmangel nicht gegeben, wenn noch zu erkennen ist, welche Überlegungen für das Gericht maßgeblich waren (z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom I B 166/94, BFHE 177, 451, BStBl II 1995, 532, und vom VI B 88/07, BFH/NV 2008, 401). Davon ist im Streitfall auszugehen, da das FG in den Gründen seiner Entscheidung deutlich gemacht hat, dass der von der Klägerin auf die gerichtliche Verfügung vom nachgewiesene eigene Beitrag zur Finanzierung der Herstellungskosten des im zivilrechtlichen Alleineigentum ihres Lebensgefährten stehenden Einfamilienhauses ihr keinen bereicherungsrechtlichen Anspruch vermittle, der —vom Umfang her— geeignet sei, den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut auszuschließen und mithin wirtschaftliches Eigentum zugunsten der Klägerin zu begründen. Aus diesen Erwägungen ist hinreichend zu erkennen, welche Überlegungen für das Gericht maßgeblich waren.
4 b) Die Klägerin macht auch zu Unrecht geltend, das FG habe bei seiner Entscheidung gegen den Inhalt der Akten verstoßen (Verletzung des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO).
5 Ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO liegt nicht bereits deshalb vor, weil das FG den ihm vorliegenden Akteninhalt nicht entsprechend den klägerischen Vorstellungen gewürdigt hat. Die Höhe des Beitrags der Klägerin zur Finanzierung der Herstellungskosten des Einfamilienhauses ihres Lebensgefährten war zwischen den Beteiligten nicht unstreitig. Das FG hat daher durch gerichtliche Verfügung vom einen Nachweis hierfür erbeten und aufgrund der vorgelegten Belege diesen Beitrag ermittelt. Soweit die Klägerin die Beweiswürdigung durch das FG als fehlerhaft ansieht, wendet sie sich nach dem tatsächlichen Gehalt ihres Beschwerdevorbringens im Ergebnis nur gegen die Würdigung der festgestellten Tatsachen durch das FG; mit solchen der Revision vorbehaltenen Einwendungen kann er im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren indes nicht gehört werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 2003, 1582).
6 2. Soweit die Klägerin eine Zulassung der Revision zur Sicherung der Rechtseinheit (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) begehrt, hat sie die behauptete Divergenz des angefochtenen Urteils zu den angegebenen Entscheidungen des BFH schon nicht erkennbar gemacht. Hierzu wäre es erforderlich gewesen, einander widersprechende abstrakte Rechtssätze aus der Entscheidung der Vorinstanz einerseits und den Divergenzentscheidungen andererseits gegenüberzustellen.
7 3. Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, aus welchen Gründen eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts im Streitfall erforderlich sei (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO). Eine Entscheidung des BFH zur Rechtsfortbildung ist in Fällen erforderlich, in denen über bisher ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist, so beispielsweise, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Grundsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen; insoweit gelten die zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. höchstrichterlich entwickelten Anforderungen fort (, BFHE 206, 226, BStBl II 2004, 896, m.w.N.). Da es sich bei der Eigenheimzulage um auslaufendes Recht handelt (§ 19 Abs. 9 des Eigenheimzulagengesetzes —EigZulG— i.d.F. des Gesetzes zur Abschaffung der Eigenheimzulage vom , BGBl I 2005, 3680), wäre nur ausnahmsweise davon auszugehen, dass im Streitfall solche grundsätzlichen, klärungsbedürftigen Rechtsfragen zu entscheiden sind (, BFH/NV 2012, 12, m.w.N.). Dies ist von der Klägerin mit ihrer Beschwerdeschrift —ungeachtet der Frage, ob den Darlegungserfordernissen insoweit genügt ist— nicht substantiiert vorgetragen worden und vorliegend auch nicht ersichtlich, zumal die in der Beschwerdeschrift hervorgehobenen Aspekte der höchstrichterlichen Zivilrechtsprechung nur mittelbar die Frage berühren, wann von der Herstellung eines „eigenen” Hauses i.S. des § 2 Abs. 1 EigZulG auszugehen ist.
8 4. Aus den genannten Gründen fehlt es auch an einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
9 5. Im Streitfall ist die Revision auch nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO wegen eines Rechtsfehlers des FG zuzulassen, der zu einer „greifbar gesetzwidrigen” Entscheidung geführt hat. Voraussetzung hierfür ist, dass die Entscheidung des FG in einem solchen Maße fehlerhaft ist, dass das Vertrauen in die Rechtsprechung nur durch eine höchstrichterliche Korrektur der finanzgerichtlichen Entscheidung wiederhergestellt werden könnte. Diese Voraussetzung kann etwa dann vorliegen, wenn das FG eine offensichtlich einschlägige entscheidungserhebliche Vorschrift übersehen hat oder wenn das Urteil jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehrt oder auf einer offensichtlich Wortlaut und Gesetzeszweck widersprechenden Gesetzesauslegung beruht. Unterhalb dieser Schwelle liegende erhebliche Rechtsfehler reichen dagegen nicht aus, um eine greifbare Gesetzwidrigkeit oder gar eine Willkürlichkeit der angefochtenen Entscheidung anzunehmen (vgl. , BFH/NV 2011, 1391, m.w.N.). Als unzutreffend behauptete Würdigungen und Wertungen des FG beinhalten keine greifbare Gesetzwidrigkeit oder Willkürlichkeit der angefochtenen Entscheidung. Im Streitfall hat die Klägerin keinen qualifizierten, zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO führenden Rechtsanwendungsfehler substantiiert dargelegt. Die steuerliche Nichtberücksichtigung der Finanzierungsbeteiligung der Klägerin beinhaltet jedenfalls keine solche willkürliche Entscheidung.
10 6. Von einer weiter gehenden Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2012 S. 1823 Nr. 11
ZAAAE-18022