BGH Urteil v. - XI ZR 177/11

Finanzierten Eigentumswohnungskauf im Steuersparmodell: Arglistige Täuschung des Kaufinteressenten durch Angaben im Verkaufsprospekt mit Verschleierung der Höhe einer Innenprovision; Auslegung eines formularmäßigen Vermittlungsauftrags und vorformulierter Angaben in einem Berechnungsbeispiel

Gesetze: § 123 BGB, § 5 AGBG vom

Instanzenzug: OLG Oldenburg (Oldenburg) Az: 8 U 57/10vorgehend LG Oldenburg (Oldenburg) Az: 9 O 710/06

Tatbestand

1Die Kläger wenden sich gegen die Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde, die im Zusammenhang mit dem von der Rechtsvorgängerin der beklagten Bank (im Folgenden: Beklagte) finanzierten Erwerb einer Eigentumswohnung errichtet wurde.

2Die Kläger wurden 1992 von einem Anlagenvermittler geworben, zwecks Steuerersparnis eine noch zu errichtende Eigentumswohnung in der Wohnanlage M.           in O.      zu erwerben. Das Auftragsformular des Vermittlers und das von ihm verwandte Berechnungsbeispiel weisen eine an den Vermittler zu zahlende Bearbeitungsgebühr in Höhe von 3% zzgl. Umsatzsteuer aus. Im Vermittlungsauftrag heißt es außerdem:

"Die Vertriebsbeauftragte hat ihrerseits verschiedene Vermittler beauftragt, die als Nachweismakler für diese und als Vermittlungsmakler für den/die Erwerber tätig werden. Der jeweilige Vermittler ist berechtigt, vom Auftraggeber eine Bearbeitungsgebühr von 3% des kalkulierten Aufwandes zzgl. Umsatzsteuer in jeweiliger Höhe auf eigene Rechnung zu vereinnahmen."

3In den auf der Rückseite des Vermittlungsauftrags abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird unter "IV. Vergütung, Provision" unter anderem ausgeführt:

"Der Vermittler hat in der Regel einen Vergütungsanspruch gegenüber den vorgenannten Prospektanbietern, Beteiligungs- oder Betriebsgesellschaften auf der Grundlage der mit diesen geschlossenen Verträgen."

4Des Weiteren verwandte der Vermittler einen Verkaufsprospekt, der hinsichtlich des kalkulierten Gesamtaufwandes folgende Angaben enthält:

VIII. Aufteilung (in %) des kalkulierten Gesamtaufwandes, der sich aufgrund der vorgesehenen Konzeption ergibt:

5In der Position a) "Grundstück, Gebäude incl. Vertrieb und Marketing" waren Provisionen an Dritte in Höhe von 18,24% brutto des Gesamtaufwands enthalten.

6Die von den Klägern bevollmächtigte C.    Steuerberatungsgesellschaft mbH (im Folgenden: Treuhänderin) schloss namens der Kläger mit der Bauträgerin am einen notariellen Kauf- und Werklieferungsvertrag über die Eigentumswohnung Nr. ..   zum Preis von 99.304 DM. Zugleich übernahmen die Kläger in Höhe eines Betrages von 129.471 DM die persönliche Haftung und unterwarfen sich der persönlichen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen.

7Darüber hinaus schloss die Treuhänderin namens der Kläger in den Jahren 1992 und 1993 mit der Beklagten mehrere Darlehensverträge, deren Valuta in Höhe von insgesamt 140.505 DM zur Finanzierung des Gesamtaufwands zuzüglich Disagio und Bearbeitungsgebühr (Agio) verwandt wurde. Nachdem die Kläger die Bedienung der Finanzierungsdarlehen eingestellt hatten, kündigte die Beklagte diese mit Schreiben vom und ließ die Eigentumswohnung zwangsversteigern.

8Nachdem die Kläger ihren Klageantrag hinsichtlich der dinglichen Zwangsvollstreckung in zweiter Instanz zurückgenommen haben, wenden sie sich nunmehr - gestützt unter anderem auf Schadensersatzansprüche wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung - nur noch gegen die Zwangsvollstreckung aus dem Kauf- und Werklieferungsvertrag in ihr persönliches Vermögen. Die Klage hatte insoweit in beiden Vorinstanzen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Gründe

9Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

10Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Belang - im Wesentlichen ausgeführt:

11Die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte sei wegen entgegenstehender Schadensersatzansprüche unzulässig. Die Haftung der Beklagten gründe sich darauf, die Kläger nicht über eine von ihr erkannte arglistige Täuschung über die Höhe der Provision aufgeklärt zu haben. Bei den Klägern sei gezielt der unrichtige Eindruck erweckt worden, für die Vermittlung des Erwerbs der Eigentumswohnung werde lediglich die im Berechnungsbeispiel ausdrücklich genannte Bearbeitungsgebühr von 3% zzgl. Umsatzsteuer anfallen, obwohl tatsächlich im Einvernehmen aller am Bauträgermodell Beteiligter einschließlich der beklagten Bank wesentlich höhere Vertriebsprovisionen an den Vertrieb geflossen seien. Der als Zeuge vernommene Vermittler habe angegeben, gegenüber den Kunden stets nur die Bearbeitungsgebühr von 3,42% brutto offen gelegt, jedoch nicht erwähnt zu haben, was der Vertrieb über die offene Außenprovision hinaus an Innenprovision erhalte. Die Beratungsgespräche seien stets nach einem vom Vertrieb vorgegebenen Muster abgelaufen, das den Eindruck vermittelt habe, dass keine weiteren Provisionen zu zahlen seien. Aus dem vorgelegten Berechnungsbeispiel und dem Beratungsgespräch hätten die Kläger deshalb entnehmen müssen, dass sie im Falle des Erwerbs der Immobilie nur die Außenprovision von 3,42% brutto zusätzlich zum Gesamtaufwand zu zahlen hätten.

12Der Vermittlungsauftrag sei ebenfalls Mittel zur Täuschung der Kunden gewesen, denn der dort enthaltene Hinweis auf die Bearbeitungsgebühr von 3,42% brutto des kalkulierten Gesamtaufwands beziehe sich lediglich auf die im Berechnungsbeispiel genannte Außenprovision. Der Kunde könne dem nicht entnehmen, dass im Gesamtaufwand eine weitere Provision in erheblicher Höhe enthalten sei. Ähnliches gelte für die auf der Rückseite des Vermittlungsauftrags abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen, in denen gleichfalls Anfall und Höhe der Provision verschleiert würden.

13Schließlich seien die Kläger durch den verwendeten Vertriebsprospekt getäuscht worden, wo dem Kunden durch die Aufteilung in eine große Aufwandsposition für Grundstück/Gebäude und in elf weitere Positionen, die teilweise weniger als 1% des Gesamtaufwands ausmachten, vorgespiegelt werde, im Gesamtaufwand seien weitere Provisionen nicht enthalten, jedenfalls nicht in der erheblichen Höhe von 18,24% des Gesamtaufwands. Daran ändere auch der Zusatz "incl. Vertrieb und Marketing" nichts. Die Auflistung erwecke den Eindruck, dass es sich dabei allenfalls um Marginalien, nicht aber um die zweitgrößte Aufwandsposition handele.

14Für das Vorliegen der Arglist sei nicht auf den vor Ort tätigen Vermittler, sondern auf das arglistige Verhalten der Vertriebsgesellschaften abzustellen. Ein vorsatzausschließender Rechtsirrtum des Vertriebs scheide aus. Die Täuschung sei zumindest mitursächlich für die von den Klägern abgegebene Willenserklärung gewesen. Die Kenntnis der Beklagten von der evidenten arglistigen Täuschung durch den Vertrieb werde nach den Grundsätzen des institutionalisierten Zusammenwirkens vermutet. Die Beklagte habe auch schuldhaft gehandelt.

15Wegen ihres Schadensersatzanspruchs müsse die Beklagte die Kläger so stellen, als hätten diese das Anlagegeschäft nicht abgeschlossen. Ein Anspruch der Beklagten auf Rückzahlung der Darlehen bestehe deshalb nicht. Es sei unschädlich, dass die Kläger ihren Schadensersatzanspruch nicht im Einzelnen beziffert hätten.

II.

16Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung in mehreren Punkten nicht stand.

171. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Kläger den geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus Aufklärungspflichtverletzung gemäß § 242 BGB ihrer Inanspruchnahme aus der Vollstreckungsunterwerfung entgegenhalten können.

18Der vermeintliche Schadensersatzanspruch der Kläger ist nach den Grundsätzen der Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB) darauf gerichtet, die Kläger so zu stellen, wie sie ohne die schuldhafte Aufklärungspflichtverletzung stünden (vgl. , BGHZ 186, 96 Rn. 46, vom - XI ZR 167/05, WM 2008, 154 Rn. 26 und vom - XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 61). Diesen Anspruch können die Kläger gemäß § 242 BGB ihrer Inanspruchnahme aus der Vollstreckungsunterwerfung entgegenhalten (vgl. , WM 2008, 154 Rn. 26 und vom - XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 61 aE).

19Der hiergegen gerichtete Revisionsangriff, die Kläger könnten den Schadensersatzanspruch schon deswegen nicht mit Erfolg einwenden, weil sie ihn, insbesondere unter Berücksichtigung anzurechnender Mieteinnahmen und Steuervorteile, nicht beziffert hätten, greift nicht durch. Ein Erfolg des geltend gemachten Anspruchs auf Naturalrestitution hätte die vollständige Rückabwicklung des Anlagegeschäfts zur Folge (vgl. , BGHZ 186, 96 Rn. 46, vom - XI ZR 167/05, WM 2008, 154 Rn. 26 und vom - XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 61). Unabhängig von einer in Betracht kommenden Vorteilsausgleichung (vgl. , WM 2010, 1641 Rn. 35 mwN) könnte die Beklagte bei Bestehen des Anspruchs jedenfalls nicht Rückzahlung der noch offenen Darlehensvaluta verlangen, derentwegen die Beklagte die Vollstreckung betreibt. Die Revision übersieht des Weiteren, dass der Rückabwicklungsanspruch auch darauf gerichtet ist, die Kläger von dem vollstreckbaren Schuldanerkenntnis zu befreien (Senatsurteil vom - XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 61). Ob die Beklagte, wie die Revision meint, im Falle der Rückabwicklung Anspruch auf Herausgabe von Vorteilen hat, die die bereits erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen übersteigen, und ob dieser Anspruch durch das Schuldanerkenntnis gesichert ist, kann deshalb dahinstehen.

202. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, die Beklagte sei den Klägern zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie die Kläger nicht über eine von ihr erkannte arglistige Täuschung über die Höhe der Vertriebsprovisionen aufgeklärt habe.

21a) Wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat, ist eine nicht beratende, sondern lediglich kreditgebende Bank nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- und Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Anlagegeschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Das ist etwa der Fall, wenn die Bank in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (st. Rspr., , BGHZ 186, 96 Rn. 16 und vom - XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 41).

22Auf eine im Kaufpreis enthaltene und an den Vertrieb gezahlte "versteckte Innenprovision" muss das den Immobilienerwerb finanzierende Kreditinstitut, mit dem kein Anlageberatungsvertrag geschlossen wurde, den Darlehensnehmer von sich aus grundsätzlich nicht hinweisen (st. Rspr., , BGHZ 186, 96 Rn. 17, vom - XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 46 und vom - XI ZR 53/02, WM 2004, 417, 418 f.). Dies gilt schon deshalb, weil die Veräußerung einer Immobilie zu einem überteuerten Kaufpreis nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs selbst für den Verkäufer nicht ohne weiteres einen zur Aufklärung verpflichtenden Umstand darstellt. Der Käufer hat nämlich grundsätzlich keinen Anspruch auf einen Erwerb des Objekts zu dessen Verkehrswert. Es bleibt vielmehr den Vertragsparteien bis an die Grenzen der Sittenwidrigkeit und des Wuchers überlassen, welchen Kaufpreis sie vereinbaren. Das gilt umso mehr, als jeder Verkaufspreis über dem reinen Verkehrswert liegende Gewinnanteile und Vertriebskosten enthalten kann und grundsätzlich keine Verpflichtung des Verkäufers, und schon gar nicht der finanzierenden Bank, besteht, dem Käufer ungefragt eine nähere Aufschlüsselung des Kaufpreises der Immobilie zu geben und den darin enthaltenen Provisionsanteil offen zu legen. Etwas anderes gilt erst dann, wenn es zu einer so wesentlichen Verschiebung der Relation zwischen Kaufpreis und Verkehrswert kommt, dass die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muss (st. Rspr., , BGHZ 186, 96 Rn. 17 und vom - XI ZR 194/02, WM 2004, 1221, 1225, jeweils mwN). Letzteres hat das Berufungsgericht hier nicht festgestellt.

23Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt dagegen ein aufklärungspflichtiger Wissensvorsprung aber dann vor, wenn die Bank positive Kenntnis davon hat, dass der Kreditnehmer von seinem Geschäftspartner oder durch den Fondsprospekt über das finanzierte Geschäft gemäß § 123 BGB arglistig getäuscht wurde (vgl. nur , BGHZ 186, 96 Rn. 20 und vom - XI ZR 243/05, WM 2007, 1831 Rn. 14, jeweils mwN).

24b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht hier eine arglistige Täuschung der Kläger durch den Vertrieb mit der Begründung bejaht, bei den Klägern sei gezielt der unrichtige Eindruck erweckt worden, für die Vermittlung des Erwerbs der Eigentumswohnungen falle lediglich die im Berechnungsbeispiel und im Vermittlungsauftrag genannte Provision von 3% zzgl. Umsatzsteuer an, während tatsächlich eine weitere Vertriebsprovision von 18,24% angefallen sei, die in der Position a) des im Verkaufsprospekt aufgeführten Gesamtaufwandes enthalten gewesen sei. Richtig ist vielmehr, dass die Kläger auf den Anfall einer weiteren Vertriebsprovision deutlich hingewiesen wurden und ihnen lediglich deren Höhe nicht offenbart worden ist. Darin liegt jedoch - unabhängig vom Bestehen etwaiger, hier nicht streitgegenständlicher Ansprüche gegen Prospektverantwortliche - keine arglistige Täuschung der Kläger gemäß § 123 BGB.

25aa) In dem Verkaufsprospekt, den der Senat selbst auslegen kann (, WM 2007, 873 Rn. 6 und vom - II ZR 300/08, WM 2011, 1658 Rn. 46), heißt es bei der Aufschlüsselung des Gesamtaufwandes unter "a) Grundstück, Gebäude incl. Vertrieb und Marketing". Daraus war für die Kläger ohne weiteres ersichtlich, dass in dem auf diese Position entfallenden Anteil von 76,70% des Gesamtaufwandes ein nicht weiter aufgeschlüsselter Teil für "Vertrieb und Marketing" enthalten war. Dies verkennt auch das Berufungsgericht nicht. Seine Auffassung, der Anleger werde dadurch, dass der Gesamtaufwand im Verkaufsprospekt einerseits in eine große Position von 76,70% und andererseits in elf weitere Positionen von teilweise weniger als 1% aufgeteilt sei, darüber getäuscht, dass der Anteil für "Vertrieb und Marketing" in der großen Position 18,24% betrage, hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

26Aus der bezifferten Höhe der Positionen b) bis l) der Kalkulation des Gesamtaufwandes im Prospekt kann nicht auf die Höhe der in der Position a) enthaltenen Vertriebsprovision geschlossen werden. Es existiert kein Erfahrungssatz des Inhalts, dass aus der Höhe einzelner Positionen einer Preiskalkulation auf die Zusammensetzung eines anderen Preisbestandteils bzw. auf die Höhe darin enthaltener, nicht bezifferter Unterpositionen geschlossen werden könnte. Das gilt unabhängig von der Höhe der bezifferten Preisbestandteile. Es kann deshalb nicht angenommen werden, eine unbezifferte Unterposition übersteige die bezifferten sonstigen Preisbestandteile nicht oder nur geringfügig.

27Die gegenteilige Annahme des Berufungsgerichts berücksichtigt zudem - ebenso wie auch die gesamte Argumentation der Revisionserwiderung - nicht den Unterschied zwischen einer vom Anleger direkt an Dritte zu zahlenden Vergütung einerseits und den vom Verkäufer aus dem Kaufpreis finanzierten (Vertriebs-)Kosten andererseits (üblicherweise als Außen- und Innenprovisionen voneinander abgegrenzt, vgl. Wagner in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl., § 15 Rn. 165). Bei den der Höhe nach im Prospekt ausgewiesenen Provisionen der Positionen b) bis l) handelt es sich um Außenprovisionen, die die Treuhänderin konzeptionsgemäß und aufgrund ausdrücklicher Vollmacht im Namen und auf Rechnung des Anlegers direkt an Dritte für zusätzliche Dienstleistungen (z.B. Nebenkostengarantie, Mietgarantie, Steuerberatung) zahlen sollte. Hierauf wird im Prospekt auch hingewiesen. Die Position a) "Grundstück, Gebäude incl. Vertrieb und Marketing" gibt demgegenüber den an die Bauträgerin zu zahlenden Kaufpreis an. Der hierauf entfallende Anteil von 76,70% des Gesamtaufwandes ist nicht näher aufgeschlüsselt. Nicht nachvollziehbar ist daher die Auffassung des Berufungsgerichts, dass aus der Höhe der an Dritte zu zahlenden Außenprovisionen auf die Höhe der von der Bauträgerin selbst zu tragenden und auch aus dem Kaufpreis zu entrichtenden Vertriebsprovisionen geschlossen werden könnte. Der Kalkulation des Gesamtaufwandes im Prospekt kann vielmehr lediglich entnommen werden, welche sonstigen Entgelte (Außenprovisionen) vom Anleger neben dem Kaufpreis zu zahlen sind.

28bb) Eine arglistige Täuschung lässt sich auch nicht dem formularmäßigen Vermittlungsauftrag und den vorformulierten Passagen im Berechnungsbeispiel entnehmen, die als Allgemeine Geschäftsbedingungen wegen ihrer offensichtlichen Verwendung über den Einzelfall hinaus vom Senat selbst ausgelegt werden können (st. Rspr., vgl. nur , NJW 2005, 2919, 2921 mwN).

29(1) Der Vermittlungsauftrag weist lediglich die vom Anleger direkt an den Vermittler zu zahlende Vergütung aus, enthält jedoch keine unzutreffenden und abschließenden Erklärungen über Anfall und Höhe sonstiger Vertriebsprovisionen des Vermittlers oder anderer Beteiligter. Im Gegenteil wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass "die Vertriebsbeauftragte … verschiedene Vermittler beauftragt [hat], die als Nachweismakler für diese und als Vermittlungsmakler für den/die Erwerber tätig werden". Dadurch wird nicht nur offen gelegt, dass verschiedene Vermittler mit dem Vertrieb der Kapitalanlage betraut sind, sondern auch, dass diese zusätzlich als Nachweismakler für eine zwischengeschaltete Vertriebsbeauftragte tätig werden. Schon daraus wird deutlich, dass anlässlich der Vermittlung des Anlegers neben der "Bearbeitungsgebühr" von 3% zzgl. Umsatzsteuer weitere Vertriebsprovisionen anfallen.

30Darüber hinaus wird in den auf der Rückseite des Vermittlungsauftrages aufgedruckten "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" unter "IV. Vergütung, Provision" ausdrücklich klargestellt, dass der Vermittler "in der Regel" noch weitere Vergütungsansprüche gegen sonstige Beteiligte hat. Dieser Hinweis ist eindeutig, so dass, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, die Unklarheitenregel des § 5 AGBG aF (jetzt: § 305c Abs. 2 BGB) nicht anzuwenden ist.

31(2) Das Berufungsgericht geht außerdem fehl, soweit es dem vom Vermittler verwandten Berechnungsbeispiel eine arglistige Täuschung entnimmt. Woraus sich eine arglistige Täuschung ergeben soll, wenn es dort heißt, "Marketing- und Bearbeitungsgebühr 3,42% incl. MwSt., nicht im Gesamtaufwand enthalten", ist nicht ersichtlich. Ausweislich der Feststellungen des Berufungsgerichts war dies tatsächlich die einzige Provision, die zusätzlich zum Gesamtaufwand anfiel. Dass neben dieser Außenprovision keine Innenprovision anfällt, ist damit jedenfalls nicht gesagt. Aus der Aufschlüsselung des Gesamtaufwandes im Verkaufsprospekt ergibt sich vielmehr, wie dargelegt, gemäß der Position a) das Gegenteil.

32Im Übrigen weist die Revision zu Recht darauf hin, dass das Berechnungsbeispiel ersichtlich nur bezweckte, die Gesamteinnahmen den Gesamtausgaben der Kläger gegenüberzustellen. Das Berechnungsbeispiel diente folglich nicht der Information über die Zusammensetzung des Gesamtaufwands. Lediglich die "Bearbeitungsgebühr" fand Erwähnung, weil sie zusätzlich zum Gesamtaufwand anfiel.

33cc) Schließlich kann auch die Feststellung des Berufungsgerichts, die Kläger seien durch mündliche Angaben des Vermittlers arglistig getäuscht worden, keinen Bestand haben.

34(1) Ob die Kläger durch unrichtige Angaben des Vermittlers arglistig getäuscht worden sind, ist allerdings eine Frage der Würdigung des konkreten Einzelfalls durch den Tatrichter, die in der Revisionsinstanz grundsätzlich nur beschränkter Nachprüfung unterliegt (Senatsurteil vom - XI ZR 232/09, WM 2010, 2069 Rn. 18 aE mwN). Zu prüfen ist insoweit, ob die tatrichterliche Würdigung vertretbar ist, nicht auf verfahrenswidriger Tatsachenfeststellung beruht und ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- oder Erfahrungssätze gewürdigt worden ist (vgl. , WM 2005, 27 und vom - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 25, jeweils mwN). Dieser Überprüfung halten die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht stand.

35(2) Der Vermittler hat danach in den Beratungsgesprächen zwar nicht auf den Anfall von Innenprovisionen hingewiesen. Dieser ergab sich jedoch dem Grunde nach aus Prospekt und Vermittlungsauftrag. Auch hat das Berufungsgericht keine falschen Angaben des Vermittlers hinsichtlich des Anfalls und der Höhe von Innenprovisionen festgestellt. Das Ergebnis der Beweisaufnahme trägt auch nicht, wie die Revision zu Recht rügt, die Schlussfolgerung, die Kläger seien davon abgehalten worden, Fragen zu stellen und ihnen sei der Eindruck vermittelt worden, keine weiteren Provisionen zahlen zu müssen. Anhaltspunkte hierfür sind nicht ersichtlich.

36dd) Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich damit von jenen vom Senat entschiedenen Fällen, in denen durch Verkaufsprospekte oder andere Urkunden - anders als hier - der falsche Eindruck einer abschließenden Darstellung der Vertriebskosten vermittelt und dadurch ein Irrtum der Anleger über die Höhe der Vertriebskosten erregt worden war (, BGHZ 186, 96 Rn. 21 ff., vom - XI ZR 456/07, WM 2009, 1028 Rn. 31 f. und vom - XI ZR 243/05, WM 2007, 1831 Rn. 15 aE). Im Senatsurteil vom - XI ZR 104/08 (aaO Rn. 31 f.) ging es insbesondere um den Ausweis von Provisionen zugunsten zweier Vermittlungsgesellschaften, durch die der falsche Anschein erweckt worden war, die Provisionen würden damit abschließend beziffert. Davon kann beim vorliegenden Vermittlungsauftrag angesichts des ausdrücklichen Hinweises auf weitere Vergütungsansprüche des Vermittlers keine Rede sein.

37Zutreffend haben deshalb andere Oberlandesgerichte für die hier vorliegenden oder vergleichbare Formulierungen in Verkaufsprospekten, Vermittlungsaufträgen und Berechnungsbeispielen eine arglistige Täuschung der Anleger über die Höhe der im Kaufpreis enthaltenen Vertriebsprovisionen verneint (vgl. z.B. OLG Braunschweig, Urteil vom - 8 U 121/08; OLG Frankfurt/M., Urteile vom - 23 U 207/07, 23 U 37/08 und 23 U 139/08, jeweils unveröffentlicht; vgl. auch Senatsbeschluss vom - XI ZR 20/10, juris).

383. Da eine arglistige Täuschung aus den genannten Gründen ausscheidet, bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob das Berufungsgericht - wie die Revision geltend macht - Kausalität, Arglist und Kenntnis der Beklagten von der arglistigen Täuschung zu Unrecht bejaht hat.

III.

39Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache, die mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen nicht zur abschließenden Entscheidung reif ist, ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

40Die Kläger haben ausweislich der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts nicht nur materiell-rechtliche Einwendungen gegen den titulierten Anspruch im Sinne des § 767 Abs. 1 BGB erhoben, sondern auch die Unwirksamkeit des Vollstreckungstitels geltend gemacht. Das ist Gegenstand einer prozessualen Gestaltungsklage analog § 767 Abs. 1 ZPO, die mit der Vollstreckungsabwehrklage verbunden werden kann (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom - XI ZR 200/09, BGHZ 185, 133 Rn. 15 und 18 mwN). Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - eine Entscheidung hierüber nicht getroffen. Das wird gegebenenfalls nachzuholen sein.

Fundstelle(n):
QAAAE-17643