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FG Berlin-Brandenburg Urteil v. - 9 K 9226/09 EFG 2012 S. 1802 Nr. 19

Gesetze: AO § 34 Abs. 1, AO § 69, AO § 88 Abs. 1, AO § 90 Abs. 1, AO § 97 Abs. 1, AO § 191 Abs. 1, HGB § 128

Haftungsinanspruchnahme der ehemaligen Gesellschafter-Geschäftsführer der Komplementär-GmbH nach dem Grundsatz der anteiligen Tilgungsquote nach Veräußerung der GmbH-Anteile an einen „Firmenbestatter” für rückständige Betriebssteuern der KG

Leitsatz

1. Die Mitgeschäftsführerin und Gesellschafterin der Komplementär-GmbH einer KG hat sowohl den objektiven als auch den subjektiven Tatbestand einer Haftung nach § 69 i. V. m. § 34 Abs. 1 AO für Abgabenverbindlichkeiten der KG verwirklicht, wenn sie grob fahrlässig nicht für eine fristgerechte Einreichung von Lohnsteueranmeldungen und Umsatzsteuererklärungen seitens der KG und auch nicht für eine fristgerechte Entrichtung der betreffenden Abgabenverbindlichkeiten der KG gesorgt hat. Sie haftet für die Betriebssteuern der KG einschließlich der steuerlichen Nebenleistungen hierzu jedoch nur mit dem Betrag, mit dem die Gesellschaft bei unzureichender Liquidität im Zeitpunkt der (ggf.) fiktiven Fälligkeit der Steuerforderungen das Finanzamt gegenüber anderen Gläubigern benachteiligt hat „anteilige Tilgungsquote”).

2. Das Finanzamt muss von dem Geschäftsführer einer GmbH, den es als Haftungsschuldner wegen nicht entrichteter Betriebssteuern in Haftung nehmen will, die zur Feststellung des Haftungsumfangs notwendigen Auskünfte über die anteilige Gläubigerbefriedigung im Haftungszeitraum verlangen, um die anteiligen Abgabenverbindlichkeiten, für die der Geschäftsführer in Haftung genommen werden kann, zu ermitteln.

3. Veräußert ein Gesellschafter-Geschäftsführer seine Gesellschaftsanteile an einen „Firmenbestatter” unter gleichzeitiger Abberufung als (Mit-)Geschäftsführer und übergibt diesem sämtliche für eine spätere Berechnung der sog. Tilgungsquote maßgebliche Geschäftsunterlagen, obliegt es ihm zumindest, von diesen Geschäftsunterlagen vorsorglich Fotokopien zurückzubehalten,damit er dem Fiskus später ggf. erforderliche sachkundige Auskünfte erteilen und diesem die notwendigen Belege zu seinen Sachverhaltsangaben zur Verfügung stellen kann. Bei Unterlassung dieser Verpflichtung ist sein Einwand, nicht mehr im Besitz der für die Ermittlung der Tilgungsquote maßgeblichen Geschäftsunterlagen zu sein, als rechtsmissbräuchlich zurückzuweisen.

4. Für eine sog. Firmenbestattung ist typisch, dass eine Person als alleiniger Geschäftsführer einer GmbH unter gleichzeitiger Abberufung der bisherigen Verantwortlichen bestellt wird, die wegen fehlenden Einkommens und Privatvermögens nicht als Haftungsschuldner des Fiskus in Betracht kommt. Außerdem wird zeitgleich die Firma des übernommenen Unternehmens geändert und deren Standort an einen bloßen Scheinsitz möglichst in einem anderen Bundesland verlegt.

5. Hat die (ehemalige) Gesellschafter-Geschäftsführerin der GmbH weder im gerichtlichen Verfahren noch nach Klageerhebung an der notwendigen Sachverhaltsaufklärung zur Ermittlung der Tilgungsquote mitgewirkt, obwohl dies von ihr aufgrund des Verkaufs ihrer Gesellschaftsanteile an einen Firmenbestatter in besonders starkem Umfang erwartet werden konnte, ist das Finanzgericht gleichwohl zur Schätzung einer unter 100 % liegenden Tilgungsquote befugt, wenn die Schätzung einer hundertprozentigen Haftungsquote im vorliegenden Fall weder in sich schlüssig noch wirtschaftlich vernünftig wäre (Abgrenzung zum ).

Fundstelle(n):
AO-StB 2012 S. 335 Nr. 11
EFG 2012 S. 1802 Nr. 19
EAAAE-15583

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FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 31.05.2012 - 9 K 9226/09

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