BGH Beschluss v. - IV AR (VZ) 2/12

Zwangsverwalterbestellung: Fortsetzungsfeststellungsantrag bezüglich der Rechtswidrigkeit der unterbliebenen Bestellung auf Grund fehlerhafter Ausübung des Auswahlermessens

Gesetze: Art 3 Abs 1 GG, Art 19 Abs 4 GG, § 23 GVGEG, §§ 23ff GVGEG, § 24 Abs 1 GVGEG, § 28 Abs 1 S 1 GVGEG, § 28 Abs 1 S 4 GVGEG, § 150 ZVG

Instanzenzug: OLG Frankfurt Az: 20 VA 3/11

Gründe

1I. Der Antragsteller begehrt die Feststellung, dass seine Nichtbestellung zum Zwangsverwalter durch das Amtsgericht Eschwege in sämtlichen Verfahren mit einem Aktenzeichen aus dem Jahr 2010 rechtswidrig gewesen ist.

21. Bereits in zwei vorangegangenen Verfahren hatte der Antragsteller sich gegen die Vergabepraxis des Amtsgerichts gewandt. Zunächst begehrte er, den Antragsgegner zu verpflichten, die Gründe dafür mitzuteilen, dass er in der Zeit vom bis zum in keinem Verfahren zum Zwangsverwalter für in einem bestimmten Bezirk des Amtsgerichts Eschwege belegene Grundstücke bestellt worden ist. Diesen Antrag wies das Beschwerdegericht durch Beschluss vom (20 VA 9/07) zurück (Rpfleger 2009, 102). In einem weiteren Verfahren beantragte der Antragsteller festzustellen, dass seine Nichtbestellung zum Verwalter in der Zeit vom bis zum und vom bis zum in einem Teil des Amtsgerichtsbezirks Eschwege rechtswidrig gewesen ist. Das Beschwerdegericht wies diesen Antrag mit Beschluss vom zurück (20 VA 13/08). Die hiergegen eingelegte Verfassungsbeschwerde nahm das ) nicht zur Entscheidung an (NJW 2010, 1804).

3Der Antragsteller macht geltend, er sei in den Jahren 2000 und 2001 vom Amtsgericht Eschwege regelmäßig als Zwangsverwalter eingesetzt worden. Nachdem die Staatsanwaltschaft im August 2001 gegen ihn Anklage wegen versuchter Erpressung erhoben habe, sei er am vom Amtsgericht Eschwege - Schöffengericht - verurteilt worden. Der Vorsitzende habe ihm gegenüber geäußert: "Die Sache wird auch Folgen für Ihre weitere Tätigkeit als Zwangsverwalter haben". Das Verfahren sei in der Berufungsinstanz beim Landgericht später eingestellt worden. Gleichwohl sei er seit dem nur noch in zwei Fällen am und am zum Zwangsverwalter bestellt worden. Einen sachlichen Grund für seine nur geringfügige Berücksichtigung gebe es nicht. Dieser sei ihm auch nicht mitgeteilt worden. Vielmehr sei er im Wege des sogenannten "kalten Delistings" faktisch nicht mehr berücksichtigt worden. Der Antragsteller begehrt die Feststellung, dass seine Nichtbestellung durch das Amtsgericht Eschwege in den Verfahren 3 L 1/10 bis 3 L 54/10 rechtswidrig gewesen sei, wobei er mit dem Verfahren 3 L 1/10 beginnt und jeweils das Verfahren mit dem nächst höheren Aktenzeichen als Hilfsantrag einführt.

4Der Antragsgegner hält die gewählte Verfahrensweise für unzulässig, da es an der Bezugnahme auf ein Verwaltungshandeln im Einzelfall fehle. Tatsächlich hätten die Rechtspfleger beim Amtsgericht Eschwege ihr Ermessen pflichtgemäß ausgeübt. In den im Jahr 2010 in Gang gekommenen 24 Zwangsverwaltungsverfahren seien in zwei Fällen ein Institutsverwalter und in den übrigen 22 Fällen insgesamt sechs verschiedene Personen zu Zwangsverwaltern bestellt worden.

52. Das Beschwerdegericht hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 23 ff. EGGVG für nicht zulässig erachtet. Er sei im Ergebnis nichts anderes als ein Antrag auf Überprüfung der gesamten Bestellungspraxis bei Zwangsverwaltungen im Bezirk des Amtsgerichts im Jahr 2010. Eine solche Vorgehensweise sei von den §§ 23 ff. EGGVG, insbesondere § 28 Abs. 1 Satz 4 EGGVG, nicht gedeckt. Zwar sei der Zugang zum Anfechtungs- und Verpflichtungsverfahren nach §§ 23 ff. EGGVG grundsätzlich eröffnet. Diese Regelungen schafften aber keine geschützten Rechtspositionen, sondern setzten diese voraus. Die in § 28 EGGVG eröffneten Entscheidungsmöglichkeiten schieden im Hinblick auf eine Zwangsverwalterbestellung von vornherein aus. Der übergangene Prätendent habe nicht die Möglichkeit, gegen die Ernennung seines Mitbewerbers zum Zwangsverwalter im Zwangsverwaltungsverfahren vorzugehen. Auch der nachsorgende Rechtsschutz nach § 28 Abs. 1 Satz 4 EGGVG komme aber nicht zum Tragen. Es bedeutete eine Überdehnung der gesetzlichen Prüfungsermächtigung, wenn ohne den erforderlichen Fortsetzungszusammenhang die Handhabung der Gerichte bei Bestellungs- und Auswahlentscheidungen einer nachträglichen Überprüfung unterzogen werde. Eine flächendeckende Überprüfung der Bestellungspraxis verkehre die Gewichtung von Hauptziel und Nebenwirkung der Bestellung in ihr Gegenteil. Ferner fehle das erforderliche Feststellungsinteresse. Ein künftiger Amtshaftungsprozess begründe bei Erledigung der Maßnahme  wie hier  vor Antragstellung kein Feststellungsinteresse. Denn das Oberlandesgericht könne die Rechtswidrigkeit des Justizverwaltungsakts nicht prozessökonomischer feststellen als das Zivilgericht im Amtshaftungsprozess. Die Rechtswidrigkeit der Nichtbestellung des Antragstellers ergebe sich auch nicht aus der verstrichenen Zeit. Der Antragsteller habe zwar ein Recht auf pflichtgemäße Ermessensausübung, aber kein Recht auf eine gleiche Bestellungsquote wie seine Mitbewerber. Für eine Einzelfallprüfung fehle die erforderliche Darlegung, warum der Antragsteller gegenüber dem jeweils ernannten Zwangsverwalter die bessere Wahl gewesen sei. Eine allgemeine Begründungspflicht des Rechtspflegers für die Auswahlentscheidung gebe es nicht.

6II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Beschluss des Beschwerdegerichts ist daher aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.

71. Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG entscheiden über die Rechtmäßigkeit von Anordnungen, Verfügungen oder sonstigen Maßnahmen, die von den Justizbehörden zur Regelung einzelner Angelegenheiten u.a. auf dem Gebiet des Zivilprozesses getroffen werden (Justizverwaltungsakte), auf Antrag die ordentlichen Gerichte. Dabei entspricht es einhelliger Auffassung, dass der Begriff der Justizbehörde im funktionellen Sinne zu verstehen ist, wenn es darum geht, ob die jeweils in Rede stehende Amtshandlung in Wahrnehmung einer Aufgabe vorgenommen worden ist, die der jeweiligen Behörde als ihre spezifische Aufgabe auf einem der in § 23 EGGVG genannten Rechtsgebiete zugewiesen ist (Senatsbeschluss vom - IV AR (VZ) 6/07, NJW-RR 2008, 717 Rn. 10 f.). Der Zwangsverwalter wird gemäß § 150 Abs. 1 ZVG vom Gericht bestellt. Funktionell zuständig hierfür ist nach § 3 Nr. 1 i RPflG der Rechtspfleger. Die Auswahl des Verwalters erfolgt nach pflichtgemäßem Ermessen des Vollstreckungsgerichts (, WM 2005, 1323 unter III 1).

8Bei dieser Entscheidung des Vollstreckungsgerichts über die Ernennung eines Zwangsverwalters handelt es sich um die Ausübung öffentlicher Gewalt i.S. von Art. 19 Abs. 4 GG mit der darin vorgesehenen Gewährleistung von Rechtsschutz, nicht dagegen um die Ausübung rechtsprechender Gewalt (BVerfG NJW 2010, 1804 Rn. 9). Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts über die Bestellung eines Zwangsverwalters sind auf dieser Grundlage als Justizverwaltungsakte gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG anzusehen (Zöller/Lückemann, ZPO 29. Aufl. § 23 EGGVG Rn. 24; MünchKomm-ZPO/Rauscher/Pabst, ZPO 3. Aufl. § 23 EGGVG Rn. 53, 78; Kissel/Mayer, GVG 6. Aufl. § 23 EGGVG Rn. 131a, 170; Drasdo, NJW 2005, 1549; Böttcher/Keller in Böttcher, ZVG 5. Aufl. § 150 Rn. 3b; Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung 5. Aufl. § 150a ZVG Rn. 12c; anders noch Hintzen/Wolf, Zwangsvollstreckung, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung 2006 Rn. 13.182, die von einem justizfreien Hoheitsakt ausgehen).

92. Der Antragsteller ist auch antragsbefugt gemäß § 24 Abs. 1 EGGVG. Dies ergibt sich bei der hier zu treffenden Auswahlentscheidung aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (BVerfG NJW 2010, 1804 Rn. 9). Das Verbot einer willkürlichen Ungleichbehandlung begründet bei Einräumung von Ermessen eine Verpflichtung zu dessen sachgerechter Ausübung. Der mit einem konkreten Fall befasste Rechtspfleger darf seine Entscheidung für einen bestimmten Zwangsverwalter nicht nach freiem Belieben treffen, sondern muss sein Auswahlermessen pflichtgemäß ausüben. Für den Erwerber besteht daher ein subjektives Recht auf pflichtgemäße Ermessensausübung (vgl. ferner Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen aaO Rn. 12 b), c); sowie BVerfG NJW 2006, 2613 Rn. 31 für die Auswahlentscheidung bei Insolvenzverwaltern).

103. Unzutreffend geht das Beschwerdegericht demgegenüber davon aus, der hier erhobene Fortsetzungsfeststellungsantrag gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1, 4 EGGVG sei unzulässig, da er im Ergebnis nichts anderes sei als ein Antrag auf Überprüfung der gesamten Vergabepraxis bei Zwangsverwaltungen bei dem Amtsgericht Eschwege und in Fällen der Zwangsverwalterbestellung keine Rechtsschutzmöglichkeit gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 bis 3 EGGVG bestehe.

11a) Das Bundesverfassungsgericht hat im vorliegenden Fall mit seinem Beschluss vom zwar ausgeführt, die Ablehnung eines "abstrakten" Feststellungsantrags wegen Nichtberücksichtigung bei der Auswahl von Zwangsverwaltern verletze den Antragsteller nicht in dessen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz. Dieser könne aber dadurch gewährleistet werden, dass der Betroffene die Entscheidung in einem konkreten Einzelfall zum Anlass nehme, um mit einem zulässigen Feststellungsantrag eine gerichtliche Überprüfung auf etwaige Ermessensfehler herbeizuführen. Ein solcher Ermessensfehler könne beispielsweise darin bestehen, einen Bewerber von vornherein nicht ernsthaft in die Auswahlentscheidung einzubeziehen, obwohl er als geeignet angesehen wird (aaO Rn. 10). Auch in Rechtsprechung und Schrifttum werden derartige nachträgliche Fortsetzungsfeststellungsanträge von übergangenen Prätendenten im Rahmen einer Verwalterbestellung nach § 28 Abs. 1 Satz 4 EGGVG für zulässig erachtet (OLG Koblenz NJW-RR 2005, 1075, 1079 für einen Insolvenzverwalter; Gaier, ZInsO 2006, 1177, 1182; Frind, ZInsO 2010, 986, 990; Römermann, ZInsO 2010, 667, 669 f.; MünchKomm-ZPO/Rauscher/Pabst aaO Rn. 53, 78).

12Hierbei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der übergangene Prätendent berechtigt ist, gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 bis 3 EGGVG die Ernennung eines anderen Bewerbers zum Zwangsverwalter anzufechten und dessen Ernennung rückgängig zu machen. Für die Bestellung eines Insolvenzverwalters hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, bei dessen Auswahl aus dem Kreis der geeigneten Bewerber seien auch die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Belange der Gläubiger zu berücksichtigen. Deren berechtigtes Interesse an einer zügigen, ungestörten Abwicklung des Insolvenzverfahrens erfordere eine Einschränkung des Rechtsschutzes der Bewerber um das Insolvenzverwalteramt (BVerfG NJW 2006, 2613 Rn. 47 ff.). Der Rechtsschutz zu Gunsten der Bewerber um das Insolvenzverwalteramt sei daher lediglich unter Ausschluss einer Möglichkeit zur Drittanfechtung der Bestellung gewährt. Zugleich hat das Bundesverfassungsgericht darauf hingewiesen, weitergehende Einschränkungen des Rechtsschutzes der Bewerber seien nicht gerechtfertigt. Insbesondere komme ein Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Insolvenzverwalterbestellung wegen fehlerhafter Ausübung des Auswahlermessens in Betracht (aaO Rn. 57; ferner Gaier, ZInsO 2006, 1177, 1179). Diese Grundsätze können auch auf einen Zwangsverwalter übertragen werden (MünchKomm-ZPO/Rauscher/Pabst, § 23 EGGVG Rn. 53, 78; Zöller/Lückemann, § 23 EGGVG Rn. 24; Böttcher/Keller aaO Rn. 3 b); Kissel/Mayer, GVG 6. Aufl. § 23 EGGVG Rn. 131 a, 170). Dem Antragsteller muss daher, selbst wenn er die Bestellung eines Mitbewerbers nicht rückgängig machen kann, zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes die Möglichkeit gegeben werden, die Rechtmäßigkeit der erfolgten Bestellung nachträglich überprüfen zu lassen (vgl. BVerfG NJW 2010, 1804 Rn. 10).

13b) Auf dieser Grundlage kann entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts auch der Umstand, dass die Eröffnung von Verdienstmöglichkeiten für die durch die gerichtliche Bestellung ausgewählten Personen nicht das Ziel, sondern nur die Nebenwirkung der gerichtlichen Bestellung ist, nicht dazu führen, Bewerbern hinsichtlich der Auswahlentscheidung des Gerichts jede Überprüfungsmöglichkeit zu versagen.

14c) Soweit der Antragsteller ferner in insgesamt 54 Zwangsverwaltungsverfahren aus dem Jahr 2010 beantragt festzustellen, dass seine nicht erfolgte Bestellung zum Zwangsverwalter rechtswidrig war, stellt dies keine Umgehung des vom Beschwerdegericht mit Beschluss vom für unzulässig erachteten "abstrakten" Feststellungsantrags dar (20 VA 13/08). Der Antragsteller begehrt bei den Verfahren aus dem Jahr 2010 nicht nebeneinander die Feststellung der Rechtswidrigkeit der unterbliebenen Bestellung in 54 Fällen, sondern beginnt mit dem Verfahren 3 L 1/10 und stützt sich auf die weiteren Verfahren mit dem jeweils nächst höheren Aktenzeichen nur hilfsweise. Er ist nicht darauf verwiesen, nur hinsichtlich einer bestimmter Anzahl von Verfahren die Rechtswidrigkeit der Vergabepraxis feststellen zu lassen, da er selbst an keinem der Verfahren beteiligt war und insoweit keine Kenntnis hatte.

154. Mit unzutreffender Begründung hat das Beschwerdegericht ferner das berechtigte Interesse des Antragstellers an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme gemäß § 28 Abs. 1 Satz 4 EGGVG verneint. Hierfür genügt jedes aufgrund von vernünftigen Erwägungen nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art (BGH, Senat für Notarsachen, Beschluss vom - NotZ 10/10, NJW-RR 2012, 57 Rn. 16; MünchKomm-ZPO/Rauscher/Pabst, § 28 EGGVG Rn. 11). Das Beschwerdegericht hat das berechtigte Interesse allein unter dem Gesichtspunkt der Vorbereitung eines Amtshaftungsanspruchs geprüft. Hierbei ist es in Übereinstimmung mit einer in Rechtsprechung und Schrifttum vielfach vertretenen Ansicht davon ausgegangen, dass das erforderliche Feststellungsinteresse nicht gegeben ist, wenn sich die Maßnahme vor Antragstellung erledigt (OLG Dresden NJW-RR 2002, 718; Kammergericht NJW-RR 1991, 1085; OLG Frankfurt, Beschluss vom - 20 VA 8/05, bei juris Rn. 13; Kissel/Mayer aaO § 28 EGGVG Rn. 19; MünchKomm-ZPO/Rauscher/Pabst aaO Rn. 12). Begründet wird dies damit, dass das Oberlandesgericht im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG die Rechtswidrigkeit des Justizverwaltungsaktes nicht prozessökonomischer feststellen könne als das Zivilgericht im Amtshaftungsprozess.

16Übersehen hat das Beschwerdegericht indessen, dass sich das berechtigte Interesse auch aus einer Wiederholungsgefahr oder einem fortwirkenden diskriminierenden Charakter einer Maßnahme ergeben kann (BGH, Senat für Notarsachen aaO Rn. 17 f.; MünchKomm-ZPO/Rauscher/Pabst aaO Rn. 11; Kissel/Mayer aaO Rn. 18). Hier liegt eine Wiederholungsgefahr bereits deshalb auf der Hand, weil der Antragsteller geltend macht, seit dem nur noch in zwei Fällen als Zwangsverwalter eingesetzt worden zu sein, während er in den Jahren 2000 und 2001 im Bezirk des Amtsgerichts Eschwege regelmäßig als Zwangsverwalter bestellt worden sei.

175. Soweit das Beschwerdegericht ergänzend darauf abgestellt hat, allein aus der Dauer der Nichtbestellung des Antragstellers ergäben sich keine Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit seiner Nichtbestellung, handelt es sich nicht um eine Frage der vom Beschwerdegericht verneinten Zulässigkeit des Antrags nach § 23 EGGVG, sondern der Begründetheit. Hierzu ist für das weitere Verfahren darauf hinzuweisen, dass dem Antragsteller kein Recht auf Bestellung im Einzelfall oder eine gleiche Bestellungsquote wie seine Mitbewerber zusteht. Er hat allerdings einen Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens seitens des Vollstreckungsgerichts in jedem Einzelfall.

18In diesem Zusammenhang kann der Antragsteller zwar keine allgemeine Überprüfung der gesamten Bestellungspraxis in einem bestimmten Zeitraum ohne Angabe konkreter Gründe dazu verlangen, warum im jeweiligen Einzelfall seine Nichtbestellung ermessensfehlerhaft gewesen sein soll. So liegt es hier indessen nicht. Der Antragsteller macht geltend, unabhängig von der Person des jeweils bestellten Zwangsverwalters sei er im Nachgang der Strafverhandlung vor dem Schöffengericht des Amtsgericht Eschwege im Jahr 2002 und der dort erfolgten Äußerung des Vorsitzenden generell, und damit zugleich auch in jedem einzelnen Fall im Jahr 2010, von der Bestellung zum Zwangsverwalter ausgeschlossen worden. Dieser Ausschluss trotz fehlender strafrechtlicher Verurteilung sei ohne sachlichen Grund und mit gezielter Schädigungsabsicht erfolgt. Ferner verfüge er über den für Zwangsverwalter vorgeschriebenen Haftpflichtversicherungsschutz und reiche dem Amtsgericht zu Beginn jeden Jahres eine aktuelle Bestätigung seines Haftpflichtversicherers ein, während nicht ersichtlich sei, dass die ernannten Zwangsverwalter ihrerseits über den erforderlichen Haftpflichtversicherungsschutz verfügten.

19Der Antragsteller hat damit hinreichend substantiiert vorgetragen, warum seine in den Verfahren im Jahr 2010 jeweils nicht erfolgte Bestellung zum Zwangsverwalter ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig gewesen sei. Zu weiterem Vortrag war er nicht in der Lage. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass er hinsichtlich des Auswahlverfahrens sowie der Person des jeweiligen Zwangsverwalters in den einzelnen Verfahren über konkrete Informationen verfügte bzw. sich diese hätte verschaffen können. Insoweit überspannt das Beschwerdegericht die Anforderungen an die Darlegungslast des Antragstellers. Steht ein darlegungspflichtiger Kläger bzw. Antragsteller außerhalb des für seinen Anspruch erheblichen Geschehensablaufs und kennt der Beklagte bzw. Antragsgegner alle wesentlichen Tatsachen, so genügt nach den Grundsätzen über die sekundäre Darlegungslast sein einfaches Bestreiten nicht, sofern ihm nähere Angaben zuzumuten sind (, VersR 2008, 976 Rn. 16 m.w.N.). An einem derartigen Vortrag des Antragsgegners fehlt es bisher. Er hat sich auf den allgemeinen Hinweis beschränkt, im Jahr 2010 seien von den 24 Zwangsverwaltungsverfahren in zwei Fällen Institutsverwalter und in den übrigen 22 Fällen insgesamt sechs verschiedene Personen zu Zwangsverwaltern bestellt worden. Erforderlich wäre indes gewesen, dass der Antragsgegner zu diesem Vortrag des Antragstellers konkret Stellung nimmt und damit darlegt, warum der Antragsteller nach den Grundsätzen ermessensfehlerfreier Auswahl nicht zu berücksichtigen war. Erst dann ist der Antragsteller seinerseits zu ergänzendem Vortrag in der Lage.

20Die Sache war daher an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, welches nunmehr über die Begründetheit des Antrags zu befinden haben wird.

Mayen                                                Wendt                                           Felsch

                    Harsdorf-Gebhardt                                 Dr. Karczewski

Fundstelle(n):
NJW-RR 2012 S. 1363 Nr. 22
ZIP 2012 S. 2125 Nr. 43
CAAAE-15267