BGH Urteil v. - XI ZR 173/11

Finanzierten Eigentumswohnungskauf im Steuersparmodell: Arglistige Täuschung des Kaufinteressenten durch Angaben im Verkaufsprospekt mit Verschleierung der Höhe einer Innenprovision; Auslegung eines formularmäßigen Vermittlungsauftrags und vorformulierter Angaben in einem Berechnungsbeispiel

Gesetze: § 123 BGB, § 5 AGBG vom

Instanzenzug: OLG Oldenburg (Oldenburg) Az: 8 U 53/10vorgehend LG Oldenburg (Oldenburg) Az: 9 O 4267/04nachgehend OLG Oldenburg (Oldenburg) Az: 8 U 53/10 Urteil

Tatbestand

1Der Kläger wendet sich aus "eigenem und abgetretenem Recht" seiner Ehefrau gegen die Zwangsvollstreckung aus notariellen Urkunden, die im Zusammenhang mit dem von der Beklagten zu 2 finanzierten Erwerb zweier Eigentumswohnungen errichtet wurden. Die Beklagte zu 1 ist Rechtsnachfolgerin der Beklagten zu 2.

2Der Kläger und die Zedentin (im Folgenden: die Anleger) wurden 1992 von einem Vermittler geworben, zwecks Steuerersparnis zwei noch zu errichtende Eigentumswohnungen in der Wohnanlage M.                in O.      zu erwerben. Das Auftragsformular des Vermittlers und das von ihm verwendete Berechnungsbeispiel weisen eine an den Vermittler zu zahlende Bearbeitungsgebühr in Höhe von 3% des kalkulierten Gesamtaufwandes zzgl. Umsatzsteuer aus. Im Vermittlungsauftrag heißt es außerdem:

"Die Vertriebsbeauftragte hat ihrerseits verschiedene Vermittler beauftragt, die als Nachweismakler für diese und als Vermittlungsmakler für den/die Erwerber tätig werden. Der jeweilige Vermittler ist berechtigt, vom Auftraggeber eine Bearbeitungsgebühr von 3% des kalkulierten Aufwandes zzgl. Umsatzsteuer in jeweiliger Höhe auf eigene Rechnung zu vereinnahmen."

3In den auf der Rückseite des Vermittlungsauftrags abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird unter "IV. Vergütung, Provision" unter anderem ausgeführt:

"Der Vermittler hat in der Regel einen Vergütungsanspruch gegenüber den vorgenannten Prospektanbietern, Beteiligungs- oder Betriebsgesellschaften auf der Grundlage der mit diesen geschlossenen Verträgen."

4Des Weiteren verwendete der Vermittler einen Verkaufsprospekt, der hinsichtlich des kalkulierten Gesamtaufwandes folgende Angaben enthält:

VIII. Aufteilung (in %) des kalkulierten Gesamtaufwandes, der sich aufgrund der vorgesehenen Konzeption ergibt:

5In die Position a) "Grundstück, Gebäude incl. Vertrieb und Marketing" waren Provisionen an Dritte in Höhe von 18,24% brutto des Gesamtaufwands eingepreist.

6Die von den Anlegern bevollmächtigte C.   Steuerberatungsgesellschaft mbH (im Folgenden: Treuhänderin), schloss namens der Anleger mit der Bauträgerin am einen notariellen Kauf- und Werklieferungsvertrag über die Eigentumswohnungen Nr. .. und Nr. .. der Wohnanlage. Darin übernahmen sie einen Anteil der auf dem Gesamtgrundstück lastenden Grundschuld, die der Beklagten zu 2 zuvor von der Bauträgerin durch notarielle Urkunde vom bewilligt worden und gegen den jeweiligen Eigentümer sofort vollstreckbar war. Zugleich übernahmen die Anleger in Höhe der anteiligen Grundschuldbeträge, insgesamt 285.844 DM, die persönliche Haftung und unterwarfen sich der persönlichen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen.

7Darüber hinaus schloss die Treuhänderin namens der Anleger in den Jahren 1992 und 1993 mit der Beklagten zu 2 mehrere Darlehensverträge, deren Valuta in Höhe von insgesamt 310.206 DM zur Finanzierung des Gesamtaufwands zuzüglich Disagio und Bearbeitungsgebühr (Agio) verwandt wurde. Nachdem die Anleger die Bedienung der Finanzierungsdarlehen im Mai 2002 eingestellt hatten, kündigte die Beklagte zu 1 die Darlehen mit Schreiben vom und betrieb die Zwangsvollstreckung.

8Mit der Klage wendet sich der Kläger - gestützt unter anderem auf Schadensersatzansprüche wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung - gegen die Zwangsvollstreckung in das persönliche Vermögen aus dem notariellen Kauf- und Werklieferungsvertrag sowie aus der Grundschuldbestellungsurkunde. Er begehrt außerdem die Feststellung, dass er zu Leistungen aus den Darlehensverträgen nicht verpflichtet ist und dass er Anspruch auf Schadensersatz aus der Verwertung von Sicherheiten hat.

9Der Kläger hat die Klage zunächst gegen die Beklagte zu 2 erhoben. Mit Schriftsatz vom hat er beantragt, das Rubrum zu berichtigen, da die Beklagte zu 1 die richtige Beklagte sei. Das Landgericht hat durch sein nur die Beklagte zu 1 im Rubrum aufführendes Urteil die Zwangsvollstreckung aus den notariellen Urkunden für unzulässig erklärt. Im Übrigen hat es die Klage als unzulässig sowie die erhobene Hilfswiderklage wegen des restlichen Darlehensanspruchs als unbegründet abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zu 1 hat das Berufungsgericht zurückgewiesen, die Berufung der Beklagten zu 2 hat es als unzulässig verworfen. Dagegen richten sich die vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen der Beklagten. Die Beklagte zu 2 hat ihre Revision in der Revisionsverhandlung zurückgenommen.

Gründe

10Die Revision der Beklagten zu 1 ist begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

11Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in BeckRS 2011, 05365 veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Belang - im Wesentlichen ausgeführt:

12Die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte zu 1 sei wegen entgegenstehender Schadensersatzansprüche unzulässig. Die Haftung der Beklagten zu 1 (als Rechtsnachfolgerin der Beklagten zu 2) gründe sich darauf, dass sie den Kläger nicht über eine von ihr erkannte arglistige Täuschung über die Höhe der Provision aufgeklärt habe. Beim Kläger sei gezielt der unrichtige Eindruck erweckt worden, für die Vermittlung des Erwerbs der Eigentumswohnungen werde lediglich die im Berechnungsbeispiel genannte Bearbeitungsgebühr von 3% zzgl. Umsatzsteuer anfallen, obwohl tatsächlich im Einvernehmen aller am Bauträgermodell Beteiligter einschließlich der beklagten Bank wesentlich höhere Provisionen an den Vertrieb geflossen seien. Der als Zeuge vernommene Vermittler habe angegeben, dass ein Kunde bei Fragen zum Verdienst des Vermittlers üblicherweise auf die im Berechnungsbeispiel genannte Bearbeitungsgebühr verwiesen und ihm gesagt worden sei, der Bauträger zahle außerdem eine kleine Innenprovision. Die Beratungsgespräche seien nach einem vom Vertrieb vorgegebenen Muster abgelaufen, das den Eindruck vermittelt habe, dass keine weiteren Provisionen zu zahlen seien. Aus dem vorgelegten Berechnungsbeispiel und dem Beratungsgespräch habe der Kläger deshalb entnehmen müssen, dass er im Falle des Erwerbs der Immobilien nur die Außenprovision von 3,42% brutto zusätzlich zum Gesamtaufwand zu zahlen habe.

13Der Vermittlungsauftrag sei ebenfalls Mittel zur Täuschung der Kunden gewesen, denn der dort enthaltene Hinweis auf die Bearbeitungsgebühr von 3,42% brutto des kalkulierten Gesamtaufwandes beziehe sich lediglich auf die im Berechnungsbeispiel genannte Außenprovision. Der Kunde könne dem nicht entnehmen, dass im Gesamtaufwand eine weitere Provision in erheblicher Höhe enthalten sei. Ähnliches gelte für die auf der Rückseite des Vermittlungsauftrags abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen, in denen gleichfalls Anfall und Höhe der Provision verschleiert würden.

14Schließlich sei der Kläger durch den Vertriebsprospekt gezielt getäuscht worden, wo dem Kunden durch die Aufteilung in eine große Aufwandsposition für Grundstück/Gebäude und in elf weitere Positionen, die teilweise weniger als 1% des Gesamtaufwandes ausmachten, vorgespiegelt werde, im Gesamtaufwand seien weitere Provisionen nicht enthalten, jedenfalls nicht in der erheblichen Höhe von 18,24% des Gesamtaufwandes. Daran ändere auch der Zusatz "incl. Vertrieb und Marketing" nichts. Die Auflistung erwecke den Eindruck, dass es sich dabei allenfalls um Marginalien, nicht aber um die zweitgrößte Aufwandsposition handele.

15Für das Vorliegen der Arglist sei nicht auf den vor Ort tätigen Vermittler, sondern auf das arglistige Verhalten der Vertriebsgesellschaften abzustellen. Ein vorsatzausschließender Rechtsirrtum des Vertriebs scheide aus. Die Täuschung sei zumindest mitursächlich für die vom Kläger abgegebene Willenserklärung gewesen. Die Kenntnis der Beklagten von der evidenten arglistigen Täuschung durch den Vertrieb werde nach den Grundsätzen des institutionalisierten Zusammenwirkens vermutet. Die Beklagten hätten auch schuldhaft gehandelt.

16Wegen seines Schadensersatzanspruchs müssten die Beklagten den Kläger so stellen, als habe dieser das Anlagegeschäft nicht abgeschlossen. Ein Anspruch der Beklagten auf Rückzahlung der Darlehen bestehe deshalb nicht. Es sei unschädlich, dass der Kläger seinen Schadensersatzanspruch nicht im Einzelnen beziffert und die Übertragung der Eigentumswohnungen nicht angeboten habe. Da die Vollstreckungsgegenklage Erfolg habe, sei die von den Beklagten erhobene Hilfswiderklage unbegründet.

II.

171. Das Berufungsurteil kann von vornherein keinen Bestand haben, soweit der Klage (auch) aus abgetretenem Recht der Ehefrau des Klägers stattgegeben worden ist.

18Die Vollstreckungsabwehrklage kann nach allgemeiner Meinung nur vom Vollstreckungsschuldner selbst erhoben werden (BAG, NJW 1964, 687, 689; OLG Zweibrücken, WM 2003, 380, 382; Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 767 Rn. 9; Musielak/Lackmann, ZPO, 9. Aufl., § 767 Rn. 21; Münzberg in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 767 Rn. 9; MünchKomm/Schmidt, ZPO, 3. Aufl., § 767 Rn. 44; Saenger/Kindl, ZPO, 4. Aufl., § 767 Rn. 18). Dass hier aus besonderen Gründen etwas anders gelten könnte, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Insbesondere ist vorliegend kein Fall der Rechtsnachfolge gegeben. In die Stellung als persönlicher Vollstreckungsschuldner kann der Kläger durch Abtretung nicht eingerückt sein.

192. Das Berufungsurteil kann auch im Übrigen keinen Bestand haben.

20a) Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Kläger den geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus Aufklärungspflichtverletzung gemäß § 242 BGB seiner Inanspruchnahme aus der Vollstreckungsunterwerfung entgegenhalten kann.

21Der vermeintliche Schadensersatzanspruch des Klägers ist nach den Grundsätzen der Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB) darauf gerichtet, den Kläger so zu stellen, wie er ohne die schuldhafte Aufklärungspflichtverletzung stünde (vgl. , BGHZ 168, 1 Rn. 61, vom - XI ZR 167/05, WM 2008, 154 Rn. 26 und vom - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 46). Diesen Anspruch kann der Kläger gemäß § 242 BGB seiner Inanspruchnahme aus der Vollstreckungsunterwerfung entgegenhalten (vgl. , BGHZ 168, 1 Rn. 61 aE und vom - XI ZR 167/05, WM 2008, 154 Rn. 26).

22Der hiergegen gerichtete Revisionsangriff, der Kläger könne den Schadensersatzanspruch schon deswegen nicht mit Erfolg einwenden, weil er ihn, insbesondere unter Berücksichtigung anzurechnender Mieteinnahmen und Steuervorteile, nicht beziffert habe, greift nicht durch. Ein Erfolg des geltend gemachten Anspruchs auf Naturalrestitution hätte die vollständige Rückabwicklung des Anlagegeschäfts zur Folge (vgl. , BGHZ 168, 1 Rn. 61, vom - XI ZR 167/05, WM 2008, 154 Rn. 26 und vom - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 46). Unabhängig von einer in Betracht kommenden Vorteilsausgleichung (vgl. WM 2010, 1641 Rn. 35 mwN) könnte die Beklagte zu 1 daher jedenfalls nicht Rückzahlung der noch offenen Darlehensvaluta verlangen, derentwegen die Beklagte zu 1 die Vollstreckung betreibt. Die Revision übersieht des Weiteren, dass der Rückabwicklungsanspruch auch darauf gerichtet ist, den Kläger von dem vollstreckbaren Schuldanerkenntnis zu befreien (Senatsurteil vom - XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 61). Ob die Beklagte zu 1, wie die Revision meint, im Falle der Rückabwicklung Anspruch auf Herausgabe von Vorteilen hat, die die bereits erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen übersteigen, und ob dieser Anspruch durch das Schuldanerkenntnis gesichert ist, kann deshalb dahinstehen.

23b) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, die Beklagte zu 1 (im Folgenden nur: Beklagte) sei dem Kläger zum Schadensersatz verpflichtet, weil ihre Rechtsvorgängerin, die Beklagte zu 2, ihn nicht über eine von ihr erkannte arglistige Täuschung über die Höhe der Vertriebsprovisionen aufgeklärt habe.

24aa) Wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat, ist eine nicht beratende, sondern lediglich kreditgebende Bank nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- und Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Anlagegeschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Das ist etwa der Fall, wenn die Bank in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (st. Rspr., , BGHZ 168, 1 Rn. 41 und vom - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 16).

25Auf eine im Kaufpreis enthaltene und an den Vertrieb gezahlte "versteckte Innenprovision" muss das den Immobilienerwerb finanzierende Kreditinstitut, mit dem kein Anlageberatungsvertrag geschlossen wurde, den Darlehensnehmer von sich aus grundsätzlich nicht hinweisen (st. Rspr., , WM 2004, 417, 418 f., vom - XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 46 und vom - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 17). Dies gilt schon deshalb, weil die Veräußerung einer Immobilie zu einem überteuerten Kaufpreis nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs selbst für den Verkäufer nicht ohne weiteres einen zur Aufklärung verpflichtenden Umstand darstellt. Der Käufer hat nämlich grundsätzlich keinen Anspruch auf einen Erwerb des Objekts zu dessen Verkehrswert. Es bleibt vielmehr den Vertragsparteien bis an die Grenzen der Sittenwidrigkeit und des Wuchers überlassen, welchen Kaufpreis sie vereinbaren. Das gilt umso mehr, als jeder Verkaufspreis über dem reinen Verkehrswert liegende Gewinnanteile und Vertriebskosten enthalten kann und grundsätzlich keine Verpflichtung des Verkäufers, und schon gar nicht der finanzierenden Bank, besteht, dem Käufer ungefragt eine nähere Aufschlüsselung des Kaufpreises der Immobilie zu geben und den darin enthaltenen Provisionsanteil offen zu legen. Etwas anderes gilt erst dann, wenn es zu einer so wesentlichen Verschiebung der Relation zwischen Kaufpreis und Verkehrswert kommt, dass die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muss (st. Rspr., , WM 2004, 1221, 1225 und vom - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 17, jeweils mwN). Letzteres hat das Berufungsgericht hier nicht festgestellt.

26Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt ein aufklärungspflichtiger Wissensvorsprung aber dann vor, wenn die Bank positive Kenntnis davon hat, dass der Kreditnehmer von seinem Geschäftspartner oder durch den Fondsprospekt über das finanzierte Geschäft gemäß § 123 BGB arglistig getäuscht wurde (vgl. nur , WM 2007, 1831 Rn. 14 und vom - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 20, jeweils mwN).

27bb) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht hier eine arglistige Täuschung des Klägers durch den Vertrieb mit der Begründung bejaht, beim Kläger sei gezielt der unrichtige Eindruck erweckt worden, für die Vermittlung des Erwerbs der Eigentumswohnungen falle lediglich die im Berechnungsbeispiel und im Vermittlungsauftrag genannte Provision von 3% zzgl. Umsatzsteuer an, während tatsächlich eine weitere Vertriebsprovision von 18,24% angefallen sei, die in der Position a) des im Verkaufsprospekt aufgeführten Gesamtaufwandes enthalten gewesen sei. Richtig ist vielmehr, dass der Kläger auf den Anfall einer weiteren Vertriebsprovision deutlich hingewiesen und ihm lediglich deren Höhe nicht offenbart worden ist. Darin liegt jedoch - unabhängig vom Bestehen etwaiger, hier nicht streitgegenständlicher Ansprüche gegen Prospektverantwortliche - keine arglistige Täuschung des Klägers im Sinne von § 123 BGB.

28(1) In dem Verkaufsprospekt, den der Senat selbst auslegen kann (, WM 2007, 873 Rn. 6 und vom - II ZR 300/08, WM 2011, 1658 Rn. 46), heißt es bei der Aufschlüsselung des Gesamtaufwandes unter "a) Grundstück, Gebäude incl. Vertrieb und Marketing". Daraus war für den Kläger ohne weiteres ersichtlich, dass in dem auf diese Position entfallenden Anteil von 76,70% des Gesamtaufwandes ein nicht weiter aufgeschlüsselter Teil für "Vertrieb und Marketing" enthalten war. Dies verkennt auch das Berufungsgericht nicht. Seine Auffassung, der Anleger werde dadurch, dass der Gesamtaufwand im Verkaufsprospekt einerseits in eine große Position von 76,70% und andererseits in elf weitere Positionen von teilweise weniger als 1% aufgeteilt sei, darüber getäuscht, dass der Anteil für "Vertrieb und Marketing" in der großen Position 18,24% betrage, hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

29Aus der bezifferten Höhe der Positionen b) bis l) der Kalkulation des Gesamtaufwandes im Prospekt kann nicht auf die Höhe der in der Position a) enthaltenen Vertriebsprovision geschlossen werden. Es existiert kein Erfahrungssatz des Inhalts, dass aus der Höhe einzelner Positionen einer Preiskalkulation auf die Zusammensetzung eines anderen Preisbestandteils bzw. auf die Höhe darin enthaltener, nicht bezifferter Unterpositionen geschlossen werden könnte. Das gilt unabhängig von der Höhe der bezifferten Preisbestandteile. Es kann deshalb nicht angenommen werden, eine unbezifferte Unterposition übersteige die bezifferten Preisbestandteile nicht oder nur geringfügig.

30Die gegenteilige Annahme des Berufungsgerichts berücksichtigt zudem - ebenso wie auch die gesamte Argumentation der Revisionserwiderung - nicht den Unterschied zwischen einer vom Anleger direkt an Dritte zu zahlenden Vergütung einerseits und den vom Verkäufer aus dem Kaufpreis finanzierten (Vertriebs-)Kosten andererseits (üblicherweise als Außen- und Innenprovisionen voneinander abgegrenzt, vgl. Wagner in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl., § 15 Rn. 165). Bei den der Höhe nach im Prospekt ausgewiesenen Provisionen der Positionen b) bis l) handelt es um Außenprovisionen, die die Treuhänderin konzeptionsgemäß und aufgrund ausdrücklicher Vollmacht im Namen und auf Rechnung des Anlegers direkt an Dritte für zusätzliche Dienstleistungen (z.B. Nebenkostengarantie, Mietgarantie, Steuerberatung) zahlen sollte. Hierauf wird im Prospekt auch hingewiesen. Die Position a) "Grundstück, Gebäude incl. Vertrieb und Marketing" gibt demgegenüber den an die Bauträgerin zu zahlenden Kaufpreis an. Der hierauf entfallende Anteil von 76,70% des Gesamtaufwandes ist nicht näher aufgeschlüsselt. Nicht nachvollziehbar ist daher die Auffassung des Berufungsgerichts, dass aus der Höhe der an Dritte zu zahlenden Außenprovisionen auf die Höhe der von der Bauträgerin selbst zu tragenden und aus dem Kaufpreis zu entrichtenden Vertriebsprovisionen geschlossen werden könnte. Der Kalkulation des Gesamtaufwandes im Prospekt kann vielmehr lediglich entnommen werden, welche sonstigen Entgelte (Außenprovisionen) vom Anleger neben dem Kaufpreis zu zahlen sind.

31(2) Eine arglistige Täuschung lässt sich auch nicht dem formularmäßigen Vermittlungsauftrag und den vorformulierten Passagen im Berechnungsbeispiel entnehmen, die als Allgemeine Geschäftsbedingungen wegen ihrer offensichtlichen Verwendung über den Einzelfall hinaus vom Senat selbst ausgelegt werden können (st. Rspr., vgl. nur , NJW 2005, 2919, 2921 mwN).

32(a) Der Vermittlungsauftrag weist lediglich die vom Anleger direkt an den Vermittler zu zahlende Vergütung aus, enthält jedoch keine unzutreffenden und abschließenden Erklärungen über Anfall und Höhe sonstiger Vertriebsprovisionen. Im Gegenteil wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass "die Vertriebsbeauftragte … verschiedene Vermittler beauftragt [hat], die als Nachweismakler für diese und als Vermittlungsmakler für den/die Erwerber tätig werden". Dadurch wird nicht nur offengelegt, dass verschiedene Vermittler mit dem Vertrieb der Kapitalanlage betraut sind, sondern auch, dass diese zusätzlich als Nachweismakler für eine zwischengeschaltete Vertriebsbeauftragte tätig werden. Schon daraus wird deutlich, dass anlässlich der Vermittlung des Anlegers neben der "Bearbeitungsgebühr" von 3% zzgl. Umsatzsteuer weitere Vertriebsprovisionen anfallen.

33Darüber hinaus wird in den auf der Rückseite des Vermittlungsauftrages abgedruckten "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" unter "IV. Vergütung, Provision" ausdrücklich klargestellt, dass der Vermittler "in der Regel" noch weitere Vergütungsansprüche gegen sonstige Beteiligte hat. Dieser Hinweis ist eindeutig, so dass, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, die Unklarheitenregel des § 5 AGBG aF (jetzt § 305c Abs. 2 BGB) nicht anzuwenden ist.

34(b) Das Berufungsgericht geht außerdem fehl, soweit es dem vom Vermittler verwandten Berechnungsbeispiel eine arglistige Täuschung entnimmt. Woraus sich eine arglistige Täuschung ergeben soll, wenn es dort heißt, "Marketing- und Bearbeitungsgebühr 3,42% incl. MwSt., nicht im Gesamtaufwand enthalten", ist nicht ersichtlich. Ausweislich der Feststellungen des Berufungsgerichts war dies tatsächlich die einzige Provision, die zusätzlich zum Gesamtaufwand anfiel. Dass neben dieser Außenprovision keine Innenprovision anfällt, ist damit jedenfalls nicht gesagt. Aus der Aufschlüsselung des Gesamtaufwandes im Verkaufsprospekt ergibt sich vielmehr, wie dargelegt, gemäß der Position a) das Gegenteil.

35Im Übrigen weist die Revision zu Recht darauf hin, dass das Berechnungsbeispiel ersichtlich nur bezweckte, die Gesamteinnahmen den Gesamtausgaben der Anleger gegenüberzustellen. Das Berechnungsbeispiel diente folglich nicht der Information über die Zusammensetzung des Gesamtaufwands. Lediglich die "Bearbeitungsgebühr" fand Erwähnung, weil sie zusätzlich zum Gesamtaufwand anfiel.

36(3) Schließlich kann auch die Feststellung des Berufungsgerichts, der Kläger sei durch mündliche Angaben des Vermittlers arglistig getäuscht worden, keinen Bestand haben.

37a) Ob der Kläger durch unrichtige Angaben des Vermittlers arglistig getäuscht worden ist, ist allerdings eine Frage der Würdigung des konkreten Einzelfalls durch den Tatrichter, die in der Revisionsinstanz grundsätzlich nur beschränkter Nachprüfung unterliegt (Senatsurteil vom - XI ZR 232/09, WM 2010, 2069 Rn. 18 aE mwN). Zu prüfen ist insoweit, ob die tatrichterliche Würdigung vertretbar ist, nicht auf verfahrenswidriger Tatsachenfeststellung beruht und ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- oder Erfahrungssätze gewürdigt worden ist (vgl. , WM 2005, 27 und vom - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 25, jeweils mwN). Dieser Überprüfung halten die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht stand.

38b) Soweit der Vermittler gegenüber seinen Kunden angegeben hat, er erhalte zusätzlich zur ausgewiesenen Bearbeitungsgebühr eine kleine Innenprovision, wurde der Kläger dem Grunde nach über den Anfall einer Innenprovision aufgeklärt. Dass die Angabe, er erhalte nur eine "kleine" Innenprovision, falsch war, hat das Berufungsgericht - abgesehen von der mangelnden Quantifizierbarkeit dieser Angabe - nicht festgestellt. Falsche Angaben hinsichtlich des Anfalls und der Höhe von Provisionen Dritter hat das Berufungsgericht ebenso wenig festgestellt. Das wiedergegebene Ergebnis der Beweisaufnahme trägt, wie die Revision zu Recht rügt, auch nicht die Schlussfolgerung, der Kläger sei davon abgehalten worden, Fragen zu stellen, und ihm sei der Eindruck vermittelt worden, keine weiteren Provisionen zahlen zu müssen. Anhaltspunkte hierfür sind nicht ersichtlich.

39(4) Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich damit von jenen vom Senat entschiedenen Fällen, in denen durch Verkaufsprospekte oder andere Urkunden - anders als hier - der falsche Eindruck einer abschließenden Darstellung der Vertriebskosten vermittelt und dadurch ein Irrtum des Anlegers über die Höhe der Vertriebskosten erregt worden war (, WM 2007, 1831 Rn. 15 aE, vom - XI ZR 456/07, WM 2009, 1028 Rn. 31 f. und vom - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 21 ff.). Im Senatsurteil vom - XI ZR 104/08 (aaO Rn. 31 f.) ging es insbesondere um Angaben über Provisionen zugunsten zweier Vermittlungsgesellschaften, durch die der falsche Anschein erweckt worden war, die Provisionen würden damit abschließend beziffert. Davon kann beim vorliegenden Vermittlungsauftrag angesichts des ausdrücklichen Hinweises auf weitere Vergütungsansprüche des Vermittlers keine Rede sein.

40Zutreffend haben deshalb andere Oberlandesgerichte für die hier vorliegenden oder vergleichbare Formulierungen in Verkaufsprospekten, Vermittlungsaufträgen und Berechnungsbeispielen eine arglistige Täuschung der Anleger über die Höhe der im Kaufpreis enthaltenen Vertriebsprovisionen verneint (vgl. z.B. OLG Braunschweig, Urteil vom - 8 U 121/08; OLG Frankfurt/M., Urteile vom - 23 U 207/07, 23 U 37/08 und 23 U 139/08, jeweils unveröffentlicht; vgl. auch Senatsbeschluss vom - XI ZR 20/10, juris).

414. Da eine arglistige Täuschung über Vertriebsprovisionen aus den genannten Gründen ausscheidet, bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob das Berufungsgericht - wie die Revision geltend macht - Kausalität, Arglist und Kenntnis der Beklagten von einer arglistigen Täuschung zu Unrecht bejaht hat.

III.

42Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache, die mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen nicht zur abschließenden Entscheidung reif ist, ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

431. Der Kläger hat ausweislich der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts nicht lediglich materiell-rechtliche Einwendungen gegen die titulierten Ansprüche im Sinne des § 767 Abs. 1 BGB erhoben, sondern auch die Unwirksamkeit des Vollstreckungstitels geltend gemacht. Das ist Gegenstand einer prozessualen Gestaltungsklage analog § 767 Abs. 1 ZPO, die mit der Vollstreckungsabwehrklage verbunden werden kann (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom - XI ZR 200/09, BGHZ 185, 133 Rn. 15 und 18 mwN). Das Berufungsgericht hat eine Entscheidung hierüber nicht getroffen. Das wird gegebenenfalls nachzuholen sein.

44Der Senat weist bezüglich der Gestaltungsklage analog § 767 ZPO allerdings darauf hin, dass entgegen den Ausführungen des Landgerichts nicht ersichtlich ist, weshalb die Grundschuldbestellungsurkunde vom nichtig sein soll. Dort hat nicht die Treuhänderin, sondern die Bauträgerin zugunsten der Beklagten zu 2 eine Grundschuld bestellt, die gemäß § 800 Abs. 1 Satz 1 ZPO gegen den jeweiligen Eigentümer sofort vollstreckbar ist. Die Ausführungen des Landgerichts zur unwirksamen Vertretung der Anleger durch die Treuhänderin gehen deshalb insoweit ins Leere.

452. Das Berufungsgericht hat außerdem, aus seiner Sicht folgerichtig, keine Feststellungen zu der mit der Hilfswiderklage geltend gemachten Darlehensforderung getroffen, insbesondere nicht zu deren Höhe. Auch das wird gegebenenfalls nachzuholen sein.

Fundstelle(n):
BAAAE-14307