EuGH Urteil v. - C-259/11

Umsatzsteuer: Übertragung von Anteilen an Grundstücksgesellschaften

Leitsatz

Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass unter diese Befreiung von der Mehrwertsteuer Umsätze wie die im Ausgangsfall getätigten fallen, die zwar auf die Übertragung der betroffenen Gesellschaftsaktien gerichtet waren und zu diesem Ergebnis geführt haben, sich jedoch im Wesentlichen auf die von diesen Gesellschaften gehaltenen Immobilien und deren (mittelbare) Übertragung beziehen. Die unter dem zweiten Gedankenstrich derselben Vorschrift vorgesehene Ausnahme von dieser Befreiung gilt nicht, wenn der Mitgliedstaat von der in Art. 5 Abs. 3 Buchst. c der Sechsten Richtlinie eröffneten Möglichkeit, Anteilrechte und Aktien, deren Besitz rechtlich oder tatsächlich das Eigentums- oder Nutzungsrecht an einem Grundstück begründet, als körperliche Gegenstände zu betrachten, keinen Gebrauch gemacht hat.

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Entscheidungsgründe:

1Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Abs. 3 Buchst. c und Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie).

2Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der DTZ Zadelhoff vof (im Folgenden: DTZ Zadelhoff) und dem Staatssecretaris van Financiën (Staatssekretär im Ministerium der Finanzen) über die Qualifizierung einer Übertragung von Gesellschaftsaktien, die auch die Übertragung von im Eigentum dieser Gesellschaften stehenden Immobilien umfasst, im Hinblick auf ihre Befreiung von der Mehrwertsteuer.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie lautet:

"Der Mehrwertsteuer unterliegen:

1. Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt".

4Art. 5 Abs. 1 und 3 der Sechsten Richtlinie sieht vor:

"(1) Als Lieferung eines Gegenstands gilt die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen.

...

(3) Die Mitgliedstaaten können als körperlichen Gegenstand behandeln:

...

c) Anteilrechte und Aktien, deren Besitz rechtlich oder tatsächlich das Eigentums- oder Nutzungsrecht an einem Grundstück oder Grundstücksteil begründet."

5Art. 13 Teil B ("Sonstige Steuerbefreiungen") der Sechsten Richtlinie bestimmt:

"Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:

...

d) die folgenden Umsätze:

...

5. die Umsätze - einschließlich der Vermittlung, jedoch mit Ausnahme der Verwahrung und der Verwaltung - die sich auf Aktien, Anteile an Gesellschaften und Vereinigungen, Schuldverschreibungen oder sonstige Wertpapiere beziehen, mit Ausnahme von

...

- Rechten oder Wertpapieren im Sinne von Artikel 5 Absatz 3,

..."

6Dem vorlegenden Gericht zufolge hat das Königreich der Niederlande von der den Mitgliedstaaten durch Art. 5 Abs. 3 Buchst. c der Sechsten Richtlinie eröffneten Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht.

Niederländisches Recht

7Art. 11 der Wet op de omzetbelasting (Umsatzsteuergesetz) vom (Staatsblad 1968 Nr. 329) (im Folgenden: Umsatzsteuergesetz) bestimmt:

"(1) Unter den durch Verordnung festzulegenden Voraussetzungen sind von der Steuer befreit:

...

i) folgende Lieferungen und Dienstleistungen:

...

2. die Umsätze - einschließlich der Vermittlung, jedoch mit Ausnahme der Verwahrung und der Verwaltung -, die sich auf Wertpapiere oder sonstige Aktieninstrumente beziehen, mit Ausnahme von Warenpapieren;

..."

Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und Vorlagefragen

8Die Fabege AB (im Folgenden: Fabege) mit Sitz in Schweden hielt während des im Ausgangsverfahren fraglichen Zeitraums mittelbar sämtliche Anteile an der World Fashion Centre Amsterdam BV. Diese war Eigentümerin und Betreiberin der Türme I und II des Gebäudekomplexes "World Fashion Centre" (im Folgenden: WFC) in Amsterdam (Niederlande). Fabege hielt, ebenfalls mittelbar, sämtliche Anteile an der Fabege WF BV, die Eigentümerin und Betreiberin von Turm IV des WFC war.

9Die Stienstra BV Bedrijfshuisvesting (im Folgenden: Stienstra) mit Sitz in 's-Hertogenbosch (Niederlande) hielt mittelbar sämtliche Anteile an der De Herven III BV (im Folgenden: De Herven), die Eigentümerin und Betreiberin des in derselben Stadt belegenen Bürokomplexes Soetelieve war.

10DTZ Zadelhoff ist als Maklerin und Beratungsunternehmen im Immobilienbereich tätig.

11Im Jahr 1999 wurde DTZ Zadelhoff von Fabege gegen Zahlung einer Vergütung mit der Suche nach Kaufinteressenten für das WFC beauftragt. Fabege wollte diesen Gebäudekomplex durch Übertragung der Aktien der Gesellschaften, denen er mittelbar gehörte, veräußern. Der für die Aktien geforderte Verkaufspreis hing nahezu ausschließlich vom Verkaufswert ab, den das WFC als Immobilie hatte. DTZ Zadelhoff fand im Rahmen ihrer Bemühungen einen Interessenten, an den die Aktien zwischen dem und dem verkauft und übertragen wurden.

12Im Jahr 2000 wurde DTZ Zadelhoff von Stienstra gegen Zahlung einer Vergütung mit der Suche nach Kaufinteressenten für den Bürokomplex Soetelieve beauftragt. Hierbei wurde zunächst offengelassen, ob das Eigentum an dem Komplex oder das Eigentum an den Aktien von De Herven übertragen werden sollte. Die Bemühungen von DTZ Zadelhoff führten schließlich dazu, dass sich ein Interessent fand, an den die Aktien von De Herven verkauft und übertragen wurden.

13DTZ Zadelhoff stellte für die Dienstleistungen, die sie Fabege und Stienstra durch die Suche nach Käufern für die Immobilien erbrachte, keine Umsatzsteuer in Rechnung und führte auch keine solche ab. Sie ging davon aus, dass diese Dienstleistungen entweder nach Art. 11 Abs. 1 Buchst. i Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes von der Umsatzsteuer befreit oder in den Niederlanden nicht steuerbar seien, weil eine Dienstleistung als nicht im Hoheitsgebiet der Niederlande erbracht anzusehen sei, wenn der Auftraggeber seinen Sitz nicht in diesem Mitgliedstaat habe.

14Der Inspecteur van de Belastingdienst (im Folgenden: Inspektor) vertrat die Auffassung, dass die Befreiung nicht gelte und die Dienstleistungen als in den Niederlanden erbracht anzusehen seien. Demzufolge erließ er gegen DTZ Zadelhoff für die Zeit vom bis zum einen Umsatzsteuer-Nacherhebungsbescheid. Auf den von diesem Unternehmen eingelegten Einspruch hin setzte er den in diesem Bescheid festgelegten Betrag herab.

15DTZ Zadelhoff focht die letztgenannte Entscheidung des Inspektors bei der Rechtbank te Haarlem an, die diese Klage als unbegründet abwies. Danach legte sie beim Gerechtshof te Amsterdam Berufung ein, der das erstinstanzliche Urteil bestätigte. Daraufhin erhob sie beim Hoge Raad der Nederlanden Kassationsbeschwerde.

16Nach Ansicht des Hoge Raad der Nederlanden hat der Gerechtshof te Amsterdam den Ort, an dem die Dienstleistungen als erbracht anzusehen sind, zutreffend bestimmt. Das vorlegende Gericht ist sich jedoch im Hinblick auf die Befreiung von der Mehrwertsteuer im Unklaren darüber, wie der Umsatz der Übertragung von Gesellschaftsaktien zu qualifizieren ist, wenn er auch die Übertragung von Immobilien umfasst, die im Eigentum dieser Gesellschaften stehen.

17Der Hoge Raad der Nederlanden hat daraufhin das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen, dass auch Umsätze wie die von der Abgabenschuldnerin getätigten, die sich im Wesentlichen auf die von den betreffenden Gesellschaften gehaltenen Immobilien und deren (mittelbare) Übertragung beziehen, allein deshalb unter diese Vorschrift fallen, weil diese Umsätze auf die Übertragung der Gesellschaftsaktien gerichtet waren und zu diesem Ergebnis geführt haben?

2. Gilt die in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 zweiter Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie vorgesehene Ausnahme von der Befreiung auch dann, wenn der Mitgliedstaat von der durch Art. 5 Abs. 3 Buchst. c dieser Richtlinie eröffneten Möglichkeit, Anteilrechte und Aktien, deren Besitz das Eigentums- oder Nutzungsrecht an einem Grundstück begründet, als körperliche Gegenstände zu betrachten, keinen Gebrauch gemacht hat?

3. Sofern die vorstehende Frage zu bejahen ist: Sind unter den vorerwähnten Anteilrechten und Aktien auch Aktien an Gesellschaften zu verstehen, die unmittelbar oder mittelbar (über Tochter- bzw. Enkelgesellschaften) Immobilien besitzen, unabhängig davon, ob sie diese als solche bewirtschaften oder im Rahmen eines andersartigen Unternehmens einsetzen?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten und zur zweiten Frage

18Mit seiner ersten und seiner zweiten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht zum einen wissen, ob Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass Umsätze wie die von DTZ Zadelhoff im Ausgangsfall getätigten, die auf die Übertragung von Aktien der betreffenden Gesellschaften gerichtet waren und zu diesem Ergebnis geführt haben, die aber letztlich von diesen Gesellschaften gehaltene Immobilien und deren (mittelbare) Übertragung betreffen, allein deshalb unter diese Befreiung von der Mehrwertsteuer fallen, weil sie die Übertragung der Aktien dieser Gesellschaften zum Gegenstand hatten und zu diesem Ergebnis geführt haben, und zum anderen, ob die in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 zweiter Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie vorgesehene Ausnahme von dieser Befreiung auch dann gilt, wenn der Mitgliedstaat von der in Art. 5 Abs. 3 Buchst. c dieser Richtlinie eröffneten Möglichkeit, Anteilrechte und Aktien, deren Besitz rechtlich oder tatsächlich das Eigentums- oder Nutzungsrecht an einem Grundstück begründet, als körperliche Gegenstände zu betrachten, keinen Gebrauch gemacht hat.

19Erstens ist daran zu erinnern, dass die in Art. 13 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Steuerbefreiungen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs autonome unionsrechtliche Begriffe sind, die eine von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedliche Anwendung des Mehrwertsteuersystems verhindern sollen (vgl. u. a. Urteile vom , CPP, C-349/96, Slg. 1999, I-973, Randnr. 15, und vom , Skandinaviska Enskilda Banken, C-540/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

20Es entspricht ebenfalls ständiger Rechtsprechung, dass die zur Umschreibung der genannten Steuerbefreiungen verwendeten Begriffe eng auszulegen sind, da diese Steuerbefreiungen Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt (Urteile vom , Taksatorringen, C-8/01, Slg. 2003, I-13711, Randnr. 36, vom , Arthur Andersen, C-472/03, Slg. 2005, I-1719, Randnr. 24, und vom , Ludwig, C-453/05, Slg. 2007, I-5083, Randnr. 21).

21Die Auslegung dieser Begriffe muss jedoch mit den Zielen in Einklang stehen, die mit den in Art. 13 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Befreiungen verfolgt werden, und den Erfordernissen des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität entsprechen, auf dem das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht. Daher entspricht es nicht dem Sinn dieser Regel einer engen Auslegung, wenn die zur Umschreibung der in Art. 13 genannten Befreiungen verwendeten Begriffe so ausgelegt werden, dass sie den Befreiungen ihre Wirkung nehmen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Haderer, C-445/05, Slg. 2007, I-4841, Randnr. 18, und vom , Don Bosco Onroerend Goed, C-461/08, Slg. 2009, I-11079, Randnr. 25).

22Der Gerichtshof hat zur Reichweite von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Richtlinie festgestellt, dass die Umsätze, die sich auf Aktien und andere Wertpapiere beziehen, Umsätze sind, die auf dem Wertpapiermarkt bewirkt werden, und dass der Wertpapierhandel Handlungen umfasst, die die rechtliche und finanzielle Lage zwischen den Parteien ändern (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , SDC, C-2/95, Slg. 1997, I-3017, Randnrn. 72 und 73, sowie vom 29. Oktober 2009, SKF, C-29/08, Slg. 2009, I-10413, Randnr. 48).

23Die in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Richtlinie enthaltene Wendung "Umsätze, ... die sich auf ... Wertpapiere beziehen" betrifft daher Umsätze, die geeignet sind, Rechte und Pflichten der Parteien in Bezug auf Wertpapiere zu begründen, zu ändern oder zum Erlöschen zu bringen (vgl. u. a. Urteile vom , CSC Financial Services, C-235/00, Slg. 2001, I-10237, Randnr. 33, und SKF, Randnr. 48).

24Hinsichtlich des Sachverhalts, der dem Ausgangsrechtsstreit zugrunde liegt, bestreiten weder DTZ Zadelhoff noch die niederländische Regierung oder die Europäische Kommission, dass Fabege und Stienstra, nachdem sie die Dienste der DTZ Zadelhoff in Anspruch genommen hatten, Aktien verkauft und übertragen haben, die sie mittelbar besaßen.

25In diesem Zusammenhang ist unerheblich, dass Stienstra, als sie DTZ Zadelhoff mit der Suche nach Kaufinteressenten für den Bürokomplex Soetelieve beauftragte, offenließ, ob das Eigentum an diesem Bürokomplex oder das Eigentum an den Aktien von De Herven übertragen werden sollte. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist nämlich, außer in Ausnahmefällen, im Einklang mit den Zielen des Mehrwertsteuersystems, Rechtssicherheit zu gewährleisten und die mit der Anwendung der Steuer verbundenen Maßnahmen zu erleichtern, auf die objektive Natur des betreffenden Umsatzes abzustellen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , BLP Group, C-4/94, Slg. 1995, I-983, Randnr. 24, und SKF, Randnr. 47). Daher ist der letztlich getätigte Umsatz - unbeschadet etwaiger ursprünglicher Absichten von Stienstra - objektiv betrachtet ein Umsatz, der sich auf Aktien bezieht, und ist deshalb, sofern keine Ausnahme vorliegt, als solcher anzusehen.

26Zweitens ist bezüglich der Frage, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Leistungen von DTZ Zadelhoff unter den in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Richtlinie enthaltenen Begriff "Vermittlung" fallen, daran zu erinnern, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass dieser Vorschrift zu entnehmen ist, dass die Worte "einschließlich der Vermittlung" nicht den wesentlichen Inhalt der in dieser Bestimmung vorgesehenen Befreiung definieren, sondern deren Anwendungsbereich auf die Vermittlungstätigkeiten ausdehnen sollen (Urteil CSC Financial Services, Randnr. 38).

27Ohne dass die genaue Bedeutung des Begriffs "Vermittlung" ermittelt werden müsste, der sich im Übrigen auch in anderen Bestimmungen der Sechsten Richtlinie, insbesondere in Art. 13 Teil B Buchst. d Nrn. 1 bis 4, findet, ist somit festzustellen, dass sich dieser Begriff im Rahmen der genannten Nr. 5 auf eine Tätigkeit bezieht, die von einer Mittelsperson ausgeübt wird, die nicht die Stellung einer Partei eines Vertrags über ein Finanzprodukt hat und deren Tätigkeit sich von den typischen vertraglichen Leistungen unterscheidet, die von den Parteien solcher Verträge erbracht werden. Die Vermittlungstätigkeit ist nämlich eine Dienstleistung, die einer Vertragspartei erbracht und von dieser als eigenständige Mittlertätigkeit vergütet wird. Sie kann u. a. darin bestehen, der Vertragspartei die Gelegenheiten zum Abschluss eines solchen Vertrags aufzuzeigen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder im Namen und für Rechnung des Kunden über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln. Zweck dieser Tätigkeit ist es also, das Erforderliche zu tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen, ohne dass der Vermittler ein Eigeninteresse am Inhalt des Vertrags hat (Urteil CSC Financial Services, Randnr. 39).

28Die von DTZ Zadelhoff im Ausgangsverfahren geleisteten Makler- und Beratungstätigkeiten, die darin bestanden, gegen Zahlung einer Vergütung nach Kaufinteressenten für die in der Folge durch die Übertragung von Aktien verkauften und übertragenen Immobilien zu suchen, führten dazu, dass Fabege und Stienstra jeweils einen Vertrag schlossen, an dessen Inhalt DTZ Zadelhoff kein eigenes Interesse hatte. Die genannten Tätigkeiten entsprechen demzufolge dem Begriff "Vermittlung" von Wertpapieren im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Richtlinie.

29Drittens ist zu prüfen, ob diese Tätigkeiten unter die nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 zweiter Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie vorgesehene Ausnahme von der Steuerbefreiung fallen.

30Nach dieser Vorschrift befreien die Mitgliedstaaten von der Steuer, unbeschadet sonstiger Unionsvorschriften, insbesondere die Umsätze, einschließlich der Vermittlung, die sich auf Aktien, Anteile an Gesellschaften und Vereinigungen, Schuldverschreibungen oder sonstige Wertpapiere beziehen, mit Ausnahme von Rechten oder Wertpapieren im Sinne von Art. 5 Abs. 3 dieser Richtlinie.

31Sie können gemäß Art. 5 Abs. 3 Buchst. c der Sechsten Richtlinie insbesondere Anteilrechte und Aktien, deren Besitz rechtlich oder tatsächlich das Eigentums- oder Nutzungsrecht an einem Grundstück oder Grundstücksteil begründet, als körperlichen Gegenstand behandeln.

32Die Mitgliedstaaten können daher Aktien, deren Besitz rechtlich oder tatsächlich das Eigentums- oder Nutzungsrecht an einem Grundstück oder Grundstücksteil begründet, wie z. B. die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, im Hinblick auf die Mehrwertsteuer als körperliche Gegenstände ansehen.

33Es steht fest, dass das Königreich der Niederlande von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat.

34Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs können die Mitgliedstaaten von der ihnen in Art. 5 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie eingeräumten Wahlmöglichkeit freien Gebrauch machen, und zwar auch in der Weise, dass sie bestimmte Voraussetzungen festlegen, sofern diese die Natur der Wahlmöglichkeit nicht grundlegend verändern, denn keine Bestimmung der Sechsten Richtlinie beschränkt in irgendeiner Weise das insoweit bestehende Ermessen der Mitgliedstaaten (Urteil vom , "Goed Wonen", C-326/99, Slg. 2001, I-6831, Randnr. 34).

35Wenn Art. 5 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie es also zulässt, alle genannten Rechte oder auch nur eines oder einige von ihnen körperlichen Gegenständen gleichzustellen, so erlaubt er es auch, diese Gleichstellung auf solche Rechte zu beschränken, die bestimmte, von dem betreffenden Mitgliedstaat festgelegte Voraussetzungen erfüllen (Urteil "Goed Wonen", Randnr. 34).

36Es wäre jedoch mit der Systematik der Sechsten Richtlinie kaum vereinbar, wenn der in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 zweiter Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie enthaltene Verweis auf deren Art. 5 Abs. 3 sämtliche in dieser Vorschrift genannten Rechte oder Wertpapiere beträfe, unabhängig davon, ob der Mitgliedstaat von der ihm in dieser Vorschrift eingeräumten Wahlmöglichkeit Gebrauch gemacht hat oder nicht.

37Diese Auslegung wird durch die Vorarbeiten zur Sechsten Richtlinie bestätigt. Wie die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen vorgetragen hat, sah ihr Vorschlag für die Sechste Richtlinie (KOM[73] 950 endg.) in deren Art. 5 Abs. 1 vor, dass Anteilrechte und Aktien, deren Besitz rechtlich oder tatsächlich das Eigentums- oder Nutzungsrecht an einem Grundstück oder Grundstücksteil begründet, immer genauso wie die Grundstücke oder Grundstücksteile behandelt werden, auf die sie sich beziehen.

38Aus den Erwägungsgründen des genannten Vorschlags (S. 6) ergibt sich, dass die Kommission der Auffassung war, dass "[d]ie in Abs. 1 enthaltenen Gleichstellungen bezwecken, Umsätze, die in wirtschaftlicher Hinsicht gleichbedeutend mit der Lieferung eines Grundstücks oder eines Teils eines Grundstücks sind, aus verständlichen Gründen der Steuerneutralität der Mehrwertsteuer zu unterwerfen".

39Nachdem die Kommission jedoch einige weitere Vorschläge unterbreitet hatte, entschied sich der Rat der Europäischen Gemeinschaften schließlich für eine andere Formulierung, wonach die Mitgliedstaaten "Anteilrechte und Aktien, deren Besitz rechtlich oder tatsächlich das Eigentums- oder Nutzungsrecht an einem Grundstück oder Grundstücksteil begründet", als körperliche Gegenstände ansehen können, ohne dazu verpflichtet zu sein.

40In diesem Zusammenhang ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen nach Art. 13 der Sechsten Richtlinie umschrieben sind, zwar eng auszulegen sind, da diese Steuerbefreiungen Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt (vgl. u. a. Urteile vom , MKG-Kraftfahrzeuge-Factoring, C-305/01, Slg. 2003, I-6729, Randnr. 63, und vom , Velvet & Steel Immobilien, C-455/05, Slg. 2007, I-3225, Randnr. 14); eine enge Auslegung darf die Steuerbefreiung jedoch nicht auf eine Weise beschränken, die sich nicht auf den Wortlaut der fraglichen Vorschrift stützt. Eine solche Auslegung würde nämlich den Zielen des Mehrwertsteuersystems, insbesondere Rechtssicherheit zu gewährleisten, zuwiderlaufen (vgl. in diesem Sinne Urteil SKF, Randnrn. 46 und 47).

41Auch der Grundsatz der Steuerneutralität kann nicht zu einer Auslegung führen, die dem Wortlaut von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie zuwiderläuft.

42Daher ist auf die erste und die zweite Frage zu antworten, dass Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass unter diese Befreiung von der Mehrwertsteuer Umsätze wie die im Ausgangsfall getätigten fallen, die zwar auf die Übertragung der betroffenen Gesellschaftsaktien gerichtet waren und zu diesem Ergebnis geführt haben, sich jedoch im Wesentlichen auf die von diesen Gesellschaften gehaltenen Immobilien und deren (mittelbare) Übertragung beziehen. Die unter dem zweiten Gedankenstrich derselben Vorschrift vorgesehene Ausnahme von dieser Befreiung gilt nicht, wenn der Mitgliedstaat von der in Art. 5 Abs. 3 Buchst. c der Sechsten Richtlinie eröffneten Möglichkeit, Anteilrechte und Aktien, deren Besitz rechtlich oder tatsächlich das Eigentums- oder Nutzungsrecht an einem Grundstück begründet, als körperliche Gegenstände zu betrachten, keinen Gebrauch gemacht hat.

Zur dritten Frage

43In Anbetracht der Antwort auf die erste und die zweite Frage ist die dritte Frage nicht zu beantworten.

Kosten

44Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) für Recht erkannt:

Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass unter diese Befreiung von der Mehrwertsteuer Umsätze wie die im Ausgangsfall getätigten fallen, die zwar auf die Übertragung der betroffenen Gesellschaftsaktien gerichtet waren und zu diesem Ergebnis geführt haben, sich jedoch im Wesentlichen auf die von diesen Gesellschaften gehaltenen Immobilien und deren (mittelbare) Übertragung beziehen. Die unter dem zweiten Gedankenstrich derselben Vorschrift vorgesehene Ausnahme von dieser Befreiung gilt nicht, wenn der Mitgliedstaat von der in Art. 5 Abs. 3 Buchst. c der Sechsten Richtlinie eröffneten Möglichkeit, Anteilrechte und Aktien, deren Besitz rechtlich oder tatsächlich das Eigentums- oder Nutzungsrecht an einem Grundstück begründet, als körperliche Gegenstände zu betrachten, keinen Gebrauch gemacht hat.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
SAAAE-14015