Instanzenzug: ArbG Fulda Az: 3 Ca 59/08 Urteilvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht Az: 16/8 Sa 472/09 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit eines Tarifvertrages auf das zwischen ihnen vereinbarte Altersteilzeitarbeitsverhältnis.
Der nicht tarifgebundene Kläger trat am in ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten, die zu diesem Zeitpunkt Mitglied in der Arbeitgebervereinigung energiewirtschaftlicher Unternehmen e. V. (AVE) war. Der Arbeitsvertrag vom lautet auszugsweise:
Am 20./ schlossen die Parteien einen „Vertrag über Altersteilzeit“. Dieser lautet auszugsweise wie folgt:
Der genannte und dem Altersteilzeitarbeitsvertrag beigefügte Tarifvertrag zur Förderung der Altersteilzeit (TV-ATZ Energiewirtschaft) in der Fassung vom hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
Am schlossen die Betriebsparteien bei der Beklagten eine Betriebsvereinbarung, in der von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden sollte, die in § 18 Abs. 2 TV-ATZ Energiewirtschaft angesprochen worden war. Diese Betriebsvereinbarung (BV ATZ) hat folgenden Wortlaut:
6Am vereinbarten die AVE und die Gewerkschaft ver.di einen neuen Rahmentarifvertrag. In diesem ist das Arbeitsentgelt, das bisher in § 9 RTV Energiewirtschaft geregelt war, nunmehr - wortgleich - in § 8 geregelt. Der RTV Energiewirtschaft vom trat am in Kraft und kann mit einer dreimonatigen Frist zum jeweiligen Ende eines Halbjahres, erstmals zum gekündigt werden.
Am trat der Kläger in die Freistellungsphase seines Altersteilzeitverhältnisses ein. Zum gleichen Zeitpunkt wurde die Beklagte Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband Hessen e. V. (KAV Hessen). Mit Wirkung zum trat die Beklagte aus der AVE aus. Zur Eingliederung in das Tarifsystem des öffentlichen Dienstes, insbesondere in den Tarifvertrag Versorgungsbetriebe (TV-V), vereinbarten die Beklagte und der KAV Hessen einerseits sowie die Gewerkschaft ver.di, Landesbezirksleitung Hessen, andererseits den „Landesbezirkstarifvertrag Nr. 6/2007“ (BezTV Nr. 6), in dem Regelungen für die Arbeitnehmer der Beklagten niedergelegt sind. Dazu heißt es im BezTV Nr. 6:
8Die bisher auch für die Beklagte geltenden tariflichen Vergütungsregelungen der Energiewirtschaft waren zum gekündigt worden. Mit Wirkung vom wurde am zwischen der AVE und der Gewerkschaft ver.di ein neuer Vergütungstarifvertrag geschlossen. Dieser sah in § 2 für die Monate Oktober und November 2007 eine Einmalzahlung in Höhe von 450,00 Euro - für Arbeitnehmer im Altersteilzeitarbeitsverhältnis zeitanteilig nebst Aufstockung - sowie in der Anlage 1 eine Erhöhung der Tabellenentgelte vor.
9Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, die ab im Bereich Energiewirtschaft geltenden tariflichen Vergütungsbestimmungen anteilig an ihn weiterzugeben. Dieser Tarifvertrag sei von der dynamischen Verweisungsklausel in seinem Altersteilzeitarbeitsvertrag erfasst.
Der Kläger hat, soweit für die Revision von Bedeutung, beantragt
11Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass im Altersteilzeitarbeitsvertrag des Klägers keine eigenständige konstitutive Verweisung auf das Tarifwerk der Energiewirtschaft vereinbart worden sei. Auch für das Altersteilzeitarbeitsverhältnis sei grundsätzlich die vor dem Jahre 2002 als Gleichstellungsabrede vereinbarte Verweisung auf die jeweiligen Tarifverträge der Energiewirtschaft maßgebend, weshalb mit dem Ende der Tarifgebundenheit der Beklagten durch den Verbandsaustritt die Verweisung nur noch die zu diesem Zeitpunkt geltenden Tarifverträge der Energiewirtschaft, nicht jedoch die nach diesem Zeitpunkt neu vereinbarten Tarifregelungen erfasse. Im Übrigen sei mit dem BezTV Nr. 6 eine neue tarifliche Grundlage für die Beklagte vereinbart worden, die die bis dahin geltenden Tarifregelungen der Energiewirtschaft abgelöst habe. Die arbeitsvertragliche Verweisungsklausel wirke insofern auch als Tarifwechselklausel, weil dieselbe Gewerkschaft, die den im Arbeitsvertrag genannten Tarifvertrag abgeschlossen habe, nunmehr auch das neue für die Beklagte maßgebende Tarifwerk vereinbart habe.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision gegen sein Urteil zugelassen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.
Gründe
13Die Revision ist nicht begründet.
14I. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage für zulässig und begründet gehalten. Die Ausgestaltung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses der Parteien beruhe auf dem Vertrag vom 20./. In diesem sei der TV-ATZ Energiewirtschaft als maßgebliche Grundlage des Vertrages ausdrücklich genannt worden. Weder der TV-ATZ Energiewirtschaft noch das Altersteilzeitarbeitsverhältnis als solches sei von der Verweisungsklausel im ursprünglichen Arbeitsvertrag von 1976 erfasst worden. Die dynamische Verweisung auf den TV-ATZ Energiewirtschaft erstrecke sich auch auf die jeweilige Fassung des entsprechenden Entgelttarifvertrages der Energiewirtschaft. Die Verweisungsklausel im Altersteilzeitarbeitsvertrag der Parteien sei keine Tarifwechselklausel, sondern auf die Tarifverträge der Energiewirtschaft beschränkt. Danach habe der Kläger einen Anspruch auf anteilige Weitergabe der dort im Jahre 2007 vereinbarten Vergütungserhöhungen und Sonderzahlungen. Der Wegfall der Tarifgebundenheit der Beklagten durch den Austritt aus der AVE und die Begründung einer neuen Tarifgebundenheit durch den Beitritt zum KAV Hessen sowie den Abschluss des BezTV Nr. 6 seien für die aus der vertraglichen Vereinbarung erwachsenen Verpflichtungen der Beklagten ohne Bedeutung.
15II. Diese Auffassung hält den Angriffen der Revision stand. Der Altersteilzeitarbeitsvertrag der Parteien verweist konstitutiv und dynamisch auf den TV-ATZ Energiewirtschaft. Dieser nimmt in seinen eigenen Regelungen den RTV Energiewirtschaft dynamisch in Bezug. Hieraus ergibt sich der Anspruch des Klägers auf die in den Anträgen genannten Leistungen.
161. Die Klageanträge sind zulässig.
17a) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage -. Auch die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder Tarifwerks auf ein Arbeitsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein (st. Rspr., s. nur - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165).
18Das besondere Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO muss als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in der Revisionsinstanz, gegeben sein. Sein Vorliegen ist von Amts wegen zu prüfen (st. Rspr., etwa - Rn. 14, BAGE 124, 240).
19Das Feststellungsinteresse ist nur dann gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit insgesamt beseitigt wird und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann (st. Rspr., etwa - Rn. 12, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 94 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 7; - 4 AZR 757/00 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 100, 43). Es fehlt, wenn durch die Entscheidung kein Rechtsfrieden geschaffen wird, weil nur einzelne Elemente eines Rechtsverhältnisses zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden. Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen (st. Rspr., etwa - aaO). Das ist bei einem auf Feststellung einer Zahlungsverpflichtung gerichteten Antrag in der hier gewählten Form dann der Fall, wenn insbesondere über weitere Faktoren, die die Zahlungshöhe bestimmen, kein Streit besteht und die konkrete Bezifferung dann lediglich eine einfache Rechenaufgabe ist, die von den Parteien in einem unstreitigen Verfahren ebenso wie die weiteren Zahlungsmodalitäten selbst umgesetzt werden können. Anderenfalls müssen auch die weiteren Berechnungskriterien zum Gegenstand des Feststellungsantrages gemacht werden, damit nicht lediglich eine Vorfrage geklärt wird, die die Rechtsgrundlagen für den Entgeltanspruch nicht abschließend klärt (vgl. - Rn. 21, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 101 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 9; zur Eingruppierungsfeststellungsklage auch - 4 AZR 1005/06 - Rn. 15, BAGE 124, 240; weiterhin - 4 AZR 757/00 - aaO). Allerdings sind die Gerichte gehalten, Klageanträge nach Möglichkeit dahin auszulegen, wenn hierdurch eine vom Antragsteller erkennbar erstrebte Sachentscheidung ermöglicht wird ( - Rn. 12, BAGE 131, 316).
20b) Danach sind die vorliegenden Anträge noch zulässig.
21aa) Sie betreffen je ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien. Der Antrag zu 1) zielt auf die Verpflichtung der Beklagten zur Leistung einer tariflichen Einmalzahlung nach Maßgabe bestimmter, konkret bezeichneter vertraglicher und tariflicher Einschränkungen und Erweiterungen ab. Der Antrag zu 2) hat die Verpflichtung der Beklagten zur dauerhaften Zahlung monatlicher Vergütung nach einer bestimmten Berechnungsweise zum Gegenstand, wobei die Berechnungsfaktoren im Einzelnen benannt sind.
22bb) Die Anträge sind auch hinreichend bestimmt. Bei rechtskräftiger Feststellung der begehrten Rechtsverhältnisse steht der Inhalt der jeweiligen Leistungsverpflichtungen für die Beklagte fest.
23cc) Der Kläger kann sich auch auf ein nach § 256 Abs. 1 ZPO bestehendes Rechtsschutzinteresse berufen.
24(1) Der Antrag des Klägers ist dahingehend auszulegen, dass die festzustellende Vergütungsverpflichtung der Beklagten aus dem Antrag zu 2) sich auf den Zeitraum des Bestandes des Arbeits- und Altersteilzeitverhältnisses beschränkt. Dieses endete unstreitig am .
25(2) Das Rechtsschutzinteresse des Klägers folgt bei dem Antrag zu 2) bereits aus dessen bei Klageerhebung bestehender Zukunftsgerichtetheit (vgl. dazu - Rn. 17). Dem steht auch nicht eine mögliche Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage entgegen. Die Ermittlung des letztlich maßgebenden Zahlungsbetrages ist dem Kläger ohne eine vorherige Abrechnung der Beklagten nicht ohne weiteres möglich, zumal die Aufstockung nach § 10 TV-ATZ Energiewirtschaft sich an einem bestimmten Anteil des Nettoentgelts bemisst. Im Übrigen hat die Beklagte zu Protokoll des Arbeitsgerichts erklärt, dass sie sich einem rechtskräftigen Feststellungsurteil beugen wird. Angesichts der Tatsache, dass allein einer der von der Beklagten heranzuziehenden Berechnungsfaktoren streitig ist, ist davon auszugehen, dass die beantragte Feststellung zu einer endgültigen Beilegung des Streites der Parteien führen wird (vgl. dazu - Rn. 21 mwN, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 101 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 9).
262. Die Klage ist auch begründet. Die Beklagte ist zur Gewährung der vom Kläger in den Anträgen benannten Leistungen verpflichtet.
27a) Die im Altersteilzeitarbeitsvertrag vom 20./ enthaltene Verweisungsklausel ist eine konstitutive Vereinbarung und erfasst sowohl den TV-ATZ Energiewirtschaft als auch den RTV Energiewirtschaft dynamisch in ihrer jeweiligen Fassung.
28aa) Der Vertrag vom 20./ ist ein Formularvertrag, dessen Bestimmungen nach den Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen auszulegen sind. Allgemeine Geschäftsbedingungen hat das Revisionsgericht selbständig nach den Grundsätzen der Auslegung von Normen auszulegen. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind ( - zu II 2 b der Gründe, BAGE 115, 372; - 6 AZR 286/06 - Rn. 15, BAGE 121, 257; - zu II 1 a aa der Gründe, NJW 2005, 3567). Die Auslegung von typischen Vertragsklauseln ist der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht zugänglich (st. Rspr. des BAG zB - 4 AZR 331/02 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 105, 284; - 4 AZR 803/05 - zu II 3 a der Gründe, ZTR 2007, 151; - 9 AZR 647/03 - zu III der Gründe, BAGE 112, 214; - 9 AZR 595/03 - zu A I 2 der Gründe mwN, BAGE 112, 376).
29bb) Bei Anwendung dieser Maßstäbe ergibt sich, dass die Parteien des Altersteilzeitarbeitsvertrages vom 20./ die Leistungen der Beklagten dahingehend festgelegt haben, dass diese sich an der Entgelthöhe orientieren sollen, die in dem TV-ATZ und dem RTV der Energiewirtschaft in ihrer jeweiligen Fassung festgelegt sind.
30(1) Die im vorliegenden Rechtsstreit streitigen Leistungen der Beklagten im Altersteilzeitarbeitsverhältnis der Parteien sind entgegen der Auffassung der Revision nicht im Arbeitsvertrag vom , sondern im Altersteilzeitarbeitsvertrag vom 20./ festgelegt worden.
31(a) Der Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien bestimmte sich bis zum Abschluss des Altersteilzeitarbeitsvertrages vom 20./ im Wesentlichen nach dem Arbeitsvertrag vom . Dort sind insbesondere die Hauptleistungspflichten, nämlich die Arbeitsverpflichtung des Klägers sowie die Vergütungsverpflichtung der Beklagten dem Grunde nach geregelt.
32(b) Mit dem Altersteilzeitarbeitsvertrag vom 20./ haben die Parteien hinsichtlich der Arbeitszeit des Klägers und hinsichtlich der dafür von der Beklagten zu entrichtenden Vergütung neue Regelungen getroffen.
33(aa) In der Präambel des Vertrages haben die Parteien klargestellt, dass dieser „auf der Grundlage“ des TV-ATZ Energiewirtschaft geschlossen worden ist. Die Verweisung erfolgte dabei nicht auf einzelne Vorschriften des Tarifvertrages. Sie ist so zu verstehen, dass die Parteien die Regelungen des TV-ATZ Energiewirtschaft ihren eigenen vertraglichen Vereinbarungen zugrunde legen und dass auf dieses Regelwerk zurückgegriffen werden kann und muss, wenn es um die Bestimmung konkreter Rechte und Pflichten aus dem Altersteilzeitarbeitsvertrag geht.
34(bb) Danach schuldet der Kläger vom bis zum insgesamt nur noch die Hälfte der bisher für ihn geltenden vollen tariflichen Arbeitszeit. Die Aufteilung dieser Gesamtarbeitszeit in einen Block der Vollarbeitszeit und in einen Block der Freistellungszeit ergibt sich aus § 2 des Altersteilzeitarbeitsvertrages iVm. dem TV-ATZ Energiewirtschaft.
35(cc) Auch die Vergütung ist neu vereinbart worden. Sie ergibt sich aus der Bezeichnung des weiteren Arbeitsverhältnisses als „Altersteilzeitarbeitsverhältnis“ und der Bezugnahme auf den TV-ATZ Energiewirtschaft. Nach den tariflichen Regelungen ist ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis hinsichtlich der Vergütung dadurch gekennzeichnet, dass der Anteil der „normalen“ tariflichen Vergütung dem Anteil der Altersteilzeitarbeit im Verhältnis zur vollen tariflichen Arbeitszeit entspricht. Die Bezugsgröße ist dabei in § 9 Abs. 1 TV-ATZ Energiewirtschaft ausdrücklich durch die Verweisung auf das tarifliche Normalentgelt in § 9 Abs. 2 (jetzt § 8 Abs. 2) RTV Energiewirtschaft benannt. Als Besonderheit des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses wird zusätzlich vom Arbeitgeber eine Aufstockungszahlung geleistet, die in § 10 TV-ATZ Energiewirtschaft bestimmt ist. Ferner ist zur „Ergebnisbeteiligung“ in § 3 des Altersteilzeitarbeitsvertrages eine individuelle Sonderregelung getroffen worden, die tariflich nicht vorgesehen ist.
36(c) Soweit die Bestimmungen des Arbeitsvertrages vom den Inhalt des Arbeitsverhältnisses weiterhin bestimmen, ist dies entgegen der Auffassung der Revision für den Rechtsstreit unbedeutend. Die Verweisung aus dem Arbeitsvertrag vom ist nicht als nach wie vor maßgebende Regelung für den Inhalt auch des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses anzusehen und somit als „Altvertrag“ der Auslegung als Gleichstellungsabrede iSd. früheren Senatsrechtsprechung zu unterwerfen.
37(aa) Nach Auffassung der Revision sind die einzelnen Bedingungen des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses nicht Gegenstand der Vereinbarung vom 20./ gewesen; diese knüpfe vielmehr an die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Regelungen an, vor allem an das Altersteilzeitgesetz (AltersteilzeitG) und die bestehenden Tarifverträge der Energiewirtschaft, insbesondere den TV-ATZ Energiewirtschaft und den RTV Energiewirtschaft. Diese Tarifverträge seien aber ohnehin über die Verweisungsklausel aus dem Vertrag vom Gegenstand des Arbeitsverhältnisses gewesen und nicht neu vereinbart worden.
38(bb) Diese Auffassung ist unzutreffend und entspricht nicht der ständigen Senatsrechtsprechung zur Auslegung von Verweisungsklauseln. Die Parteien des Altersteilzeitarbeitsvertrages haben die Altersteilzeit vertraglich geregelt und sodann niedergelegt, welche Bedingungen hierfür gelten sollen. Dass diese - möglicherweise und zu Gunsten der Beklagten unterstellt - identisch sind mit denen, die auch ohne eine solche ausdrückliche Vereinbarung, nämlich aufgrund anderer Verbindlichkeitsanordnungen, sei es vertraglicher, sei es normativer Art, ist für die Einstufung der übereinstimmenden Willenserklärungen der Parteien ohne Bedeutung. Die ausdrückliche Benennung von gewollten Rechtsfolgen in einem privatautonomen Vertrag ist grundsätzlich als konstitutive Vereinbarung über die bezeichneten Rechtsfolgen anzusehen. Wenn Parteien eines Rechtsverhältnisses in einer mit „Vertrag“ bezeichneten Urkunde gemeinsam aufschreiben, dass für das Rechtsverhältnis dieses und jenes gilt, dann handelt es sich nicht um einen Akt der bloßen Erkenntnis, sondern um einen Akt der Betätigung rechtsgeschäftlichen Willens. Eines Hinweises auf eine ohnehin bestehende Rechtslage, die unabhängig von diesem Vertrag begründet worden ist und auch nach Vertragsabschluss weiterhin unabhängig von diesem Vertrag bestehen soll, bedarf es nicht. Wenn einer ausdrücklichen Vereinbarung ausnahmsweise nur eine solche Wirkung beigemessen, sie also in der Sache als überflüssig und letztlich unsinnig angesehen werden soll, bedarf es hierfür eindeutiger Anhaltspunkte, die vorliegend fehlen. Im Gegenteil haben die Parteien vorliegend nicht nur die Regelungen des TV-ATZ Energiewirtschaft in Gänze in Bezug genommen, sondern auch noch eine - weitere - eigenständige Regelung getroffen. Sie haben in § 3 des Vertrages die „Ergebnisbeteiligung“, die weder im TV-ATZ Energiewirtschaft noch im RTV Energiewirtschaft erwähnt ist, dahingehend geregelt, dass unabhängig vom (nominellen) Teilzeitarbeitsverhältnis des Klägers während der Arbeitsphase eine vollständige Weitergabe dieser Sonderleistung erfolgt, allerdings ohne jede Aufstockung. Einer Auseinandersetzung mit der weiteren Annahme der Revision, bei der arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel handele es sich um eine „Tarifwechselklausel“, bedarf es deshalb nicht.
39(2) Damit könnte eine Gleichstellungsabrede iSd. früheren Senatsrechtsprechung - mit der Folge eines Wegfalls der einmal vereinbarten Dynamik des in Bezug Genommenen - allenfalls dann gegeben sein, wenn die Vereinbarung vor dem geschlossen worden wäre. Denn nur solche „Altverträge“ genießen den Vertrauensschutz in die frühere Vertragsauslegung durch den Senat (vgl. dazu detailliert - Rn. 42 ff., BAGE 122, 74; - 4 AZR 793/07 - Rn. 30 ff., BAGE 128, 185). Ein solcher Altvertrag liegt hier aber nicht vor. Entgegen der Revision ist nicht maßgeblich, ob die Bezugnahmeklausel aus dem Arbeitsvertrag vom beim Abschluss des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zum Gegenstand der Willensbildung der Parteien gemacht worden ist. Entscheidend ist, dass die Vereinbarung über die streitigen Arbeitsbedingungen im Altersteilzeitarbeitsverhältnis abweichend von den bis dahin geltenden Vertragsbedingungen neu getroffen worden ist. Selbst wenn man zum Ergebnis käme, dass die Verweisungsklausel aus dem Jahre 1976 nicht vollständig „abgelöst“ worden wäre, wäre dies unerheblich, da jedenfalls die Arbeitszeit und die Vergütung im Rahmen des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses abweichend von den bisherigen Arbeitsbedingungen insgesamt neu vereinbart worden sind. Dass dies auch im Wege einer Bezugnahme auf einen Tarifvertrag erfolgte, ist ohne Bedeutung.
40b) Die Verweisung im Altersteilzeitarbeitsvertrag des Klägers erstreckt sich sowohl auf den TV-ATZ Energiewirtschaft als auch auf den RTV Energiewirtschaft in der jeweiligen Fassung.
41aa) Im Altersteilzeitarbeitsvertrag ist ausdrücklich auf den TV-ATZ Energiewirtschaft „in der jeweils gültigen Fassung“ verwiesen. Danach nimmt der Inhalt des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses an den Änderungen des TV-ATZ Energiewirtschaft teil.
42bb) Der TV-ATZ Energiewirtschaft seinerseits nimmt in mehrfacher Hinsicht, vor allem bei den Regelungen zur Bestimmung der Höhe des Teilzeitarbeitsentgelts, dynamisch auf den RTV Energiewirtschaft Bezug.
43(1) Bereits die Geltungsbereichsbestimmung des TV-ATZ Energiewirtschaft knüpft dynamisch an diejenige des RTV Energiewirtschaft an. Die tariflichen Altersteilzeitbestimmungen gelten nach § 2 TV-ATZ Energiewirtschaft „für alle unter den jeweils geltenden Rahmentarifvertrag für die Arbeitnehmer der Unternehmen der Gruppe Hessen der AVE (RTV) fallenden Arbeitnehmer“.
44(2) Die Vergütung des Altersteilzeitarbeitnehmers richtet sich nach § 9 Abs. 1 TV-ATZ Energiewirtschaft nach den in § 9 Abs. 2 RTV Energiewirtschaft geregelten laufenden Arbeitsbezügen nebst einer gesondert im TV-ATZ Energiewirtschaft geregelten Aufstockungszahlung. § 9 Abs. 2 TV-ATZ Energiewirtschaft ordnet die dynamische Weitergabe von „tariflichen Vergütungsänderungen und Stufensteigerungen“ auch für die Freistellungsphase im Altersteilzeitarbeitsverhältnis an. Daraus ergibt sich zwingend, dass evtl. tarifliche Vergütungserhöhungen während der Arbeitsphase „erst recht“ - jeweils anteilig - an die Altersteilzeitarbeitnehmer weiterzugeben sind.
45(3) Auch die eigenständige Regelung über die Aufstockungszahlung als Besonderheit des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses, die in § 10 TV-ATZ Energiewirtschaft enthalten ist, bestätigt dieses Ergebnis. Danach wird die tarifliche Weihnachtszuwendung, die in § 17 RTV Energiewirtschaft (seit 2006 § 14 RTV Energiewirtschaft) geregelt ist, nicht nur entsprechend anteilig für die Altersteilzeitarbeitnehmer gezahlt, sondern auch aufgestockt.
46(4) Sinn und Zweck dieser Regelung ist erkennbar die Teilhabe der Altersteilzeitarbeitnehmer an den für „normale“ Arbeitsverhältnisse im Geltungsbereich des RTV Energiewirtschaft vereinbarten Vergütungserhöhungen auch während der Altersteilzeit.
47cc) Gegen die Wirksamkeit einer dynamischen Verweisung in einem Tarifvertrag auf einen anderen Tarifvertrag bestehen jedenfalls dann keine grundsätzlichen Bedenken, wenn beide Tarifverträge von denselben Tarifvertragsparteien abgeschlossen worden sind (vgl. nur Wiedemann/Thüsing TVG 7. Aufl. § 1 Rn. 237). Eine solche Bezugnahme erfolgt regelmäßig dann, wenn allgemeine tarifliche Regelungen auf die jeweilige Vergütung Bezug nehmen (zB manteltarifliche Bestimmungen über Sonderzahlungen, Urlaubsentgelt, Altersteilzeit oÄ) und die Vergütung und ihre Zusammensetzung in einem gesonderten Tarifvertrag derselben Tarifvertragsparteien geregelt ist.
48dd) An der Dynamik ändert sich auch nichts dadurch, dass der TV-ATZ Energiewirtschaft am ohne Nachwirkung außer Kraft getreten ist. Nach § 18 Abs. 2 Satz 2 TV-ATZ Energiewirtschaft gelten die tariflichen Bestimmungen für diejenigen Arbeitnehmer, die - wie der Kläger - bis zu diesem Zeitpunkt in Altersteilzeit getreten sind, weiter. Damit ist auch die in § 9 Abs. 2 TV-ATZ Energiewirtschaft vorgesehene Dynamik der Vergütungsanpassung weiterhin Bestandteil der tariflichen Regelung. Soweit der Senat in der Vergangenheit davon ausgegangen ist, dass das Ende eines Tarifvertrages, in dem dynamisch auf einen anderen Tarifvertrag verwiesen wird, für die vom beendeten Tarifvertrag erfassten Arbeitsverhältnisse auch das „Einfrieren“ der in dem verwiesenen Tarifvertrag enthaltenen Regelungen bewirkt ( - BAGE 94, 367; - 4 AZR 332/00 - BAGE 99, 10; - 4 AZR 140/03 - EzA TVG § 4 Nachwirkung Nr. 36), ist diese Rechtsprechung hier nicht einschlägig, da der zeitliche Geltungsbereich des TV-ATZ Energiewirtschaft für die am bestehenden Altersteilzeitarbeitsverhältnisse nicht zu diesem Zeitpunkt endet, sondern im Tarifvertrag selbst festgelegt ist, dass sich in diesen Fällen die normative Geltung des verweisenden Tarifvertrages und damit auch die in ihm geregelte Dynamik über den hinaus verlängert.
49c) Soweit der RTV Energiewirtschaft in der für die Parteien maßgebenden jeweiligen Fassung seinerseits dynamisch auf die tariflichen Vergütungsregelungen der Energiewirtschaft verweist, werden auch diese unmittelbar zum Inhalt des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses der Parteien. Ohne eine solche konkrete Einbeziehung der jeweiligen, gesondert geregelten Vergütungsbestimmungen ist eine Anwendung des RTV Energiewirtschaft nicht möglich.
50d) Demgegenüber ist entgegen der Auffassung der Revision die Vereinbarung des BezTV Nr. 6 durch die Beklagte, den KAV Hessen und die Gewerkschaft ver.di ohne Belang. Dies folgt bereits daraus, dass ein Tarifvertrag individualvertraglich geregelte Verpflichtungen des Arbeitgebers - ohne dass es insoweit überhaupt auf die Tarifunterworfenheit des Arbeitsverhältnisses ankommt - nicht zu Lasten des Arbeitnehmers beseitigen kann, wenn der Tarifvertrag nicht selbst zum Gegenstand der konkreten einzelvertraglichen Regelung gemacht worden ist. Dies ist vorliegend hinsichtlich des BezTV Nr. 6 schon deshalb nicht der Fall, weil die Parteien in ihrem Altersteilzeitarbeitsvertrag auf die Tarifverträge der Energiewirtschaft und nicht auf diejenigen des öffentlichen Dienstes Bezug genommen haben.
51e) Aus den genannten Gründen bedarf es ferner keiner Überprüfung der Frage, ob nicht bereits die Auslegungsregel aus § 305c Abs. 2 BGB zu dem von dem Kläger begehrten Ergebnis geführt hätte.
523. Aus der Wirksamkeit der jeweiligen Verweisung im Altersteilzeitarbeitsvertrag des Klägers und im TV-ATZ Energiewirtschaft folgt die Verpflichtung der Beklagten, die in den Anträgen bezeichneten Leistungen zu gewähren.
53a) Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger die Einmalzahlung gemäß § 2 Satz 4 des Tarifvertrages über Tabellenvergütungen und Ausbildungsvergütungen und die Übernahme der Ausgebildeten vom zu zahlen. Nach dieser Regelung erhalten die Arbeitnehmer im Altersteilzeitarbeitsverhältnis diese Einmalzahlung zeitanteilig mit Aufstockung. Dabei soll die tarifliche Einmalzahlung für die Monate Oktober und November 2007 gezahlt werden und ist als Bestandteil der tariflichen Vergütung nach § 9 Abs. 2 RTV Energiewirtschaft anzusehen. Sie dient als nicht tabellenwirksame lineare Vergütungspauschale der Überbrückung des Zeitraums zwischen dem Auslaufen des bisherigen und dem Abschluss des neuen Tarifvertrages, während für den Zeitraum ab dem die prozentuale Erhöhung der Tabellenentgelte wirksam wird (vgl. zu entspr. Regelungen - Rn. 57 ff., AP BGB § 157 Nr. 38; - 5 AZR 820/07 - Rn. 14 ff., BAGE 127, 319).
54b) Entsprechendes gilt für die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger ab dem bis zum die im Antrag bezeichnete Vergütung zu zahlen, die der in diesem Zeitraum für die weiter vertraglich tarifunterworfenen Altersteilzeitarbeitsverhältnisse maßgebenden Vergütung entspricht. Die Zeitanteiligkeit ergibt sich dabei aus dem Altersteilzeitarbeitsvertrag. Die Aufstockungsverpflichtung folgt aus dem Altersteilzeitarbeitsvertrag iVm. § 9 Abs. 1 und Abs. 2, § 10 Abs. 1 TV-ATZ Energiewirtschaft.
III. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos bleibt, § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstelle(n):
TAAAE-11654