NWB Nr. 21 vom Seite 1713

„Erste Tätigkeitsstätte statt regelmäßiger Arbeitsstätte?”

Reinhild Foitzik | Verantw. Redakteurin | nwb-redaktion@nwb.de

Die Vereinfachung des Reisekostenrechts ist auf dem Weg

Auswärtstätigkeit oder regelmäßige Arbeitsstätte – davon hängt es ab, ob es sich um Reisekosten handelt oder die Entfernungspauschale zum Zuge kommt. Grundlage für diese Unterscheidung ist das zweigeteilte einkommensteuerrechtliche Reisekostenrecht, das für Mobilitätsaufwendungen zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte grundsätzlich andere Rechtsfolgen vorsieht als für solche zwischen Wohnung und allen anderen auswärtigen Tätigkeitsorten. In der Praxis führt diese Unterscheidung allerdings immer wieder zu Abgrenzungsproblemen, die regelmäßig auch den Bundesfinanzhof beschäftigen. Im Sommer 2011 hat das höchste deutsche Finanzgericht mit seiner Entscheidung, ein Arbeitnehmer könne nicht mehr als eine regelmäßige Arbeitsstätte innehaben, für eine erste Vereinfachung des steuerlichen Reisekostenrechts gesorgt. Jetzt hatten sich die Münchener Richter mit der Frage des Outsourcings zu befassen. Ihr Ergebnis: Es handelt sich um eine Auswärtstätigkeit, denn auch in diesen Fällen werden – dann allerdings nicht durch den typischen Orts-, sondern durch einen Arbeitgeberwechsel bedingt – die Arbeitnehmer auswärts, nämlich außerhalb von betrieblichen Einrichtungen ihres Arbeitgebers tätig. Damit widerspricht der Bundesfinanzhof insoweit der Verwaltungsauffassung. Warum es sich im Urteilsfall dann aber doch um eine regelmäßige Arbeitsstätte handelt, erläutert Schneider auf Seite 1732.

Der politische Wille zur Reform des Reisekostenrechts ist da. Ende letzten Jahres hat das Bundesfinanzministerium sein Projekt Reisekostenreform abgeschlossen und in einem Bericht verschiedene Modelle zur Vereinfachung der Abrechnung von Fahrtkosten, Verpflegungsmehraufwendungen und Übernachtungskosten vorgestellt. Inzwischen haben diese Überlegungen Eingang in das von den Koalitionsfraktionen verabschiedete Zwölf-Punkte-Programm zur weiteren Modernisierung und Vereinfachung des Unternehmensteuerrechts gefunden. Enthalten ist auch die vom Bundesfinanzhof festgestellte Begrenzung auf maximal eine regelmäßige Arbeitsstätte je Dienstverhältnis. Abschied nehmen will man vom unbestimmten Rechtsbegriff der „regelmäßigen Arbeitsstätte”. Er soll durch den neuen Begriff einer „ersten Tätigkeitsstätte” ersetzt und gesetzlich definiert werden. Wie die Modelle zur Reform des Reisekostenrechts im Einzelnen aussehen und welche derzeit von der Finanzverwaltung präferiert werden, stellt Wünnemann auf Seite 1738 dar. Dass die derzeit favorisierten Vorschläge Arbeitnehmer nicht entlasten, sondern zu höheren Steuern bzw. geringeren Reisekostenerstattungen führen werden, darauf weist z. B. der Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe e.V. hin (vgl. NWB Nachrichten vom ).

Beste Grüße

Reinhild Foitzik

Fundstelle(n):
NWB 2012 Seite 1713
NWB XAAAE-09477