BAG Urteil v. - 6 AZR 496/10

Stufenzuordnung - Anwendbarkeit des TVÜ-L - Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses einer Lehrkraft

Gesetze: § 1 Abs 1 S 1 TVÜ-L, § 1 Abs 1 S 1 ProtErkl 1 TVÜ-L, § 16 Abs 2 S 2 TV-L, § 4 Abs 2 TzBfG, Art 3 Abs 1 GG, § 242 BGB

Instanzenzug: Az: 2 Ca 42/09 E Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Niedersachsen Az: 12 Sa 1580/09 E Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die zutreffende Stufenzuordnung der Klägerin in den Monaten Oktober 2007 bis Dezember 2008 und in diesem Zusammenhang über die Frage der Anwendung der besitzstandswahrenden Regelungen des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts vom (TVÜ-Länder).

2Die Klägerin war seit dem mit Unterbrechungen aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverhältnisse im Schuldienst des beklagten Landes als Lehrerin (sog. Feuerwehrlehrkraft) beschäftigt. Vom bis zum war sie an der Haupt- und Realschule B tätig. Nach der Überleitung des Arbeitsverhältnisses in den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder vom (TV-L) zum war sie in die Entgeltgruppe 11, Entwicklungsstufe 5, dieses Tarifvertrags eingruppiert. In der zweiten Hälfte des Schuljahres 2006/2007 unterrichtete sie aufgrund eines bis zum , dem letzten Schultag vor den Sommerferien, befristeten Arbeitsverhältnisses an der Förderschule in U. Die Sommerferien endeten am . Am beantragte die Haupt- und Realschule in G die Zuweisung einer sog. Feuerwehrlehrkraft. Der Leiter dieser Schule führte mit der Klägerin am ein Auswahlgespräch. Nach der Beteiligung des Personalrats am beschäftigte das beklagte Land die Klägerin ab dem zunächst aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverhältnisse als Lehrkraft an der Haupt- und Realschule in G. Seit dem ist die Klägerin unbefristet an dieser Schule tätig.

3Das beklagte Land zahlte der Klägerin ab dem Vergütung der Entgeltgruppe 11, Entwicklungsstufe 2, TV-L. In einem Schreiben vom vertrat die Landesschulbehörde die Auffassung, die über die Dauer der Sommerferien 2007 hinausgehende Unterbrechung der Beschäftigung der Klägerin habe dazu geführt, dass sich die Stufenzuordnung nicht mehr nach dem TVÜ-Länder, sondern nach § 16 TV-L richte.

In § 1 TVÜ-Länder in der bis Februar 2009 geltenden Fassung (TVÜ-Länder aF) heißt es:

Die Protokollerklärung Nr. 1 zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder in der ab dem geltenden Fassung (TVÜ-Länder nF) lautet:

6Mit einem Schreiben vom verlangte die im Klagezeitraum mit unterschiedlicher wöchentlicher Arbeitszeit teilzeitbeschäftigte Klägerin vom beklagten Land ohne Erfolg eine Abrechnung des Entgelts unter Zugrundelegung der Entwicklungsstufe 5 der Entgeltgruppe 11 TV-L.

7Die Klägerin hat gemeint, die Protokollerklärung Nr. 1 zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder aF sei so auszulegen, dass bei Lehrkräften eine Unterbrechung für die Dauer der Sommerferien zuzüglich eines Monats unschädlich sei. Unter dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes habe sie daher auch für die Zeit ab dem Anspruch auf Entgelt der Entgeltgruppe 11, Entwicklungsstufe 5, TV-L. Die Neufassung der Protokollerklärung könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Verhandlungsführer der Gewerkschaftsseite hinsichtlich der streitbefangenen Frage gegenüber der TdL nachgegeben hätten, um an anderer Stelle ein Zugeständnis zu erreichen. Im Übrigen berufe sich das beklagte Land treuwidrig auf die Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses im Sommer 2007. Seine Schulbehörde hätte schon zum Ende der Sommerferien am einen neuen Arbeitsvertrag ausfertigen können. Bereits am sei für das beklagte Land der Vertretungsbedarf an der Haupt- und Realschule in G erkennbar gewesen, so dass die Einstellungsformalitäten bis zum vollständig hätten abgewickelt werden können. Die vom beklagten Land gehandhabte Tarifanwendung verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz. Die Gruppe der Vertretungslehrer würde ohne sachlichen Grund gegenüber anderen Beschäftigtengruppen benachteiligt.

Die Klägerin hat beantragt,

Hilfsweise hat die Klägerin beantragt festzustellen,

9Das beklagte Land hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, die Protokollerklärung Nr. 1 zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder aF sei so auszulegen, dass mit der Formulierung „darüber hinaus“ bei Lehrkräften eine Unterbrechung von mehr als einem Monat bis zur Gesamtdauer der Sommerferien unschädlich sei. Im Übrigen errechne sich für den Klagezeitraum nur eine Bruttoentgeltdifferenz in Höhe von 8.844,80 Euro.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des beklagten Landes das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Das beklagte Land beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Gründe

11Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht die beanspruchte Vergütung der Entgeltgruppe 11, Entwicklungsstufe 5, TV-L nicht zu.

12I. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Klägerin gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L unter Berücksichtigung der ab dem beim beklagten Land in den befristeten Arbeitsverhältnissen jeweils erworbenen einschlägigen Berufserfahrung der Entwicklungsstufe 2 der Entgeltgruppe 11 TV-L zuzuordnen war und deshalb keinen Anspruch auf das Tabellenentgelt der Entgeltgruppe 11, Entwicklungsstufe 5, TV-L hat. Entgegen der Auffassung der Klägerin war die Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses vom bis zum nicht unschädlich im Sinne der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder aF.

131. Diese Protokollerklärung ist ebenso wie die Protokollerklärung zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA materieller Bestandteil des Tarifvertrags (vgl. zu letztgenannter Protokollerklärung  - Rn. 14, BAGE 128, 317). Die Schriftform des § 1 Abs. 2 TVG ist eingehalten. Die Protokollerklärung ist von den Unterschriften der Tarifvertragsparteien unter den TVÜ-Länder erfasst. In ihr kommt der Wille der Tarifvertragsparteien zur Normsetzung zum Ausdruck. Sie regelt ebenso wie die Protokollerklärung zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA die Frage, wann eine Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses unschädlich ist. Die Auslegung der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder aF als normativer Teil des Tarifvertrags folgt damit den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln (vgl.  - aaO; - 6 AZR 773/06 - Rn. 13, BAGE 121, 266; - 6 AZR 166/88 - zu II 2 der Gründe, AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 4 = EzBAT BAT F 2 §§ 22, 23 Heimzulage Nr. 1).

142. Dem Wortlaut, dem im tariflichen Gesamtzusammenhang zum Ausdruck kommenden Zweck des § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder und der hierzu vereinbarten Protokollerklärung sowie der Tarifgeschichte ist zu entnehmen, dass eine Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses bei Lehrkräften stets vorliegt, wenn während eines im Vergleich zur Dauer der Sommerferien längeren Zeitraums kein Arbeitsverhältnis bestanden hat (Clemens/Scheuring/Stein-gen/Wiese TV-L Stand Dezember 2009 Teil IV/3 TVÜ-Länder Rn. 20).

15a) § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder stellt ebenso wie § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA die allgemeine Regel auf, dass die tariflichen Überleitungsbestimmungen nur Anwendung finden, wenn das Arbeitsverhältnis über den festgesetzten Stichtag hinaus ununterbrochen fortbesteht. Grundsätzlich ist danach jede rechtliche Unterbrechung für die Anwendung des TVÜ-Länder schädlich (vgl. zur Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA  - Rn. 16, BAGE 128, 317).

16b) Hiervon enthält die Protokollerklärung Nr. 1 zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder aF ebenso wie die Protokollerklärung zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA eine für alle Beschäftigten geltende Ausnahme für den Fall, dass eine Unterbrechung nicht länger als einen Monat andauert. Eine solche Unterbrechung ist unschädlich. Der Tarifvertrag fingiert in diesem Fall das Arbeitsverhältnis als ununterbrochen fortbestehend. Nach dem Wortlaut der Protokollerklärung ist hierfür allein die Dauer der Unterbrechung maßgeblich. Auf einen möglichen sachlichen Zusammenhang zwischen den beiden Arbeitsverhältnissen kommt es danach nicht an (vgl. zur Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA  - Rn. 16, BAGE 128, 317).

17c) Für Lehrkräfte im Sinne der Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1a zum BAT/BAT-O haben die Tarifvertragsparteien in der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder aF die für alle Beschäftigten geltende Fiktion, wonach Unterbrechungen von bis zu einem Monat unschädlich sind, für nicht ausreichend gehalten. Ihnen war bewusst, dass die Sommerferien länger als einen Monat dauern und die nicht seltene Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses bei befristet beschäftigten Lehrkräften während dieser Ferien nicht nur bewirken würde, dass diese Lehrkräfte während der Sommerferien regelmäßig arbeitslos sind und keinen Anspruch auf Vergütung haben ( - AP TzBfG § 4 Nr. 15 = EzA TzBfG § 4 Nr. 14), sondern dass nach ihrer Wiedereinstellung nach den Sommerferien auch die tariflichen Überleitungsbestimmungen keine Anwendung mehr fänden. Dies haben sie für nicht angemessen erachtet und deshalb angeordnet, dass bei Lehrkräften im Sinne der Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1a zum BAT/BAT-O Unterbrechungen während der Gesamtdauer der Sommerferien unschädlich sind. Die Klägerin war Lehrkraft im Sinne dieser Vorbemerkung, nach der die Anlage 1a nicht für Angestellte gilt, die als Lehrkräfte - auch wenn sie nicht unter die SR 2 l I fallen - beschäftigt sind, soweit nicht ein besonderes Tätigkeitsmerkmal vereinbart ist. Für eine solche Vereinbarung fehlt jeder Anhaltspunkt. Zwischen den Parteien besteht auch kein Streit darüber, dass die Klägerin Lehrkraft im Sinne der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder aF war und damit eine Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses nur während der Gesamtdauer der Sommerferien unschädlich gewesen wäre. Die Parteien streiten ausschließlich darüber, ob die Worte „darüber hinaus“ in der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder aF so auszulegen sind, dass bei Lehrkräften der sich für alle Beschäftigten unschädliche Unterbrechungszeitraum von einem Monat um die Dauer der Sommerferien verlängert (so  -), oder so zu verstehen sind, dass bei Lehrkräften bei Unterbrechungen während der Sommerferien an die Stelle des Zeitraums von einem Monat die Dauer der Sommerferien tritt (so  -), wie dies die Protokollerklärung Nr. 1 zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder nF jetzt ausdrücklich festlegt.

18d) Bereits der Wortlaut der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder aF spricht für das Verständnis, dass bei Lehrkräften eine im Vergleich zur Dauer der Sommerferien längere Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses bewirkt, dass die Unterbrechung nicht mehr unschädlich ist.

19aa) Im Gegensatz zur Protokollerklärung Nr. 1 zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder nF regelt die Protokollerklärung Nr. 1 zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder aF zwar nicht ausdrücklich, dass bei Lehrkräften im Sinne der Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1a zum BAT/BAT-O bei Unterbrechungen während der Sommerferien an die Stelle des Zeitraums von einem Monat die Dauer der Sommerferien tritt. Die für die Frage der Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin maßgebliche Protokollerklärung aF spricht vielmehr davon, dass in der Zeit bis zum Unterbrechungen von bis zu einem Monat, bei Lehrkräften im Sinne der Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1a zum BAT/BAT-O darüber hinaus während der Gesamtdauer der Sommerferien, unschädlich sind. Entgegen der Ansicht der Klägerin haben die Tarifvertragsparteien mit der Formulierung „darüber hinaus“ den für die Unterbrechung eines Arbeitsverhältnisses unschädlichen Zeitraum von einem Monat bei Lehrkräften nicht um die Dauer der Sommerferien verlängert. Die Worte „darüber hinaus“ beziehen sich auf die Monatsfrist. Die Tarifvertragsparteien haben gerade nicht geregelt, dass bei Lehrkräften Unterbrechungen während der Gesamtdauer der Sommerferien und bis zu einem Monat darüber hinaus unschädlich sind.

20bb) Für ein redaktionelles Versehen der Tarifvertragsparteien bei der Formulierung der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder aF fehlen Anhaltspunkte. Es kann nicht unterstellt werden, dass die Tarifvertragsparteien nicht wussten, dass es bei Lehrkräften nicht nur während der Sommerferien, sondern auch außerhalb dieser Ferien zu längeren Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses kommen kann, zB dann, wenn eine Lehrkraft jeweils befristet zur Vertretung anderer Lehrkräfte für die Dauer eines Beschäftigungsverbots nach dem Mutterschutzgesetz, einer Elternzeit, einer vereinbarten Arbeitsfreistellung zur Betreuung eines Kindes oder einer längeren Arbeitsunfähigkeit beschäftigt wird. Gleichwohl haben die Tarifvertragsparteien des TVÜ-Länder bei Unterbrechungen außerhalb der Sommerferien für Lehrkräfte keinen von dem für alle Beschäftigten geltenden unschädlichen Zeitraum von bis zu einem Monat abweichenden längeren Zeitraum festgelegt. Dies zeigt, dass sie die Lehrkräfte bezüglich der Dauer der Unterbrechung gegenüber den anderen Beschäftigten nicht allgemein besserstellen, sondern angesichts der nicht seltenen Praxis der Länder, die Arbeitsverhältnisse mit Lehrkräften auf das Schuljahresende zu befristen und die Lehrkräfte nach den Sommerferien neu einzustellen (vgl. zu dieser Praxis  - AP TzBfG § 4 Nr. 15 = EzA TzBfG § 4 Nr. 14;  -;  -), nur sicherstellen wollten, dass die tariflichen Überleitungsbestimmungen bei einer Unterbrechung während der Sommerferien noch Anwendung finden.

21cc) Gegen das Verständnis der Klägerin spricht auch, dass den Tarifvertragsparteien des TVÜ-Länder die Dauer der Sommerferien in den einzelnen Bundesländern bekannt war. Diese Ferien dauern in aller Regel ca. sechs Wochen. Wenn die Tarifvertragsparteien des TVÜ-Länder gemäß der Ansicht der Klägerin beabsichtigt hätten, dass sich bei Lehrkräften der für alle Beschäftigten geltende unschädliche Unterbrechungszeitraum von bis zu einem Monat um die Dauer der Sommerferien verlängert, hätte es von der Regelungstechnik her und aus Gründen der Praktikabilität nahegelegen, für Lehrkräfte eine bestimmte, von dem Zeitraum von bis zu einem Monat abweichende, besondere Zeitspanne festzulegen, während der Unterbrechungen unschädlich sind, zB einen Zeitraum von zwei Monaten oder zehn Wochen. Aus dem Umstand, dass die Tarifvertragsparteien von einer solchen naheliegenden Regelung abgesehen haben, kann abgeleitet werden, dass es sich bei den in der Protokollerklärung genannten Zeiträumen nach ihrem Willen um Alternativen und somit bei der Gesamtdauer der Sommerferien um die maximale unschädliche Dauer der Unterbrechung handeln sollte.

22e) Die Tarifgeschichte bestätigt das Auslegungsergebnis. Die Regelung in der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder nF, wonach bei Lehrkräften im Sinne der Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1a zum BAT/BAT-O bei Unterbrechungen während der Sommerferien an die Stelle des Zeitraums von einem Monat die Dauer der Sommerferien tritt, schließt eine Kumulierung aus. Dass die Neufassung der Protokollerklärung die Anwendung der Überleitungsbestimmungen des TVÜ-Länder hindert, wenn die Unterbrechung auch nur einen Tag länger dauert als die Sommerferien, räumt auch die Klägerin ein. Ihre Mutmaßung, die Neufassung der Protokollerklärung könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Verhandlungsführer der Gewerkschaftsseite hinsichtlich der streitbefangenen Frage gegenüber der TdL nachgegeben hätten, um an anderer Stelle ein Zugeständnis zu erreichen, überzeugt nicht. Der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien des TVÜ-Länder wenige Monate nach dem Außerkrafttreten der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder aF mit Ablauf des an dem für alle Beschäftigten geltenden unschädlichen Unterbrechungszeitraum von einem Monat festgehalten und bei Lehrkräften im Sinne der Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1a zum BAT/BAT-O wiederum bestimmt haben, dass Unterbrechungen während der Sommerferien die Anwendung der Überleitungsbestimmungen des TVÜ-Länder nicht hindern, legt nahe, dass sie bei Lehrkräften die Dauer der unschädlichen Unterbrechung im Vergleich zur bis zum geltenden Rechtslage nicht völlig anderen Regeln unterwerfen wollten, sondern sich nur veranlasst sahen klarzustellen, dass sich die unschädliche Unterbrechung von bis zu einem Monat bei Lehrkräften nicht um die Dauer der Sommerferien verlängert und die Sommerferien damit die Höchstgrenze einer unschädlichen Unterbrechung darstellen (vgl. zu dieser möglichen Klarstellungsfunktion der Neufassung einer tariflichen Regelung  - Rn. 17, AP TVöD § 8 Nr. 9 = EzTöD 120 TVöD-K § 8.1 Nr. 3).

23f) Das Argument der Klägerin, zwischen den Zeitarbeitsverhältnissen, die sich in der Regel unmittelbar an die Sommerferien anschlössen, und den Arbeitsverhältnissen von Vertretungslehrkräften sei zu differenzieren, weil letztgenannte Arbeitsverhältnisse klassischerweise dadurch gekennzeichnet seien, dass sich nur in Ausnahmefällen ein weiteres Arbeitsverhältnis ohne zeitlichen Verzug unmittelbar an die Sommerferien anschließe, trägt nicht. Auch wenn es zuträfe, dass in aller Regel ein Bedarf an Vertretungslehrkräften erst nach den Sommerferien erkennbar wird und Vertretungslehrkräfte deshalb und aufgrund des Ruhens des Schulbetriebs während der Sommerferien sowie aufgrund der erforderlichen Einstellungsformalitäten nur sehr selten bereits am ersten Schultag nach den Sommerferien wieder eingestellt werden, ist doch maßgebend, dass die Tarifvertragsparteien des TVÜ-Länder bezüglich der Unschädlichkeit von Unterbrechungen bei Lehrkräften nicht zwischen Zeitarbeitsverhältnissen und Arbeitsverhältnissen von Vertretungslehrkräften unterschieden haben. Sie haben die Regelung ausdrücklich für alle Lehrkräfte im Sinne der Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1a zum BAT/BAT-O und damit auch für Vertretungslehrkräfte getroffen. Den Tarifvertragsparteien des TVÜ-Länder kann auch nicht unterstellt werden, dass sie nicht wussten, dass Vertretungslehrkräfte aufgrund des häufig erst nach den Sommerferien erkennbaren Bedarfs, der erforderlichen Auswahl unter den Bewerbern und Bewerberinnen und der notwendigen Beteiligung des Personalrats regelmäßig nicht bereits am ersten Schultag nach den Sommerferien wieder eingestellt werden. Wenn sie gleichwohl nur die Dauer der Sommerferien als unschädliche Unterbrechung bestimmt haben, ist dieser Wille der Tarifvertragsparteien des TVÜ-Länder zu achten.

24g) § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder iVm. der zugehörigen Protokollerklärung aF verstößt nicht gegen das Verbot der Benachteiligung befristet beschäftigter Arbeitnehmer gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 TzBfG.

25aa) Nach dieser Bestimmung darf ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer wegen der Befristung des Arbeitsvertrags nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Eine schlechtere Behandlung liegt vor, wenn befristet Beschäftigte für die gleiche Arbeitsleistung eine geringere Bezahlung als die unbefristet Tätigen erhalten. Auch dürfen Dauerbeschäftigten geleistete Vorteile befristet Beschäftigten nicht wegen der Befristung vorenthalten werden ( - Rn. 19, BAGE 128, 317; - 5 AZR 260/07 - Rn. 13, AP TzBfG § 4 Nr. 15 = EzA TzBfG § 4 Nr. 14). Tarifvertragliche Regelungen müssen mit § 4 Abs. 2 TzBfG vereinbar sein. Das in dieser Vorschrift geregelte Diskriminierungsverbot steht nach § 22 TzBfG nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien ( - zu II 2 der Gründe, BAGE 109, 110).

26bb) Die Klägerin wird nicht wegen der Befristung ihrer früheren Arbeitsverhältnisse schlechter behandelt als vergleichbare unbefristet beschäftigte Lehrkräfte. Die Regelung des Geltungsbereichs des TVÜ-Länder in § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder iVm. der Protokollerklärung aF hierzu knüpft nicht unmittelbar an die Befristung, sondern an den ununterbrochenen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses an (vgl. zur entsprechenden Regelung im TVÜ-VKA  - Rn. 20, BAGE 128, 317). Zu Unterbrechungen kann es nicht nur durch mehrere nicht unmittelbar aneinander anschließende befristete Arbeitsverhältnisse, sondern auch durch Kündigungen und Aufhebungsverträge kommen. Umgekehrt liegt ein ununterbrochen fortbestehendes Arbeitsverhältnis auch vor, wenn die befristeten Arbeitsverhältnisse nahtlos aneinander anschließen (vgl.  - zu II 1 der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Deutsche Post Nr. 7 = EzBAT Versorgungs-TV § 6 Nr. 12) oder - so die Protokollerklärung Nr. 1 zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder aF und nF - die Unterbrechung zwischen den befristeten Arbeitsverhältnissen die Dauer von einem Monat nicht überschreitet.

27cc) Ob § 4 Abs. 2 TzBfG auch ein Verbot der mittelbaren Benachteiligung wegen befristeter Beschäftigung enthält (zum Streitstand vgl. MünchKomm-BGB/Henssler 5. Aufl. § 4 TzBfG Rn. 16 mwN), kann ebenso wie in der Entscheidung des Senats vom (- 6 AZR 632/08 - Rn. 21, BAGE 128, 317) offenbleiben. Die Vermeidung des der Klägerin aufgrund der Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses entstandenen Nachteils wird vom Schutzzweck des § 4 Abs. 2 TzBfG nicht mit umfasst. § 4 Abs. 2 TzBfG verbietet nicht die Befristung als solche, sondern nur eine Ungleichbehandlung während der Dauer der Befristung. Diese Bestimmung schützt Arbeitnehmer, die im Anschluss an ein befristetes Arbeitsverhältnis ein neues Arbeitsverhältnis zu geänderten Arbeitsbedingungen eingehen, nicht vor einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen (vgl.  - zu III 2 b der Gründe, BAGE 109, 110). Mit dem Ablauf der bisherigen Vertragsbedingungen wirkt sich nur der Nachteil aus, der mit einer Befristung stets verbunden ist oder verbunden sein kann. Nach dem Ende einer wirksamen Befristung sind die Parteien bei der Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses in der Gestaltung der Arbeitsbedingungen grundsätzlich frei und an frühere Abmachungen nicht gebunden ( - zu III der Gründe, BAGE 109, 369). Allerdings ordnet § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L an, dass die Stufenzuordnung, wenn Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber verfügen, unter Anrechnung der Zeiten der einschlägigen Berufserfahrung aus diesem vorherigen Arbeitsverhältnis erfolgt. Das beklagte Land hat die Berufserfahrung der Klägerin aus den befristeten Arbeitsverhältnissen ungeachtet der Unterbrechungen bei der Ermittlung der tariflichen Vergütung berücksichtigt.

28h) Die Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder iVm. der hierzu ergangenen Protokollerklärung aF ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Entgegen der Ansicht der Klägerin werden befristet beschäftigte Vertretungslehrkräfte, deren Arbeitsverhältnis mit Ablauf des letzten Schultages vor den Sommerferien endet und über diese hinaus unterbrochen ist, in Bezug auf die Anwendbarkeit des TVÜ-Länder nicht gegenüber durchgängig mit Zeitarbeitsverträgen beschäftigten Lehrkräften ungerechtfertigt benachteiligt. Dem steht schon entgegen, dass Vertretungslehrkräfte ebenso wie andere befristet Beschäftigte nach Ablauf einer Befristung grundsätzlich keinen Anspruch auf Wiedereinstellung, schon gar keinen Anspruch auf Wiedereinstellung zu den bisherigen Bedingungen haben (vgl.  - Rn. 22, BAGE 128, 317). Eine Überleitung in einen anderen Tarifvertrag ist nur erforderlich, wenn zwischen den Arbeitsvertragsparteien über den Überleitungszeitpunkt hinaus das Arbeitsverhältnis ununterbrochen fortbesteht. Soweit die Protokollerklärung Nr. 1 zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder aF bei Lehrkräften eine Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses während der Sommerferien für unschädlich erklärt, liegt hierin keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber Lehrkräften, deren Arbeitsverhältnis länger unterbrochen war. Schon der von den Tarifvertragsparteien für andere Beschäftigte gewählte Zeitraum von einem Monat, nach dessen Überschreitung eine Anwendung des TVÜ-Länder ausscheidet, ist sachgerecht (vgl. zur entsprechenden Regelung im TVÜ-VKA  - aaO). Der TVÜ-Länder unterscheidet sich ebenso wie der TVÜ-VKA insoweit nicht wesentlich von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Frage, wann ein ununterbrochenes Arbeitsverhältnis im Sinne von § 1 Abs. 1 KSchG und § 622 Abs. 2 BGB vorliegt. Danach ist regelmäßig von einer rechtlich relevanten Unterbrechung auszugehen, wenn der Unterbrechungszeitraum mehr als drei Wochen beträgt ( - zu II 1 c der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Wartezeit Nr. 20 = EzA KSchG § 1 Nr. 58). Soweit die Protokollerklärung Nr. 1 zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder aF diesen Zeitraum maßvoll auf einen Monat ausdehnt, ist dies nicht zu beanstanden (vgl. zur Protokollerklärung zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA  - Rn. 22, BAGE 128, 317). Dies gilt erst recht, soweit die Tarifvertragsparteien des TVÜ-Länder der besonderen Situation befristet beschäftigter Lehrkräfte Rechnung getragen und angesichts der längeren Dauer der Sommerferien angeordnet haben, dass nicht nur Unterbrechungen von bis zu einem Monat unschädlich sind, sondern auch Unterbrechungen während der Gesamtdauer der Sommerferien. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass sich eine weitere Ausdehnung des unschädlichen Unterbrechungszeitraums nur für Lehrkräfte kaum rechtfertigen ließe, zumal auch außerhalb des Schuldienstes kurzfristig Vertretungsbedarf entstehen kann, eine Bewerberauswahl getroffen werden muss und Personalräte beteiligt werden müssen, so dass Unterbrechungen von über einem Monat vorkommen.

293. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Berufung des beklagten Landes auf die Überschreitung des Unschädlichkeitszeitraumes verstoße nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach den von der Klägerin nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Haupt- und Realschule in G erst am und damit erst nach den Sommerferien die Zuweisung einer „Feuerwehrlehrkraft“ beantragt. Schon dies schließt eine treuwidrige Berufung des beklagten Landes auf die Schädlichkeit der Unterbrechung bezüglich der Anwendung der tariflichen Überleitungsbestimmungen aus.

30II. Da der Klägerin die von ihr ab dem beanspruchte Vergütung der Entgeltgruppe 11, Entwicklungsstufe 5, TV-L nicht zusteht, ist auch der von ihr hilfsweise gestellte Feststellungsantrag unbegründet.

III. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




Fundstelle(n):
IAAAE-04534