BFH Urteil v. - I R 82/10

Einstufung einer bestehenden Schuld während ihrer Laufzeit als Dauerschuld; Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen

Leitsatz

Führt ein Immobilienunternehmen einen zur Finanzierung eines Immobilienobjekts aufgenommenen streng objektgebunden Kredit nach Veräußerung des Objekts unter wirtschaftlicher Weiterleitung des Kreditvertrages an den Objektkäufer unverändert fort, wird die Kreditschuld zur Dauerschuld i.S. des § 8 GewStG, wenn es eine rechtlich eigenständige Stundungsvereinbarung mit dem Käufer schließt und einen gesonderten, zu seiner freien finanziellen Verfügung stehenden Geschäftserfolg (Agio) erzielt.

Gesetze: GewStG § 8 Nr. 1, FGO § 115 Abs. 3

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

1 I. Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer (hälftigen) Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen i.S. des § 8 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes 2002 (vor dem Inkrafttreten der Änderung durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom , BGBl I 2007, 1912, BStBl I 2007, 630) —GewStG 2002 a.F.— für das Streitjahr 2004.

2 Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, betreibt die Übernahme von Bau- und Dienstleistungen aller Art, die Projektentwicklung und die Bauträgerschaft für Einrichtungen von Kommunen, Ländern oder des Bundes. Anfang 2000 erwarb die Klägerin ein Grundstück. Die Fälligkeit des Kaufpreises von 1.918.000 DM war u.a. von der Erteilung der Baugenehmigung für die Errichtung eines dort geplanten Altenpflegeheims abhängig.

3 Am 5. März/ schloss die Klägerin als Verpächterin mit der C-GmbH unter der Projektbezeichnung „Seniorenzentrum ...” einen Pachtvertrag (20-jährige Laufzeit mit Verlängerungsoption). Pachtgegenstand ist das Grundstück mit dem von der Klägerin als Bauherrin darauf zu errichtenden Gebäude und dem für den Betrieb als Seniorenpflegeheim erforderlichen Inventar (Übergabe spätestens am ). Der monatliche Pachtzins betrug 112.775 DM (57.660 €).

4 Die Klägerin bot das Projekt mehreren potenziellen Käufern und auch Maklern an. In einem Schreiben vom teilte sie einem Kapitalanlageberater mit, dass die Verhandlungen „mit einem Interessenten unmittelbar vor einem Vertragsabschluss” stünden.

5 Am 25. September/ unterzeichneten die X-Bank als Darlehensgeberin und die Klägerin als Darlehensnehmerin den Darlehensvertrag Nr .. über eine Kreditsumme von 15 Mio. DM. Die X-Bank bildete dabei mit der Y-Bank ein offenes Konsortium. Die Kreditsumme sollte den Grundstückskaufpreis (1.918.000 DM), die Baukosten (9.860.000 DM - noch abzuschließender Generalunternehmervertrag), die Anschaffung des Inventars (2.120.000 DM) sowie Zinsen und Nebenkosten (1.102.000 DM) abdecken. Als Zinssatz wurden nominal 6,53 % (fest bis , effektiver Jahreszins 6,73 %), als jährliche Tilgung 2 % und als monatliche Annuität 106.625 DM (54.516 €) vereinbart. Der Kredit war am zur Rückzahlung fällig. Die X-Bank erhielt als Sicherheiten eine Grundschuld in Höhe von 15 Mio. DM zzgl. Zinsen und Nebenleistungen, eine Bankbürgschaft des Generalunternehmers (8.381.000 DM), Sicherungsabtretungen der Rechte aus dem Grundstückskaufvertrag, aus dem Generalunternehmervertrag und aus weiteren die Objekterrichtung betreffenden Verträgen (mit Eintrittsrecht) und auch aus dem Pachtvertrag (mit Bankbürgschaft der C-GmbH über 676.650 DM [6 Monatspachten]), Sicherungsübereignung des Inventars sowie selbstschuldnerische Höchstbetragsbürgschaften der beiden Gesellschafter der Klägerin (jeweils 2.500.000 DM). Im Hinblick auf die Pachtzahlungen vereinbarten die Vertragsparteien, dass das Eingangskonto für die Pachtzinsen bei der X-Bank geführt wird. Die X-Bank wies im Vertrag ausdrücklich darauf hin, dass sie aus Vereinfachungsgründen die Annuitäten jeweils zu Lasten des Kontos der Klägerin mit der Nummer . (Eingangskonto für die Pachtzahlungen) umbuchen werde.

6 Im Jahresabschluss zum wies die Klägerin das inzwischen im Bau befindliche Objekt „... Pflegeheim” unter der Position B. Umlaufvermögen I. Vorräte - Unfertige Leistungen und Grundstücke mit einem Wert von 11.561.634 DM aus.

7 Auf Anfrage der Klägerin ermittelte die X-Bank als Vorfälligkeitsentgelt für den Fall einer vorzeitigen Darlehensablösung einen Betrag von 1.930.000 DM (am ). Am überwies die Klägerin vom Darlehenskonto den Kaufpreis für das erworbene Grundstück in Höhe von 1,918 Mio. DM an die Verkäuferin, am 9 Mio. DM an den Generalunternehmer. Die Restvalutierung nach Berücksichtigung von Überweisungen an ein anderes Unternehmen und an ein Notariat belief sich auf 3.859.429 DM. Der Stand des Darlehens zum Jahresende 2001 lautete auf die volle Kreditsumme von 15 Mio. DM (7.669.378 €).

8 Mit Vertrag vom verkaufte die Klägerin das Grundstück mit dem darauf zwischenzeitlich bereits fertiggestellten Pflegeheim an die Z-KG zum Kaufpreis von 9.049.866 € (= 17.700.000 DM), darin enthalten ein Betrag von (zunächst) 1.380.488 € (2.700.000 DM) für das Inventar bzw. den dieses betreffenden Anspruch auf Rückübereignung gegen die X-Bank als Sicherungseigentümerin. Der hierauf entfallende Betrag wurde durch notarielle Nachtragsvereinbarung auf 1.083.897 € bzw. 2.119.920 DM herabgesetzt. Als Kauf- bzw. Vertragsgegenstand bezeichnete der Vertrag neben dem Grundstück sämtliche der Klägerin insbesondere gegenüber der X-Bank zustehenden Rechte und Ansprüche aus den konkret bezeichneten Verträgen.

9 Übergabe des Objekts sowie Übergang von Nutzen und Lasten erfolgten am . Als Zahlungsmodalitäten für den Kaufpreis waren vereinbart: sofort fälliger Betrag von 1.380.488 € (2.700.000 DM) und Stundung in Höhe von 15 Mio. DM, hierfür einmaliges, am fälliges Agio von 852.153 € (1.666.667 DM), Verzinsung mit jährlich 5,6 % ab , jährliche Tilgung 1,8 % und Fälligkeit des noch bestehenden restlichen Kaufpreisteilbetrags am in einer Summe. Nach dem Kaufvertrag sollten für die vereinbarte Stundung analog die Bedingungen des Kreditvertrages mit der X-Bank gelten. Die Bank stimmte einer Darlehensübernahme durch die Z-KG nicht zu, da die Bonität der Käuferin nicht mit jener der Klägerin vergleichbar sei. Ferner wäre für die Darlehensübernahme auch die Zustimmung der Y-Bank erforderlich gewesen.

10 Es ergaben sich nach den vertraglichen Grundlagen die folgenden regelmäßigen Zahlungen: Die C-GmbH entrichtete monatlich 57.660,94 € (Jahrespacht: 691.931,28 €), die Klägerin an die X-Bank monatlich 54.516,50 € (Gesamt-Annuität: 654.198 €) und die Z-KG an die Klägerin monatlich 47.294,50 € (Gesamt-Annuität: 567.534 €). Im Jahresabschluss zum wies die Klägerin auf der Aktivseite unter der Position B. Umlaufvermögen II. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen die Forderung aus dem Verkauf des Pflegeheims in Höhe von 17,7 Mio. DM aus. Ab dem Jahr 2002 wurde das Grundstück bewertungsrechtlich der Z-KG zugerechnet; sie ist im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen.

11 Ab dem Jahresabschluss zum wies die Klägerin die jeweils verbleibende, gestundete Restkaufpreis-Forderung unter der Position A. Anlagevermögen im Bereich der Finanzanlagen als Sonstige Ausleihungen - Darlehen Z-KG aus. Nach der Erläuterung handelt es sich hierbei um den gestundeten Kaufpreisteilbetrag in (ursprünglicher) Höhe von 7.669.378 € für das verkaufte Objekt. Ab dem seien Zinsen (5,6 % p.a.) und Tilgung (1,8 % p.a.) zu leisten, das Darlehen laufe bis zum . Die monatliche Annuität betrage 47.294 €. Nach Ablauf sei der noch bestehende restliche Betrag in einer Summe zur Zahlung fällig. Auf der Passivseite wies die Klägerin den empfangenen Kredit unter der Position C. (Darlehen Nr. .) bei den langfristigen Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten aus.

12 Die Pächterin überwies die monatlichen Pachten zunächst an die Klägerin, so dass aufgrund der Differenz der Annuitätszahlungen ein Erstattungsanspruch zu Gunsten der neuen Verpächterin Z-KG gegenüber der Klägerin entstand. Nach einer Änderung des Kreditvertrages wurden ab dem die Annuitäten für das Darlehen der Klägerin (Nr. .) jeweils unmittelbar zu Lasten des Kontos der Z-KG gebucht, auf das die Pächterin nun die laufenden Pachtzahlungen einzahlte. Das ebenfalls bei der kreditgebenden Bank geführte Konto der Z-KG (Nr. .) wurde zudem als Sicherheit an die X-Bank verpfändet.

13 In den Jahren 2001 bis 2009 ergaben sich zu dem von der Klägerin empfangenen Darlehen und dem der Z-KG gestundeten Rest-Kaufpreis zum jeweiligen Jahresende die folgenden (Rest-)Beträge (jeweils €):

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Darlehen
Kaufpreisforderung
 
  7.669.378,22
  9.049.866,30
7.565.150,88
7.575.023,80
7.400.074,74
7.427.496,17
7.223.890,61
7.271.947,16
7.035.850,99
7.107.460,57
6.835.158,08
6.933.521,64
6.620.960,49
6.749.588,57
6.392.349,52
6.555.086,42
6.148.355,26
6.349.407,63
(Plan)
5.916.174,15
6.187.429,86

15 Zum sollte das Darlehen in der Weise getilgt werden, dass die Z-KG bzw. deren Kreditgeber in Anrechnung auf den von der Klägerin gestundeten Kaufpreisteilbetrag die Rückzahlung des Darlehens vornehmen würde.

16 Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) rechnete bei Ermittlung des Gewerbeertrags für das Streitjahr u.a. die Hälfte der auf den oben genannten Kreditvertrag entfallenden Schuldzinsen als sog. Dauerschuldzinsen hinzu, und zwar —nach dem letzten Änderungsbescheid über den Gewerbesteuermessbetrag— in Höhe von 716.799 € (Hinzurechnung von 50 %, d.h. 358.899 €), wovon 478.013 € das streitgegenständliche Darlehensverhältnis betreffen (Hinzurechnung von 50 %, d.h. 239.007 €). Die dagegen gerichtete Klage war erfolgreich (Finanzgericht —FG— Baden-Württemberg, Urteil vom 3 K 173/07, Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 726).

17 Das FA macht mit der —auf die laut Empfangsbekenntnis am erfolgte Zustellung des FG-Urteils am erhobenen— Revision die Verletzung materiellen Rechts geltend und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

18 Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

19 II. Die zulässige Revision ist begründet; das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Die Hinzurechnung der (hälftigen) Schuldzinsen erfolgte zu Recht, weil die der Zinsverpflichtung zugrunde liegenden Schulden der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals der Klägerin gedient haben.

20 1. Die Revision ist zulässig.

21 a) Sie ist statthaft, da das FG sie zugelassen hat (§ 115 Abs. 1 Alternative 1 FGO). Hieran ist der Senat —ungeachtet der von der Klägerin vorgetragenen Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Vorgehens des FG— gebunden (§ 115 Abs. 3 FGO). Die frühere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), wonach eine Bindung an eine offensichtlich gesetzwidrige Zulassung der Revision nicht bestand (vgl. etwa , BFHE 164, 75, BStBl II 1991, 575), ist durch § 115 Abs. 3 FGO überholt (, BFH/NV 2003, 525; vom V R 22/05, BFHE 217, 24, BStBl II 2007, 426). Die Bindung des BFH als Revisionsgericht an eine ausdrücklich vom FG getroffene Zulassungsentscheidung entspricht dem verfassungsrechtlichen Gebot der Rechtsmittelsicherheit/-klarheit (z.B. Seer in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz 129; Beermann in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 115 FGO Rz 190; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 115 FGO Rz 300, 308; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 116; anderer Ansicht nur Dürr in Schwarz, FGO, § 115 Rz 70). Insoweit kann daher offenbleiben, ob der Senat die Bedenken der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit der Revisionszulassung teilt. Insbesondere kann angesichts der vom FG an den gesetzlichen Maßgaben der Revisionszulassung ausgerichteten Begründung seiner Zulassungsentscheidung nicht von einer willkürlichen Maßnahme gesprochen werden (s. zu diesem allgemeinen Maßstab z.B. , Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht 2010, 261, m.w.N.).

22 b) Die Revision ist fristgerecht erhoben worden. Das am beim FG eingegangene Empfangsbekenntnis des FA zur Zustellung des FG-Urteils trägt das Datum ; die Revisionsfrist des § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO ist daher gewahrt.

23 2. Die Revision ist begründet. Das FG hat die Voraussetzungen des § 8 Nr. 1 GewStG 2002 a.F. rechtsfehlerhaft als nicht erfüllt angesehen.

24 a) Nach § 8 Nr. 1 GewStG 2002 a.F. wird dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die Hälfte der bei seiner Ermittlung abgezogenen Entgelte für Schulden hinzugerechnet, die (u.a.) der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen.

25 aa) Eine Schuld dient nach ständiger Rechtsprechung des BFH grundsätzlich der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals, wenn ihr Gegenwert das Betriebskapital länger als ein Jahr verstärkt (z.B. , BFHE 211, 43, BStBl II 2006, 134; vom I R 93/08, BFH/NV 2009, 2002; , BFHE 228, 408, BStBl II 2010, 799; vom IV R 49/07, BFH/NV 2010, 945). Nicht der dauernden Verstärkung des Betriebskapitals dienen allerdings trotz einer Laufzeit von mehr als einem Jahr Schulden, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit laufenden Geschäftsvorfällen stehen und in der nach Art des jeweiligen Geschäftsvorfalls üblichen Frist getilgt werden. Dabei handelt es sich insbesondere um Kredite, die ein Unternehmen zur Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines bestimmten Wirtschaftsguts des Umlaufvermögens aufnimmt und die aus dem bei der Veräußerung dieses Wirtschaftsguts erzielten Erlös zu tilgen sind (z.B. BFH-Urteile in BFHE 228, 408, BStBl II 2010, 799; vom IV R 2/08, BFH/NV 2011, 44). Ihnen gleichgestellt werden Verbindlichkeiten zur Finanzierung von Gegenständen, die einen Grenzfall zwischen Anlage- und Umlaufvermögen darstellen und deren Anschaffung bzw. Herstellung zu den immer wiederkehrenden, den Gegenstand des Unternehmens ausmachenden üblichen Geschäftsvorfällen gehört (z.B. , BFHE 215, 276, BStBl II 2008, 137; vom IV R 77/05, BFHE 221, 248, BStBl II 2008, 767). Insoweit kann aus einer über ein Jahr hinausgehenden Laufzeit allein noch nicht auf den Charakter als Dauerschuld geschlossen werden (, BFHE 186, 447, BStBl II 1999, 33).

26 Gleichwohl kann eine lange Finanzierungsdauer einen qualitativen Umschlag des Finanzierungstypus zur Dauerschuld begründen (Senatsurteil vom I R 293/82, BFHE 149, 64, BStBl II 1987, 446; BFH-Urteil in BFHE 215, 276, BStBl II 2008, 137). Während bei den typischen laufenden Geschäftsvorfällen im Allgemeinen der Laufzeit der Verbindlichkeit keine entscheidende Bedeutung zukommt, kann bei Unklarheit, ob ein Geschäftsvorfall als laufender einzuordnen ist, eine lange Laufzeit Anzeichen dafür sein, dass die Kreditaufnahme das Betriebskapital nicht nur vorübergehend verstärken soll (Senatsurteil in BFHE 149, 64, BStBl II 1987, 446).

27 bb) Das FG hat ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen den Sachverhalt zunächst dahingehend gewürdigt, dass das zu errichtende Seniorenzentrum zur Zeit der Kreditaufnahme durch die Klägerin als Umlaufvermögen der Klägerin anzusehen war. Dabei hat es insoweit auf eine die Veräußerung des Objekts mitsamt Pachtvertrag gerichtete Absicht der Klägerin geschlossen und dazu auf die Bilanzierung im Jahresabschluss zum , den von der Klägerin vorgelegten Schriftverkehr zur Investorensuche, den tatsächlichen späteren Geschehensablauf, das Unternehmenskonzept und die Unternehmenspraxis der Klägerin verwiesen. Diese zwischen den Beteiligten nicht in Streit stehende Einschätzung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO).

28 cc) Das FG ist darüber hinaus davon ausgegangen, dass Gegenstand der Kreditvereinbarung ein streng objektgebundener Kredit bezüglich einer geschäftstypischen Immobilienveräußerung aus dem Umlaufvermögen der Klägerin war. Insoweit hat es nach dem „Gesamtbild der Verhältnisse” der zehnjährigen Finanzierungsdauer, die als Indiz für eine nicht nur vorübergehende Verstärkung des Betriebskapitals spreche, keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen. Die Aufnahme eines solchen Immobilienkredits und darüber hinaus dessen rechtliche oder wirtschaftliche Weiterleitung an den Erwerber sei als branchen- und geschäftsüblich anzusehen, auch wenn eine solche Kreditweiterleitung eher als eine Ausnahme und die kurzfristige Finanzierung mit rascher vollumfänglicher Darlehensrückführung als Regelfall eines Geschäfts einer Immobilien-Projektgesellschaft anzusehen sei.

29 aaa) Dieser Einschätzung ist insoweit zuzustimmen, als der Finanzierungsdauer keine allein ausschlaggebende Bedeutung für die Qualifizierung einer Schuld als Dauerschuld beizumessen ist. So ist auch im BFH-Urteil in BFHE 215, 276, BStBl II 2008, 137 eine Dauerschuld auf der Grundlage eines Gesamtbilds der Verhältnisse gerade aus dem Zusammentreffen der Finanzierungsdauer von zehn Jahren mit der Ausrichtung des streitigen Darlehens auf die gesamte Lebensdauer des Unternehmens der dortigen Klägerin und den für diese Lebensdauer allein vorgesehenen Geschäftszweck angenommen worden. Wenn ein Refinanzierungskredit eines Leasinggebers beim Immobilienleasing nach zehn Jahren zu tilgen ist, spricht diese lange Dauer zwar für das Vorliegen von Dauerschulden (s. das BFH-Urteil in BFHE 215, 276, BStBl II 2008, 137); das Laufzeitkriterium prägt den Typus einer Dauerschuld aber nicht allein. Entgegen der Ansicht der Revision wird man aus Abschn. 45 Abs. 6 Satz 3 Nr. 1 Sätze 13 bis 15 der Gewerbesteuer-Richtlinien (GewStR) 1998 nicht zwingend ableiten müssen, dass eine Dauerschuld stets anzunehmen ist, wenn die Finanzierung über einen Zeitraum von sechs Jahren hinausgeht. Die Richtlinie nimmt vielmehr an, dass bei der Würdigung, ob die vom Leasinggeber zur Finanzierung der (dem Leasingnehmer zuzurechnenden) Leasinggegenstände aufgenommenen Kredite zum laufenden Geschäftsverkehr gehören oder unter Berücksichtigung des zeitlichen Moments zu Dauerschulden geworden sind, eine Finanzierungsdauer von nicht über sechs Jahren (als „allgemein üblicher Tilgungsfrist” - s. insoweit Senatsurteil vom I R 54/86, BFH/NV 1991, 406) nicht heranzuziehen ist. Erst bei einer darüber hinausgehenden Finanzierungsdauer „können” (s. ausdrücklich Abschn. 45 Abs. 6 Satz 3 Nr. 1 Satz 14 GewStR 1998) die Kredite zu Dauerschulden werden.

30 bbb) Dem FG ist jedoch nicht darin zu folgen, dass die Veräußerung des mit dem Kredit finanzierten Grundstücks angesichts der „wirtschaftlichen Weiterleitung” des Kreditvertrages an die Objektkäuferin den Charakter der Schuld („objektgebundener Kredit”) unberührt lässt. Zwar reichen die laufenden, aus den Pachteinnahmen erwirtschafteten Kaufpreisraten der Käuferin zusammen mit ihrer Restzahlung nach den Feststellungen des FG für sich genommen aus, um der Klägerin die Rückzahlung des Darlehens (laufende Annuitäten und Darlehensrestzahlung) vollen Umfangs zu ermöglichen. Darüber hinaus ist die langjährig gestreckte Kaufpreiszahlung durch die aufeinander abgestimmten Regelungen im Darlehensvertrag der Klägerin und im Kaufvertrag sowie im von der Klägerin abgeschlossenen Pachtvertrag auch vertraglich in hinreichender Weise abgesichert gewesen; die Vereinbarungen sind absprachegemäß vollzogen worden. Die Klägerin ist aber nach der Veräußerung des Objekts weiterhin (auf eigene Rechnung) Darlehensnehmerin geblieben. Sie hat eine rechtlich eigenständige Stundungsvereinbarung mit der Käuferin geschlossen und einen gesonderten (für sie zur freien finanziellen Verfügung stehenden und nicht für eine Darlehenstilgung einzusetzenden) Geschäftserfolg erzielt (Agio).

31 Auf dieser Grundlage hat die Klägerin ab dem Jahresabschluss zum die gestundete Restkaufpreis-Forderung auch unter der Position A. Anlagevermögen im Bereich der Finanzanlagen als Sonstige Ausleihungen (Darlehen Z-KG) erfasst. Die vom FG herausgestellte Abstimmung der Vereinbarungen diente zwar dazu, den wirtschaftlichen Erfolg des Veräußerungsgeschäfts in Anbetracht der fortbestehenden Verpflichtungen zu bewahren, berührt aber den Abgang des Objekts bei diesem zunächst „objektgebundenen Kredit” nicht. Dabei kommt es im Übrigen nicht darauf an, dass —wie das FG festgestellt hat— die X-Bank einem rechtlichen Übergang des Kredits auf die Käuferin widersprochen hat. Entscheidend ist, dass der ursprüngliche wirtschaftliche Zusammenhang gelöst und ein neuer (Finanzierung von Anlagevermögen) begründet wurde. Dass dabei das ursprünglich vorgesehene und dem Interesse der darlehensgebenden Banken entsprechende Tilgungskonzept (Darlehenstilgung aus den Pachtzahlungen) beibehalten wurde, kann angesichts des eigenen wirtschaftlichen Gewichts der Stundungsvereinbarung mit der Käuferin (insbesondere mit Blick auf das nicht zur Darlehenstilgung zu verwendende Agio, das die Klägerin erhalten hat) ein anderes Ergebnis nicht rechtfertigen. Letztlich hätte das Darlehen —wenn die wirtschaftliche Weiterleitung an den Objektkäufer unter Vereinbarung einer besonderen Stundungsregelung schon bei der Darlehensaufnahme festgestanden hätte— von Anfang an nicht als streng objektgebundener Kredit bezüglich einer geschäftstypischen Immobilienveräußerung aus dem Umlaufvermögen angesehen werden können.

32 b) Dem Zweck des § 8 Nr. 1 GewStG 2002 a.F., unter dem Gesichtspunkt einer „objektiven Ertragskraft” des Unternehmens eine Gleichstellung von Erträgen aus eigen- und fremdfinanziertem Kapital herbeizuführen (z.B. Senatsurteil in BFHE 211, 43, BStBl II 2006, 134), widerspräche es, diese Auflösung des ursprünglichen Finanzierungszusammenhangs durch den Verkauf des Objekts und die gesonderte Stundungsvereinbarung unberücksichtigt zu lassen. Seit 2002 ist der ursprünglich bestehende Zusammenhang zum laufenden Geschäftsverkehr (Umlaufvermögen) gelöst; die Schuld dient seitdem der allgemeinen Verstärkung des Betriebskapitals. Es ist dabei auch anerkannt, dass eine bestehende Schuld während ihrer Laufzeit zur Dauerschuld werden kann (z.B. Köster in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 8 Nr. 1 Rz 92; Gosch, Finanz-Rundschau 1989, 267, 268 f.); der Finanzierungsanlass (z.B. die ursprüngliche Finanzierung von Umlaufvermögen) kann daher während der Laufzeit der Schuld überlagert werden.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2012 S. 605 Nr. 4
HFR 2012 S. 512 Nr. 5
StuB-Bilanzreport Nr. 6/2012 S. 243
TAAAE-02329