OFD Frankfurt/M. - S 2253 A - 55 - St 213

Verlustzuweisung bei vermögensverwaltenden Gesellschaften

Von den Gesellschaftsanteilen abweichende Verteilung der Einkünfte im Falle des Neueintritts eines Gesellschafters zum Zwecke der Ergebnisgleichstellung von Alt- und Neugesellschaftern

Bezug:

Die Vertreter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder haben die Frage erörtert, ob einem Steuerpflichtigen, der einer vermögensverwaltenden Gesellschaft nach dem Jahr ihres Entstehens beitritt, über seinen Gesellschaftsanteil hinaus ein Anteil an den Einkünften zugewiesen werden kann (sog. Vorabzurechnung von Verlusten).

In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, daß die Rechtsprechung bei gewerblich tätigen Personengesellschaften die im Zusammenhang mit einer Erhöhung des Kommanditkapitals stehende Änderung des gesellschaftsvertraglichen Gewinn- und Verlustverteilungsschlüssels steuerlich anerkannt hat, nach der künftige Gewinne bzw. Verluste nicht allen, sondern nur den in späteren Jahren beigetretenen Gesellschaftern zum Zwecke einer Ergebnisgleichstellung von Alt- und Neugesellschaftern zugeteilt werden. Voraussetzung ist jedoch, daß eine derartige Gewinn- und Verlustverteilungsabrede betrieblich veranlaßt ist und bereits am Beginn des Wirtschaftsjahres besteht (vgl. BStBl 1984 II S. 53; BStBl 1987 II S. 558 und BStBl 1993 II S. 538 sowie H 15.8 Abs. 3 „Vorabanteile” EStH).

Nach dem Ergebnis der Erörterung ist eine von den Gesellschaftsanteilen abweichende Verteilung der Einkünfte von vermögensverwaltenden Gesellschaften ebenfalls zulässig.

Der von der Rechtsprechung für gewerbliche Personengesellschaften aufgestellte Grundsatz kann – insbesondere im Hinblick auf die begriffliche Annäherung von Werbungskosten und Betriebsausgaben (Veranlassungsprinzip) – bei vermögensverwaltenden Gesellschaften entsprechend angewendet werden. Dabei treten an die Stelle der bei gewerblich tätigen Personengesellschaften für die steuerliche Anerkennung einer derartigen Gewinn- und Verlustverteilungsabrede geforderten betrieblichen Veranlassung grundstücksbezogene, wirtschaftlich vernünftige Gründe (vgl. R 21.6 Sätze 1 und 2 EStR). Diese liegen im Falle der vermögensverwaltenden Gesellschaft vor, wenn bzw. weil es im Interesse der Altgesellschafter und damit auch im Interesse der vermögensverwaltenden Gesellschaft liegt, daß die Altgesellschafter auf Verlustzuweisungen zugunsten neuer Gesellschafter verzichten, um hierdurch einen Anreiz für den Beitritt neuer Gesellschafter und damit einen Anreiz zur Zuführung neuen Kapitals zu schaffen. Eine von den Gesellschaftsanteilen abweichende Verteilung der Einkünfte soll jedoch auf Geschäftsvorfälle (Einnahmen/Ausgaben) beschränkt sein, die nach dem Eintritt des betreffenden Gesellschafters verwirklicht werden. Sie setzt eine entsprechende Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag zu Beginn des Kalenderjahres voraus.

Die Zuweisung eines höheren als dem Gesellschaftsanteil entsprechenden Anteils an den insgesamt zulässigen Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz zugunsten des beitretenden Gesellschafters mit dem Ziel einer Ergebnisgleichstellung von Alt- und Neugesellschaftern ist jedoch nach Tz. I. 6. Satz 2 des ( BStBl. 1996 I S. 1516, ESt-Kartei FördG Karte 11, ofix Fördgg/8) steuerlich nicht anzuerkennen (vgl. Rdvfg. , ESt-Kartei FördG Karte 17, ofix FördGG/12).

Die o. a. Grundsätze gelten nicht für Gemeinschaften.

Beispiel:

Bei Gründung einer vermögensverwaltenden Gesellschaft wird vereinbart, daß alle Gesellschafter unabhängig von ihrem Eintrittstermin in der Verlustzurechnung gleichgestellt werden.

Gesellschafter sind im Jahr 1997 A und B zu je 1/2. Die Gesellschaft erwirbt im Jahr 1997 einen Mietwohnungsneubau mit Anschaffungskosten von 1 Mio. DM. In diesem Jahr betragen die negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 400.000,– DM. Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz werden nicht in Anspruch genommen. Die negativen Einkünfte entfallen zu je 1/2 = 200.000,– DM auf A und B.

Am tritt C der Gesellschaft bei. Alle Gesellschafter sind zu je 1/3 beteiligt. Die Gesellschaft nimmt 1998 Sonderabschreibungen von 25 v. H. = 250.000,– DM in Anspruch. Die übrigen Werbungskosten, die gleichmäßig über das Jahr gezahlt werden, betragen 360.000,– DM, so daß negative Einkünfte von insgesamt 610.000,– DM entstehen.

Im Kalenderjahr 1999 betragen die negativen Einkünfte 300.000,– DM.

Lösung:

Im Jahre 1998 werden die Sonderabschreibungen außerhalb der Verteilung des übrigen Betriebsergebnisses entsprechend der jeweiligen Beteiligung auf die Gesellschafter verteilt. Danach entfallen die Sonderabschreibungen zu je 1/3 = 83.333,– DM auf A, B und C (vgl. zur Verteilung der Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz Rdvfg. , ESt-Kartei § 15 Fach 2 Karte 7 und Rdvfg. , ESt-Kartei FördG Karte 17, ofix FördGG/12).

Hinsichtlich des übrigen Betriebsergebnisses werden

  • A und B die negativen Einkünfte von Januar bis November 1998 in Höhe von jeweils 165.000,– DM (1/2 von 11/12 von 360.000,– DM) und

  • C ausschließlich die negativen Einkünfte aus Dezember 1998 in Höhe vom 30.000,– DM (1/12 von 360.000,– DM).

zugerechnet.

Da A und B aus den Kalenderjahren 1997 und 1998 jeweils insgesamt negative Einkünfte in Höhe von 448.333,– DM (negative Einkünfte 1997: 200.000,– DM; negative Einkünfte 1998: 165.000,– DM und Sonderabschreibung 1998: 83.333,– DM) zugewiesen worden sind, sich der Verlustanteil von C jedoch nur auf einen Betrag von 113.333,– DM (negative Einkünfte 1998: 30.000,– DM und Sonderabschreibung 1998: 83.333,– DM) beläuft, ist die gesellschaftsvertraglich vereinbarte Ergebnisgleichstellung noch nicht eingetreten. C werden deshalb auch die im Kalenderjahr 1999 erzielten negativen Einkünfte in voller Höhe (300.000,– DM) und ggf. negative Einkünfte des Jahres 2000 ganz oder teilweise vorab zugerechnet.

Hinweis:

Bei Eintritt eines weiteren Gesellschafters in eine bestehende Gesellschaft im Laufe eines Kalenderjahres besteht ein Wahlrecht hinsichtlich der Verteilung der Sonderabschreibungen dergestalt, daß die Sonderabschreibungen entweder – wie das übrige Betriebsergebnis auch – zeitanteilig oder außerhalb der Verteilung des übrigen Betriebsergebnisses entsprechend der jeweiligen Beteiligung auf die einzelnen Gesellschafter verteilt werden können (vgl. Tz. 1 des BStBl. I S. 279 – ESt-Kartei FördG Karte 4, ofix FördGG/37). Ich verweise diesbezüglich auf die Rdvfg. , ESt-Kartei § 15 Fach 2 Karte 7, ofix EStG/15/6.

OFD Frankfurt/M. v. - S 2253 A - 55 - St 213

Fundstelle(n):
ESt-Kartei HE § 21 EStG Fach 1 Karte 11
EAAAD-99623