Keine Ergänzung eines Feststellungsbescheids; keine notwendige Feststellung von Sonderwerbungskosten
Leitsatz
1. Ergänzungsbescheide gemäß § 179 Abs. 3 AO dürfen einen lückenhaften Feststellungsbescheid vervollständigen, nicht aber einen inhaltlich falschen Feststellungsbescheid korrigieren oder in ihm getroffene Feststellungen ändern.
2. Waren der Feststellungserklärung einer GbR eingehende Überschussermittlungen beigefügt, die spezifizierte Aufstellungen über Zinsaufwendungen, jedoch keinerlei Angaben über Zinsen der Gesellschafter als Sonderwerbungskosten enthielten und wurden dementsprechend vom Finanzamt keine Sonderwerbungskosten festgestellt, kann die Feststellung von Sonderwerbungskosten nicht durch einen Ergänzungsbescheid nachgeholt werden.
Gesetze: AO § 179 Abs. 3
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
1 I. Die Beteiligten streiten darüber, ob Sonderwerbungskosten im Rahmen eines Ergänzungsbescheides gemäß § 179 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) nach Bestandskraft berücksichtigt werden können.
2 Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin zu 1.) erzielte in den Streitjahren (2000 bis 2002) als GbR Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Ein ihr von der Sparkasse gewährtes Darlehen tilgten ihre beiden Gesellschafter (die Kläger und Revisionskläger zu 2. und 3. —Kläger zu 2. und 3.—) durch Refinanzierungsdarlehen. Die in den Feststellungserklärungen nicht angegebenen Zinsen für diese Refinanzierungsdarlehen wurden in den Feststellungsbescheiden für die Streitjahre nicht berücksichtigt.
3 Am beantragten die Kläger, Ergänzungsbescheide hinsichtlich der Feststellungsbescheide für die Streitjahre zu erlassen, um damit Sonderwerbungskosten (Schuldzinsen aus den Refinanzierungsdarlehen) festzustellen. Dies lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) mit Bescheid vom ab, weil die Feststellungsbescheide der Streitjahre bestandskräftig seien und inhaltliche Fehler nicht im Wege eines Ergänzungsbescheides korrigiert werden könnten.
4 Auch die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 763 veröffentlichten Urteil aus, ein Ergänzungsbescheid sei nach § 179 Abs. 3 AO nur zulässig, wenn diese Feststellungen nicht in dem ursprünglichen Feststellungsbescheid enthalten gewesen seien. Im Streitfall habe das FA aber eine sachliche Entscheidung getroffen, keine Sonderwerbungskosten zu berücksichtigen.
5 Mit ihrer Revision wenden sich die Kläger vor allem gegen diese Argumentation. Anders als in der vorgefundenen Rechtsprechung wurde hier keinerlei Erklärung über die Sonderwerbungskosten abgegeben, so dass auch die Feststellungsbescheide keine sachliche Entscheidung darüber träfen.
6 Die Kläger beantragen sinngemäß,
das angefochtene Urteil aufzuheben und das FA zu verpflichten, für die Jahre 2000 bis 2002 Ergänzungsbescheide gemäß § 179 Abs. 3 AO zu den Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen zu erlassen, welche die Zinsen für die Refinanzierungsdarlehen als Sonderwerbungskosten der Kläger zu 2. und 3. bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigen, und zwar
im Jahr 2000 für den Kläger zu 2. in Höhe von 1.417,30 € und den Kläger zu 3. in Höhe von 1.125,44 €,
im Jahr 2001 für den Kläger zu 2. in Höhe von 1.814,55 € und den Kläger zu 3. in Höhe von 1.535.95 € und
im Jahr 2002 für den Kläger zu 2. in Höhe von 2.208,33 € und den Kläger zu 3. in Höhe von 1.967,85 €.
10 Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
11 II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Wie das FG zutreffend erkannt hat, sind Sonderwerbungskosten der Kläger zu 2. und zu 3. nicht in Ergänzungsbescheiden nach § 179 Abs. 3 AO für die Streitjahre gesondert festzustellen.
12 1. Gemäß § 179 Abs. 3 AO ist eine notwendige Feststellung in einem Ergänzungsbescheid nachzuholen, soweit sie in einem Feststellungsbescheid unterblieben ist. Ergänzungsbescheide dürfen einen lückenhaften Feststellungsbescheid vervollständigen, nicht aber einen inhaltlich falschen Feststellungsbescheid korrigieren oder in ihm getroffene Feststellungen ändern (ständige Rechtsprechung, vgl. , BFH/NV 2009, 1235; vom IX R 94/07, BFHE 223, 352, BStBl II 2009, 444, m.w.N., und vom IV R 8/08, BFH/NV 2011, 1649).
13 2. Nach diesen Grundsätzen sind Ergänzungsbescheide im Streitfall nicht zu erlassen. Die Feststellungsbescheide für die Streitjahre sind nicht unvollständig, sondern allenfalls unrichtig. Feststellungen von Sonderwerbungskosten waren im Streitfall nicht unterblieben. Das FA konnte den Feststellungserklärungen und den diesen beigefügten Ermittlungen nicht entnehmen, dass Sonderwerbungskosten der Kläger zu 2. und 3. gesondert und einheitlich festzustellen waren. In den Ermittlungen der Überschüsse der Einnahmen über die Ausgaben finden sich keinerlei Angaben über Sonderwerbungskosten. Unabhängig davon, in welchem Umfang das FA selbst geprüft hat, konnten die Feststellungsbescheide auch aus der Sicht der Kläger nur dahin verstanden werden, es sei nicht notwendig, weil nicht erklärt, Sonderwerbungskosten gesondert und einheitlich festzustellen.
14 Entgegen der Revision kommt es nicht darauf an, ob in den Erklärungen Spalten über Sonderwerbungskosten gestrichen wurden, wie sich dies in dem Fall verhielt, über den der BFH in BFH/NV 2009, 1235 zu entscheiden hatte. Den Feststellungserklärungen der Streitjahre waren eingehende Überschussermittlungen beigefügt, die spezifizierte Aufstellungen über Zinsaufwendungen enthielten und aus denen zu schließen war, dass weitere Zinsaufwendungen nicht geltend gemacht werden sollten. Sonderwerbungskosten könnten nachträglich nur durch Änderung der Feststellungsbescheide unter den Voraussetzungen der §§ 172 ff. i.V.m. § 181 Abs. 1 AO berücksichtigt werden.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
AO-StB 2011 S. 327 Nr. 11
BFH/NV 2012 S. 2 Nr. 1
NWB-Eilnachricht Nr. 50/2011 S. 4204
VAAAD-96901