BGH Beschluss v. - VII ZB 27/11

Unzulässige Hauptberufung: Umdeutung in eine Anschlussberufung

Gesetze: § 520 Abs 2 ZPO, § 524 ZPO

Instanzenzug: Az: I-18 U 205/10vorgehend LG Essen Az: 18 O 84/10

Gründe

I.

1Das der Klage teilweise stattgebende Urteil des Landgerichts ist dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin, Rechtsanwalt B., am und dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am zugestellt worden. Beide Parteien haben rechtzeitig Berufung eingelegt. Hinsichtlich der Klägerin ist die Frist zur Begründung der Berufung bis zum (Samstag) verlängert worden. Die Berufungsbegründung ist am (Dienstag) beim Berufungsgericht eingegangen. Hinsichtlich der Beklagten ist die Berufungsbegründungsfrist bis zum verlängert worden. Ihre Berufungsbegründung ist an diesem Tag beim Berufungsgericht eingegangen. Auf den Hinweis des Berufungsgerichts vom , dass die Berufungsbegründung verspätet eingegangen sei, hat die Klägerin am Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Das Berufungsgericht hat diesen Antrag zurückgewiesen und die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Gegen diesen Beschluss hat Rechtsanwalt B. als Nebenintervenient der Klägerin für diese Rechtsbeschwerde eingelegt, soweit die Berufung der Klägerin gegen das landgerichtliche Urteil verworfen worden ist.

II.

2Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

31. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO. Sie ist auch zulässig, da die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern, § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

42. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Berufungsgericht hätte die Berufung der Klägerin nicht als unzulässig verwerfen dürfen. Es hat, wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt, nicht bedacht, dass die unzulässige Hauptberufung der Klägerin in eine zulässige Anschlussberufung im Sinne des § 524 ZPO umzudeuten ist.

5Für die Umdeutung genügt es, wenn diese von dem mutmaßlichen Parteiwillen gedeckt wird. In aller Regel wird eine Partei eine unzulässige Hauptberufung als zulässige Anschlussberufung retten wollen ( IVb ZR 51/86, BGHZ 100, 383, 387; Beschluss vom - III ZB 41/08, NJW 2009, 442). Anhaltspunkte, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.

6Die formellen Voraussetzungen des § 524 ZPO sind gewahrt. Die Anschließung ist zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung, § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Der Klägerin wurde mit Verfügung vom eine Frist zur Erwiderung auf die Berufung der Beklagten von einem Monat ab Zustellung der Verfügung gesetzt. Ihre Berufungsbegründung lag zu diesem Zeitpunkt bereits vor und entspricht auch inhaltlich den Anforderungen des § 524 Abs. 3 ZPO.

73. Die Sache war daher zur Fortsetzung des Berufungsverfahrens an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

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Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
WAAAD-95985